KG Berlin: Erfordernis der Wiedereintragung einer gelöschten Gesellschaft bei Bestellung eines Liquidators?
KG Berlin, Beschluss vom 9.11.2021 – 22 W 68/21
ECLI:DE:KG:2021:1109.22W68.21.00
Volltext: BB-Online BBL2022-65-3
Amtliche Leitsäze
Bei Bestellung eines Liquidators gem. § 66 Abs. 5 Satz 2 GmbHG kann die Wiedereintragung der gelöschten Gesellschaft als Liquidationsgesellschaft und die Eintragung des Abwicklers im Handelsregister nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts unterbleiben, wenn der zu erwartende Umfang und die Qualität der nachträglich erforderlichen Handlungen eine Eintragung nicht erfordern. Allein die Tatsache, dass der Liquidator Erklärungen gegenüber dem Grundbuchamt abgeben muss, erfordert eine Wiedereintragung nicht.
Sachverhalt
I.
Die Beteiligte, eine GmbH, wurde im Jahr 1994 gegründet und im Jahr 1995 mit dem Unternehmensgegenstand „Durchführung von Bauvorhaben als Bauträger, Vermittlung von Kapitalanlagen sowie An- und Verkauf von Grundstücken und Gebäuden und die Vermittlung derselben sowie die Erbringung von Ingenieurleistungen“ im Handelsregister des Amtsgerichts Charlottenburg eingetragen. Im Jahr 2006 wurde sie als vermögenslose Gesellschaft aufgrund § 141a FGG von Amts wegen gelöscht.
Mit Beschluss vom 06. Dezember 2019 (nachfolgend auch: „Bestellungsbeschluss“) hat das Amtsgericht Charlottenburg Herrn K... zum Nachtragsliquidator bestellt und dessen Wirkungskreis auf die „Vertretung und die Wahrnehmung der Rechte der gelöschten Gesellschaft hinsichtlich der im Eigentum der Gesellschaft stehenden [grundbuchlich bezeichneten fünf] Teileigentumseinheiten“ (nachfolgend auch nur: „Teileigentumsrechte“) bestimmt.
Unter dem 27. Mai 2021 hat Herr K... in seiner Eigenschaft als „Nachtragsliquidator“ der Beteiligten (nachfolgend auch nur: „Nachtragsliquidator“) beantragt, die Beteiligte und sich als Nachtragsliquidator in das Handelsregister einzutragen. Zur Begründung führte er aus, das Grundbuchamt habe im Rahmen einer Zwischenverfügung die Vorlage der Ausfertigung des Bestellungsbeschlusses nicht als Vertretungsnachweis anerkannt und vielmehr die Eintragung der Beteiligten und von sich als Nachtragsliquidator in das Handelsregister verlangt. Die hiergegen eingelegte Beschwerde habe der 1. Zivilsenat des Kammergerichts mit Beschluss vom 29. April 2021 (Gz. 1 W 29/21, nachfolgend auch nur: „Beschluss des Kammergerichts“, hinsichtlich der Rnrn. zitiert nach der Veröffentlichung in juris) zurückgewiesen. Dem Antrag fügte er eine Abschrift des Beschlusses des Kammergerichtes bei. Im Beschluss des Kammergerichtes heißt es unter I. zum Sachverhalt, der Nachtragsliquidator habe die Eintragung von zwei Gesamtgrundschulden hinsichtlich der Teileigentumsrechte bewilligt und unter Bezugnahme auf den Bestellungsbeschluss vom 6. Dezember 2019 deren Eintragung im Grundbuch beantragt. Das Grundbuchamt habe die Eintragung unter anderem mit der Begründung abgelehnt, der Nachtragsliquidator habe seine Vertretungsbefugnis durch Wiedereintragung der Gesellschaft zu führen und gem. § 32 GBO nachzuweisen, wogegen sich die Beschwerde des Nachtragsliquidators richte. In seiner weiteren Begründung führte das Kammergericht unter anderem aus, zur vollständigen Beendigung der Beteiligten sei wegen ihres vorhandenen Immobiliarvermögens die Wiedereintragung im Handelsregister notwendig, denn weitere, über diejenigen in § 32 GBO aufgeführten Mittel hinausgehende Möglichkeiten, die Vertretungsberechtigung des Nachtragsliquidators nachzuweisen, seien nicht ersichtlich (Rn. 27 des Beschlusses). Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Beschluss des Kammergerichts verwiesen.
Das Amtsgericht hat den Antrag auf (Wieder-)eintragung der Beteiligten und des Nachtragsliquidators in das Handelsregister zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Beteiligten. Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
Aus den Gründen
II.
Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
1.
Die Beschwerde ist gemäß § 58 Abs. 1 FamFG statthaft, in der Form des § 64 Abs. 2 FamFG und der Frist des § 63 FamFG eingelegt und damit zulässig. Die Beteiligte ist auch beschwerdebefugt iSd. § 59 Abs. 1, Abs. 2 FamFG, da ihr (Wieder-) Eintragungsantrag sowie ihr Antrag auf Eintragung des Nachtragsliquidators vom Amtsgericht zurückgewiesen und sie dadurch in ihren Rechten beeinträchtigt worden ist (vgl. Senat, Beschluss vom 31. August 2018 – 22 W 33/15 –, Rn. 7, juris). Dass ein solcher Antrag nicht ausdrücklich vorgesehen ist, bedeutet nicht, dass hier nur eine Anregung auf ein Handeln von Amts wegen vorliegt. Denn der Antrag auf Wiedereintragung ist als Teil des Antrags auf Bestellung eines Nachtragsliquidators anzusehen, der berechtigt ist, wenn die Wiedereintragung zur Durchführung der Nachtragsliquidation notwendig ist. Davon ist hier im Rahmen der Zulässigkeit des Rechtsmittels als doppelrelevante Tatsache auszugehen.
2.
Die Beschwerde ist jedoch unbegründet, denn die Entscheidung des Amtsgerichts, die (Wieder-)Eintragung der Beteiligten und die Eintragung des Nachtragsliquidators abzulehnen, ist nicht zu beanstanden.
a) Dies beruht allerdings nicht darauf, dass der Nachtragsliquidator im vorliegenden Fall ohnehin nicht befugt wäre, die Eintragung der bewilligten Grundpfandrechte in das Grundbuch zu beantragen.
aa) Die Nachtragsliquidation wie auch die (erstmalige) Liquidation gem. §§ 69 ff. GmbHG, die nach Löschung einer GmbH wegen Vermögenslosigkeit und Auffindung bislang unbekannter Vermögenswerte begonnen wird, ist darauf gerichtet, nach dem Schluss einer Liquidation notwendige Einzelmaßnahmen durchzuführen, die auf eine Vollbeendigung der Gesellschaft gerichtet sind. Nur dies ist auch die Aufgabe des Liquidators (vgl. Senat, Beschluss vom 28. September 2018 – 22 W 60/14 –, Rn. 6, juris; Beschluss vom 31. August 2018 – 22 W 33/15 –, Rn. 9, juris; OLG München, Beschluss vom 21. Oktober 2010 – 31 Wx 127/10 –, Rn. 7, juris). Dies gilt sowohl für eine Nachtragsliquidation gem. § 273 Abs. 4 AktG analog als auch für eine solche gem. § 66 Abs. 5 GmbHG.
bb) Nach Satz 1 der letztgenannten Vorschrift findet eine Liquidation für eine Gesellschaft, die durch Löschung wegen Vermögenslosigkeit aufgelöst ist, nur statt, wenn sich nach der Löschung herausstellt, dass Vermögen vorhanden ist, das der Verteilung unterliegt. In diesem Fall sind die Liquidatoren auf Antrag eines Beteiligten durch das Gericht zu ernennen. Der Anwendungsbereich des § 66 Abs. 5 GmbHG (für das Aktienrecht vgl. § 264 Abs. 2 AktG) ist regelmäßig erst eröffnet, wenn – wie hier - zuvor (überhaupt) kein („reguläres“) Liquidationsverfahren stattgefunden hat oder eine bereits aufgelöste Gesellschaft während eines laufenden Liquidationsverfahrens (wegen vermeintlicher Vermögenslosigkeit) gelöscht wurde (K. Schmidt/Scheller in: Scholz, GmbHG, 12. Aufl., § 66 GmbHG, Rn. 56; Haas in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 22. Aufl. § 66 Rn. 37; Nerlich in: Michalski/Heidinger/Leible/J. Schmidt, GmbHG, 3. Aufl, § 66 Rn. 85; vgl. auch Bayerisches Oberstes Landesgericht, Beschluss vom 23. September 1993 – 3Z BR 172/93 –, Rn. 7, juris). Für diesen Fall sieht § 66 Abs. 5 GmbHG, der im Zuge der Insolvenzrechtsreform mit Wirkung zum 01. Januar 1999 § 2 Abs. 3 LöschG abgelöst hat, ein besonderes Liquidationsverfahren vor. Es bezweckt, das neu entdeckte Restvermögen zur Befriedigung der Gläubiger zu nutzen und einen etwaigen Überschuss an die Gesellschafter zu verteilen (vgl. H.F. Müller in: MüKoGmbHG, 3. Aufl., § 66 Rn. 78).
cc) Dementsprechend ist der Wirkungskreis des Nachtragsliquidators auf die für den Bestellungsgrund notwendigen Handlungen zu beschränken (vgl. nur Krafka, RegisterR, 11. Aufl., Rn. 1153). Denn Sinn und Zweck der Nachtragsliquidation ist es, nur dieses neue Restvermögen zu verwerten und dessen Erlös zu verteilen (Nerlich in: Michalski/Heidinger/Leible/J. Schmidt, GmbHG, 3. Aufl, § 66 Rn. 87; H.F. Müller, aaO.).
Dementsprechend kann auch die Vertretungsmacht des Liquidators auf die einzelnen, gem. § 70 GmbHG erforderlichen Abwicklungsmaßnahmen beschränkt werden (Nerlich, aaO., Rn. 100), da es keinen Grund gibt, den Nachtragsliquidator in dem Fall, in dem die erforderlichen Abwicklungsmaßnahmen eingegrenzt werden können, mit einer „überschießenden“ Vertretungsmacht auszustatten, die ihm und dem Rechtsverkehr Befugnisse vorzuspiegeln geeignet ist, die dieser nicht hat. Im Übrigen ist auch im Anwendungsbereich des § 273 Abs. 4 AktG analog anerkannt, dass eine entsprechende Beschränkung der Vertretungsmacht möglich ist (vgl. etwa Haas in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 22. Aufl. § 66 Rn. 40; Kammergericht, Beschluss vom 07. Juli 1998 – 1 W 6250/96 –, Rn. 23, juris). Wieso beide Fälle unterschiedlich behandelt werden sollten, wo sie sich doch bei einer wegen Vermögenslosigkeit gelöschten GmbH nur in der Art des Abwicklungsbedarfes unterscheiden (§ 66 Abs. 5 GmbHG: Verwertung von Vermögensgegenständen; § 273 Abs. 4 AktG analog: Abwicklungsmaßnahmen außerhalb der Verwertung von Vermögen, vgl. OLG München, Beschluss vom 07. Mai 2008 – 31 Wx 28/08 –, Rn. 14, juris; Haas in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 22. Aufl. § 60 Rn. 105a), ist nicht ersichtlich.
dd) Auch wenn dies im Bestellungsbeschluss nicht ausdrücklich erwähnt ist, hat das Amtsgericht in zutreffender Anwendung der eben dargestellten Grundsätze den Wirkungskreis des hier bestellen Liquidators auf die vorliegend erforderlichen Maßnahmen der Abwicklung beschränkt.
(1) Die Bestellung von Grundpfandrechten läge allerdings außerhalb des hier eröffneten Wirkungskreises des Nachtragsliquidators. Wieso die Bestellung von Grundschulden der Liquidation dienlich sein sollte, ist schon im Ansatz nicht ersichtlich. Die Beteiligte hat auch auf den Hinweis des Senates vom 02. August 2021 hierzu nichts vorgetragen.
(2) Allerdings ergibt sich aus dem Schriftsatz des Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten vom 06. September 2021 (dort S. 2, letzter Absatz), dass die Beteiligte ihre Wiedereintragung im Handelsregister sowie die Eintragung des bereits bestellten Liquidators im Handelsregister nicht nur zu dem Zweck begehrt, ihr Grundvermögen zu belasten, sondern auch zu dessen Veräußerung. Dabei handelt es sich um Maßnahmen, die auf die Vollbeendigung der Gesellschaft gerichtet sind.
b) Das Amtsgericht hat aber eine (Wieder-)Eintragung der Beteiligten zu Recht abgelehnt und sein ihm insoweit eingeräumtes Ermessen ordnungsgemäß ausgeübt.
aa) Bei Bestellung eines Liquidators gem. § 66 Abs. 5 Satz 2 GmbHG kann die Wiedereintragung der Gesellschaft als Liquidationsgesellschaft und die Eintragung des Abwicklers im Handelsregister nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts unterbleiben, wenn der zu erwartende Umfang und die Qualität der nachträglich erforderlichen Handlungen der Liquidatoren eine Eintragung nicht erfordert (OLG München, Beschluss vom 21. Oktober 2010 – 31 Wx 127/10 –, Rn. 5, juris; Haas in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 22. Aufl. § 66 Rn. 39; Nerlich in: Michalski/Heidinger/Leible/J. Schmidt, GmbHG, 3. Aufl, § 66 Rn. 100; Karsten Schmidt/Scheller in: Scholz, GmbHG, 12. Aufl., § 66 GmbHG, Rn. 58; Krafka in: MüKoFamFG, 3. Aufl. § 375 Rn. 47; Gesell in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, 6. Aufl., § 74 Rn. 25). Dies ist, wie die Mitglieder des Senats aus eigener Anschauung wissen, in der jahrzehntelangen Praxis des Amtsgerichts Charlottenburg – Registergericht - wie auch der anderen Registergerichte in Deutschland (Krafka, RegisterR, aaO, Rn. 1153) - der Regelfall. Die Eintragung der Gesellschaft hat ohnehin nur deklaratorische Wirkung (Karsten Schmidt/Scheller in: Scholz, GmbHG, 12. Aufl., § 66 GmbHG, Rn. 58; MüKoGmbHG/H.-F. Müller, 3. Aufl. 2018 Rn. 82, GmbHG § 66 Rn. 82). Gerade wenn der Wirkungskreis des Abwicklers auf wenige Vermögensgegenstände beschränkt ist, ist eine (Wieder-)Eintragung der Gesellschaft und eine Eintragung des Abwicklers im Handelsregister nicht erforderlich.
bb) Vorliegend sind Teileigentumsrechte zu verwerten, bei denen der Abwicklungsbedarf zum einen gegenständlich begrenzt und zum anderen auf nur wenige überschaubare Abwicklungshandlungen beschränkt ist. Es ist weder ersichtlich noch vorgetragen, dass weiterer Abwicklungsbedarf, insbesondere ein Abwicklungsbedarf gem. § 70 Satz 2 GmbHG, vorhanden ist.
cc) Der Beschluss des Kammergerichts, wonach eine Wiedereintragung erforderlich sei (vgl. dort Rn. 27), bindet den Senat nicht. Eine solche Bindung könnte sich nur aus § 16 HGB oder aus anderen ausdrücklichen gesetzlichen Anordnungen (vgl. z. B. §§ 246a Abs. 3 Satz 5, 319 Abs. 6 AktG) oder aus Gestaltungsurteilen (vgl. etwa §§ 397, 398 FamFG) ergeben, da das Registergericht grundsätzlich in der Beurteilung der Rechtslage frei ist (Müther in: BeckOK HGB, 33. Ed. 15.4.2021, § 16 Rn. 16; Schaub in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 4. Aufl., § 16 Rn. 4). Vorliegend sind aber die genannten Ausnahmetatbestände ersichtlich nicht erfüllt.
dd) Auch im Übrigen kann der Verweis auf den Beschluss des Kammergerichts der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen, denn auch ohne die begehrten Eintragungen im Handelsregister kann der Nachtragsliquidator seine Vertretungsbefugnis in der Form des § 29 Abs. 1 Satz 1 GBO nachweisen.
(1) Gem. § 29 Abs. 1 Satz 1 GBO soll eine Eintragung im Grundbuch nur vorgenommen werden, wenn die Eintragungsbewilligung oder die sonstigen zu der Eintragung erforderlichen Erklärungen durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen werden. Gem. Satz 2 der zitierten Norm gilt diese Form auch für den Nachweis der Berechtigung eines Vertreters.
(2) Bei der Ausfertigung des Bestellungsbeschlusses, der eine Endentscheidung gem. § 38 Abs. 1 Satz 1 FamFG darstellt, handelt es sich um eine öffentliche Urkunde im vorbezeichneten Sinne (vgl. nur Beschluss des Kammergerichts, Rn. 19). Sofern das Registergericht im Anwendungsbereich von § 66 Abs. 5 GmbHG von einer (Wieder)Eintragung der Gesellschaft und der Eintragung des Liquidators abgesehen hat, genügt daher die Ausfertigung des Bestellungsbeschlusses als Nachweis der Bestellung, und zwar auch gegenüber dem Grundbuchamt (Kral in: Hügel, GBO, 4. Aufl., GesR, Rdn. 80; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 16. Aufl., Rdn. 426l; ausdrücklich für den Fall der Nachtragsliquidation ohne Eintragung der Gesellschaft und des Liquidators: Volmer in: Keller/Munzig, KEHE Grundbuchrecht - Kommentar, 8. Aufl., § 32 Rn. 45) wie auch im übrigen Rechtsverkehr (OLG München, Beschluss vom 21. Oktober 2010 – 31 Wx 127/10 –, Rn. 5, juris; Heinemann in: Keidel, FamFG, 20. Aufl., § 375 Rn. 63; K. Schmidt/Scheller in: Scholz, GmbHG, 12. Aufl., § 66 GmbHG, Rn. 58; Haas in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 22. Aufl. § 66 Rn. 37; Krafka in: MüKoFamFG, 3. Aufl. § 375 Rn. 47; Krafka, RegisterR, 11. Aufl., Rn. 1153).
(3) Ohne Belang ist, ob der Bestellungsbeschluss die Anforderungen des § 32 GBO erfüllt, denn mangels Eintragung im Handelsregister ist diese Vorschrift vorliegend gar nicht anwendbar. Zudem will diese Vorschrift den Grundbuchverkehr (nur) erleichtern, sodass auch andere Beweismittel zulässig sind und die Möglichkeit unberührt bleibt, allfällige Nachweise durch Urkunden in der Form des § 29 Abs. 1 Satz 2 GBO zu erbringen (vgl. Demharter, GBO, 32. Aufl., § 32 Rn. 16; Volmer in: Keller/Munzig, KEHE Grundbuchrecht - Kommentar, 8. Aufl. 2019, § 32 Rn. 3; Otto in: BeckOK GBO, 43. Ed. 1.8.2021, § 32 Rn. 2 f.).
(4) Auch der Umstand, dass ein gem. § 66 Abs. 5 Satz 2 GmbHG bestellter Liquidator gem. § 66 Abs. 3 GmbHG nachträglich aus wichtigem Grund abberufen werden kann, gebietet – auch im Verkehr mit dem Grundbuchamt - nicht die (Wieder-)eintragung der Gesellschaft und die Eintragung des Liquidators im Handelsregister. Dabei darf nicht aus den Augen verloren werden, dass das Grundbuchamt einerseits Rücksicht darauf zu nehmen hat, dass die Sicherheit des Grundbuchverkehrs möglichst zuverlässige Nachweise erfordert, andererseits aber auch der Grundbuchverkehr nicht unverhältnismäßig erschwert wird (vgl. nur Schaub in: Bauer/Schaub, GBO, 4. Aufl., § 32 Rn. 27).
(a) Selbst wenn es zu einer Abberufung eines solchen Liquidators käme, blieben gem. § 47 FamFG die vor der Abberufung getätigten Rechtsgeschäfte wirksam.
(b) Zudem erbringt die Ausfertigung des Bestellungsbeschlusses den Beweis, dass zum Zeitpunkt der Vorlage der Ausfertigung der im Bestellungsbeschluss Genannte (immer noch) zum Liquidator gem. § 66 Abs. 5 Satz 2 GmbHG bestellt ist.
(aa) Es ist keine gesetzliche Grundlage ersichtlich, aus der sich ergäbe, dass ein Beschluss des Amtsgerichts gem. § 66 Abs. 5 Satz 2 GmbHG aufgrund Zeitablaufes seine Wirkung verlöre.
(bb) Es besteht - auch im Grundbuchverfahren - kein Grund, aufgrund Zeitablaufes an dem Fortbestand der Bestellung des Liquidators zu zweifeln, wenn dieser die Ausfertigung des Bestellungsbeschlusses zum Nachweis seiner Vertretungsmacht vorlegt.
(aaa) Aus § 66 Abs. 5 GmbHG ergibt sich nicht, dass Bestellungsbeschlüsse des Registergerichts eine Art „Verfallsdatum“ hätten.
(bbb) Auch genießen die von der Beteiligten in Bezug genommenen Bestellungsurkunden gem. § 56 Abs. 2 Satz 1 InsO oder Bestellungsbeschlüsse gem. § 1791a Abs. 2 BGB ebenso wenig öffentlichen Glauben (vgl. nur Kammergericht, Rn. 23) wie der hier in Rede stehende Bestellungsbeschluss
(ccc) Auch das Fehlen einer ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung, wonach der gem. § 66 Abs. 5 GmbHG bestellte Liquidator bei Beendigung des Amtes die Ausfertigung des Bestellungsbeschlusses dem Registergericht zurückzugeben hätte, rechtfertigt keine andere Entscheidung. Zwar enthält § 66 Abs. 5 GmbHG keine solche ausdrückliche Anordnung. Aber auch eine solche ausdrückliche gesetzliche Anordnung, wie sie beispielsweise § 1893 Abs. 2 Satz 2 BGB enthält, könnte vernünftigerweise nicht die hier vom Grundbuchamt geltend gemachte Befürchtung zerstreuen, der Liquidator würde - trotz Beendigung seines Amtes - Erklärungen gegenüber dem Grundbuchamt abgeben. Wenn der Liquidator in Kenntnis seiner Abberufung gegenüber dem Grundbuchamt auftritt und dadurch regelmäßig eine Straftat begeht, wird er sich durch eine gesetzliche Anordnung wie in § 1893 Abs. 2 Satz 2 BGB oder auch § 56 Abs. 2 Satz 2 InsO davon nicht abhalten lassen; handelt er fahrlässig, da er von der Abberufung noch nichts weiß, hilft eine gesetzliche Rückgabeanordnung ebenfalls nicht. Wieso Bestellungsurkunden gem. § 56 Abs. 2 Satz 1 InsO oder Bestellungsbeschlüsse gem. § 1791a Abs. 2 BGB verlässlicher sein sollten als die Ausfertigung eines Beschlusses des Registergerichts, erschließt sich dem Senat nicht. Entscheidend ist vielmehr, dass das Registergericht die Ausfertigung des Bestellungsbeschlusses – selbstverständlich – bei Beendigung des Amtes und damit insbesondere in dem vom Grundbuchamt befürchteten Fall der vorzeitigen Abberufung des Liquidators zurückfordert, da das Registergericht – selbstverständlich – von der Möglichkeit der missbräuchlichen Verwendung der Ausfertigung eines Bestellungsbeschlusses weiß und gehalten ist, eine solche missbräuchliche Verwendung zu verhindern. Diese ständige Praxis des Amtsgerichts Charlottenburg können die Mitglieder des Senates, die alle im Handelsregister tätig waren, aus eigener Anschauung bestätigen (vgl. auch Müther, Das Handelsregister in der Praxis, 2. Aufl., § 6 Rn. 243). Ob es darüber hinaus eine gesetzlich ausdrücklich angeordnete Rückgabepflicht gibt, spielt dabei keine Rolle.
(cc) Zudem darf nicht aus den Augen verloren werden, dass die bloße Möglichkeit, dass eine eintragungshindernde Tatsache wie z. B. der Fortfall der Vertretungsmacht vorliegt, das Grundbuchamt nicht dazu berechtigt, eine Eintragung abzulehnen. Vielmehr spricht ein (widerlegbarer) Erfahrungssatz dafür, dass keine eintragungshindernden Tatsachen bestehen. Hat das Grundbuchamt Zweifel an der Vollständigkeit oder Richtigkeit der Eintragungsunterlagen, so darf es deswegen weitere Nachweise nur verlangen, wenn sich Bedenken aufdrängen müssen; es müssen konkrete Anhaltspunkte für das vermeintliche Eintragungshindernis vorliegen, bloße Vermutungen genügen nicht (Hertel in: Meikel, GBO, 12. Aufl., § 29 Rn. 656; Volmer in: Keller/Munzig, KEHE Grundbuchrecht - Kommentar, 8. Aufl. 2019, § 29 Rn. 33; Schöner/Stöber GrundbuchR, Rn. 208).
(dd) Die Bedenken des Grundbuchamtes sind hier rein spekulativ und beschränken sich auf die im vorliegenden Fall substanzlose Unterstellung, dass der Liquidator zwischenzeitlich abberufen worden und das Registergericht es – unter Vernachlässigung seiner Pflichten – versäumt habe, die Ausfertigung des Bestellungsbeschlusses zurückzufordern. Lässt man eine solche Unterstellung ausreichen, könnte auch eine Bestellungsurkunde gem. § 56 Abs. 2 Satz 1 InsO oder ein Bestellungsbeschluss gem. § 1791a Abs. 2 BGB jedenfalls nach Ablauf eines Jahres nicht mehr Grundlage einer Eintragung sein, denn auch dort besteht in gleicher Weise die Möglichkeit, dass der Bestellte zwischenzeitlich abberufen wurde und trotzdem noch im Besitz der entsprechenden Bestellungsurkunde ist. Dass es dabei keine Rolle spielt, ob im Gesetz eine ausdrückliche Rückgabeverpflichtung der Legitimationsurkunde verankert ist, wurde bereits oben dargelegt.
(ee) Wie bereits ausgeführt, ist § 32 GBO vorliegend nicht anwendbar. Daher kann auch nicht auf die im Rahmen dieser Vorschrift entwickelten Grundsätze zurückgegriffen werden, nach welchem Zeitraum die Beweiskraft eines Registerausdruckes verblasst. Im Gegensatz zu einem Registerausdruck wird die Ausfertigung eines Beschlusses gem. § 66 Abs. 5 Satz 2 GmbHG vom Registergericht zurückgefordert, wenn die Bestellung aufgehoben wird.
(ff) Selbst wenn das Grundbuchamt sich über die oben angeführten Erwägungen hinwegsetzen würde, rechtfertigte dies nicht die Zurückweisung des Eintragungsantrages: Denn selbst die sich im Bereich der Spekulation bewegenden Bedenken des Grundbuchamtes könnten durch eine aktuelle, in Ausfertigung vorzulegende Auskunft des Registergerichtes ausgeräumt werden, wonach der im Bestellungsbeschluss benannte Liquidator nicht abberufen worden ist.
(5) Auch aus dem Beschluss des Senates vom 09. September 2019 (22 W 93/17) ergibt sich nichts Anderes. Gegenstand der genannten Entscheidung war eine Kommanditgesellschaft, für die (auch) im Falle der „Nachtragsliquidation“ grundlegend andere Regeln gelten als für die GmbH. Bei der Kommanditgesellschaft besteht die Vertretungsbefugnis der Liquidatoren weiter, wenn Abwicklungsmaßnahmen notwendig werden, nachdem die Firma im Handelsregister auf die Anzeige der Liquidatoren, die Abwicklung sei beendet, gelöscht worden ist (vgl. nur BGH, Urteil vom 21. Juni 1979 – IX ZR 69/75 –, Rn. 24, juris). Anders als bei der GmbH bedarf es dazu keiner gerichtlichen Bestellung, wie sie § 66 Abs. 5 Satz 2 GmbHG für die GmbH vorsieht. Damit gibt es bei der Kommanditgesellschaft gerade keinen Beschluss eines Gerichtes, mit dem sich der Liquidator legitimieren könnte.
III.
1. Die Kostenentscheidung folgt aus § 84 FamFG.
2. Die Wertfestsetzung hat ihre Grundlage in §§ 36 Abs. 3, 61 GNotKG. Die (Wieder-)Eintragung im Anwendungsbereich des § 66 Abs. 5 GmbHG stellt lediglich einen Annex zu der Bestellung des Liquidators dar und ist mit einem Bruchteil des in § 67 Abs. 1 Nr. 1 GNotKG normierten Wertes zu veranschlagen.
3. Da die Voraussetzungen des § 70 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 FamFG vorliegen, ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen. Der Senat weicht mit seiner Auffassung über die Notwendigkeit der (Wieder-)Eintragung der Beteiligten und des Liquidators im Handelsregister von der Rechtsprechung des 1. Zivilsenates des Kammergerichtes (Beschluss vom 11. Mai 2021 – 1 W 29/21 –, insbesondere Rn. 27, juris) ab.