OLG Frankfurt a. M.: Entgeltklausel für Bankauskünfte in Höhe von 25 Euro unbedenklich
OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 24.5.2019 – 10 U 5/18
ECLI: ECLI:DE:OLGHE:2019:0524.10U5.18.00
Volltext: BB-Online BBL2019-1729-3
Orientierungssatz
Eine Entgeltklausel für Bankauskünfte in Höhe von 25 € ist unbedenklich. Es handelt sich bei der Auskunftserteilung durch die Bank um eine zusätzliche Leistung, die von sonstigen Gebühren für Kontoführung etc. nicht abgedeckt ist. Eine solche Bankauskunft dient der Information Dritter über die wirtschaftlichen Verhältnisse des Kunden, seine Kreditwürdigkeit und Zahlungsfähigkeit.
Sachverhalt
I.
Der Kläger, ein Verbraucherschutzverband, hat von der Beklagten die Unterlassung der Verwendung einer Preisklausel verlangt.
Die beklagte Bank verwendet ein Preis- und Leistungsverzeichnis, in dem es unter Nummer VI. heißt:
Bankauskunft 25 EUR
In der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten findet sich in Ziffer 2. unter der Überschrift „Bankgeheimnis und Bankauskunft“ folgende Regelung:
„…
(2) Eine Bankauskunft enthält allgemein gehaltene Feststellungen und Bemerkungen über die wirtschaftlichen Verhältnisse des Kunden, seine Kreditwürdigkeit und Zahlungsfähigkeit;…“
Der Kläger hat gemeint, es handelt sich hierbei um eine kontrollfähige Preisnebenabrede. Die Klausel beziehe sich pauschal auf eine „Bankauskunft“ ohne nähere Spezifizierung des Begriffes. Insofern könne nicht auf Nr. 2 (2) der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten abgestellt werden, weil die angegriffene Bestimmung im Preisverzeichnis keinen dementsprechenden Verweis enthalte. Die Klausel umfasse damit nach der gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung alle bankseitigen Auskünfte, auch solche, zu denen die Beklagte gesetzlich oder vertraglich verpflichtet sei.
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, die Entgeltklausel sei im Zusammenhang mit den Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu sehen und umfasse gerade nicht alle bankseitigen Auskünfte.
Das Landgericht hat die Klage, die noch eine weitere Preisklausel betraf, insoweit abgewiesen. Es handele sich nicht um eine prüffähige Preisnebenabrede, sondern um die einer AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle nicht unterworfene Bepreisung einer zusätzlichen Leistung. Die Preisklausel beziehe sich nach Wortlaut und Systematik nur auf Bankauskünfte, wie sie in § 2 Abs. 2 der AGB definiert seien.
Gegen das am 27.12.2017 zugestellte Urteil hat der Kläger am 9.1.2018 durch Einreichung eines Schriftsatzes seines Prozessbevollmächtigten vom 4.1.2018, den dieser versehentlich nicht unterzeichnet hatte, und unter Beifügung einer beglaubigten Abschrift der Berufungsschrift Berufung eingelegt. Der Beglaubigungsvermerk war von dem Prozessbevollmächtigten des Klägers unterschrieben worden. Er beanstandet, dass das Landgericht das Gebot der „kundenfeindlichsten Auslegung“ unberücksichtigt gelassen habe. Ein Rückgriff auf § 2 Abs. 2 AGB müsse schon deshalb ausscheiden, weil die Bestimmung im Preis- und Leistungsverzeichnis keinen entsprechenden Verweis beinhalte. Ein solcher Verweis würde auch der Übersichtlichkeit des Verzeichnisses nicht schaden. Bei zutreffender Auslegung der beanstandeten Klausel lasse diese es zu, dass die Beklagte ein Entgelt für Tätigkeiten (Auskunft) fordere, obwohl sie zu solch einer Auskunft auf Grund gesetzlicher oder vertraglicher Informationspflichten ohnehin verpflichtet sei. Vor diesem Hintergrund führe die Klausel auch zu einer unangemessenen Benachteiligung i.S.v. § 307 Abs. 1 BGB. Selbst bei Annahme der Kontrollfreiheit gemäß § 307 Abs. 3 S. 1 BGB hätte es einer Klauselprüfung an Hand des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB bedurft. Die Klausel leide unter einem wesentlichen Transparenzdefizit, weil sie keinen Aufschluss darüber gebe, was unter der Bankauskunft zu verstehen sei.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Frankfurt am Main vom 21.12.2017 zu Az.: 2-10 O 177/17 zu verurteilen,
1. es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu unterlassen, nachfolgende oder mit diesen inhaltsgleiche Bestimmungen in nachfolgend bezeichnete Verträge mit Verbrauchern einzubeziehen, sowie sich auf die Bestimmungen bei der Abwicklung derartiger Verträge, geschlossen nach dem 1. April 1977, zu berufen:
2. in Verträge über Bankdienstleistungen
[VI.] Bankauskunft 25 EUR
2. an ihn (Kläger) weitere 107,00 € zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Aus den Gründen
II.
Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Der Mangel der Unterschrift in dem als Urschrift der Berufung gedachten Schriftsatz vom 4.1.2018 ist durch die gleichzeitig eingereichte beglaubigte Abschrift dieses Schriftsatzes behoben worden, auf der der Beglaubigungsvermerk von dem Prozessbevollmächtigten des Klägers handschriftlich vollzogen worden war (BGH, Beschlüsse vom 3.5.1957 - VIII ZB 7/57, NJW 1957, 990; vom 26.3.2012 - II ZB 23/11, NJW 2012, 1738).
In der Sache hat das Rechtsmittel keinen Erfolg.
Die beanstandete Klausel ist gemäß § 307 Abs. 3 S. 1 BGB der Kontrolle anhand der § 307 Abs. 1 und 2, 308 f. BGB entzogen, da sie ein Entgelt für eine echte Zusatzleistung im Sinne von Nr. 2 (2) der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten festsetzt.
Die Bezeichnung des Entgelttatbestandes mit „Bankauskunft“ im Preisverzeichnis der Beklagten macht ausreichend klar, dass es sich um eine Bankauskunft im Sinne von Nr. 2 (2) AGB handelt und nicht jede Auskunft der Bank gemeint ist, die sich der Bankkunde auch etwa im Zusammenhang mit der Führung seines Kontos erbittet. Das OLG Nürnberg hat dies ohne weiteres im ersteren Sinne qualifiziert (NJW-RR 1997, 302, 303). Die Frage ist nicht schlicht durch den Rückgriff auf die sogenannte kundenfeindlichste Auslegung zu beantworten. Vielmehr hat die Prüfung der Klausel in zwei Schritten zu erfolgen. AGB sind ausgehend von den Verständnismöglichkeiten eines rechtlich nicht vorgebildeten Durchschnittskunden einheitlich so auszulegen, wie ihr Wortlaut von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Kreise verstanden wird. Außer Betracht bleiben solche Verständnismöglichkeiten, die theoretisch denkbar, praktisch aber fernliegend sind und nicht ernstlich in Betracht kommen (z.B. BGH, NJW 2018, 2117; Palandt/Grüneberg, BGB, 78. Aufl., § 305 c Rn. 16). In AGB verwendete Rechtsbegriffe sind in der Regel entsprechend ihrer juristischen Fachbedeutung zu verstehen (BGH, WM 2014, 1076; BAG, NZA 2017, 323, 324; Palandt/Grüneberg a. a. O.). Erst im zweiten Schritt ist, wenn eine Klausel danach mehrdeutig ist, also mehrere Auslegungsmöglichkeiten bestehen, von der (scheinbar) kundenfeindlichsten Auslegung auszugehen, um anhand derer die Wirksamkeit der Klausel zu beurteilen (Palandt/Grüneberg, Rn. 18). Die für den ersten Schritt maßgeblichen Auslegungsgrundsätze weisen hier darauf hin, dass die Preisklausel sich nur auf die Bankauskunft im vorgenannten, engen Sinne bezieht. Mit „Bankauskunft“ wird die seit vielen Jahren in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Banken beschriebene Auskunftserteilung gegenüber Dritten über die Verhältnisse der Kunden der Bank bezeichnet, wie sie auch in Nr. 2 (2) der AGB der Beklagten geregelt ist. Selbst in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Sparkassen wird die derartige Auskunftserteilung nicht als „Sparkassenauskunft“, sondern als „Bankauskünfte“ benannt (dort Nr. 3.). Entsprechend wird der Begriff ohne weitere Erläuterung auch in der Rechtsprechung (z.B. BGH, Urteil vom 5.12.2000 - XI ZR 340/99, WM 2001,134; Beschluss vom 28.1.2016 - III ZB 112/15) oder beispielsweise in §§ 7a Nr. 3 (1) a), 7 b Nr. 1 (6) a) VOL/A 2006, § 7 (2) a) EG VOL/A 2009 verwendet. Ist demgemäß nach dem maßgeblichen Verständnis der juristische Fachbegriff „Bankauskunft“ nicht im Sinne jeglicher Auskunft durch die Bank zu verstehen, fehlt es an einer Mehrdeutigkeit der Klausel. Die Frage der kundenfeindlichsten Auslegung stellt sich nicht mehr.
Eine Entgeltklausel für Bankauskünfte im Sinne von Nr. 2 (2) der AGB ist aber unbedenklich, weil es sich um eine zusätzliche Leistung handelt, die von den sonstigen Gebühren für Kontoführung etc. nicht abgedeckt ist. Eine solche Bankauskunft dient der Information Dritter über die „wirtschaftlichen Verhältnisse des Kunden, seine Kreditwürdigkeit und Zahlungsfähigkeit“. Empfänger der Bankauskunft können nach Nr. 2 (4) AGB die eigenen Kunden der Bank sowie andere Kreditinstitute sein, die die Auskunft für eigene Zwecke oder die ihrer Kunden anfragen. Gesetzlich angeordnete Auskunftspflichten der Bank, wie sie sich etwa aus § 161a StPO, §§ 30a Abs. 5, 93 AO oder § 33 ErbStG ergeben, stellen keine Bankauskunft im Sinne von Nr. 2 (2) AGB dar. Von daher ist zweifelsfrei ersichtlich, dass mit einer Entgeltklausel für Bankauskünfte im Sinne von Nr. 2 (2) der AGB keine Aufwendungen für die Erfüllung gesetzlich begründeter eigener Pflichten auf den Kunden abgewälzt werden. Die Preisklausel kann nur so verstanden werden, dass das Entgelt für die Zusatzleistung dem Anfragenden berechnet wird. Dass die Beklagte aufgrund der angegriffenen Klausel von einem Kunden die Vergütung verlangen könnte, wenn sie einem Dritten eine Bankauskunft über diesen Kunden erteilt, ist eine praktisch fernliegende, nicht ernstlich in Betracht kommende Auslegung. Wenn die Bank in einem solchen Fall die Gebühr erheben kann, dann allein gegenüber dem Empfänger der Auskunft. Soweit mit der Klausel auch bepreist wird, wenn der Kunde eine Bankauskunft über sich selbst erbittet, etwa weil er einem Dritten seine Bonität nachweisen muss, begegnet dies keinen Bedenken. Auch in diesem Fall ist die Erteilung einer Bankauskunft eine zusätzliche Leistung.
Da nach den vorstehenden Erwägungen die beanstandete Preisklausel klar und unmissverständlich ist, scheidet auch eine Unwirksamkeit wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot (§§ 307 Abs. 3 S. 2, Abs. 1 S. 2 BGB) aus. Der Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist nicht verpflichtet, gängige Rechtsbegriffe zu erläutern. Es liegt im eigenen Verantwortungsbereich des Vertragspartners, sich entsprechende Kenntnisse zu verschaffen (BGH, Urteil vom 20.2.2014 - IX ZR 137/13, juris Rn. 25).
Mangels eines Unterlassungsanspruchs besteht auch kein Anspruch auf Abmahnkosten (§ 12 UWG).
Der Kläger hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels zu tragen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
Die Revision wird nicht gemäß § 543 ZPO zugelassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert. Die AGB-rechtliche Wirksamkeit der Bepreisung einer Bankauskunft, wie sie in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Banken und Sparkassen geregelt ist, wird vom Kläger nicht ernstlich in Zweifel gezogen. Hinsichtlich der beanstandeten Entgeltklausel im Preis- und Leistungsverzeichnis der Beklagten ist nicht ersichtlich, dass diese von anderen Kreditinstituten gleichermaßen verwendet wird.