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Wirtschaftsrecht
18.03.2010
Wirtschaftsrecht
LG Frankfurt: Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat der Commerzbank scheitert an ungeschriebener Hauptversammlungszuständigkeit

LG Frankfurt a. M., Urteil vom 15.12.2009 - 3-5 O 208/09

Sachverhalt

Die Beklagte ist eine deutsche Großbank.

Am 31. August 2008 wurde bekannt gegeben, dass zwischen der Beklagten lind der Allianz SE (im Folgenden Allianz) vereinbart worden sei, dass die Beklagte die Allianz-Tochter Dresdner Bank für 8,8 Milliarden Euro übernehme. Danach sollte im ersten Schritt die Beklagte von der Allianz 60,2 Prozent Anteile an der Dresdner Bank erwerben, diese erhielte dafür 163,5 Millionen neu emittierte Commerzbank-Aktien im Wert von 3,4 Milliarden Euro. Darüber hinaus sollte die Beklagte 1,6 Milliarden Euro in bar an die Allianz zahlen, wovon maximal 975 Millionen Euro jedoch nur als vorsorgliche Deckung für einen Trust zur Risikoabdeckung spezieller forderungsbesicherter Wertpapiere (asset-backed securities) dienen. Des Weiteren sollte die mit 0,7 Milliarden Eurobewertete Commerzbank-Fondstochter cominvest an die Allianz übertragen werden.

In einem zweiten Schritt sollte die Dresdner Bank durch die Beklagte übernommen werden, die Beklagte sollte dafür die restlichen Dresdner-Bank-Anteile von der Allianz erwerben. Die Allianz sollte dafür Commerzbank-Aktien im Wert von 3,2 Milliarden Euro erhalten, Ziel ist eine Beteiligungsquote der Allianz an der Commerzbank von knapp 30 Prozent. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Mitteilung der Beklagten vom 31.8.2009 (Anlage K 3 Sonderband Anlagen zur Klage) verwiesen. Der genaue Wortlaut der Vereinbarung zwischen der Beklagten und der Allianz wurde - auch nicht in der streitgegenständlichen Hauptversammlung - bekannt gegeben. Eine Zustimmung der Hauptversammlung hierzu wurde nicht eingeholt.

Gerichtskundig bestellte der Vorsitzende der erkennenden Kammer mit Beschluss vom 30.9.2008 - 3-05 O 253/08 - auf gemeinsamen Antrag der Beklagten und der Dresdner Bank gern. §§ 10, 60 UmwG einen Verschmelzungsprüfer.

Im Zuge der Insolvenz des amerikanischen Bankhauses Lehman Bros. im September 2008 kam es allgemeinkundig zu erheblichen Verwerfungen auf den Finanzmärkten. Wegen dieser Verwerfungen beschloss der Deutsche Bundestag das Finanzmarktstabilisierungsgesetz, welches am 18.10.2008 in Kraft trat.

Es zielt auf die Sicherstellung der Zahlungsfähigkeit von Finanzinstituten mit Sitz in Deutschland und der Vermeidung einer allgemeinen Kreditklemme ab.

Hauptbestandteil ist ein Rettungsfonds - SoFFin bei der neuen Finanzmarktstabilisierungsanstalt (FMSA), einer Anstalt des öffentlichen Rechts, die bei der Deutschen Bundesbank angesiedelt ist, jedoch getrennt von dieser organisiert ist (vgl. hierzu z. B. Wienecke/Fett NZG 2009, 8, m.w.Nachw.). Dieses Gesetz wurde in der Folgezeit durch weitere Gesetze und Rechtsverordnungen weiter entwickelt und ergänzt.

Am 3.11.2008 teilte die Beklagte mit, dass sie das von der Bundesregierung hierdurch ins Leben gerufene Programm zur Stärkung der Eigenkapitalbasis nutze und der SoFFin der Beklagten eine stille Einlage in Höhe von 8,2 Milliarden EUR zur Verfügung stelle, die jährlich mit 9 % o verzinst werde. Die Dividende für 2009 und 2010 werde ausgesetzt. Die stille Einlage werde zu. 100 Prozent als Kernkapital angerechnet, womit die Eigenkapitalquote (Tier 1) auf etwa zehn Prozent gestärkt werde. Die Rückzahlung der stillen Einlage erfolge zum Nominalwert. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Mitteilung der Beklagten vom 3.11.2008 (Anlage K4 Sonderband Anlagen zur Klage) Bezug genommen.

In Folge der Verwerfungen auf den Finanzmärkten nach der Insolvenz des Bankhauses Lehman Bros. musste die Dresdner Bank am 27.11.2008 ihren für 2008 geschätzten Verlust für das 2 Quartal von 400 Mio. EUR auf 2 Milliarden EUR korrigieren, und für das 3. Quartal auf 1,3 Milliarden EUR und später noch einmal für das 2. Halbjahr 2008 auf 4,7 Milliarden EUR.

Nach einer Nachverhandlung der Beklagten und der Allianz wurde zwischen diesen am 27.11.2008 vereinbart, dass die Beklagte den 40-prozentigen Restanteil an der Dresdner Bank bereits im Januar 2009 übernehme und hierfür 1,4 Milliarden EUR bar zahle. Durch eine weitere Zahlung von 250 Mio. EUR der Beklagten würden die Ansprüche der Allianz aus dem im August 2008 vereinbarten Rettungsschirm abgegolten. Die für Anfang 2009 vorgesehen Hauptversammlung über die beabsichtigte Verschmelzung entfalle. Wegen der weitren Einzelheiten wird auf die Nachricht der Beklagten vom 27.11.2008 (Anlage K5 Sonderband Anlagen zur Klage) verwiesen. Auch hierzu wurde eine Zustimmung der Hauptversammlung nicht eingeholt.

Am 9.1.2009 kam es zu einer weiteren Änderung der Verträge zwischen der Beklagte und der Allianz, wie sich aus dem Bericht des gerichtlich bestellten Sachkapitalerhöhungsprüfer - identisch mit dem von der Kammer bestellten Verschmelzungsprüfer - vom 9.1.2009 (dort Seite 7 Mitte) ergibt. Eine Mitteilung der Beklagten hierzu erfolgte nur vorab in einer Mitteilung vom 8.1.2009 (Anlage B 14, Sonderband Anlage zur Klageerwiderung I). Eine unmittelbare Mitteilung zum Inhalt dieser Vereinbarung erfolgte nicht. Eine Zusammenfassung des Inhalts ist im Prüfbericht enthalten.

Aus dem Prüfbericht ergibt sich weiter, dass in engen und zeitlichen Zusammenhang mit der Ergänzung der Transaktionsvereinbarung der SoFFin folgenden Maßnahmen zur Stärkung der Eigenkapitalausstattung von Beklagten und Dresdner Bank zugestimmt hat:

-          Der Beklagten wird durch den SoFFin eine zweite Tranche in Höhe von 10 Mrd. EUR als Eigenkapital zur Verfügung gestellt. Die Beklagte wird danach der Übernahme der Dresdner Bank eine Kernkapitalquote von etwa 10 erreichen.

-          Die Kapitalmaßnahmen sollen durch die Übernahme von Aktien in Höhe von 25 % plus eine Aktie und durch stille Einlage erfolgen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den in Ablichtung zur Akte gereichten Prüfbericht (Anlage K7 Sonderband Anlagen zur Klage) verwiesen.

Seit dem 12. Januar 2009 ist die Beklagte alleiniger Eigentümer der Dresdner Bank und hält 100 Prozent der Aktien. Es erfolgte gem. § 62 UmwG eine Verschmelzung mit Verschmelzungsvertrag vom 27.3.2009 ohne Einschaltung der Hauptversammlung der Beklagten. Diese Verschmelzung der Dresdner Bank auf die Beklagte ist am 11.5.2009 in das Handelsregister eingetragen worden.

Am 7. Mai.2009 hat der Kommissar für Wettbewerb der EU-Kommission die zweite staatliche Beihilfe vom Januar 2009 und den Einstieg des Staates mit einem Anteil von 25 Prozent und 1 Aktie genehmigt. Die EU-Kommission erlaubte die Staatshilfe für die Beklagte mit der Auflage, dass die Tochtergesellschaft Eurohypo verkauft werde. Außerdem muss sich die Bilanzsumme der Beklagten auf 600 Mrd. EUR verkleinern. Zukäufe sind in den nächsten 3 Jahren generell ausgeschlossen.

Am 15./16.5.2009 fand die ordentliche Hauptversammlung der Beklagten statt. Über die Hauptversammlung erstellte der Notar Huesker eine notarielle Niederschrift zu UR-NR. 63/09. Wegen des Gegenstands der Tagesordnung, zu der auch zu TOP 2 und 3 die Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat für das Geschäftsjahr 2008 gehörte und dem Ablauf dieser Hauptversammlung wird auf das in Ablichtung zur Akte gereichte notarielle Protokoll des Notars Huesker (Anlage B 12, Sönderband Anlagen zur Klageerwiderung) und der dort enthaltenen Anlage 1 und 2 - Veröffentlichung der Einladung im elektronischen Bundesanzeiger -) verwiesen.

Die Kläger zu 1) bis 3) haben die bekannt gemachte Tagesordnung um die Tagesordnungspunkte 17-19 ergänzen lassen, wobei sich TOP 17 auf den Vertrauensentzug gegenüber dem Sprecher der Vorstands Blessing gern. § 84 Abs. 3 AktG im Hinblick auf sein Verhalten in Zusammenhang mit dem Erwerb der Beteiligung an der Dresdner Bank durch die Beklagte und Top 19 auf die Bestellung von Sonderprüfern gern. § 142 Abs. 1 AktG zur Prüfung von Vorgängen der Geschäftsführung beim Erwerb der hundertprozentigen Beteiligung der Beklagte an , der Dresdner Bank von der Allianz SE bezogen.

Die Kläger zu 1) bis 3) nahmen an dieser Hauptversammlung als Aktionäre ebenso wie ihr Verfahrensbevollmächtigter als Vertreter teil und legte Widerspruch gegen alle Beschlussfassungen dieser Hauptversammlung zu Protokoll des Notars ein. Der Geschäftsführer der Klägerin zu 4) nahm ebenfalls an dieser Hauptversammlung teil. Ausweislich des Protokolls legte Herr Freitag Widerspruch gegen die Beschlussfassungen ein.

Zu TOP 3 und 4 hatte die Hauptversammlung die Entlastung der Mitglieder des Vorstandes und des Aufsichtsrats für das Geschäftsjahr 2008 beschlossen, die auf Betreiben der Kläger zu 1) bis 3) zur Abstimmung gestellten Anträge zu TOP 17 -19 wurden abgelehnt.

Die Kläger zu 1), 3) und 4) und der Verfahrensbevollmächtigte der Kläger zu 1) bis 3) sowie weitere Aktionäre der Beklagten hielten auf der Hauptversammlung mehrere Redebeiträge und stellten Fragen an die Verwaltung.

Die Kläger und ihre Streithelfer machen geltend, der Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat stehe entgegen, dass bei der im Entlastungszeitraum stattgefunden Übernahme kaufmännische Sorgfaltpflichten nicht beachtet worden seien. Diese Übernahme sei ein wirtschaftliches Desaster gewesen, habe zu einer wirtschaftlichen Schieflage der Beklagten geführt; nur durch den Einstieg des staatlichen Rettungsfonds SoFFin habe eine Insolvenz verhindert werden können. Es sei zudem unterlassen worden, für die Übernahme der Dresdner Bank die Zustimmung der Hauptversammlung einzuholen. Diese Übernahme stelle keine Geschäftsführungsmaßnahme dar, sondern hierfür bestehe eine - ungeschriebene - Hauptversammlungszuständigkeit. Ein Rücktritt vom Vertrag sei pflichtwidrig unterlassen worden. Jedenfalls habe der Vorstand gestellte Fragen nicht oder nicht ausreichend beantwortet, so dass die Entlastungen auch aus dem Gesichtspunkt der Informationsrechtsverletzung anfechtbar seien.

Dies bezieht sich nach Auffassung der Kläger zu 1) bis 3) auf die Fragen:

1)            Wie lautet der Wortlaut der Vereinbarungen [zwischen der Antragsgegnerin und der Allianz SE. München] vom 31.08.2008, 27.11.2008 und 09.01.2009? Hilfsweise wie lautet der wesentliche Inhalt aller Vertragsklauseln der vorgenannten Vereinbarungen?

2)            Hat der Vorstand zur Prüfung des Bestehens einer etwaigen ungeschriebenen Hauptversammlungszuständigkeit Rechtsgutachten in Auftrag gegeben sowohl bezogen auf den Vertrag vom 31.08.2008 als auch vom 27.11.2008? Wenn ja, wer wurde wann mit einer Begutachtung beauftragt und zu welchem Ergebnis kamen die Gutachten? Gab es vom Endergebnis der Begutachtung abweichende Gutachtenentwürfe? Gegebenfalls mit welchem Inhalt? Wurde das Ergebnis der Gutachten vor ihrer Fertigstellung mit dem Vorstand oder mit Vertretern des Vorstandes besprochen? Wurde - von wem auch immer - Einfluss auf das Ergebnis der Begutachtung genommen und welchen Inhalt hatte die Einflussnahme? Legen Sie die Gutachten bitte aus oder verlesen Sie bitte hilfsweise zumindest den konkreten Gutachtenauftrag und das Ergebnis sowie sonst den wesentlichen Inhalt des oder der Gutachten.

3)            Welchen konkreten Wortlaut hatte die Rücktrittsklausel oder sonstige Klausel, die in ihrer Rechtsfolge zu einer Lösung vom Vertrag vom 31.08.2008 führen kann?

4)            Wie lautet der Wortlaut des Ergebnisses eines etwaigen Berichts zur Due Dilligence-Prüfung im Vorfeld des Vertragsabschlusses vom 31.08.2008?

5)            Wie hoch hat der Vorstand im Vorfeld des Vertragsabschlusses vom 31.08.2008 das Haftungsrisiko im Hinblick auf Fehlberatungen durch die Dresdner Bank im Hinblick auf Filmfonds (z. B. die s. g. VIP-Medien-Fonds) geschätzt? Wie hoch hat der Vorstand das Haftungsrisiko aus der Garantenstellung der Dresdner Bank für den Filmfonds VIP-Medien-Fonds 3 eingeschätzt?

6)            Unter welchen konkreten Voraussetzungen sieht der Vorstand bezogen auf die heutige Tagesordnung eine etwaige Haftung von Aktionären gem. § 7 Abs. 7 Finanzmarktstabilisierungsbeschleunigungsgesetz?

7)            Legen Sie zum Deloitte & Touche-Gutachten vom 29.08.2008 zur Übernahme der Dresdner Bank die wichtigsten Parameter offen. Welches jährliche Wachstum wurde zugrunde gelegt? Wie lang ist der Prognosezeitraum und wann beginnt die ewige Rente? Nennen Sie die Kapitalisierungszinsfüße für beide Gesellschaften. Wie war im Gutachten das Ergebnis der Dresdner Bank für 2008, 2009 und bis zur ewigen Rente geplant?

8)            Mit welchem Buchwert steht die Eurohypo in unserem [Commerzbank-Konzern] Konzerngeschäftsbericht?

9)            Die Allianz SE hat von der Commerzbank AG verbriefte Wertpapiere, welche mit einem Buchwert von 1,71Vrd. £bei der Commerzbank AG zu Buche standen, mit einem Kaufpreis von 1,1 Mrd. £ übernommen. Wer hat den entstandenen Verlust von 600 Mio. £ übernommen?

und nach Auffassung der Klägerin zu 4) auf die Fragen:

1) Wäre eine Staatsbeteiligung von 25 % nicht erforderlich geworden, wenn die Dresdner Bank nicht von der Commerzbank erworben worden wäre?

2) In welchem Umfang wäre bei stand-alone-Betrachtung der Commerzbank eine Staatsbeteiligung und die Inanspruchnahme öffentlicher Mittel und/oder Garantien nicht erforderlich geworden?

3) Wie lautet der Inhalte des Due Diligence-Berichts (insb. zahlenmäßige Ergebnisse) <zur Prüfung der Werthaltigkeit der Dresdner Bank AG> ohne geheimhaltungsbedürftige Passagen?

4) Wie lautet der Inhalt aller Fairness Opinions im Zusammenhang mit dem Erwerb der Dresdner Bank ohne geheimhaltungsbedürftige Passagen?

5) Aus welchen Gründen erfolgte in der Ad-hoc-Mitteilung anlässlich des Erwerbs der Dresdner Bank keine Mitteilung über die damit verbundene Erhöhung des Volumens an toxischen Wertpapieren um 400 %?

6) Welchen Inhalt haben die mit der Allianz geschlossenen Verträge <betreffend die Übernahme der Dresdner Bank AG> im Einzelnen (ohne geheimhaltungsbedürftige Passagen)?

7) Bezüglich der unrealisierten Verluste der umkategorisierten Wertpapiere in Höhe von 77 Milliarden Euro Nominalwert wurde keine Antwort gegeben. Zu der Bewertungsmethodik der Fair Values wurde lediglich auf die Marktmodellbewertung hingewiesen. Nach einfacher Rechnung ergibt sich bei der angegebenen Duration von 9,5 Jahren zum 31.12.2008 bei 77 Milliarden Euro Nominalwert der umkategorisierten Wertpapiere und einem konservativ angenommenen durchschnittlichen Kredit-Spread von 200 Basispunkten ein Verlust von 18 % oder knapp 14 Milliarden Euro. Bei einem Kredit-Spread von 300 Basispunkten ergibt sich bereits ein Verlust von 20 Milliarden Euro. Es geht mir um die Frage, was das 78 Milliarden Euro Buchwert große umklassifizierte Wertpapierportfolio ökonomisch wert ist.

a. Ist es korrekt, dass in diesem Portfolio noch mindestens 14 Milliarden Verluste schlummern?

b. Es ist klar, dass kein aktiver, intakter Markt für diese Papiere existiert, es lässt sich aber sicherlich eine realistische (vielleicht auch nur grobe) Schätzung ermitteln. Bitte nennen Sie mir diese.

8) Schildern Sie uns die voraussichtlichen finanziellen Auswirkungen der Auflage der EU-Wettbewerbskommission in Euro auf die Bilanz und auf die Gewinn- und Verlustrechnung der Commerzbank im laufenden und den nächsten Jahren!

9) Mit welchen Planergebnissen wird mittel- und langfristig bei der Eurohypo gemäß ihren eigenen Planungen gerechnet, und welcher Ertragswert leitet sich unter welchen Kapitalisierungsparametern aus diesen Jahresergebnissen für die Eurohypo ab?

10) Wie hoch ist der Buchwert der Beteiligung an der Eurohypo zum Bilanzstichtag 31.12.2008?

11) Ist es richtig, dass die Dresdner Bank im Zusammenhang mit dem Ausscheiden des Leiters des Capital-Market-Geschäfts der Dresdner Bank einer Zahlung von 4,5 Millionen Euro an ihn zugestimmt hat, obwohl das von ihm verantwortete Geschäft in 2008 einen Verlust von 5,7 Milliarden Euro eingebracht hat? Wusste die Commerzbank bei Abschluss der Verträge von solch unappetitlichen Abfindungsfällen bei der Dresdner Bank?

12) Welcher Abschreibungsbedarf entsteht auf die Eurohypo im angenommenen worst-case-Szenario für die Commerzbank?

13) Nennen Sie uns bitte im Einzelnen posten- und zahlenmäßig alle Parameter der mit der Allianz <im Zusammenhang mit der Übernahme der Dresdner Bank AG> geschlossenen Verträge, die im Umfang von mehr als 30 Millionen Euro Einfluss auf die Bilanz und die Gewinn- und Verlustrechnung der Commerzbank haben!

14) Sie nannten auf die Frage nach der zeitnächsten Kernkapitalquote der Dresdner Bank vor Eintragung der Verschmelzung (ohne stille Einlagen des Sonderfonds des Bundes) eine Tier-One-rate von 6,3 ~. Auf welchen Stichtag bezieht sich diese Angabe, und wie kam es zu dieser wundersamen Vermehrung. der Tier-One-Rate, wenn zum 31.12. 2008 diese nach Ihren Angaben bei der Dresdner Bank nur 3,7 ausgemacht hat?

1.5) Die Ratingagentur Woody's erwartete im April 2009 neue Abschreibungen bei der Commerzbank mit Belastungen von bis zu 6,8 Mlliarden Euro in den nächsten 18 Monaten. Nehmen Sie zu dieser Einschätzung Stellung und widerlegen Sie diese gegebenenfalls! 1LIit welchen Belastungen rechnen Sie in den nächsten 18 Monaten falls die angegebenen 6,8 Milliarden nicht zutreffen?

16) Legen Sie bitte über den längst dauernden Planungshorizont, der in Ihrem Hause angestellt wird, eine mit Zahlenangaben versehene detaillierte Auftrags- und Ertragsplanung der„ neuen" Commerzbank für dieses und die nächsten Jahre vor (beispielhaft nach Zinsertrag, Provisionsertrag, Erträge aus dem Eigenhandel etc.)!

17) Teilen Sie den indirekten Vorwurf des Bundesfinanzministers, die EU-Wettbewerbskommission riskiere den Zusammenbruch der Commerzbank? Welche Sachverhalte lagen diesen Einschätzungen des Bundesfinanzministers zugrunde?

18) Welche Vorstandsmitglieder sind von der Kompetenzverteilung her in Ihrem Hause für die Due Diligence-Prüfung der Dresdner Bank verantwortlich?

19) Nennen Sie uns die Höhe der Level-l-Assets und Level-2-Assets zu Marktpreisen sowie der Level-3-Assets ohne Marktpreise in Milliarden EUR bzw. in Prozent zum Eigenkapital getrennt für die Commerzbank und die Dresdner Bank zum Bilanzstichtag 2008 und dem letzten zeitnahen Stichtag zur heutigen Hauptversammlung in 2009! Welche Abschreibungen auf Level-3-Assets wurden 2008 in beiden Banken vorgenommen? Mit welchen Abschreibungen im laufenden Geschäftsjahr wird für die Level-3-Assets gerechnet, die per Stichtag heute als solche definiert sind oder definiert werden können (im Hinblick auf die ab 2009 geltenden Bilanzierungsvorschriften)?

20) Welcher Vorstand bzw. welche anderen Personen namentlich haben Verträge zu sog. Mortgage-backed-securities bei der Commerzbank und der Dresdner Bank gelesen und ausgewertet? War dem Leser dieser Verträge bekannt, dass sich die Qualität des Wertpapiers gegenüber dem Zeitpunkt des ursprünglichen Ratings beliebig verschlechtern kann - insbesondere dadurch, dass die Möglichkeit bestand, einzelne Darlehen aus dem Bündel herauszunehmen und dafür andere hineinlegen zu dürfen?

21) Sie wollen Staatshilfen ab 2012 zurückzahlen - über welchen Horizont im schlechtesten Planungshorizont?

22) Von welchem Datum (oder welchen Daten) stammt die Stellungnahme der Rechtsanwälte Hengeler/Müller pp., der Sie entnommen haben, dass ein Rücktritt vom Vertrag- insbesondere wegen Wegfall der Geschäftsgrundlage - nicht mehr möglich ist? Wurde diese Stellungnahme dem Aufsichtsrat vorgelegt? Welchen Inhalt hatte diese Stellungnahme (oder diese hatten Stellungnahmen) im Einzelnen - ggf. ohne geheimhaltungsbedürftige Passagen?

23) Wie lautet die nicht geänderte Transaktionsvereinbarung in dem Ursprungs-Transaktionsvertrag mit der Allianz? Auf meine Frage hin haben Sie nur bislang die am 27.11.2008 geänderte Rücktrittsklausel der Transaktionsvereinbarung mitgeteilt.

Die Klägerin zu 4) ist weiter der Auffassung, dass die Beschlussfassungen dieser Hauptversammlung nichtig seien. Die. Hauptversammlung sei unter Verstoß gegen § 121 Abs. 3 S. 2 Akt G einberufen worden. Die Fristberechung für die Anmeldung und des Nachweises des Anteilbesitzes seien unzutreffend vorgenommen worden. Auch die Bekannt gemachten Bedingungen für eine Stimmrechtsvertretung entsprächen nicht der Satzung, da in der Satzung Ausnahmen für Vollmachten an Kreditinstitute und gleich gestellte Institute oder Unternehmen nicht enthalten seien.

Auch für die mitgeteilten Bedingungen für die Ausübung des Stimmrechts durch einen Stimmrechtsvertreter der Gesellschaft gebe es keine Gesetz- oder satzungsmäßige Grundlage.

Die Kläger und ihre Streithelfer beantragen,

die Beschlüsse der. Hauptversammlung der Beklagten vom 15./16.5.2009 zu Top 2 -- Entlastung der im Geschäftsjahr 2008 amtierenden Mitglieder des Vorstandes für diesen Zeitraum -

und

zu Top 3 -Entlastung der im Geschäftsjahr 2008 amtierenden Mitglieder des Aufsichtsrats für diesen Zeitraum -

für nichtig zu erklären,

bzw. die Nichtigkeit dieser Beschlüsse festzustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Meinung, dass die Beschlussfassungen der streitgegenständlichen

Hauptversammlung weder nichtig noch anfechtbar seien. Ein Gesetz- oder

Satzungsverstoß der zur Nichtigkeit oder Anfechtbarkeit dieser in der

Hauptversammlung am 29.5.2008 gefassten Beschlüsse führen könnte, liege nicht vor.

Für die Übernahme der Dresdner Bank sei keine Hauptversammlungszuständigkeit gegeben gewesen. Nach der entsprechenden Höchstrichterlichen Rechtsprechung setze dies eine Mediatisierung voraus, die hier nicht gegeben sei. Jedenfalls durch das Wertverhältnis der Dresdner Bank zur Beklagten- 35,1:64,9 bis 37,1:62,9 nach dem. Bewertungsgutachten vom 29.8.2008 -- und auch nur ca. 40 % der Pro-forma Bilanzsumme vom 12.1.2009 auf die Dresdner Bank entfielen, sei die notwenige Schwelle einer Beteiligung der Hauptversammlung nicht gegeben gewesen. Zudem liege in der Konzernklausel eine satzungsmäßige Ermächtigung zum Beteiligungserwerb - mithin eine Vorabzustimmung der Aktionäre - vor.

Eine Pflichtverletzung der Verwaltung der Beklagten sei beim Erwerb der Dresdner Bank nicht gegeben. Es sei eine Due Diligence Prüfung vorgenommen worden, wobei eine eingehende Prüfung und Bewertung der risikorelevanten Portfolios der Dresdner Bank stattgefunden habe. Der später vor allem hierauf eingetretene Verlust von ca. 4,7 Milliarden EUR sei nicht voraussehbar gewesen. Die Ertragsbelastung der Dresdner Bank im Anschluss an die Insolvenz des Bankhauses Lehman Bros. sei als relevantes Risiko erkannt worden. Der in der Vereinbarung vom 29.8.2008 angenommene Kaufpreis habe der Vorstand der Beklagten als angemessen ansehen dürfen, zumal er sich auf ein Bewertungsgutachten ein WP-Gesellschaft und einer Fairness Opinion einer anderen Bank und das Ergebnis der Due Diligence habe stützen können. Ein Rücktritt von der Vereinbarung sei später nicht - auch nicht aus dem Grundsatz des Wegfalls der Geschäftsgrundlage - möglich gewesen. Der Erwerb der Dresdner Bank sei vom Satzungsweck der Beklagten gedeckt. Die Insolvenz des Bankhauses Lehman Bros. und damit auch die bei der Dresdner Bank dann angefallenen Verluste seien in dieser Höhe unerwartet gewesen.

Zu einer Verletzung von Informationspflichten sei es nicht gekommen. Die Fragen der Kläger zu 1) bis 3) seien teilweise in der Hauptversammlung in abgewandelter Form in der Hauptversammlung gestellt worden.

Die Fragen seien hinreichend beantwortet, soweit eine Rechtspflicht zur Beantwortung bestanden habe. Auskünfte in der Hauptversammlung seien mündlich zu geben. Die Transaktion mit der Dresdner Bank sei ausführlich und hinreichend erläutert worden. Hinsichtlich des erfragen Buchwertes der Eurohypo AG bestehe ein Auskunftsverweigerungsrecht nach § 131 Abs. 1 Nr. 3 AktG. In Hinblick auf den erforderlichen Verkauf der Eurohypo AG und dem Interesse der Antragsgegnerin einen möglichst guten Preis zu erzielen, sei es nicht sachgerecht den Buchwert bekannt zu geben.

Die Fragen Nr. 10) und 23) der Klägerin zu 4) seien nicht mündlich in der Hauptversammlung gestellt worden, was Voraussetzung für ein gerichtliches

Auskunftsverlangen sei. Die übrigen Fragen der Klägerin zu 4) seien hinreichend beantwortet, soweit eine Rechtspflicht zur Beantwortung bestanden habe. Auskünfte in der Hauptversammlung seien mündlich zu geben.

Die von den Klägern begehrte Vorlage von Unterlagen könne nichtverlangt werden. Die in der Bekanntmachung der Tagesordnung zu dieser Hauptversammlung mitgeteilten Fristen für die Anmeldung und Nachweis der Aktionärsstellung seien zutreffend. Auch die Angaben zu der Formen der Vollmacht für Kreditinstitute und ihnen gleichgestellte Institute oder Unernehmen entsprächen den gesetzlichen Vorschriften. Zudem sei hier nicht die Vollmachtserteilung sondern die Ausübung des Stimmrechts angesprochen. Bei dem Angebot, dass Stimmrecht durch Stimmrechtsvertreter der Gesellschaft ausüben zu lassen, handle es sich um eine freiwillige Leistung der Gesellschaft, für die sie besondere Bedingungen aufstellen könne.

Der Beitritt des Streithelfers zu 7) sei unstatthaft.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Aus den Gründen

Der Beitritt des Streithelfers zu 7) zur Klage der Klägerin zu 4) ist unstatthaft, da er nicht in der Frist des § 249Abs. 1 Satz 1 AktG i. V. m. § 246 Abs. 4 Satz 2 AktG erfolgt ist. Die Klageerhebung der Klägerin zu 4) ist am 17.7.2009 im elektronischen Bundesanzeiger veröffentlicht worden. Die Monatsfrist für den Beitritt als Streithelfer dieser Klägerin endete daher am 18.8.2009. Der Beitrittsschriftsatz des Streithelfers zu 7) erfolgte aber erst mit Schriftsatz vom 14.12.2009 der auch erst an diesem Tag per FAX bei Gericht einging.

Die Klagen sind begründet.

Dies gilt auch für die Klage der Klägerin zu 4). Im Gegensatz zum Auskunftserzwingungsverfahren - 3-05 O 155/09 - hat die Beklagte im hiesigen Verfahren nicht bestritten, dass die Klägerin zu 4) Widerspruch gegen die streitgegenständlichen Beschlussfassungen eingelegt hat. Der entsprechende Vortrag in der Klageschrift vom 15.6.2009 wonach die Klägerin zu 4) Widerspruch zur Niederschrift des protokollierenden Notars eingelegt hat, war daher gern. § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden anzusehen.

Entgegen der Auffassung der Klägerin zu 4) ist eine Nichtigkeit der Beschlussfassungen dieser Hauptversammlung nicht gern. § 241 Nr. AktG 1 i. V. m. § 121 Abs. 3 AktG nicht gegeben.

Die Berechnung der Frist für die Anmeldung und des Datums des Nachweises für die Aktionärsstellung entspricht der gesetzlichen Regelung zum Zeitpunkt der streitgegenständlichen Hauptversammlung. Entgegen der Auffassung der Klägerin zu 4) konnte zum damaligen Zeitpunkt dass Ende auf den Tag der zu bewirkenden Leistung fallen, so dass als Anmeldestichtag der 7 Tag, bzw. für den Record date der 21. Tag vor der Hauptversammlung - bei dem der Tag der Hauptversammlung nicht mitzurechnen war, zutreffend angegeben wurde. Soweit das Oberlandesgericht Frankfurt am Main in seinem Urteil vom 19. November 2007 - 5 U 86/06 - (AG 2008, 325) eine andere Auffassung vertreten hat, hat es diese im Urteil vom 17.03.2009 - 5 U 9/08 - (NZG 2009, 990) ausdrücklich aufgegeben. Die Kammer folgt dieser neueren Rechtsansicht des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main, die auch der Ansicht der Kammer bis zum Urteil vom 19.11.2007 - 5 U 86/06 - entsprach.

Zutreffend wurde auch für den Beginn der Frist auf den ersten Tag der auf zwei Tage einberufenen Hauptversammlung abgestellt (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 17.02.2009 - 5 W 40/08 -; BeckRS 2009 09596; Reger in Bürgers/Körber, AktG, § 123 R.Z. 11).

Es ist auch nicht zu beanstanden, dass für Kreditinstitute bzw. ihnen gern. §§ 135 Abs. 12, 125 Abs. 5 AktG entgegen der Satzung keine schriftliche Vollmachtsverlangt wurde. Dis entspricht der gesetzlichen Regelung des § 135 AktG die der Satzung insoweit vorgeht. Ob die Beklagte sogar entgegen der gesetzlichen Regelung aufgrund der Satzungsregelung befugt gewesen wäre, auch von diesen Personenkreis eine schriftliche Vollmacht zu verlangen (vgl. OLG Frankfurt am Main, Beschl. v. 07.07.2009 - 5 U 152/08 -) kann hier dahingestellt bleiben.

Auch die Hinweise zu den Stimmrechtsvertretern der Gesellschaft sind nicht zu beanstanden. Die Befolgung des Corporate Governance Kodex, dort 2.3 3 durch die Beklagte, sieht lediglich vor, dass sie solche Stimmrechtsvertreter anbietet und für die weisungsgebundene Ausübung des Stimmrechts sorgen soll. Weitere Vorgaben sieht aber weder der Corporate Governance Kodes noch § 134 Abs. 3 Satz 3 AktG - hier zusätzlich noch das nachprüfbare Festhalten der Vollmachtserteilung vor, so dass die Gesellschaft Bedingungen für eine derartige Stimmrechtsvertretung durch Stimmrechtsvertreter der. Gesellschaft festlegen kann, soweit diese nicht diesen Regelungen widersprechen oder zu einer Selbstkontrolle der Verwaltung führen würden (vgl. Spindler in Schmidt/Lutter, AktG § 134 Rz. 56 f). Dies ist- aber hier nicht erkennbar und wird auch von der Klägerin zu 4) nicht ausgeführt.

Die beiden streitgegenständlichen Beschlüsse sind jedoch gern. § 243 AktG anfechtbar.

Unabhängig davon, ob hier in der streitgegenständlichen Hauptversammlung Informationsrechte der Aktionäre durch Nicht- oder unzureichende Beantwortung von Fragen verletzt wurden und daher dahingestellt bleiben kann, ob und wie Fragen in dieser Hauptversammlung gestellt und sie hinreichend beantwortet worden sind, bzw. die Kläger sich in den Klageschriften hinreichend mit den gegebenen Antworten für die Rüge einer Informationsrechtsverletzung innerhalb der Anfechtungsfrist auseinander gesetzt haben (vgl. hierzu BGH Beschl. v. 21.09.2009 - II ZR 223/08 - BeckRS 2009 27787) können die angegriffenen Entlastungsbeschlüsse für Vorstand und Aufsichtsrat schon deswegen keinen Bestand haben, weil im Entlastungszeitraum der (vollständige) Beteiligungserwerb der Dresdner Bank allein durch den Vorstand mit Billigung des Aufsichtsrats stattfand, obwohl hierfür eine eingeschriebene Zuständigkeit der Hauptversammlung anzunehmen ist, mithin eine Gesetzes- bzw. Satzungsverletzung vorliegt und damit der Entlastung von Vorstand und auch von Aufsichtsrat entgegen steht.

Eine gesetzliche Vorschrift, die im vorliegenden Fall die Zuständigkeit der Hauptversammlung begründet, existiert allerdings nicht. Mit der Rechtsprechung des Bundesgerichthofs ist aber davon auszugehen, dass eine (ungeschriebene) Zuständigkeit der Hauptversammlung begründet ist, wenn "tief in die Mitgliedschaftsrechte der Aktionäre und deren im Anteilseigentum verkörpertes Vermögensinteresse" eingegriffen werde (vgl. BGH v. 25.2.1982 - II ZR 174/80, BGHZ 83, 122 = AG 1982, 158) oder wenn "wichtige Grundlagenentscheidungen getroffen" werden, die sich "auf die eigene Rechtstellung (der Aktionäre) nachhaltig auswirken können" (vgl. BGH v. 26.4.2004 - II ZR 155/02, BGHZ 159, 30 = AG 2004, 384 und BGH v. 26.4.2004-1I ZR 154/02, NZG 2004, 575). Entscheidend ist daher, ob die Geschäftsführungsmaßnahmen ein solches Gewicht für die Aktionäre besitzen, dass sie in ihren Auswirkungen an die Notwendigkeit einer Satzungsänderung heranreichen, also den Bereich berühren, in dem die Hauptversammlung aufgerufen ist zu entscheiden, weil es eben um die "Richtlinien der Politik" und nicht mehr allein tun deren Umsetzung geht (vgl. Goette AG 2006, 522, 525 unter Bezugnahme auf BGH v. 26.4.2004 - II ZR 155/02, BGHZ 159, 30, 44 f. = AG 2004, 384 unter Verwertung der Entwicklungsgeschichte des Gesetzes).

Daraus ergibt sich als qualitatives Kriterium die Frage, ob die konkrete Maßnahme ebenso schwer wie eine gesetzlich geregelte Strukturentscheidung, die eine Hauptversammlungszustimmung erfordert, die mitgliedschaftliche Position von Gesellschaftern beeinträchtigt d.h. wenn sie an die Kernkompetenz der Hauptversammlung über die Verfassung der Gesellschaft zu bestimmen, rühren und in ihren Auswirkungen einem Zustand nahezu entsprechen, der allein durch eine Satzungsänderung herbeigeführt werden kann.

Die Annahme ungeschriebener Hauptversammlungskompetenzen setzt somit zumindest voraus, dass (auch) eine Beeinträchtigung der Mitgliedschaftsrechte zu befürchten ist. Gleichzeitig schützt eine Mitwirkungsbefugnis der Hauptversammlung die Aktionäre aber auch vor einer Gefährdung ihrer Vermögensinteressen (Habersack, AG 2005, 137).

Dabei ist eine Gesamtbetrachtung anzustellen, und hierauf bezogen die Frage zu stellen, ob die tiefgreifenden Auswirkungen eintreten, die vorliegen müssen, damit die nur in engen Grenzen in Betracht kommende außerordentliche Mitwirkungszuständigkeit der Hauptversammlung zu bejahen ist, (vgl. Goette AG 2006, 522, 526 f; ders. DStR 2004, 927, Röhricht VGR 2004, 9; Liebscher ZGR 2005. 1, 22 f; Habesack, Aktien- und GmbH Konzernrecht, 5. Aufl. vor § 311 AktG Rz. 47 m.w.Nachw.).

Entgegen der Darlegung der Beklagten ist nach dieser Rechtsprechung des BGH (vgl. Goette AG 2005, 522, 525; Hoffmann in Spindler/Sülz, AktG § 119 Rz. 30), nicht ausschließlich die Mediatisierung der rechtfertigende Grund die die ausnahmsweise Mitwirkungsbefugnis der Hauptversammlung darstellt, unabhängig davon, ob nicht auch ein Beteiligungserwerb bereits zu einer solchen Mediatisierung führt (vgl. Liebscher ZGR 2005, 1, 22; Habesack in Emmerich/Habersack a.a.0. 5. Aufl. vor § 311 AktG Rz. 42; Spindler in Schmidt/Lutter AktG § 119 Rz. 33 m. w. Nachw. auch zur Gegenauffassung). Entscheidend ist, ob es durch den Beteiligungserwerb zu einer wesentlichen Veränderung der Unternehmensstruktur kommt, d.h. einer wesentlichen Änderung der Kapitalstruktur, insbesondere der Erhöhung des Verschuldungsgrades beim Beteiligungserwerb (vgl. Hoffmann a.a.O.; LG Stuttgart AG 1992, 236, 237 f. (obiter); Gessler, FS für Stimpel, S. 771, 786 f.; Goette AG 2006, 522, 527; Henze, FS für Ulmer, S. 211, 229 f.; Liebscher ZGR 2005, 1, 23 f).

Dabei kann dahingestellt bleiben, ob dieses Zustimmungserfordernis bereits für die Vereinbarung vom 29.8.2008 anzunehmen ist. Nach der Konzeption dieser Vereinbarung hätte jedenfalls die Hauptversammlung der Beklagten gern. § 13 Abs. 1 UmwG zustimmen müssen, womit die Beteiligungsrechte der Hauptversammlung gewährt gewesen wären. Zwar trifft es zu, dass diese Hauptversammlung dann nur über die Verschmelzung zu beschließen gehabt hätte und nicht über den vorangegangenen Erwerb von Anteilen an der Dresdner Bank durch die Beklagte, doch hätte es hier der Entscheidungskompetenz der Hauptversammlung oblegen, ob aufgrund der Finanzmarktkrise zu Tage getretenen ungünstigen Kapitalstruktur der Dresdner Bank sich unmittelbar auf die Beklagte - Erhöhung des Verschuldungsgrades der Beklagten - auswirken soll.

Es ist hier jedoch vielmehr darauf abzustellen, dass durch die Änderung der Transaktionsstruktur durch die Vereinbarung vom 27.11.2008 gern. § 62 UmwG die gesetzliche Notwendigkeit eines Hauptversammlungsbeschlusses entfallen ist, da die Beklagte danach bereits im Januar 2009 100 % Anteile der Dresdner Bank halten sollte, was tatsächlich auch erfolgte.

Der „Erwerb" der Dresdner Bank in der tatsächlich durchgeführten Form wodurch es letztlich wegen der Bestimmung des § 62 Abs. 1 Satz l UmwG nicht zu einem Hauptversammlungsbeschluss der Beklagten über die Verschmelzung mit der Dresdner Bank kam, stellt aber in der Gesamtschau gesehen, eine wesentliche Veränderung der Unternehmensstruktur der Beklagten dar, da sich hierdurch die Kapitalstruktur wesentlich änderte, insbesondere eine Erhöhung des Verschuldungsgrades eintrat, der dazu führte, dass die Beklagte (erneut) staatliche Hilfe aufgrund des FMStFG in Anspruch nehmen musste, mit der Folge, dass der SoFFin (mithin letztlich die Bundesrepublik Deutschland) Großaktionär der Beklagten wurde, es zu Auflagen der EU-Kommission, insbesondere zur Auflage des Verkaufs der Tochtergesellschaft Eurohypo AG kam und die Beklagte aufgrund der Regelungen des Finanzmarkstabilisierungsgesetzes sowie der Begleitgesetze, in ihrer Geschäftspolitik entsprechende Vorgaben beachten muss und es für eine gewisse Zeit nicht zu einer Ausschüttung von Dividenden an die Aktionäre kommen darf.

Wenn auch am 27.11.2008 die Auflagen der EU-Kommission nicht voraussehbar waren, ergibt doch schon aus dem eigenen Vorbringen der Beklagten, dass am 27.11.2008 bekannt war, dass wegen der Verwerfungen auf den Finanzmärkten nach der Insolvenz des Bankhauses Lehman Bros. der geschätzte Verlust der Dresdner Bank in erheblicher Höhe. als zunächst angenommen eintreten und die die Eigenkapitalstruktur der Beklagten - jedenfalls nach der vorgesehen Verschmelzung - in beträchtlichem Ausmaße beinträchtigen würde.

Nimmt man hinzu, dass die Beklagte bereits zuvor am 3.11.2008 eine Stärkung des Eigenkapitals durch eine stille Einlage des SoFFin in Anspruchnehmen musste, lag es auf der Hand, dass wegen der Verluste der Dresdner Bank im Zuge der Übernahme die Beklagte weitere eigenkapitalerhöhende Maßnahme des SoFFin benötigen würde, wobei auch die unmittelbare (aktienrechtlich maßgebliche 25 % + 1 Aktie) Beteiligung des SoFFin an der Beklagten- wie sie auch von ihm im Januar verlangt wurde - und damit die Änderung der Kapitalstruktur der Beklagten damit hinreichend erkennbar und voraussehbar war. Wie der Vorstand der Beklagten selbst in seinem Bericht zur den vorgeschlagenen Beschlussfassung der entsprechenden Kapitalmaßnahmen gern. §§ 7, 7a FMStBG in der streitgegenständlichen Hauptversammlung ausführt, ist diese Kapitalmaßnahme für die Beklagte und für ihre Aktionäre von elementarem Interesse. Im Schriftsatz vom 20.8. 2009, dort S. 100 f (Bl. 661 f d. A.) führt die Beklagte selbst aus, dass nach Übernahme der Dresdner Bank die Aufnahme von SoFFin Mitteln geboten war, um eine den Anforderungen des Marktumfeldes entsprechende Kernkapitalquote zu erreichen. Ohne Belang ist daher, dass in der streitgegenständlichen Hauptversammlung eigenständige Beschlussfassungen zur Beteiligung des SoFFin nach §§ 7, 7a FMStBG gefasst worden sind.

Zudem wird durch diese Beteiligung des SoFFin diesem die Möglichkeit gegeben, auf die Geschäftsentwicklung der Beklagten Einfluss zu nehmen. Dieser hat nach § 5 Abs. 8 FMStFV die Möglichkeit, die Erfüllung von Bedingungen für die Stabilisierungsmaßnahmen nach § 5 Abs. 2 FMStFV durch Vertrag, Verwaltungsakt und Nebenbestimmungen oder durch Verpflichtungserklärungen sicherzustellen (vgl. BVerfG Beschluss vom 26.03.2009 - 1 BvR 119/09 -, NJW 2009, 133 l, =NZG 2009, 512 = AG 2009, 325; Horn BKR 2008, 452, 456). Beteiligt sich der Fonds an einem Unternehmen, kann er insbesondere darauf hinwirken, dass mit besonderen Risiken verbundene Geschäfte oder Geschäfte in bestimmten Produkten oder Märkten reduziert oder aufgegeben werden, § 5 Abs. 2 Nr. 1 FMStFV. Das Mittel hierzu ist nicht die unternehmerische Beteiligung und die Ausübung von Aktionärsrechten in der Hauptversammlung, sondern die Abgabe einer entsprechenden Verpflichtungserklärung der geschäftsführungsberechtigten Organe des Unternehmens nach § 5 Abs. 8 FMStFV a. F. i.V. mit § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 9 FMStFG, die den Vorstand von der Eigenverantwortlichkeit der Leitung der Gesellschaft sowie von der innergesellschaftsrechtlichen Zuständigkeitsordnung entbindet, § 2 Abs. 1 BeschleunigungsG.

Diese Umstände rechtfertigen es die gesetzlichen Wertungen bei der Eingliederung nach §§ 319 ff AktG bzw. einem Beherrschungsvertrag nach § 291 Abs. 1 AktG dem Sinngehalt nach heranzuziehen, wenn auch in eigentlichem Sinne keine Eingliederung i. S, d. §§ 319 ff AktG bzw. ein Beherrschungsvertrag vorliegt. Bei der Eingliederung hält der Gesetzgeber die Mitwirkung der Hauptversammlung der zukünftigen Hauptgesellschaft gern. § 319 Abs. 2 AktG für erforderlich. Dies erklärt sich für sämtliche Fälle der Eingliederung, dass diese für die Hauptgesellschaft weitreichende und ggf. einschneidende Haftungsfolgen hat (vgl. Ziemons in Schmidt/Lutter, AktG, § 319 Rz. 24 m.w.Nachw.).

Beim Beherrschungsvertrag ist ebenfalls gern. § 293 AktG die Zustimmung der Hauptversammlung erforderlich.

Führt daher wie vorliegend ein Beteiligungserwerb verbunden mit. einer an sich ohne Zustimmung der Hauptversammlung durchführbaren Verschmelzung zu einer Haftung der Gesellschaft, die das Eigenkapital der Gesellschaft soweit beeinträchtigt, das in konkretem Fall eine Eigenkapitalstärkung durch den SoFFin durch den Vorstand der Beklagten für geboten erachtet wird, und für den SoFFin damit sogar die gesetzliche Möglichkeit der Einflussnahme auf die Geschäftspolitik begründet wird, stellt dies einen so erheblichen Eingriff in die Unternehmensstruktur dar, der einer Satzungsänderung gleich gelagert ist und daher die unbeschriebene Mitwirkungsbefugnis der Hauptversammlung für den Beteiligungserwerb begründet (vgl. auch OLG Schleswig AG 2006, 120, 123).

Auf die Frage der Quote des Werte der Gesellschaften, der nach dem eigenen - bestrittenen - Vorbringen der Beklagten nach Ansicht des Gerichts ausreichen würde, da danach der Wert für die Dresdner Bank- bei knapp über der Hälfte des Wertes der Beklagten liegt und die Dresdner zur sog Pro-forma-Bilanz am 12.1.2009 40 beigetragen hat, kommt es letztlich bei den dargelegten Gesamtumständen über die einschneidende Änderung der Unternehmensstruktur nicht an.

Auf das Berufen der Beklagten auf die satzungsmäßige Konzernklausel fuhrt zu keiner anderen Beurteilung. Es kommt nicht darauf an, dass die Satzung der Beklagten grundsätzlich einen Erwerb von Untenehmen gestattet, entscheidend ist - worauf auch das OLG Frankfurt am Main in seiner Entscheidung vom 21.6.2008 - 5 U 34/07 - (AG 2008, 862) abstellt, ob eine Maßnahme vorliegt, die einer Satzungsänderung angesichts der tief in die mitgliedschaftliche Stellung der Aktionäre eingreifenden Wirkung so nahe kommt, dass die an sich gegebene Gestaltungsmacht des Vorstands hinter der gebotenen Mitwirkung der Hauptversammlung zurücktreten müsste. Dies ist hier aber aus den oben genannten Gründen, erhebliche Veränderung der Kapitalstruktur und daraus folgend eine Einflussnahmemöglichkeit des SoFFin auf die Geschäftsführung, gegeben, wodurch sich daher der Erwerb der Dresdner Bank mit anschließender Verschmelzung von anderen Beteiligungserwerben unterscheidet. Insoweit lag schon der grundsätzlichen Struktur nach eine andere Form des Beteiligungserwerbs vor, als die der Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main (a.a. O.) zugrunde lag.

Der in der mündlichen Verhandlung erhobene Einwand der Beklagten, dass der Erwerb aus genehmigten Kapital erfolgte, mithin schon entsprechend der Siemens/Nold Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (NJW 1997, 2815) eine Genehmigung der Hauptversammlung (bereits) vorliege, greift demgegenüber nicht durch. Hier geht es nur grundsätzlich die Möglichkeit der Schaffung genehmigten Kapitals ggf. zum Erwerb von Beteiligungen und nicht - wie vorliegend - eine sich anschließende, bei Erwerb schonbeabsichtigte Verschmelzung mit dem deswegen erforderlichen Einstieg des SoFFin die erheblich in die Kapitalstruktur und das aktienrechtliche Leitungsgefüge der Beklagten eingreift. Dies kann nicht von der Beschlussfassung zur Ermächtigung des Vorstandes zur Schaffung genehmigten Kapitals gemeint sein, so dass hier auch dahingestellt bleiben kann, ob die Verwaltung der Beklagten anlässlich der Hauptversammlung ihrer Berichtspflicht über die Ausübung genehmigten Kapitals nachgekommen ist - was auch einer Entlastung entgegen stehen könnet, aber von keinem Kläger gerügt wurde -, d.h. ob hier nicht ein förmlicher Bericht (so Wilsing ZGR 2006, 722, 731; Baums, Bericht der Regierungskommission Corporate Governance, 2001, Rz. 230) zu erstatten gewesen wäre oder die Berichterstattung im Anhang des Jahresabschlusses nach § 160 Abs. 1 Nr. 3, 4 Akte ausreicht (so Bungert BB 2005, 27572758), wobei auch dies vorliegend im Hinblick auf den konkreten Vorgang sehr rudimentär (vgl. Tz 67 des Anhangs) erfolgt. ist.

Die fehlende Einholung der Zustimmung der Hauptversammlung, die sich an sich auf die Tätigkeit des Vorstandes bezieht und daher zunächst die Anfechtbarkeit des Entlastungsbeschlusses für den Vorstand betrifft, schlägt auch auf die Beschlussfassung über die Entlastung der Aufsichtsratsmitglieder durch. Der Umstand, ob der Vorstand der ihm obliegenden Leitungsaufgaben hinreichend gerecht wird, betrifft auch den Aufsichtsrat. lm Rahmen seiner Überwachungsverpflichtung nach § 111 AktG obliegt dem Aufsichtsrat die Überwachung des Vorstandes, ob dieser seinen rechtlichen Pflichten, hier der erforderlichen Beteiligung der Hauptversammlung zum Erwerb der Dresdner Bank aufgrund der Vereinbarung vom 27.11.2008 gerecht wurde.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 101 ZPO, wobei wegen der Unstatthaftigkeit des Beitritts des Streithelfers zu 7), diese seine Kosten selbst zu tragen hat, während im Übrigen der Beklagten wegen des Unterliegens die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen waren.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in § 709 ZPO.

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