OVG Nordrhein-Westfalen: Elektronische Registrierung für Übermittlung von Daten an Unternehmensregister
OVG Nordrhein-Westfalen, 27.11.2023 – 4 B 1081/23
ECLI:DE:OVGNRW:2023:1127.4B1081.23.00
Volltext: BB-Online BBL2024-386-2
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Amtliche Leitsätze
1. Zur Übermittlung von Daten an das Unternehmensregister bedarf es nach der Unternehmensregisterverordnung einer Registrierung sowie einer elektronischen Identifikation nach einer hierfür eröffneten Methode, auch wenn bereits nach früherer Rechtslage eine Registrierung ohne eine solche Identifikation erfolgt ist.
2. Anderweitige Identifikationsmethoden (postalische Übersendung einer amtlich beglaubigten Kopie des Personalausweises, Videoidentverfahren, Point-of-Sale-Verfahren) sind nicht vorgesehen.
3. Die Regelungen zur elektronischen Identifikation sind mit Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar. Das Erfordernis einer Registrierung mit einer elektronischen Identifikation des Nutzers insbesondere anhand eines elektronischen Identitätsnachweises oder einer von der registerführenden Stelle zur Verfügung gestellten Identifikationsmethode beruht auf vernünftigen Erwägungen des Allgemeinwohls. Insbesondere dient es der angestrebten rechtssicheren Datenübermittlung nach einheitlichen Standards ohne vermeidbaren behördlichen Verwaltungsaufwand, indem notwendig ein qualifizierter Vertrauensdiensteanbieter einzubinden ist, der die Registerbehörde von eigenem Identifikationsaufwand entlastet. Demgegenüber ist eine übermäßige Belastung der Übermittlungspflichtigen durch die nur einmalige Registrierung nicht erkennbar, zumal ihnen hierfür verschiedene Identifikationsverfahren zur Verfügung stehen, die den unionsrechtlich bestimmten Sicherheitsanforderungen genügen.
G r ü n d e :
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Die Beschwerde der Antragstellerin ist unbegründet.
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Das Verwaltungsgericht hat den Antrag,
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die Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, der Antragstellerin die zur elektronischen Übertragung von Rechnungslegungsunterlagen an das Unternehmensregister erforderliche Identifikationsnummer vorläufig zur Verfügung zu stellen,
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mit der Begründung abgelehnt, ein Anordnungsanspruch bestehe unabhängig von der Frage, ob die erhöhten Anforderungen an eine nur ausnahmsweise denkbare Vorwegnahme der Hauptsache gegeben seien, vorliegend nicht, weil sich die Antragstellerin weder auf ihre bestehende Registrierung vor Inkrafttreten des DiRUG berufen könne, noch sich Herr X. gemäß § 3 Abs. 3 URV elektronisch identifiziert habe, noch ein Anspruch auf Schaffung weiterer Identifizierungsmethoden bestehe. Die Registrierungspflicht für die Übermittlung von Daten i. S. d. § 8b Abs. 2 Nr. 4 HGB ergebe sich aus § 11 Abs. 2 Satz 4 URV i. V. m. § 11 Abs. 1 Satz 4 URV. Danach sei für die Übermittlung von Daten i. S. d. § 8b Abs. 2 Nr. 4 HGB eine Registrierung des Veröffentlichungspflichtigen oder des mit der Veranlassung der Veröffentlichung beauftragten Dritten nach § 3 URV erforderlich. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 URV erfolge eine Registrierung ausschließlich über eine nach dem Stand der Technik gesicherte Internetverbindung. Die Registrierung nach alter Rechtslage könne die Antragstellerin bzw. Herrn X. nicht von der Registrierung nach neuer Rechtslage befreien, da nun nach § 3 Abs. 3 URV erstmals eine Identifikation der die Datenübertragung tatsächlich vornehmenden Person erforderlich sei. Die Übergangsvorschrift in § 18 URV sehe keine Fortgeltung von Registrierungen nach altem Recht vor. Nach § 3 Abs. 3 Satz 1 URV habe für eine Registrierung nach § 3 Abs. 2 URV (Datenübermittlung nach § 11 Abs. 2 URV) eine elektronische Identifikation des Nutzers zu erfolgen. Die von Herrn X. vorgenommene postalische Übersendung einer amtlich beglaubigten Kopie seines Personalausweises stelle keine Identifizierungsmethode i. S. d. § 3 Abs. 3 Satz 3 URV dar. Auch die weiteren von ihm angebotenen Methoden des sog. „Point of Sale-Ident“-Verfahrens oder das persönliche Erscheinen seien keine Identifizierungsmethoden i. S. d. § 3 Abs. 3 Satz 3 URV. Es bestehe auch kein Anspruch auf die Einführung weiterer Identifizierungsmethoden i. S. d. § 3 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 URV. Dies ergebe sich schon aus dem Wortlaut der Regelung, wonach eine solche Identifizierungsmethode genutzt werden könne, wenn sie „von der registerführenden Stelle zur Verfügung gestellt“ werde.
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Das Beschwerdevorbringen, auf dessen Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, bietet keinen Anlass, den angefochtenen Beschluss im Ergebnis zu ändern.
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Die Voraussetzungen für den Erlass der mit dem Antrag verfolgten einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO liegen nicht vor.
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Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind glaubhaft zu machen, § 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. den §§ 920 Abs. 2, 294 Abs. 1 ZPO.
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Dass die von der Antragstellerin begehrte vorläufige Regelung als solche nicht wieder rückgängig gemacht werden kann, führt zwar nicht zu einer faktisch endgültigen Vorwegnahme der Hauptsache, sondern ist typische, vom Gesetzgeber vorgesehene Folge des vorläufigen Rechtsschutzes.
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Vgl. zu den Voraussetzungen einer Vorwegnahme der Hauptsache: BVerfG, Beschluss vom 8.4.2014 – 2 BvR 1800/13 –, juris, Rn. 14.
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Auch wenn keine Vorwegnahme der Hauptsache in Rede steht, hat die Antragstellerin keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Sie hat ohne Durchführung der von ihr abgelehnten vom Antragsgegner angebotenen elektronischen Identifizierungsmethoden keinen Anspruch auf die ‒ auch nur vorläufige ‒ Erteilung einer Identifikationsnummer zur Übermittlung von Daten an das Unternehmensregister.
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Nach § 11 Abs. 2 Satz 4, Abs. 1 Satz 4 der im Rahmen des Art. 13 des zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/1151 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20.6.2019 (ABl. L 186 vom 11.7.2019, S. 80) geschaffenen Gesetzes zur Umsetzung der Digitalisierungsrichtlinie (DiRUG) erlassenen, auf der Ermächtigungsgrundlage des § 9a Abs. 2 und 3 HGB beruhenden Verordnung über das Unternehmensregister (Unternehmensregisterverordnung ‒ URV) ist für die Übermittlung von Daten im Sinn des § 8b Abs. 2 Nr. 4 HGB an das Unternehmensregister ‒ worum es der Antragstellerin letztlich geht ‒ eine Registrierung des Veröffentlichungspflichtigen oder des mit der Veranlassung der Veröffentlichung beauftragten Dritten nach § 3 erforderlich.
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Nach § 3 Abs. 3 Satz 1 URV hat für eine Registrierung nach § 3 Abs. 2 URV eine elektronische Identifikation des Nutzers zu erfolgen. Nach § 3 Abs. 3 Satz 3 URV erfolgt die Identitätsprüfung anhand:
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1. eines elektronischen Identitätsnachweises nach § 18 des Personalausweisgesetzes, nach § 12 des eID-Karte-Gesetzes oder nach § 78 Absatz 5 des Aufenthaltsgesetzes oder
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2. eines elektronischen Identifizierungsmittels, das von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union ausgestellt wurde und das
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a) für die Zwecke der grenzüberschreitenden Authentifizierung nach Artikel 6 der Verordnung (EU) Nr. 910/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 2014 über elektronische Identifizierung und Vertrauensdienste für elektronische Transaktionen im Binnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 1999/93/EG (ABl. L 257 vom 28.8.2014, S. 73; L 23 vom 29.1.2015, S. 19; L 155 vom 14.6.2016, S. 44) anerkannt wird und
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b) dem Sicherheitsniveau „hoch“ im Sinne des Artikels 8 Absatz 2 Buchstabe c der Verordnung (EU) Nr. 910/2014 entspricht, oder
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3. einer von der registerführenden Stelle zur Verfügung gestellten Identifizierungsmethode im Sinne des Artikel 24 Absatz 1 Unterabsatz 2 Buchstabe d Satz 1 Verordnung (EU) Nr. 910/2014.
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Die nach diesen Vorschriften für eine Registrierung vorgesehene Identitätsprüfung hat weder die Antragstellerin noch Herr X. bislang durchlaufen. Nach § 11 Abs. 1 Satz 4 URV bedarf es gerade einer Registrierung nach § 3 URV. Die Regelung verweist regelungstechnisch unmissverständlich auf die geltende Fassung des § 3 URV und nicht auf eine außer Kraft getretene und damit für die aktuell erforderliche Registrierung nicht mehr maßgebliche frühere Fassung von § 3 URV, deren Fortgeltung für Altfälle eine entsprechende Übergangsvorschrift erfordert hätte.
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Deshalb greift der Einwand der Antragstellerin, einer (erneuten) Identitätsprüfung bedürfe es bereits deshalb nicht, weil sie über Herrn X. seit 2007 bei der Antragsgegnerin zur Datenübermittlung registriert sei, nicht durch. Die im Jahr 2007 erfolgte, nach § 3 URV in der damals geltenden Fassung vorgenommene Registrierung erfüllt die Anforderungen der geänderten Unternehmensregisterverordnung mit Blick auf das Erfordernis einer elektronischen Identifizierung nicht. Weder der Wortlaut von § 11 Abs. 1 Satz 4 URV noch derjenige von § 3 Abs. 3 URV enthalten einen Anhalt dafür, dass eine frühere Registrierung weiterhin Gültigkeit haben soll, ohne dass eine elektronische Identifikation des Nutzers zu erfolgen habe. Vielmehr enthalten beide Vorschriften keine Einschränkungen der Identifizierungspflicht. Damit hat der Verordnungsgeber der Zielsetzung, die Digitalisierungsrichtlinie umzusetzen und den Verwaltungsaufwand zu vereinfachen, Rechnung tragend ein elektronisches Identifizierungsmittel eingeführt, um eine direkte Übermittlung von Rechnungslegungsdaten an das Unternehmensregister zu ermöglichen.
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Vgl. Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Digitalisierungsrichtlinie vom 31.3.2021, BT-Drs. 19/28177, S. 64 f., 67.
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Dabei hat er den zusätzlichen geringfügigen Zeitaufwand für die Unternehmen für eine einmalige Registrierung zur Übermittlung nach § 3 Abs. 3 URV-E mit einem elektronischen Identifizierungsmittel (eID oder Videoidentverfahren) in Kauf genommen, eine derartige Identifzierung jedoch nicht bei jedem Übermittlungsvorgang für erforderlich erachtet, wenn bereits eine Registrierung nach § 3 Abs. 2 URV-E erfolgt sei.
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Vgl. Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Digitalisierungsrichtlinie vom 31.3.2021, BT-Drs. 19/28177, S. 67, 154.
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Auch aus den Übergangsvorschriften ergibt sich die Notwendigkeit einer erneuten, nunmehr elektronischen Identifizierung. Nach § 18 Satz 1 URV sind u. a. die §§ 3 und 11 in der ab dem 1.8.2022 geltenden Fassung erstmals auf Rechnungslegungsunterlagen und Unternehmensberichte für das nach dem 31.12.2021 beginnende Geschäftsjahr anzuwenden. Damit ist die elektronische Identifizierung nach § 3 Abs. 3 URV für alle entsprechenden Datenübermittlungen für das ab dem 1.1.2022 beginnende Geschäftsjahr im Sinne einer Stichtagsregelung erforderlich. Dass insoweit keine weiteren Übergangsregelungen im Sinne einer Fortgeltung einer bereits früher erfolgten Registrierung bestehen, wird aus § 18 Satz 2 URV deutlich, der eine Übergangsregelung (ausschließlich) für Rechnungsunterlagen und Unternehmensberichte für die vor dem 1.1.2022 beginnenden Geschäftsjahre beinhaltet. Auch Sinn und Zweck der Umsetzungsvorschrift gebieten eine (erneute oder erstmalige) Registrierung mit einer elektronischen Identifizierung. Dies dient der Verlässlichkeit und Vertrauenswürdigkeit des Unternehmensregisters. So sollen nach Erwägungsgrund 20 der Richtlinie (EU) 2019/1151 zum Einsatz digitaler Werkzeuge und Verfahren im Gesellschaftsrecht (ABl. L 186 vom 11.7.2019, S. 80) die Bestimmungen über die Online-Verfahren gemäß dieser Richtlinie auch Kontrollen der Identität sowie der Rechts- und Geschäftsfähigkeit der Personen, die Urkunden und Informationen einreichen wollen, enthalten, um gegen Betrug und Unternehmensidentitätsdiebstahl vorzugehen und um Garantien für die Verlässlichkeit und Vertrauenswürdigkeit der in den nationalen Registern enthaltenen Urkunden und Informationen bereitzustellen. Dieser Zielsetzung folgend sind als elektronische Identifizierungsmittel diejenigen nach Art. 3 Nr. 2 der Verordnung (EU) Nr. 910/2014 anerkannt (Art. 13a der Richtlinie) und die von den Mitgliedstaaten im Rahmen der Online-Verfahren öffentlich bekannt gemachten elektronischen Identifizierungsmittel (Art. 13b der Richtlinie).
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Ebenso wenig verfängt der Einwand der Antragstellerin, das Verwaltungsgericht habe fehlerhaft angenommen, es könnten nur solche Identifizierungsmethoden genutzt werden, die von der registerführenden Stelle zur Verfügung gestellt würden. Vielmehr müsste nach Ansicht der Antragstellerin auch die Übersendung einer beglaubigten Kopie des Personalausweises oder eine Vor-Ort-Identifizierung mit Point-of-Sale anerkannt werden.
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Die nach § 3 Abs. 3 Satz 3 URV erforderliche elektronische Identifikationsprüfung erfolgt ‒ soweit für den vorliegenden Fall einschlägig ‒ ausschließlich anhand eines elektronischen Identitätsnachweises (Nr. 1) oder einer von der registerführenden Stelle zur Verfügung gestellten Identifizierungsmethode im Sinne des Artikel 24 Abs. 1 Unterabs. 2 Buchst. d Satz 1 der Verordnung (EU) Nr. 910/2014 (Nr. 3). Anderweitige Identifzierungsmethoden sind nicht vorgesehen. Nach der Gesetzesbegründung zu Art. 13 DiRUG handelt es sich bei den nach Art. 24 zulässigen Methoden um solche, die die Bundesnetzagentur gemäß § 11 Abs. 1 des Vertrauensdienstegesetzes (VDG) durch Verfügung festlegt. Umfasst seien hiervon aktuell die Identifizierung einer natürlichen Person im Rahmen der Beantragung eines qualifizierten Zertifikates unter Nutzung einer Videoübertragung (Videoidentifizierung).
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Vgl. Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Digitalisierungsrichtlinie vom 31.3.2021, BT-Drs. 19/28177, S. 151.
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Die Antragstellerin trägt bereits nicht vor, dass die Übersendung einer beglaubigten Kopie des Personalausweises von Herrn X. oder aber das von ihr bevorzugte Point-of-Sale-Verfahren von der Bundesnetzagentur nach § 11 Abs. 1 VDG als Identifzierungsmethode festgelegt worden sei. Es besteht auch kein objektiver Anhalt dafür, dass die von der Antragstellerin bevorzugten Methoden zulässige Methoden nach Art. 24 Abs. 1 Unterabs. 2 Buchst. d Satz 1 der Verordnung (EU) Nr. 910/2014 sein könnten. Ein Verfahren, das eine persönliche Anwesenheit des zu Identifizierenden im Sinne von Art. 24 Abs. 1 Unterabs. 2 Buchst. a der Verordnung vorsieht, wird von dem Verweis in § 3 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 URV, der ausschließlich auf Buchst. d Bezug nimmt, gerade nicht erfasst. Im Übrigen dürfte es auch an der nach Art. 24 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 910/2014 in jedem Fall erforderlichen Tätigkeit eines qualifizierten Vertrauensdiensteanbieters fehlen.
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Insoweit führt auch der Verweis der Antragstellerin auf einen durch eine videobasierte Identifizierung verursachten erheblichen Eingriff in die Rechte von Herrn X. zu keiner anderen Einschätzung. Der Gesetzgeber hat bei der Einführung des geänderten § 3 URV durch Art. 13 DiRUG die Belastungen für die Verwaltung sowie diejenigen für die Bürgerinnen und Bürger gegeneinander abgewogen und den durch die Umsetzung der Digitalisierungsrichtlinie entstehenden Eingriff, den Zeitaufwand für die einmalige Registrierung mit einem elektronischen Identifizierungsmittel für geringfügig erachtet.
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Vgl. Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Digitalisierungsrichtlinie vom 31.3.2021, BT-Drs. 19/28177, S. 67.
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Die Antragstellerin trägt auch nicht vor, dass das Videoidentverfahren für sie oder Herrn X. unzumutbar sei. Sie hat lediglich behauptet, für sie kämen die auf der Homepage der Antragsgegnerin genannten Identifizierungsmethoden nicht in Frage, und eine Verletzung in Grundrechten geltend gemacht, die keinem legitimen Zweck folge und nicht verhältnismäßig sei.
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Regelungen, die – wie die hier in Rede stehenden Vorgaben für eine Registrierung mit einer elektronischen Identifikation auf den behördlich im Rahmen rechtlich vorgegebener Optionen eröffneten Wegen, die Voraussetzung für Übermittlungen zum Unternehmensregister ist – lediglich die Berufsausübung betreffen, sind mit Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar, soweit vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls sie als zweckmäßig erscheinen lassen und das Grundrecht nicht unverhältnismäßig eingeschränkt wird.
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Vgl. BVerfG, Beschluss vom 20.12.2017 – 1 BvR 2233/17 –, juris, Rn. 11.
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Gemessen an diesem Maßstab zeigt die Antragstellerin eine Verletzung ihrer durch Art. 12 Abs. 1 GG gewährleisteten Berufsfreiheit nicht auf. Das Erfordernis einer Registrierung mit einer elektronischen Identifikation des Nutzers insbesondere anhand eines elektronischen Identitätsnachweises oder einer von der registerführenden Stelle zur Verfügung gestellten Identifizierungsmethode im Sinne des Artikel 24 Abs. 1 Unterabs. 2 Buchst. d Satz 1 Verordnung (EU) Nr. 910/2014 beruht, wie ausgeführt und anhand der Gesetzesmaterialien nachvollziehbar, auf vernünftigen Erwägungen des Allgemeinwohls. Insbesondere dient es der angestrebten rechtssicheren Datenübermittlung nach einheitlichen Standards ohne vermeidbaren behördlichen Verwaltungsaufwand, indem nach § 3 Abs. 3 URV notwendig ein qualifizierter Vertrauensdiensteanbieter einzubinden ist, der die Registerbehörde von eigenem Identifikationsaufwand entlastet. Demgegenüber ist eine übermäßige Belastung der Übermittlungspflichtigen durch die nur einmalige Registrierung nicht erkennbar, zumal ihnen hierfür verschiedene Identifizierungsverfahren zur Verfügung stehen, die den unionsrechtlich bestimmten Sicherheitsanforderungen genügen.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
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Die Streitwertfestsetzung und -änderung beruht auf den §§ 47 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1, 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG. Der sich aus § 52 Abs. 1 GKG ergebende Betrag ist wegen der Vorläufigkeit des Eilverfahrens zu halbieren (Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs 2013). Die Halbierung ist auch in Fällen angezeigt, in denen es – wie hier – der Antragstellerin nur um eine vorläufige Zurverfügungstellung einer Identifikationsnummer geht. Eine – nur in Ausnahmefällen zulässige – vollständige Vorwegnahme der Hauptsache läge nur vor, wenn die begehrte vorläufige Entscheidung faktisch keine vorläufige wäre, sondern einer endgültigen gleichkäme. Dies ist, wie die Antragstellerin zutreffend geltend gemacht hat, nicht der Fall, wenn ‒ wie hier ‒ eine einstweilige Anordnung begehrt wird, die bei entsprechendem Ausgang des Hauptsacheverfahrens wieder außer Kraft gesetzt werden kann.
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Vgl. dazu OVG NRW, Beschluss vom 23.6.2023 – 4 B 352/22 –, juris, Rn. 25.
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Die von der Antragstellerin im Wege der einstweiligen Anordnung begehrte Identifikationsnummer könnte nachträglich wieder gelöscht werden. Eine Festsetzung des vollen Hauptsachestreitwerts wäre deshalb nicht sach- und interessengerecht.
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Dieser Beschluss ist nach § 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG unanfechtbar.