OLG München: Entschädigung für Lehman-Opfer
OLG München, Urteil vom 22.5.2012 - 5 U 1725/11
Leitsatz
1. Wird ein von der Emissionsgesellschaft Lehmann Brothers Treasury Co. B.V. emittiertes und von der Konzernobergesellschaft Lehman Brothers Holdings Inc. garantiertes Finanzprodukt dem potenziellen Anleger im Beratungs- oder Vermittlungsgespräch und in der schriftlichen Produktbeschreibung als eine Anlage dargestellt, hinter der die US-amerikanische Investmentbank stehe, so handelt es sich um eine objektiv bedeutsame Fehlinformation über eine wesentliche Produkteigenschaft, weil - entgegen den den Entscheidungen des Bundesgerichtshofes vom 27. September 2011 (XI ZR 187/10 und XI ZR 182/10) zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen - die Garantin Lehman Brothers Holdings Inc. personenverschieden ist von der unter Lehman Brothers Inc. firmierenden US-amerikanischen Investmentbank, letztere (nur) eine Tochtergesellschaft der Investmentbank ist und dem Bankenstatus des Vertragspartners - hier dem Status einer US-amerikanischen Investmentbank - unter dem Gesichtspunkt der Risikoträchtigkeit des Anlageproduktes in der Regel ein für den Anlageentschluss bedeutsames Gewicht zukommt.
2. Als Zeitpunkt der Anspruchsentstehung, mit dem die Verjährungsfrist des § 37a WpHG a.F. in Lauf gesetzt wird, ist der Zeitpunkt des unwiderruflichen und vollzogenen Erwerbs der Anlage anzusehen (BGH, Urteil vom 24. März 2011, III ZR 81/10).
3. Eine mehrseitige, an potentielle Anlageinteressenten gerichtete Produktbeschreibung, die über die Funktionsweise des Zertifikats, die der Renditeberechnung zugrunde liegenden Bezugsfaktoren, die der Anleihe zugrundeliegende Investitionsstrategie, die Chancen und Risiken, die Partner und die steuerliche Behandlung informiert und schließlich eine 1-seitige Zusammenstellung der Eckdaten des Anlageproduktes enthält, ist als Prospekt im Sinne der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Prospekthaftung im engeren Sinne (etwa BGH, Urteil vom 17. November 2011, III ZR 103/10) zu qualifizieren.
Sachverhalt
I. Die Klägerin nimmt die Beklagte zu 1) wegen fehlerhafter Anlageberatung und die Beklagte zu 2) aus Prospekthaftung im Zusammenhang mit dem Erwerb von Zertifikaten der (inzwischen insolventen) Lehmann Brothers Treasury Co. B.V. in Anspruch.
Die Klägerin, eine Hausfrau, zeichnete am 15.11.2006 nach einem Gespräch mit dem für die Beklagte zu 1) in Deutschland tätigen B. W. eine "F... 5"-Anleihe der Lehmann Brothers Treasury Co. B.V. (nachfolgend: Emittentin) zum Nominalwert von 31.000,- € zuzüglich eines Ausgabeaufschlages von 5 % (1.550,- €). Nach den Anleihebedingungen hängen Verzinsung und Rückzahlungsbetrag von der Performance eines Index, der die Wertentwicklung dreier von der Emittentin ausgewählter Dachhedge-Fonds wiedergibt, des sog. "F... V Hedge Fund Index", ab. Bei einer jährlichen Verzinsung von 2 %, deren Zahlung von hier nicht interessierenden Voraussetzungen abhängig war, bestand eine Chance auf eine Verzinsung von bis zu 8 % p.a. Die Anleihe bot einen Kapitalschutz zu 100 % bei Fälligkeit am Ende der zehnjährigen Laufzeit.
Gestützt auf die Behauptung, zwischen ihr, der Klägerin, und der Beklagten zu 1) sei ein Beratungsvertrag zustande gekommen, behauptet die Klägerin diverse Beratungsmängel. Ihr Anlegerprofil (Anlage K 10) sei unzutreffend erhoben worden und gebe daher die auf Sicherheit und Altersvorsorge gerichtete Zielvorgabe der Klägerin nicht wieder. Die schriftlichen Produktunterlagen, die dem Beratungsgespräch zugrunde gelegen hätten (Produktbroschüre = Anlagen K 3 und B 12, Flyer = Anlage K 4, Termsheet = Anlage K 5 und Marketingbroschüre = Anlage K 6), seien aus mehreren Gründen falsch. Sie vermittelten durch Verschweigen des Totalverlustrisikos und durch Verharmlosung des Kapitalverlustrisikos einen unzutreffenden Eindruck vom Risiko der Anlage. Die Bezeichnung der Emittentin als bonitätsstarke Bank auf Seite 18 der Produktbroschüre (Anlage K 3) sei falsch, zum einen deshalb, weil die Emittentin keine Bank, sondern eine reine Emissionsgesellschaft gewesen sei, zum anderen deshalb, weil das einzige Asset der Emittentin eine Konzernforderung gewesen sei. Zudem habe die als erstklassig geratet beschriebene Emittentin über kein Rating verfügt, nur für ihre Produkte seien Ratingnoten vergeben gewesen. Die Fehler in den schriftlichen Unterlagen seien auch im mündlichen Gespräch nicht richtig gestellt worden. Auch gesprächsweise sei die Emittentin als bonitätsstarke Bank mit bestem Rating beschrieben worden. Auf das der Anlageform innewohnende Emittentenrisiko sei die Klägerin im Beratungsgespräch nicht aufmerksam gemacht worden.
Die als Anlage K 3 vorgelegte schriftliche Produktbeschreibung wertet die Klägerin als Prospekt, für dessen Inhalt die Beklagte zu 2) verantwortlich zeichne. Sie nimmt daher die Beklagte zu 2) aus Prospekthaftung in Anspruch.
Von den Beklagten als Gesamtschuldnern fordert sie mithin Ersatz ihres Zeichnungsschadens. Unter Anrechnung von erhaltenen Couponzahlungen in Höhe von 951,70 € begehrt sie Zahlung des eingesetzten Kapitals von per Saldo noch 31.598,30 € zuzüglich entgangenen Gewinns aus einer hypothetischen, mit 3 % p.a. verzinsten Alternativanlage für den Zeitraum 24.01.2007 - 15.01.2010 (2.908,10 €), insgesamt also 34.506,40 €, zuzüglich Rechtshängigkeitszinsen Zug um Zug gegen Übertragung der Wertpapiere. Außerdem soll der Annahmeverzug der Beklagten festgestellt und deren Verpflichtung zum Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten von 1.307,81 € nebst Rechtshängigkeitszinsen ausgesprochen werden.
Dem sind die Beklagten entgegen getreten. Die Beklagte zu 1) meint, sie sei nur als Anlagevermittlerin tätig geworden. Unter Bezugnahme auf die von der Klägerin unterzeichneten, 3-seitigen Risikohinweise hält sie die erfolgte Risikoaufklärung für ausreichend und zutreffend. Insbesondere sei auch auf das allgemeine Emittentenrisiko hingewiesen worden. Für die Rückzahlung der Anleihe habe die Lehman Brothers Holdings Inc. eine Bürgschaft unmittelbar zugunsten des Anlegers übernommen. Sowohl die Emittentin als auch die Garantin seien geratet gewesen. Die Produktbroschüre sei nicht als Prospekt im Rechtssinne und die Beklagte zu 2) nicht als deren Herausgeberin zu qualifizieren. Im Übrigen enthalte sie auch keine unzutreffenden oder ungenügenden Angaben.
Außerdem berufen sich beide Beklagten auf Verjährung.
Die Zeichnungsfrist für das verfahrensgegenständliche Produkte endete am 05.01.2007. Mit Schreiben vom 23.01.2007 (Anlage K 16) informierte die Beklagte zu 1) die Klägerin über den Erfolg der Zeichnung und über den Beginn der Auslieferung der Stücke. Sie forderte die Klägerin auf, die für die nächsten Tage, spätestens 05.02.2007 in Aussicht gestellte Einbuchung der Wertpapiere in ihrem Depot zu überwachen. Die Klage ging am 21.01.2010 bei Gericht ein und wurde der Beklagten zu 1) am 29.03.2010 und der Beklagten zu 2) am 04.03.2010 zugestellt.
Die Klägerin hat den Bestand einer Garantie seitens der Lehman Brothers Holdings Inc. für die Zahlungsverpflichtungen der Emittentin, einer Enkelgesellschaft der Lehman Brothers Holdings Inc., aus der verfahrensgegenständlichen Anleihe bestritten. Zudem sei selbst im Falle einer bestehenden Garantieerklärung die mündliche und schriftliche Bezeichnung der Emittentin als "Bank" falsch. Hierzu trägt sie - nicht nur unbestritten, sondern beklagtenseits eingeräumt - vor, dass es sich bei der Garantiegeberin nicht um die unter der Kurzbezeichnung "Lehman Brothers" bekannte Investmentbank handelt und die den Urteilen des Bundesgerichtshofs vom 27.09.2011 - XI ZR 178/10 und XI ZR 182/10 - diesbezüglich zugrunde liegenden tatbestandlichen Feststellungen daher unzutreffend sind. Die US-amerikanische Investmentbank firmierte unter dem Namen Lehman Brothers Inc. und war ihrerseits eine Tochter der Lehman Brothers Holdings Inc.
Die Beklagten meinen, eine nähere Darlegung der konzernrechtlichen Struktur sei mangels Bedeutsamkeit für den Anleger nicht geschuldet gewesen, die schriftlichen Ausführungen auf Seite 18 der Produktbroschüre (Anlage K 3) unter der Überschrift "Die Partner" seien weder unzutreffend noch irreführend.
Die dortige Passage lautet wie folgt:
"LEHMAN BROTHERS
Die Lehman Brothers Treasury Co. B.V. mit Sitz in New York wurde 1850 von den Brüdern Henry, Emanuel und Mayer Lehman gegründet und gehört heute zu den weltweit führenden Investmentbanken mit Niederlassungen in mehr als 20 Ländern. Die Geschäftsfelder reichen von Vertriebs- und Handelsaktivitäten mit Anleihen und Aktien bis hin zu Emissionen von Wertpapieren und Research.
www.lehman.com"
Korrespondierend hiermit heißt es auf Seite 16 derselben Broschüre unter der Überschrift "F... 5: Sicherheit durch Kapitalschutz" wie folgt:
"Die Emittentin der Anleihe, die Lehman Brothers Treasury Co. B.V., ist eine bonitätsstarke Bank ..."
Am 03.03.2011 hat das Landgericht die Beklagten ohne Beweisaufnahme antragsgemäß zur Zahlung verurteilt, weil weder die Emittentin noch deren (Groß-)Muttergesellschaft entgegen der gemachten Beschreibung eine Bank seien, außerdem deshalb, weil die Emittentin über kein Rating verfügt habe.
Hiergegen wenden sich beide Beklagten mit der Berufung, mit der sie die Klageabweisung erstreben. Sie beanstanden, dass das Landgericht ohne Erhebung der angebotenen Beweise ein fehlendes Rating unterstellt habe und die Verjährungseinrede nicht habe durchgreifen lassen. Im Übrigen handele es sich bei der Frage, ob die Emittentin/Garantin den Status einer Investmentbank innegehabt habe, um keinen aus Anlegersicht bedeutsamen Umstand, weshalb eine diesbezügliche Falschdarstellung - die im Tatsächlichen nicht vorliege - keine Haftungsfolgen auslöse.
Der Senat hat am 10.01.2012 (Blatt 272/274 d.A.) und am 27.03.2012 (Blatt 306/310 d.A.) mündlich verhandelt und im zuletzt genannten Termin die Klägerin persönlich auf den Antrag der Beklagten zur Frage der Kausalität als Partei vernommen gemäß Beschluss vom 27.03.2012. Auf die Sitzungsniederschriften wird Bezug genommen.
Ergänzend wird auf die tatbestandlichen Feststellungen im landgerichtlichen Urteil und die im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen verwiesen.
Aus den Gründen
II. Die Berufung der Beklagten bleibt weitgehend ohne Erfolg. Die Klägerin kann von der Beklagten zu 1) wegen Verletzung des Beratungsvertrages und von der Beklagten zu 2) nach den Grundsätzen der Prospekthaftung i.e.S. Ersatz des Zeichnungsschadens deshalb verlangen, weil die ihr erteilten Informationen über die Emittentin in einem für die Anlageentscheidung wesentlichen und daher aufklärungs- und prospektpflichtigen Punkt vom wahren Sachverhalt zum Nachteil des Anlegers abweichen und die Beklagte zu 1) als Beraterin, die Beklagte zu 2) als Prospektherausgeberin für diese Fehlinformation verantwortlich sind. Auf die Falschinformation ist die Zeichnung auch kausal zurückzuführen; der daraus resultierende Schadensersatzanspruch ist nicht verjährt. Deshalb war nicht mehr durch Beweisaufnahme zu klären, ob die weiteren klägerseits gerügten Prospekt- oder Beratungsmängel vorgelegen haben.
A. Haftung der Beklagten zu 1):
Die Beklagte zu 1) ist der Klägerin zum Ersatz des Zeichnungsschadens wegen fehlerhafter Anlagevermittlung (und -beratung) verpflichtet.
1. Das Landgericht München I als Wohnsitzgericht für die in P. wohnhafte Klägerin und damit das Oberlandesgericht München als Berufungsgericht sind gemäß Art. 15 Abs. 1 lit. c) der Verordnung EG Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVVO) für die Entscheidung des Rechtsstreits international zuständig. Die Beklagte zu 1), ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen mit Sitz in Österreich, hat ihre geschäftliche Tätigkeit nach Deutschland ausgerichtet und in Deutschland ausgeübt, indem sie mit der Finanzdienstleistung W. - einen Vertriebsvertrag (Anlage K 2) abgeschlossen hat, in Ausführung dessen ihr in Deutschland ansässiger Vertriebspartner die Anlage- und Abschlussvermittlung von (unter anderem) Wertpapieren als Erfüllungsgehilfe der Beklagten zu 1) durchgeführt hat. Der verfahrensgegenständliche Vermittlungs- und (dazu unter 2.) Beratungsvertrag, aus dem die Klägerin die mit der Klage geltend gemachten Ansprüche herleitet, ist in Ausübung dieser beruflichen Geschäftstätigkeit in Deutschland geschlossen und durchgeführt worden, wobei die Klägerin im Rahmen ihrer privaten Vermögensanlage und daher als Verbraucherin der Beklagten gegenübergetreten ist (BGH, Urteil vom 29.11.2011 - XI ZR 172/11, NJW 2012, 455).
2. Zutreffend hat das Landgericht den Abschluss eines Beratungsvertrages zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 1) bejaht.
2.1. Auf den Sachverhalt ist mangels Rechtswahl gemäß dem hier noch anwendbaren Art. 29 Abs. 2 EGBGB deutsches Recht anzuwenden; die Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom I-Verordnung) gilt für Ansprüche aus vertraglichen Schuldverhältnissen, die seit dem 17.12.2009 geschlossen worden sind, Art. 1, 28, 29 Rom I-VO, und erfasst daher den vorliegenden Sachverhalt nicht.
Gemäß Art. 29 Abs. 2 EGBGB unterliegen Verträge über die Erbringung von Dienstleistungen an einen Verbraucher dem Recht des Staates, in dem der Verbraucher seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, sofern der Vertrag unter den in Art. 29 Abs. 1 EGBGB bezeichneten Umständen zustande gekommen ist. Vorliegend sind die Voraussetzungen des Art. 29 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB erfüllt, denn dem Vertragsabschluss ist ein Angebot im Verbraucherstaat vorausgegangen und die Klägerin als Verbraucherin hat in diesem Staat die zum Vertragsabschluss erforderlichen Rechtshandlungen vorgenommen.
2.2. W. als Erfüllungsgehilfe der Beklagten zu 1) hat auf dem Gebiet des Verbraucherstaates nicht nur seine Vermittlungsleistung, sondern auch eine Anlageberatungsleistung angeboten, die die Klägerin angenommen hat. Hinsichtlich der von ihr erbrachten Kapitalanlage-Vermittlungsleistung räumt die Beklagte zu 1) dies selbst ein. Hinsichtlich des Beratungsverhältnisses folgt dies - wie das Landgericht unter Verweis auf das der Beklagten zu 1) zuzurechnende Auftreten ihres Erfüllungsgehilfen W. zutreffend ausgeführt hat - aus der vorliegenden schriftlichen Unterlage über den Gesprächsinhalt (Anlage K 10), in dem die Beklagte zu 1), vertreten durch W., "Angaben zu den Beratungsgrundlagen" (Seite 2 der Anlage K 10), nämlich Anlageziele, Risikobereitschaft, Kenntnisstand und finanzielle Verhältnisse der Klägerin, erhoben hat und von der Klägerin unterzeichnen hat lassen. Ausweislich des Vertriebsvertrages (Anlage K 2) und der insoweit erteilten Vollmacht (Anlage K 1) bewegte sich W. dabei auch im Rahmen der ihm erteilten Vertretungsmacht. So wird der Bevollmächtigte in der Vollmachtsurkunde stets als "Berater" bezeichnet; das Anlegerprofil wurde gemäß § 10 des Vertriebsvertrages auf einem von der Beklagten zu 1) überlassenen Formblatt erhoben; zur stichwortartigen Protokollierung des als "Beratungsgespräch" bezeichneten Kundengespräches war der Vermittler gemäß § 10.4 des Vertriebsvertrages verpflichtet.
Indem die Klägerin die begehrten Auskünfte zu ihren Anlagezielen, ihrer Anlagestrategie und ihrer wirtschaftlichen Situation erteilt und W. bzw. die Beklagte zu 1) auf diese Weise in die Lage versetzt hat, die Übereinstimmung des Anlageproduktes mit den anlegerspezifischen Gegebenheiten zu prüfen und die Anlageempfehlung mit der anlegerspezifischen Situation abzustimmen, hat sie das ihr unterbreitete Beratungsangebot angenommen.
Letztlich kommt es hierauf nicht weiter an, weil schon die anlagebezogenen Auskünfte der Beklagten zu 1) in einem für die Anlageentscheidung wesentlichen Punkt unzutreffend waren, weshalb auch ihre Vermittlungsleistung unter Verletzung der Pflicht zu objektgerechter Auskunftserteilung erfolgt ist.
3. Auch im Rahmen der Anlagevermittlung kommt nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung ein Auskunftsvertrag mit Haftungsfolgen zustande, wenn der Interessent deutlich macht, dass er, auf eine bestimmte Anlageentscheidung bezogen, die besonderen Kenntnisse und Verbindungen des Vermittlers in Anspruch nehmen will, und der Anlagevermittler die gewünschte Tätigkeit beginnt (BGH, Urteil vom 11.01.2007 - III ZR 193/05, WM 2007, 585). Aufgrund des Vertrags auf Auskunftserteilung war die Beklagte zu 1) - wie im Rahmen eines Beratungsverhältnisses - zu richtiger und vollständiger Information über alle tatsächlichen Umstände verpflichtet, die für den Anlageinteressenten von besonderer Bedeutung sind (BGH, Urteil vom 12.02.2004 - III ZR 359/02, WM 2004, 631 Tz. 22).
Gegen diese Verpflichtung hat die Beklagte zu 1) verstoßen, indem sie über ihren Erfüllungsgehilfen, der sich durch die Verwendung schriftlicher Unterlagen (vgl. BGH, Urteil vom 17.09.2009 - IX ZR 264/08 Leitsatz 2) betreffend die empfohlene Anlage den dortigen Inhalt zu eigen gemacht hat, die Emittentin als "Bank", nämlich als die US-amerikanische Investmentbank Lehman Brothers Inc., beschrieben hat, obwohl sowohl die Emittentin als auch die Garantin personenverschieden von der Investmentbank sind. Für die Entscheidung kommt es deshalb nicht mehr darauf an, ob - was naheliegt - schon in dem Zurückhalten jeglicher Information über das Vorliegen einer Garantie, die Person des Garantiegebers mit Name und Anschrift, die wirtschaftlichen Hintergründe der Garantie und die Voraussetzungen für die Geltendmachung der Garantieleistung eine Aufklärungspflichtverletzung liegt. Jedenfalls deshalb, weil es sich weder bei der Emittentin noch bei der Garantin, über deren Identität keine Aufklärung erfolgt ist, um die in der Produktbroschüre in das Zentrum der Aufmerksamkeit des Anlageinteressenten gerückte Investmentbank handelt, ist die erfolgte Aufklärung über den Vertragspartner der Anleihe in einem wesentlichen Punkt unvollständig, irreführend und falsch.
3.1. Grob falsch ist die Einlassung der Beklagten dahingehend, der oben im Tatbestand zitierte Passus in der Produktbroschüre über "die Partner" beziehe sich ausweislich seiner Überschrift ("Lehman Brothers") und des abschließenden Verweises auf die Homepage ("www.lehman.com") auf den Lehman-Konzern und erteile lediglich über diesen Konzern eine Information, die nicht speziell auf die Emittentin bezogen sei. Eine solche Interpretation ist unvertretbar. Nach dem Wortlaut der Textpassage betrifft die dem Anleger erteilte Information über seine "Partner" vielmehr ausdrücklich die Emittentin. Diese wird namentlich erwähnt und als das 1850 von den Brüdern Lehman gegründete Unternehmen mit Sitz in New York vorgestellt ("Die Lehman Brothers Treasury Co. B.V. mit Sitz in New York wurde 1850 von ... gegründet"), welches "heute zu den weltweit führenden Investmentbanken mit Niederlassungen in mehr als 20 Ländern (gehört)". Diese Aussage kann der unbefangene und aufmerksame Leser nur dahin verstehen, dass es sich bei der Emittentin selbst um die US-amerikanische Investmentbank handelt, die ihrerseits zu den weltweit führenden Investmentbanken zählt ("gehört") und Niederlassungen in mehr als 20 Ländern haben soll. Eine Interpretation dahingehend, dass die Emittentin (oder die verschwiegene Garantin) nicht mit der Investmentbank identisch sind, sondern lediglich demselben Konzernverbund wie die Investmentbank angehören, und weiter dahingehend, dass zum Konzern (jeweils juristisch selbständige) Gesellschaften mit Sitz in mehr als 20 Ländern zählen, ist dieser Beschreibung nicht zu entnehmen. Die schlagwortartige Überschrift hat keinen eigenen Aussagegehalt und ist nicht geeignet, den Informationsgehalt des aus sich heraus verständlichen, nachfolgenden Textes abzuändern oder in einen Zusammenhang zu stellen, der ein vom Wortsinn abweichendes Verständnis gebieten würde oder auch nur nahelegen könnte. Der den Text abschließende Verweis auf die Internetadresse lässt sich nur als Angabe für den interessierten Leser begreifen, der sich dort - wenn er es wünscht - nähere Informationen über die (angebliche) US-amerikanische Investmentbank beschaffen kann. Ein Hinweis darauf, dass die erteilte Information unrichtig ist, ist mit der Angabe der Internetadresse genauso wenig verbunden wie die Aufforderung an den Anleger, den wahren Sachverhalt über die angegebene Adresse selbst in Erfahrung zu bringen. Daran ändert sich nichts deshalb, weil es sich bei der angegebenen Adresse - anders als es nach dem der Adressangabe vorangestellten Text zu erwarten war - um die Homepage der Garantin Lehman Brothers Holdings Inc. handelte. Aus dem Domainnamen selbst ergab sich mangels Diskrepanz zum Namen der Investmentbank und mangels eines auf die Holding hinweisenden Zusatzes kein Anlass für Misstrauen und für weitere Nachforschungen über den Partner und genauso wenig eine den darüber stehenden Text ergänzende oder korrigierende inhaltliche Information.
In Übereinstimmung hiermit wird auch auf Seite 16 der Broschüre die Emittentin als bonitätsstarke Bank beschrieben.
In Wahrheit handelte es sich bei der Emittentin um die Enkelgesellschaft der Lehman Brothers Holdings Inc., der Garantin (Anlage BK 2 mit BK 13). Letztere war - abweichend von den den Fakten widersprechenden tatbestandlichen Feststellungen, die der Bundesgerichtshof den oben genannten Entscheidungen vom 27.09.2011 zugrunde zu legen hatte - nicht die US-amerikanische Investmentbank. Diese firmierte vielmehr unter Lehman Brothers Inc. und war ihrerseits eine Tochtergesellschaft der Lehman Brothers Holdings Inc. Die über den Vertragspartner gemachten, oben zitierten Aussagen erweisen sich daher als grundlegend falsch.
3.2. Die Abweichung zwischen erteilter Information über den Vertragspartner und dem wahren Sachverhalt betrifft eine für die Anlageentscheidung wesentliche Information. Die den Fakten widersprechende Beschreibung des Vertragspartners stellt daher eine Verletzung der der Beklagten zu 1) obliegenden Pflicht zur zutreffenden Information über das Beteiligungsobjekt dar.
Die Verpflichtung des Anlagevermittlers und -beraters zu richtiger und vollständiger Information über das Anlageprodukt bezieht sich auf diejenigen tatsächlichen Umstände, die für den Anlageentschluss von besonderer Bedeutung sind (BGH, Urteil vom 17.02.2011 - III ZR 144/10, WM 2011, 505 Tz. 9 m.w.Nachw.). Ob der Vertragspartner einen Bankenstatus - hier den einer US-amerikanischen Investmentbank - einnimmt, ist unter dem Gesichtspunkt der Risikoträchtigkeit des Anlageproduktes für den Anlageentschluss wegen der mit dem Status verbundenen Regulierung und Institutsbeaufsichtigung in der Regel von wesentlicher Bedeutung. Dies gilt auch vorliegend.
Zwar hatte die US-amerikanische Börsenaufsicht Securities and Exchange Commission (SEC) in Reaktion auf die Richtlinie 2002/87/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.12.2002 über die zusätzliche Beaufsichtigung der Kreditinstitute, Versicherungsunternehmen und Wertpapierfirmen eines Finanzkonglomerats (sog. Finanzkonglomeraterichtlinie) das "Consolidated Supervised Entities" (CSE)-Programm eingerichtet und damit auf Holdingebene eine Aufsichtsmöglichkeit etabliert, der sich auch Lehman Brothers unterworfen hatte. Trotz dieser Beaufsichtigung samt den damit verbundenen Einwirkungsmöglichkeiten der SEC und trotz der damit einhergehenden Eigenkapitalanforderungen wurde damit ein Sicherheitsstandard, der demjenigen einer - der Einzelaufsicht unterliegenden - Investmentbank vergleichbar wäre, nicht erreicht.
Anlass für die Finanzkonglomeraterichtlinie hat gemäß den der Richtlinie vorangestellten Erwägungsgründen die Entwicklung auf den Finanzmärkten gegeben, die dazu geführt hatte, dass Kreditinstitute, Versicherungsunternehmen und Wertpapierfirmen, die Teil einer Finanzgruppe mit Dienstleistungs- und Produktangeboten in verschiedenen Finanzbranchen sind, keiner gruppenweiten Beaufsichtigung unterlagen, obwohl einige dieser Konglomerate zu den größten Akteuren auf den Finanzmärkten zählten und ihre Dienstleistungen weltweit anboten. Mit dem Erlass der Richtlinie wurde daher ein erster Schritt umgesetzt in Verfolgung des Ziels, in Ergänzung zu den branchenspezifischen Vorschriften für Kreditinstitute, Versicherungsunternehmen und Wertpapierfirmen für - innerhalb der Europäischen Union tätige - Finanzgruppen mit branchenübergreifenden Finanztätigkeiten eine zusätzliche Beaufsichtigung zu installieren. Mit Blick darauf, dass große, systemrelevante US-amerikanische Investmentbanken wie Merrill Lynch & Co. Inc., Goldman Sachs Group Inc., aber auch Lehman Brothers Inc., auf Holdingebene zum Zeitpunkt des Erlasses der Finanzkonglomeraterichtlinie keiner umfassenden öffentlichen Aufsicht unterlagen und der Anwendungsbereich für die zusätzliche Aufsicht durch den Gemeinsamen Ausschuss gemäß Art. 9 ff. der Finanzkonglomeraterichtlinie eröffnet war, hat die SEC das "Consolidated Supervise Entities"-Programm installiert und die freiwillige Unterwerfung der systemrelevanten Brokerhäuser durch eine Änderung der "net capital rule" gefördert und erreicht. Darin wurde die Möglichkeit der Befreiung von der "standard net capital calculation" geschaffen im Gegenzug zur Erteilung der Zustimmung der "ultimate holding company" zur gruppenweiten Beaufsichtigung. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht hat hierzu im Rahmen ihrer Stellungnahme auf eine Anfrage betreffend die Anforderungen an die Eigenmittelausstattung der ihrer Aufsicht unterliegenden Institute am 31.10.2007 diese Entwicklungen dokumentiert und hierzu ausgeführt (www.bafin.de - "Daten & Dokumente" - "Grundsatz I über die Eigenmittel der Institute gemäß §§ 10, 10a KWG"): "Mit dieser Änderung will die SEC über das Angebot einer regulatorischen Eigenmittelentlastung den großen international tätigen US-Investmentbanken einen Anreiz für eine konsolidierte Gruppenaufsicht geben und so zugleich deren europäischen Töchter vor einer zusätzlichen Beaufsichtigung nach der Finanzkonglomeraterichtlinie bewahren". Die BaFin hat diese Entwicklung aber nicht nur dokumentiert, sondern auch im Hinblick auf die Konsequenz für die Risikogewichtung und damit für die Eigenkapitalunterlegung entsprechender Risikopositionen in den Büchern der der Aufsicht der BaFin unterstehenden Institute gewürdigt und ist dabei zu folgendem Ergebnis gekommen: "Diese Beaufsichtigung von Investmentbankenholdings durch die SEC führt nicht zu deren privilegierten Risikogewichtung. ... Die insoweit von der SEC ausgeübte konsolidierte Beaufsichtigung dieser Holdings ist mit einer Beaufsichtigung auf Soloebene nicht vergleichbar ... Forderungen gegen von der SEC beaufsichtigte Investmentbankenholdings sind demnach weiterhin mit 100 % zu gewichten. Diese Einschätzung teilen die übrigen Bankenaufseher in der EU, wie eine von mir eigens durchgeführte Umfrage ... ergeben hat." Wenngleich diese Ausführungen unter aufsichtsrechtlichem Vorzeichen stehen, so eröffnen sie doch einen Einblick in eine fachkundige Risikoeinschätzung. Die Beaufsichtigung (auch) der Lehman Brothers Holdings Inc. ist nicht mit einer Beaufsichtigung auf Soloebene vergleichbar; die mit einer Lockerung der Eigenkapitalvorgaben "erkaufte" Einbindung der Holding in das "Consolidated Supervise Entities"-Programm (CSI-Programm) ist einer kraft Gesetzes verordneten Aufsicht und der in diesem Rahmen geltenden "net capital rule" nicht gleichwertig. Die Ansicht der Beklagten, es sei aus Anlegersicht unerheblich, ob Vertragspartner die Bank oder die Holding sei, trifft nicht zu.
Aus diesen Gründen erweist sich die unzutreffende Partnerbezeichnung als objektiv pflichtwidrige Falschinformation über das Anlageprodukt.
3.3. Das Verschulden der Beklagten zu 1) wird vermutet, § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB. Gesichtspunkte, die die Beklagte zu 1) vom (mindestens) Fahrlässigkeitsvorwurf befreien könnten, sind nicht dargetan und nicht ersichtlich. Die schriftliche Aussage über den Vertragspartner war erkennbar falsch; dass die Frage, ob der Vertragspartner die (Investment-)Bank selbst oder eine davon personenverschiedene Holding ist, aus Anlegersicht von maßgeblicher Bedeutung ist, liegt auch ohne eine detaillierte Beschäftigung mit den aufsichtsrechtlichen Gegebenheiten schon im Sinne einer "laienhaften Parallelwertung" nahe.
4. Die Fehlinformation ist auch ursächlich für die Zeichnung der Anlage durch die Klägerin geworden. Die zur Erschütterung der zugunsten der Klägerin sprechenden Kausalitätsvermutung (BGH, Urteil vom 12.05.2009 - XI ZR 586/07, WM 2009, 1274 Rn. 22) beantragte und durchgeführte Parteivernehmung hat nichts zugunsten der Beklagten erbracht. Die Klägerin hat angegeben, für sie sei die Bezeichnung der Emittentin als Bank deshalb von Bedeutung gewesen, weil sie mit dem Bankenstatus ein erhöhtes Maß an Sicherheit verbunden habe. Der Sicherheitsaspekt sei für sie bei der Anlageentscheidung von Bedeutung gewesen. Hätte sie gewusst, dass ihr Vertragspartner nicht die Bank, sondern eine andere Gesellschaft im Konzernverbund sei, hätte sie sich weniger abgesichert gefühlt und deshalb von der Zeichnung Abstand genommen. Auf kritische Nachfrage unter Vorhalt der unterzeichneten Risikohinweise und des von ihr unterzeichneten Anlegerprofils, in dem die Risikostufe 5 angekreuzt ist, hat die Klägerin ausgeführt, sie habe die höchste Risikoklasse für die sicherste gehalten. Die textliche Erläuterung dahingehend, dass ein Totalverlust in Kauf genommen werde, sei ihr nicht aufgefallen. Sie selbst habe bislang auch nur in Bundesschatzbriefe und Festgeld angelegt und überlasse im Übrigen die Anlageentscheidungen ihrem Ehemann. Über den Umfang der Risikohinweise habe sie sich mit Blick auf die in den schriftlichen Unterlagen mehrfach betonte Sicherheit der Anlage keine Gedanken gemacht. Die Klägerin hat danach zwar ein von bemerkenswerter Unbedarftheit gekennzeichnetes Bild von sich selbst gezeichnet. Der Senat hat aber keine Anhaltspunkte dafür, dass die Bezeichnung des Vertragspartners als Investmentbank entgegen der Aussage der Klägerin und der zu ihren Gunsten sprechenden Vermutung für die Anlagezeichnung nicht kausal geworden sei.
5. Den durch die Pflichtverletzung verursachten Zeichnungsschaden hat die Beklagte zu 1) zu ersetzen, § 249 Abs. 1 BGB. Die Beklagte zu 1) war daher zur Zahlung des Anlagekapitals zuzüglich Agio (32.550,- €) abzüglich der im Wege des Vorteilsausgleichs zu berücksichtigenden Zinseinnahmen aus der Anleihe (951,70 €), somit zur Zahlung von 31.598,30 € zu verurteilen.
Darüber hinaus schuldet die Beklagte zu 1) gemäß § 252 BGB Ersatz des entgangenen Gewinns. Zwar ist eine konkret bezeichnete alternative Anlage, die die Klägerin anstelle des Zertifikats erworben hätte, nicht sicher festzustellen. Die Klägerin hat sich bei ihrer Vernehmung dahingehend eingelassen, sie hätte bei Kenntnis des tatsächlichen Vertragspartners das Geld bei der VW-Bank oder einer anderen Bank belassen oder sich eine andere Alternative von Herrn W. aufzeigen lassen. Im Hinblick darauf, dass jedenfalls ausgeschlossen werden kann, dass das in das Zertifikat investierte Geld ungenutzt liegen gelassen worden wäre, ist mithin zum einen ein entgangener Gewinn zu bejahen und zum anderen dessen Höhe nach § 287 ZPO zu schätzen. Gegen den klägerischen Ansatz von 3 % p.a. bestehen keine durchgreifenden Bedenken. Der für den geltend gemachten Zeitraum vom 24.01.2007 - 15.01.2010 verlangte entgangene Gewinn errechnet sich daher (richtig) mit 2.823,07 € und war in dieser Höhe zuzusprechen.
Gemäß §§ 286 Abs. 1 Satz 1, 288 Abs. 1 BGB stehen der Klägerin außerdem Verzugszinsen auf den Hauptsachebetrag ab dem Tag nach Ablauf der mit Schreiben vom 12.01.2010 (Anlage zum Protokoll über die landgerichtliche Verhandlung am 13.01.2011, Bl. 159/161 d.A.) auf den 15.01.2010 gesetzten Zahlungsfrist zu.
Wegen der in übersteigender Höhe mit der Klage verfolgten Zinsansprüche war die Klage unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils abzuweisen.
Im Gegenzug hat die Klägerin - wie von ihr bereits mit Schreiben vom 12.01.2010 und wiederholt mit der Klage angeboten - die Anleihe auf die Beklagte zu 1) zu übertragen.
Infolge des wirksamen und seitens der Beklagten abgelehnten Angebotes war im Hinblick auf die geschuldete Gegenleistung der Annahmeverzug der Beklagten zu 1) auszusprechen, §§ 291 - 295 BGB.
Der Schadensersatzanspruch wegen Verletzung des Anlagevermittlungs- und Beratungsvertrages umfasst daneben auch die für die vorgerichtliche Inanspruchnahme anwaltlicher Unterstützung angefallenen Kosten. Diese errechnen sich als 1,3-fache Gebühr nach Nr. 2300 RVG-VV aus einem Streitwert von 31.598,30 € in der geltend gemachten Höhe von 1.307,81 €.
Da diese Kosten mit den vorprozessualen Schreiben vom 12.01.2010 nicht eingefordert worden sind, sind vorprozessuale Verzugszinsen hierauf nicht geschuldet, sondern lediglich Prozesszinsen ab dem Tag nach jeweiliger Rechtshängigkeit.
6. Der Ersatzanspruch der Klägerin gegen die Beklagte zu 1) ist nicht verjährt.
Gemäß dem hier noch anwendbaren § 37a WpHG a.F. verjähren Schadensersatzansprüche des Kunden gegen ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen wegen fahrlässiger Verletzung von Informations- und Beratungspflichten nach drei Jahren "von dem Zeitpunkt an, in dem der Anspruch entstanden ist". Entstanden ist der Anspruch nach der Grundsatzentscheidung des Bundesgerichtshofs vom 08.03.2005 - XI ZR 170/04, BGHZ 162, 306 Tz. 16 f., mit dem Erwerb der pflichtwidrig empfohlenen Wertpapiere. In Erläuterung dieser Rechtsprechung hat der Bundesgerichtshof im Urteil vom 24.03.2011 - III ZR 81/10, WM 2011, 874 Rn. 9, als Zeitpunkt der Anspruchsentstehung den Zeitpunkt des unwiderruflichen und vollzogenen Erwerbs der Anlage bezeichnet.
Daher begann die Verjährungsfrist vorliegend nicht schon mit der Zeichnung der Anlage durch die Klägerin und auch nicht bereits mit dem Ende der Zeichnungsfrist zu laufen, sondern erst mit dem abgeschlossenen Vollzug des Anlagenerwerbs. Dieser wird dokumentiert durch die Einbuchung ins Depot. Ausweislich der Anlage K 16 war der Erwerbsvorgang somit vorliegend jedenfalls nicht vor dem 23.01.2007 abgeschlossen. Die am 21.01.2010 anhängig gemachte und unverzüglich im Sinne von § 167 ZPO zugestellte Klage hat die Verjährungsfrist daher rechtzeitig gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB gehemmt. Der Zeitablauf zwischen Klageeinreichung und -zustellung hat seine Ursache ausschließlich im Geschäftsbetrieb des Gerichts und ist nicht von der Klagepartei verursacht.
Zudem hat die Beklagte zu 1) ihrer Darlegungs- und Beweislast für einen etwa fehlenden Vorsatz nicht entsprochen (BGH, Urteil vom 12.05.2009 - XI ZR 586/07, WM 2009, 1274), wie schon das Landgericht zutreffend ausgeführt hat.
B. Haftung der Beklagten zu 2):
Die Beklagte zu 2) ist der Klägerin nach den Grundsätzen der Prospekthaftung im engeren Sinne zum Ersatz des Zeichnungsschadens verpflichtet.
1. Die als Anlage K 3 vorgelegte Broschüre ist als Prospekt und die Beklagte zu 2) als Prospektverantwortliche zu qualifizieren.
1.1. Prospekt im Sinne der zur Prospekthaftung im engeren Sinne ergangenen Rechtsprechung ist eine marktbezogene schriftliche Erklärung, die für die Beurteilung der angebotenen Anlage erhebliche Angaben enthält oder den Anschein eines solchen Inhalts erweckt. Sie muss dabei tatsächlich oder zumindest dem von ihr vermittelten Eindruck nach den Anspruch erheben, eine das Publikum umfassend informierende Beschreibung der Anlage zu sein (BGH, Urteil vom 17.11.2011 - III ZR 103/10, ZIP 2011, 2410 Rn. 21).
All diese Voraussetzungen erfüllt die 19-seitige Broschüre, Anlage K 3. Nach ihrem Inhalt richtet sich diese Broschüre an potentielle Anlageinteressenten und damit an den Markt, der mittels dieser Broschüre über das Anlageprodukt, nämlich die Fortrust 5 Anleihe, informiert werden soll. Auf Seite 19 wird diese Tatsache mit folgenden Worten dokumentiert: "Diese Broschüre ist ausschließlich zur Verteilung in der Bundesrepublik Deutschland vorgesehen ..." Sämtliche Informationen der Broschüre betreffen diese spezifische Anlage. Die Funktionsweise des Zertifikats über die gesamte Dauer der Laufzeit wird beschrieben, die den Bezugsindex bestimmenden Dachhedgefonds werden vorgestellt und die der Anleihe zugrundeliegende Investitionsstrategie ebenso wie die daraus resultierenden Chancen und Risiken besprochen. Daneben wird eine historische Rückrechnung vorgenommen. Die Partner werden vorgestellt. Sogar die steuerliche Behandlung wird erläutert. Zudem enthält die Broschüre eine 1-seitige Zusammenstellung der Eckdaten des Anlageproduktes. Auf diese Weise vermittelt die Broschüre den Eindruck, eine umfassend informierende Anlagebeschreibung zu geben. Sie wurde auch bestimmungsgemäß zur Produktinformation im Vermittlungsgespräch eingesetzt. Die Broschüre ist deshalb in rechtlicher Hinsicht als Prospekt anzusehen, ohne dass dem Hinweis auf Seite 19 darauf, dass die "Broschüre selbst kein Prospekt im Sinne des deutschen Wertpapierprospektgesetzes" ist, in rechtlicher Hinsicht Bedeutung zukäme.
1.2. Die Beklagte zu 2) wird auf Seite 18 des Prospektes als die mit dem Vertrieb der Anlage beauftragte Bank beschrieben. Auf die Funktion des Anlagevertriebs beschränkt sich aber die von der Beklagten zu 2) übernommene Rolle nicht. Die Beklagte zu 2) ist nämlich als Herausgeberin der als Anlage K 3 vorgelegten Broschüre, also dieses Prospektes, zu qualifizieren, denn ihr Name erscheint nicht nur bereits auf dem Deckblatt der Broschüre und sodann in Form der Angabe ihrer Internetadresse als Fußzeile auf jeder zweiten Seite des Prospektes, sondern insbesondere abschließend auf der Rückseite des Prospektes unter Nennung von Name, Adresse und Erreichbarkeit in Form eines Impressum. Auf diese Weise hat sich die Beklagte zu 2) als die für den Inhalt des Prospektes verantwortliche juristische Person bezeichnet. Sie ist daher auch Haftungsadressatin nach den Grundsätzen der Prospekthaftung i.e.S. Dem disclaimer auf Seite 19 des Prospektes, wonach sie für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben keine Gewähr übernehme, kommt in diesem Zusammenhang keine Bedeutung zu. Die Broschüre stellt eine gegenüber dem offiziellen Verkaufsprospekt zwar oberflächlichere, aber dennoch das Produkt, dessen Funktionsweise und die Vertragspartner des Anlegers im Überblick umfassend erläuternde Produktbeschreibung und genügt daher der Definition eines Prospekts im Rechtssinn (BGH, Urteil vom 17.11.2011 aaO Rn. 25).
2. Der Prospekt muss einem Anlageinteressenten ein zutreffendes Bild über das Beteiligungsobjekt vermitteln. Deshalb hat der Prospekt über alle Umstände, die für die Anlageentscheidung von wesentlicher Bedeutung sind oder sein können, verständlich und vollständig aufzuklären (BGH, Urteil vom 01.03.2010 - II ZR 213/08, WM 2010, 796 Rn. 13). Diesem Grundsatz der Prospektwahrheit wird die Broschüre nicht gerecht. Sie erweist sich vielmehr in einem wesentlichen Punkt als falsch, weil sie den Vertragspartner, nämlich die Emittentin der Anleihe, unzutreffend als die US-amerikanische Investmentbank bezeichnet, obwohl diese Angabe weder auf die Emittentin noch auf die Garantin der Anleihe zutrifft. Zur Begründung wird auf die Ausführungen unter Gliederungspunkt A. 3.1. verwiesen.
Diese Abweichung des Prospektinhalts vom wahren Sachverhalt betrifft auch einen für die Anlageentscheidung wesentlichen Punkt. Diesbezüglich wird auf die Ausführungen unter Gliederungspunkt A. 3.2. Bezug genommen. Eine Differenzierung in der Begründung ist, jedenfalls vorliegend, nicht deshalb veranlasst, weil die Haftung der Beklagten zu 1) auf einer fehlerhaften Tatsachendarstellung im Rahmen eines Auskunfts- und Beratungsverhältnisses und die Haftung der Beklagten zu 2) auf einer fehlerhaften Information mittels Prospektes beruht. Die Fehlinformation betrifft einen erheblichen Umstand, der nach Art des Geschäfts und gemessen an den Erwartungen des Kapitalmarkts für einen durchschnittlichen Anleger von Bedeutung sein kann (BGH, Urteil vom 12.05.2005 - 5 StR 283/04, NJW 2005, 2242) und bedingt mithin nicht nur eine Verletzung der Auskunfts- und Beratungspflicht, sondern zugleich einen Verstoß gegen den Grundsatz der Prospektwahrheit.
Die Verletzung der Pflichten, die der Beklagten zu 2) als Prospektherausgeberin oblagen, erfolgte auch schuldhaft; die Ausführungen unter Gliederungspunkt A. 3.3. gelten entsprechend.
3. Die Pflichtverletzung war für die Anlageentscheidung kausal (siehe die Ausführungen unter Gliederungspunkt A. 4.), so dass die Beklagte zu 2) - gesamtschuldnerisch neben der Beklagten zu 1) - zum Ersatz des Zeichnungsschadens, wie er unter Gliederungspunkt A. 5. im Einzelnen dargestellt ist, verpflichtet ist.
4. Der Ersatzanspruch gegen die Beklagte zu 2) ist nicht verjährt. Prospekthaftungsansprüche im engeren Sinn wegen fehlerhafter Angaben in Prospekten, die seit dem Inkrafttreten des Vierten Finanzmarktförderungsgesetzes am 1. Juli 2002 veröffentlicht wurden, verjähren nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in analoger Anwendung von § 46 BörsG (a.F.) - so auch § 20 Abs. 5 KAGG a.F. und § 12 AuslInvG - in einem Jahr seit dem Zeitpunkt, in dem der Anleger von dem Prospektfehler Kenntnis erlangt, spätestens aber drei Jahre nach Abschluss des Beitrittsvertrages (BGH, Urteil vom 07.12.2009 - II ZR 15/08, WM 2010, 262 Rn. 26). Maßgebend für den Beginn der Verjährungsfrist ist mithin nicht das Datum der Zeichnungserklärung seitens der Klägerin, sondern der Zeitpunkt des Zustandekommens eines bindenden Vertrages. Über die Annahme ihres Zeichnungsangebotes wurde die Klägerin frühestens mit dem Schreiben vom 23.01.2007 (Anlage K 16) unterrichtet, andernfalls durch die nachfolgende Einbuchung der erworbenen Zertifikate in ihr Depot. Ein Verzicht der Klägerin auf eine Annahmeerklärung wurde nicht erklärt; ein solcher ist auch nicht deshalb anzunehmen, weil die Klägerin im Rechtsstreit vorgetragen hat, das Schreiben vom 23.01.2007 nicht erhalten zu haben. Erst mit dem Zugang dieses Schreibens bei der Klägerin, andernfalls mit der Kenntnisnahme von der Einbuchung der Papiere ins Depot ist die vertragliche Bindung zustande gekommen. Zudem ist nichts dafür ersichtlich, dass bereits vor dem 21.01.2007 eine Annahmeerklärung seitens der Emittentin erfolgt sei, auf deren Zugang - nach der Rechtsansicht der Beklagten - klägerseitig verzichtet worden sei. Die am 21.01.2010 anhängig gemachte und unverzüglich im Sinne von § 167 ZPO zugestellte Klage hat die Verjährungsfrist daher rechtzeitig gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB gehemmt. Der Zeitablauf zwischen Klageeinreichung und -zustellung hat seine Ursache ausschließlich im Geschäftsbetrieb des Gerichts und ist nicht von der Klagepartei verursacht.
C. Nebenentscheidungen:
Der Ausspruch zur Kostenfolge beruht auf § 92 Abs. 2 ZPO, der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision war zuzulassen, weil der Entscheidung über den vorliegenden Fall hinaus wegen der Vielzahl gleichgelagerter Fälle Bedeutung zukommt, § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.
Der Streitwert des Verfahrens entspricht dem Hauptsachebetrag der geltend gemachten Schadensersatzforderung.
Das Vorbringen der Klagepartei im Schriftsatz vom 15.05.2012 veranlasst keine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung. Ein zwingender Wiedereröffnungsgrund nach § 156 Abs. 2 ZPO liegt nicht vor. Die der Klägerin am 04.05.2012 gutgeschriebene Quotenzahlung aus der Insolvenzmasse der Lehman Brothers Holdings Inc. kann im Vollstreckungsverfahren Berücksichtigung finden, so dass Rechtsnachteile für die Beklagte nicht zu erwarten sind.