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Wirtschaftsrecht
30.08.2021
Wirtschaftsrecht
BGH: Elektronische Einreichung der Anmeldung einer Eintragung im Handelsregister

BGH, Beschluss vom 15.6.2021 – II ZB 25/17

ECLI:DE:BGH:2021:150621BIIZB25.17.0

Volltext des Beschlusses://BB-ONLINE BBL2021-1729-3

Amtlicher Leitsatz

Die Anmeldung einer Eintragung in das Handelsregister ist gemäß § 12 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 HGB mit einem einfachen elektronischen Zeugnis eines Notars gemäß § 39a BeurkG elektronisch einzureichen. Die Einreichung mit einer qualifizierten elektronischen Signatur des Ausstellers der Anmeldung gemäß § 126a BGB reicht nicht aus.

HGB § 12 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 2 Halbs. 2; BeurkG § 39a; BGB § 126a

Sachverhalt

Die Beteiligte ist eine am 30. Oktober 2013 in das Handelsregister des Companies House für England und Wales in Cardiff eingetragene private company limited by shares (im Folgenden: Limited) mit satzungsmäßigem Sitz im Vereinigten Königreich. Sie hat im März 2014 beim Amtsgericht - Registergericht - Frankfurt am Main die Eintragung einer Zweigniederlassung in das Handelsregister angemeldet. Die Übersendung der Anmeldung erfolgte auf elektronischem Weg mit einer qualifizierten elektronischen Signatur des directors und alleinigen Gesellschafters der Beteiligten.

Das Registergericht hat der Beteiligten mit Zwischenverfügung vom 11. Juni 2014 mitgeteilt, der Anmeldung könne nicht entsprochen werden, weil sie nicht mit dem nach § 39a BeurkG i.V.m. § 12 Abs. 2 HGB erforderlichen elektronischen Zeugnis versehen sei, der Gesellschaftsvertrag der Beteiligten in öffentlich beglaubigter Form nebst Übersetzung nicht beigefügt sei, die Höhe des Stammkapitals der Beteiligten nicht angegeben werde und es an der Versicherung des directors der Beteiligten über seine Belehrung betreffend seine unbeschränkte Auskunftspflicht gegenüber dem Gericht betreffend etwaige Bestellungshindernisse gemäß § 13g Abs. 2 Satz 2 HGB i.V.m. § 8 Abs. 3 GmbHG fehle.

Das Beschwerdegericht (OLG Frankfurt/Main, ZIP 2018, 686) hat die Beschwerde der Beteiligten gegen die Zwischenverfügung mit Beschluss vom 8. August 2017 mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass das Registergericht hinsichtlich des Gesellschaftsvertrages nicht die Vorlage der unverändert von der Beteiligten als Satzung (constitution) übernommenen model articles nach den Companies (Model Articles) Regulations 2008 verlangen könne. Dagegen wendet sich die Beteiligte mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde.

Der Senat hat das Verfahren mit Beschluss vom 14. Mai 2019 ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union zur Vorabentscheidung über die Vereinbarkeit der Verpflichtungen zur Angabe des Stammkapitals nach § 13g Abs. 3 HGB i.V.m. § 10 Abs. 1 GmbHG und zur Versicherung über die Belehrung zur Auskunftspflicht über etwaige Bestellungshindernisse nach § 13g Abs. 2 Satz 2 HGB i.V.m. § 8 Abs. 3 HGB mit Art. 30 der Richtlinie (EU) 2017/1132 (im Folgenden: Gesellschaftsrechtsrichtlinie) und mit Art. 49, 54 AEUV vorgelegt. Nach dem Austritt des Vereinigten Königsreichs aus der Europäischen Union und des Ablaufs der im Austrittsabkommen bis zum 31. Dezember 2020 vereinbarten Übergangsfrist hat er die Aussetzung mit Beschluss vom 16. Februar 2021 (ZIP 2021, 566) wieder aufgehoben.

Aus den Gründen

5          B. Die statthafte und zulässige Rechtsbeschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

6          I. Die Rechtsbeschwerde ist insgesamt statthaft und zulässig gemäß § 70 Abs. 1, § 382 Abs. 4 Satz 2, §§ 71 f. FamFG.

7          1. Das Beschwerdegericht hat die Rechtsbeschwerde gemäß § 70 Abs. 1 FamFG unbeschränkt zugelassen. Der Tenor des Beschlusses enthält keine Beschränkung auf eine oder mehrere Beanstandungen des Registergerichts. Eine solche ergibt sich auch nicht aus der Begründung des Beschwerdegerichts, die Rechtsbeschwerde sei „schon deswegen“ wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen, weil die Frage, ob das Registergericht die Vorlage des memorandum of association nebst beglaubigter Übersetzung verlangen könne, klärungsbedürftig sei. Dem ist jedenfalls nicht mit der erforderlichen Klarheit zu entnehmen, dass das Beschwerdegericht damit die Zulassung auf diese Beanstandung beschränken und nicht nur den nach seiner Auffassung maßgeblichen Zulassungsgrund angeben wollte (vgl. BGH, Urteil vom 24. Oktober 2017 - II ZR 16/16, ZIP 2017, 2379 Rn. 9; Urteil vom 29. Januar 2003 - XII ZR 92/01, BGHZ 153, 358, 361).

8          2. Die Zwischenverfügung des Registergerichts ist nach § 382 Abs. 4 Satz 2 FamFG mit der Beschwerde und folglich - bei Zulassung durch das Beschwerdegericht - auch mit der Rechtsbeschwerde anfechtbar.

9          Form und Frist der Rechtsbeschwerde (§§ 71 f. FamFG) sind gewahrt. Die Beschwerdebefugnis der Beteiligten für die Rechtsbeschwerde folgt aus der Zurückweisung ihrer Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts (vgl. BGH, Beschluss vom 21. Juli 2020 - II ZB 26/19, ZIP 2020, 1658 Rn. 12 mwN).

10        II. Die Rechtsbeschwerde ist jedoch nicht begründet. Die Zurückweisung der Beschwerde der Beteiligten durch das Beschwerdegericht ist rechtlich nicht zu beanstanden.

11        1. Das Beschwerdegericht ist in formeller Hinsicht zutreffend davon ausgegangen, dass sämtliche Beanstandungen des Registergerichts Gegenstand einer Zwischenverfügung im Sinn von § 382 Abs. 4 FamFG sein können. Die Beanstandungen betreffen keine unbehebbaren Mängel und verlangen keine inhaltliche Abänderung der eingereichten Anmeldung, sondern nur deren Vervollständigung durch Ergänzungen in formeller oder inhaltlicher Hinsicht (vgl. dazu Krafka/Kühn, Registerrecht, 11. Aufl., Rn. 166b; BeckOK FamFG/Otto, Stand: 1. Januar 2021, § 382 Rn. 71 mwN). Da die Beteiligte jedenfalls damals als rechtsfähige Gesellschaft britischen Rechts anzuerkennen war, konnte die von ihr beantragte Eintragung einer Zweigniederlassung bei Behebung der vom Registergericht beanstandeten Mängel auch vollzogen werden.

12        2. Die Einwände der Beteiligten gegen die Beanstandungen des Registergerichts greifen in der Sache nicht durch.

13        a) Das Beschwerdegericht hat zu Recht angenommen, dass die Eintragungsanmeldung der Beteiligten nach § 12 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 HGB mit einem einfachen elektronischen Zeugnis gemäß § 39a BeurkG einzureichen ist und die Übersendung mit der qualifizierten elektronischen Signatur ihres directors nicht ausreicht.

14        aa) Für das inländische Registerverfahren und damit auch für die Eintragung einer Zweigniederlassung einer ausländischen Gesellschaft in das Handelsregister gilt deutsches Registerverfahrensrecht (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Mai 2007 - II ZB 7/06, BGHZ 172, 200 Rn. 6, 12 mwN). Danach sind Anmeldungen zur Eintragung in das Handelsregister gemäß § 12 Abs. 1 Satz 1 HGB elektronisch in öffentlich beglaubigter Form einzureichen.

15        bb) Die Anmeldungserklärung der Beteiligten vom 12. März 2014 ist zwar gemäß § 129 Abs. 1 BGB öffentlich beglaubigt. Sie ist schriftlich abgefasst, von ihrem director und alleinigen Gesellschafter eigenhändig unterzeichnet und dessen Unterschrift durch einen Ortsgerichtsvorsteher öffentlich beglaubigt (§ 63 BeurkG in der bis zum 8. Juni 2017 geltenden Fassung vom 28. August 1969 [BGBl. I S. 1513] i.V.m. § 13 des hessischen Ortsgerichtsgesetzes, GVBl I 1980, 114).

16        Die Anmeldungserklärung wurde aber nicht in der nach § 12 Abs. 1 Satz 1 HGB vorgeschriebenen elektronischen Form beim Registergericht eingereicht, weil sie nicht gemäß § 12 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 HGB mit einem einfachen elektronischen Zeugnis gemäß § 39a BeurkG versehen war.

17        Die Auffassung der Beteiligten, die Übersendung der Anmeldungserklärung mit der qualifizierten elektronischen Signatur ihres directors gemäß § 126a Abs. 1 BGB sei ausreichend, weil § 126a Abs. 1 BGB die nach § 12 Abs. 1 Satz 1 HGB vorgeschriebene elektronische Form abschließend regele und die Formvorschrift des § 12 Abs. 2 HGB nur für etwaige Anlagen zur Anmeldung gelte, trifft nicht zu.

18        § 126a Abs. 1 BGB betrifft nur den Fall, dass eine eigentlich in schriftlicher Form (§ 126 BGB) abzufassende Erklärung stattdessen in elektronischer Form abgegeben werden soll. Er regelt mithin die bei der Erstellung der elektronischen Erklärung einzuhaltende Form, nicht aber die weitere Frage, welche Form bei der anschließenden elektronischen Übermittlung dieser Erklärung zu wahren ist. Diese Frage wird für die elektronische Übermittlung von Eintragungsanmeldungen an das Registergericht von § 12 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 HGB beantwortet. Danach ist für die elektronische Einreichung eines notariell beurkundeten Dokuments oder einer öffentlich beglaubigten Abschrift - mithin auch für die öffentlich beglaubigte Anmeldungserklärung der Beteiligten - beim Registergericht ein einfaches elektronisches Zeugnis gemäß § 39a BeurkG erforderlich (vgl. MünchKommHGB/Krafka, 5. Aufl., § 12 Rn. 19 f.; Oetker/Preuß, HGB, 7. Aufl., § 12 Rn. 60 f., 67, 69; BeckOK HGB/Müther, Stand: 15. April 2021, § 12 Rn. 9, 33).

19        Anders als die Beteiligte meint, ist § 12 Abs. 2 HGB nicht nur auf Dokumente anwendbar, die als Anlagen zur Anmeldung einzureichen sind, sondern auch auf die Anmeldung selbst. Der Wortlaut des § 12 Abs. 2 HGB gibt für eine Unterscheidung zwischen der Anmeldung und deren Anlagen keinen Anhalt. Vielmehr gilt die Vorschrift generell für „Dokumente“, worunter nach allgemeinem Sprachgebrauch auch die schriftlich verfasste Anmeldungserklärung zu fassen ist. Dass § 12 Abs. 1 HGB bereits Regelungen zur Anmeldungserklärung und deren Einreichung enthält, lässt nicht den Schluss zu, dass diese Regelungen abschließend und die weiteren Formvorschriften des § 12 Abs. 2 HGB auf die Anmeldungserklärung nicht anwendbar sein sollten. Vielmehr erfordert die Funktion des Handelsregisters, insbesondere die mit einer dortigen Eintragung verbundene Publizitätswirkung, eine besondere Richtigkeitsgewähr bei der elektronischen Übermittlung der Anmeldung, die allein durch § 12 Abs. 1 Satz 1 HGB nicht sichergestellt wäre. Die nach § 12 Abs. 1 Satz 1 HGB vorgeschriebene öffentliche Beglaubigung der Anmeldung dient lediglich dem Nachweis, dass diese Erklärung von einer bestimmten Person abgegeben wurde. Sie besagt aber noch nichts darüber, ob diese (öffentlich beglaubigte) Anmeldungserklärung in Papierform auch inhaltlich mit dem Dokument übereinstimmt, das anschließend elektronisch bei Gericht eingereicht wird. Dieser „Medienwechsel“ von der Anmeldung in Papierform zur Anmeldung in elektronischer Form erfordert eine zusätzliche Bestätigung der inhaltlichen Übereinstimmung des Papierdokuments mit dem elektronisch übermittelten Dokument. Hierfür bedarf es in Anbetracht der Publizitäts-, Verkehrsschutz- und Informationsfunktion des Handelsregisters einer besonderen Richtigkeitsgewähr, für die die Bestätigung durch einen unabhängigen Träger eines öffentlichen Amtes gemäß § 39a BeurkG geboten ist.

20        b) Ohne Erfolg wendet sich die Beteiligte weiter gegen die Annahme des Beschwerdegerichts, dass sie nach § 13g Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 HGB zwar nicht zur Vorlage der von ihr unverändert als Satzung übernommenen model articles, wohl aber ihres memorandum of association in öffentlich beglaubigter Abschrift nebst beglaubigter Übersetzung verpflichtet ist.

21        aa) Das Beschwerdegericht hat hierzu ausgeführt, da die Beteiligte einer deutschen Gesellschaft mit beschränkter Haftung vergleichbar sei, gelte für sie auch die Verpflichtung zur Vorlage einer öffentlich beglaubigten Abschrift ihres Gesellschaftsvertrags nebst Übersetzung gemäß § 13g Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 HGB. Bei einer englischen Limited bestehe der Gesellschaftsvertrag nach dem Companies Act 2006 (CA 2006) aus dem memorandum of association (Sec. 8 CA 2006), dem die Funktion einer Gründungsurkunde zukomme, und den nunmehr als constitution bezeichneten articles of association (Sec. 17 CA 2006), die den eigentlichen Satzungsinhalt enthielten. Von der Vorlage ihrer articles of association sei die Beteiligte allerdings befreit, weil sie insoweit die für ihren Gesellschaftstyp in den Companies (Model Articles) Regulations 2008 normierten model articles unverändert übernommen habe. Bei diesen model articles handele es sich um kodifiziertes englisches Recht und damit um ausländische Rechtsvorschriften, deren Vorlage seitens des Gerichts nicht verlangt werden könne. Anderes gelte jedoch für das memorandum of association, das trotz seines in Sec. 8 CA 2006 gesetzlich vorgegebenen Inhalts bereits aufgrund der darin enthaltenen Angabe der Zeichner und der von ihnen übernommenen Anteile als individuelle Gründungsurkunde der Gesellschaft anzusehen sei.

22        bb) Dagegen ist aus Rechtsgründen nichts zu erinnern.

23        (1) Das Beschwerdegericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Eintragung der inländischen Zweigniederlassung einer ausländischen Gesellschaft den §§ 13d ff. HGB als lex fori unterliegt und die Beteiligte als private company limited by shares einer GmbH vergleichbar ist (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Mai 2007 - II ZB 7/06, BGHZ 172, 200 Rn. 6), so dass auf ihre Anmeldung § 13d, § 13e und § 13g HGB entsprechend anwendbar sind. Danach sind der Anmeldung u.a. gemäß § 13g Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 HGB der Gesellschaftsvertrag in öffentlich beglaubigter Abschrift und, sofern er nicht in deutscher Sprache erstellt ist, eine beglaubigte Übersetzung beizufügen.

24        (2) Nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts erfüllt das memorandum of association nach Sec. 8 CA 2006 in erster Linie die Funktion der Gründungsurkunde der Beteiligten und ist damit Teil ihres Gesellschaftsvertrags. An diese Feststellungen des Beschwerdegerichts, die das Bestehen und den Inhalt des englischen materiellen Rechts betreffen, ist das Rechtsbeschwerdegericht gebunden (§ 72 Abs. 3 FamFG, § 560 ZPO; vgl. BGH, Beschluss vom 4. Juli 2013 - V ZB 197/12, BGHZ 198, 14 Rn. 13 ff.). Eine auf eine rechtsfehlerhafte Ermittlung des englischen Rechts gestützte Verfahrensrüge hat die Beteiligte nicht erhoben. Ausgehend davon ist das memorandum of association der Beteiligten gemäß § 13g Abs. 2 Satz 1 HGB bei der Anmeldung in öffentlich beglaubigter Abschrift nebst beglaubigter Übersetzung vorzulegen.

25        (3) Dagegen macht die Beteiligte ohne Erfolg geltend, auch das memorandum of association komme einer ausländischen Rechtsvorschrift gleich, deren Vorlage in beglaubigter Abschrift nebst Übersetzung grundsätzlich nicht verlangt werden könne.

26        Die von der Beteiligten insoweit in Bezug genommene obergerichtliche Rechtsprechung (OLG Zweibrücken, GmbHR 2009, 147, 148; OLG Hamm, ZIP 2011, 867, 868) betrifft nicht das memorandum of association einer englischen Limited, sondern deren articles of association. Die dieser Rechtsprechung zugrundeliegenden Erwägungen sind auf das memorandum of association auch nicht übertragbar. Danach ist die Vorlage einer beglaubigten Abschrift der articles of association nebst beglaubigter Übersetzung entbehrlich, wenn sich die Gesellschaft für die vollständige Geltung der model articles of association entschieden hat, die in den Companies (Model Articles) Regulations 2008 für jeden Gesellschaftstyp gesetzlich normiert sind und die gemäß Sec. 20 CA 2006 subsidiär zur Anwendung kommen, wenn die Gesellschaft keine articles of association hat. Begründet wird dies damit, dass es sich bei den model articles of association um eine Mustersatzung handele, welche gesetzestechnisch dem englischen Gesellschaftsrecht vergleichbar einer Rechtsverordnung beigegeben sei und dispositives Recht enthalte, das materiell rechtlich eine den Bestimmungen im zweiten und dritten Abschnitt des GmbHG vergleichbare Kodifikation darstelle. Es handele sich somit um ausländische Rechtsvorschriften, die das Registergericht im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht selbst festzustellen habe (ebenso Krafka/Kühn, Registerrecht, 11. Aufl., Rn. 322b; Bayer in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 20. Aufl., Anh. zu § 4a Rn. 32 mwN; MünchHdbGesR VI/Kienle, 4. Aufl., § 21 Rn. 19; MünchHdbGesR VI/Süß, 4. Aufl., § 47 Rn. 189; Just/Müller, EWiR 2018, 269, 270; aA Mödl, RNotZ 2008, 1, 11 unter Verweis auf Wachter, ZNotP 2005, 122, 129).

27        Dem memorandum of association kommt indes kein vergleichbarer Rechtsnormcharakter zu. Die Beteiligte weist zwar zutreffend darauf hin, dass Inhalt und Form des memorandum of association durch Sec. 8 CA 2006 gesetzlich vorgeschrieben sind. Zutreffend ist auch, dass das vom Companies House gemäß den Companies (Registration) Regulations 2008 Nr. 3014 vorgegebene Muster der model articles als einzig individualisierende Angabe die Eintragung der Namen der Zeichner und ihre Unterschrift vorsieht. Das ändert aber nichts daran, dass es sich - wie das Beschwerdegericht zu Recht angenommen hat - immer noch um eine individuelle Erklärung der jeweiligen Zeichner über ihren Willen zur Gründung einer Gesellschaft handelt. Auch wenn der Inhalt dieser Erklärung standardisiert und formularmäßig vorgegeben ist, ist sie gleichwohl ohne die individuelle Ergänzung der Zeichner unvollständig und kann ihr kein abstrakt genereller Regelungsgehalt entnommen werden, der möglicherweise eine Gleichstellung mit einer ausländischen Rechtsvorschrift rechtfertigen könnte.

28        (4) Entgegen der Ansicht der Beteiligten ist die Vorlage einer beglaubigten Übersetzung des memorandum of association auch nicht deshalb entbehrlich, weil sie - die Beteiligte - und die Mitglieder des zuständigen Gerichts der englischen Sprache hinreichend mächtig sind. Die persönlichen Sprachkenntnisse der am Eintragungsverfahren unmittelbar Beteiligten sind im Hinblick auf die Publizitätsfunktion des Handelsregisters für die Übersetzungsverpflichtung nach § 13g Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 HGB nicht ausschlaggebend. Die Registerpublizität bezweckt den Schutz von Gläubigern und Rechtsverkehr u.a. dadurch, dass der inländische Geschäftsverkehr sich ein Bild von den wesentlichen Verhältnissen der Gesellschaft machen kann. Dafür ist die Übersetzung öffentlich einsehbarer Dokumente, die in ausländischer Sprache abgefasst sind, mithin auch des im öffentlich einsehbaren Registerordner aufgenommenen Gesellschaftsvertrags erforderlich.

29        (5) Die Verpflichtung zur Vorlage des memorandum of association in öffentlich beglaubigter Abschrift nebst beglaubigter Übersetzung verstößt entgegen der Ansicht der Beteiligten schließlich nicht gegen die Vorgaben der Richtlinie (EU) 2017/1132 des Europäischen Rates vom 14. Juni 2017 über bestimmte Aspekte des Gesellschaftsrechts (ABl. L 169 vom 30. Juni 2017, S. 46; im Folgenden: Gesellschaftsrechtsrichtlinie) betreffend die Offenlegung von Angaben und Urkunden von Zweigniederlassungen, die am 20. Juli 2017 in Kraft und an die Stelle der bisherigen Regelungen der Elften Richtlinie 89/666/EWG des Rates vom 21. Dezember 1989 über die Offenlegung von Zweigniederlassungen (ABl. L 395 vom 30. Dezember 1989, S. 36; im Folgenden: Zweigniederlassungsrichtlinie) getreten ist.

30        (a) Wie im Beschluss des Senats vom 16. Februar 2021 (ZIP 2021, 566 Rn. 8) bereits ausgeführt, gehört die Beteiligte nach dem Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union und dem Ablauf des im Austrittsabkommen vereinbarten Übergangszeitraums nicht mehr zu den Gesellschaften aus anderen Mitgliedstaaten im Sinne von Art. 29, sondern zu den Gesellschaften aus einem Drittstaat im Sinne von Art. 36 der Gesellschaftsrechtsrichtlinie, deren Offenlegungspflichten in Art. 37 ff. der Richtlinie geregelt sind. Nach Art. 37 Buchstabe e) der Gesellschaftsrechtsrichtlinie erstreckt sich diese Offenlegungspflicht u.a. mindestens auf den Errichtungsakt und, falls sie Gegenstand eines gesonderten Aktes ist, die Satzung sowie jede Änderung dieser Unterlagen. Nach Art. 21 Abs. 1 i.V.m. Art. 14 Buchstabe a) der Richtlinie sind der offenzulegende Errichtungsakt und, falls sie Gegenstand eines gesonderten Aktes ist, die Satzung in einer der Sprachen zu erstellen und zu hinterlegen, die nach der Sprachregelung des Mitgliedstaates, in dem die Akte angelegt wird, zulässig sind; zudem können die Mitgliedstaaten vorschreiben, dass die Übersetzung dieser Urkunden und Angaben zu beglaubigen ist.

31        (b) Danach kann hier auch die Offenlegung des memorandum of association der Beteiligten nebst beglaubigter Übersetzung in die deutsche Sprache verlangt werden, da es sich hierbei nach den oben genannten bindenden Feststellungen des Beschwerdegerichts um die Gründungsurkunde der Beteiligten, d.h. einen Teil ihres Gesellschaftsvertrags und damit auch einen Teil ihres Errichtungsakts im Sinn der Richtlinie handelt.

32        (c) Der weitere Einwand der Beteiligten, das Verlangen nach einer beglaubigten Übersetzung des memorandum of association verstoße als nicht mehr gerechtfertigte Behinderung der Niederlassungsfreiheit gegen die Gesellschaftsrechtsrichtlinie bzw. gegen Art. 49, 54 AEUV, weil der Inhalt des memorandum of association als behördlich vorgegebene Mustererklärung mit gesetzlich festgeschriebenem Inhalt, deren einzig individuelle Angabe im Namen der/s Zeichner/s bestehe, auch ohne Übersetzung unschwer zu verstehen sei, greift bereits deshalb nicht, weil die Beteiligte sich nicht mehr auf die Niederlassungsfreiheit berufen kann (BGH, Beschluss vom 16. Februar 2021 - II ZB 25/17, ZIP 2021, 566 Rn. 7 ff.).

33        c) Keinen Erfolg hat die Beschwerde der Beteiligten auch, soweit sie sich gegen Beanstandung der fehlenden Angabe des Stammkapitals gemäß § 13g Abs. 1, Abs. 3 HGB i.V.m. § 10 Abs. 1 GmbHG in Form des issued share capital wendet.

34        Anders als die Beteiligte meint, hat das Beschwerdegericht nach § 13g Abs. 1, Abs. 3 HGB i.V.m. § 10 Abs. 1 GmbHG nicht die Angabe des Nennwerts eines Gesellschaftsanteils bei der Anmeldung ihrer Zweigniederlassung verlangt, sondern die Angabe des sogenannten issued share capital, d.h. des von den Gesellschaftern gezeichneten Kapitals für erforderlich gehalten. Dagegen ist im Rechtsbeschwerdeverfahren nichts zu erinnern.

35        aa) Gemäß § 13g Abs. 1, Abs. 3 HGB i.V.m. § 10 Abs. 1 GmbHG ist bei der Eintragung der Errichtung der Zweigniederlassung einer ausländischen Gesellschaft mit beschränkter Haftung u.a. die Höhe des Stammkapitals der Gesellschaft anzugeben. Für die Beteiligte folgt daraus die Verpflichtung zur Angabe eines Kapitalbetrages, dessen Funktion nach englischem Recht derjenigen des Stammkapitals einer deutschen Gesellschaft mit beschränkter Haftung vergleichbar ist.

36        bb) Nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts kommt nach englischem Recht bei einer englischen Limited dem von den Gesellschaftern gezeichneten Kapital, d.h. dem issued share capital, eine dem Stammkapital einer deutschen Gesellschaft mit beschränkter Haftung entsprechende Funktion zu, weil dieses Kapital für die Haftung der Gesellschaft und die englischen Kapitalerhaltungsvorschriften allein maßgeblich sei. Diese Feststellung zum ausländischen Recht ist für das Rechtsbeschwerdegericht bindend (vgl. BGH, Beschluss vom 4. Juli 2013 - V ZB 197/12, BGHZ 198, 14 Rn. 13 ff.). Eine auf eine rechtsfehlerhafte Ermittlung des englischen Rechts gestützte Verfahrensrüge hat die Beteiligte insoweit nicht erhoben.

37        cc) Die Anforderung der Angabe des issued share capital ist mit den Offenlegungsvorschriften der Gesellschaftsrechtsrichtlinie für Zweigniederlassungen von Gesellschaften aus Drittstaaten vereinbar, da diese nach Art. 37 f) der Richtlinie bei der Anmeldung einer Zweigniederlassung u.a. „mindestens jährlich den Betrag des gezeichneten Kapitals“ anzugeben haben.

38        d) Ohne Erfolg wendet sich die Beteiligte schließlich dagegen, dass das Registergericht die fehlende Versicherung ihres directors über seine Belehrung gemäß § 13g Abs. 1, Abs. 2 Satz 2 HGB i.V.m. § 8 Abs. 3 GmbHG beanstandet hat.

39        aa) Nach § 13g Abs. 1, Abs. 2 Satz 2 HGB i.V.m. § 8 Abs. 3 GmbHG haben die Geschäftsführer der Gesellschaft bei der Anmeldung nicht nur zu versichern, dass keines der in § 8 Abs. 3 Satz 1 GmbHG genannten Bestellungshindernisse in ihrer Person besteht, sondern auch, dass sie über ihre unbeschränkte Auskunftspflicht gegenüber dem Gericht belehrt worden sind. Die Anmeldungserklärung der Beteiligten vom 12. März 2014 enthielt nur die Versicherung ihres directors über das Nichtbestehen von Bestellungshindernissen, nicht aber über seine Belehrung gemäß § 8 Abs. 3 GmbHG.

40        bb) Diese fehlende eigene Versicherung ihres directors ist entgegen der Ansicht der Beteiligten auch nicht dadurch entbehrlich geworden, dass ihre verfahrensbevollmächtigte Rechtsanwältin im Beschwerdeverfahren bestätigt hat, den director der Beteiligten entsprechend § 8 Abs. 3 GmbHG i.V.m. § 53 BZRG belehrt zu haben.

41        Auch wenn die Verfahrensbevollmächtigte der Beteiligten als Rechtsanwältin als Vertreterin eines vergleichbaren rechtsberatenden Berufs im Sinn von § 8 Abs. 3 Satz 2 GmbHG anzusehen sein sollte, reicht ihre Versicherung, die Belehrung vorgenommen zu haben, nicht aus. Nach § 8 Abs. 3 Satz 2 GmbHG bedarf es der persönlichen Erklärung des belehrten Geschäftsführers; die Versicherung der ihn belehrenden Person genügt danach nicht (vgl. Servatius in Baumbach/Hueck, GmbHG, 22. Aufl., § 8 Rn. 11; Bayer in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 20. Aufl., § 8 Rn. 16 mwN). Das ist auch im Hinblick auf die Strafbewehrung einer falschen Versicherung nach § 82 Abs. 1 Nr. 5 GmbHG folgerichtig.

42        Außerdem hat die Versicherung, belehrt worden zu sein, „in der Anmeldung“ zu erfolgen und unterliegt damit ebenfalls der Form des § 12 Abs. 1 Satz 1 HGB (vgl. OLG München, ZIP 2010, 1494 Rn. 8; Krafka/Kühn, Registerrecht, 11. Aufl., Rn. 963). Danach ist die Eintragungsanmeldung in öffentlich beglaubigter Form einzureichen. Auch diese Voraussetzung ist bei der Erklärung der Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten im Beschwerdeverfahren nicht erfüllt.

43        cc) Schließlich verstößt die Verpflichtung des directors der Beteiligten zur Versicherung einer Belehrung gemäß § 13g Abs. 1, Abs. 2 Satz 2 HGB i.V.m. § 8 Abs. 3 GmbHG nicht gegen Europarecht.

44        Hinsichtlich ihrer Vereinbarkeit mit den Vorgaben der Gesellschaftsrechtsrichtlinie kann offenbleiben, ob diese Verpflichtung zur Abgabe einer persönlichen Erklärung überhaupt vom Anwendungsbereich der Richtlinie erfasst wird. Der Generalanwalt beim Europäischen Gerichtshof hat dies in seinen Schlussanträgen vom 14. Oktober 2020 zu der diesbezüglichen Vorlagefrage des Senats - betreffend die Offenlegungspflichten von Gesellschaften aus Mitgliedstaaten der Europäischen Union - verneint (Rechtssache C-469/19, ABl. C, S. 328 = BeckRS 2020, 37167 Rn. 48 ff., 99 Nr. 1 - All in One Star Limited); der Europäische Gerichtshof hat darüber aufgrund der Aufhebung des Vorlage- und Aussetzungsbeschlusses durch den Senat nicht mehr entschieden.

45        Auch wenn man von der Anwendbarkeit der Gesellschaftsrechtsrichtlinie ausgeht, ist die Beanstandung des Registergerichts nicht richtlinienwidrig. Zwar enthält Art. 37 der Richtlinie keine ausdrückliche Regelung zur Abgabe einer Versicherung entsprechend § 13g Abs. 2 Satz 2 HGB i.V.m. § 8 Abs. 3 GmbHG bei der Anmeldung einer Zweigniederlassung von Gesellschaften aus Drittstaaten. Anders als Art. 30 der Richtlinie in Bezug auf die Vorgaben für Anmeldungen von Gesellschaften aus einem Mitgliedstaat („Die Pflicht zur Offenlegung … erstreckt sich lediglich auf …“) ist Art. 37 der Gesellschaftsrechtsrichtlinie jedoch nicht abschließend, sondern beschränkt sich bereits seinem Wortlaut nach ausdrücklich auf Mindestangaben („Die Pflicht zur Offenlegung … erstreckt sich mindestens auf …“; vgl. Otte-Gräbener, NZG 2019, 934, 936). Danach steht es den Mitgliedstaaten nach der Richtlinie grundsätzlich frei, bei Gesellschaften aus Drittstaaten über die in Art. 37 genannten Mindestangaben hinaus weitere Offenlegungsmaßnahmen vorzusehen.

46        Eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof zur Vorabentscheidung nach Art. 267 Abs. 3 AEUV ist nicht geboten, da diese Auslegung von Art. 37 der Gesellschaftsrechtsrichtlinie in Anbetracht des Wortlauts der Regelung derart offenkundig ist, dass keinerlei Raum für einen vernünftigen Zweifel daran besteht (acte clair; vgl. EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 - Rs. 283/81, Slg. 1982, 3415 Rn. 16 = NJW 1983, 1257, 1258, Rn. 13 f. - C.I.L.F.I.T.).

47        III. Da die Rechtsbeschwerde gegen die allein verfahrensgegenständliche Zwischenverfügung zurückzuweisen ist, hatte der Senat keine Veranlassung, darüber zu befinden, ob die übrigen Voraussetzungen für die begehrte Eintragung einer Zweigniederlassung einer britischen Limited nach dem Austritt des Vereinigten Königsreichs aus der Europäischen Union und dem Ablauf der im Austrittsabkommen vereinbarten Übergangsfrist noch vorliegen, und dazu die weder festgestellten noch den Akten zu entnehmenden tatsächlichen Verhältnisse der Beteiligten zu ermitteln.

 

 

 

 

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