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Wirtschaftsrecht
01.03.2012
Wirtschaftsrecht
BGH: Einziehung von Schadensersatzansprüchen durch Mietwagenunternehmen









BGH , Urteil  vom 31.01.2012- Aktenzeichen VI ZR 143/11
(Vorinstanz: AG Waiblingen vom
05.11.2010 - Aktenzeichen 8 C 1039/10; ) (Vorinstanz: LG Stuttgart
vom 13.04.2011 - Aktenzeichen 4 S
278/10; )


Amtliche Leitsätze:
a) Die Einziehung einer an ein Mietwagenunternehmen
abgetretenen Schadensersatzforderung des Geschädigten auf Erstattung von
Mietwagenkosten ist gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 RDG grundsätzlich erlaubt, wenn
allein die Höhe der Mietwagenkosten streitig ist.
b) Etwas anderes gilt, wenn die Haftung dem Grunde nach
oder die Haftungsquote streitig ist oder Schäden geltend gemacht werden, die in
keinem Zusammenhang mit der Haupttätigkeit stehen.

Amtliche Normenkette: RDG
§ 5 Abs. 1;






Tatbestand
 






Die Klägerin, eine Autovermietung, verlangt von dem beklagten
Kraftfahrzeughaftpflichtversicherer aus abgetretenem Recht der Geschädigten
Ersatz restlicher Mietwagenkosten nach einem Verkehrsunfall vom 4. November
2009. Die volle Einstandspflicht der Beklagten steht außer Streit.
RN 1






Die Geschädigte mietete bei der Klägerin für die Zeit des
schädigungsbedingten Ausfalls ihres Kraftfahrzeugs ein Ersatzfahrzeug an. In
diesem Zusammenhang unterzeichneten die Mietvertragsparteien am 5./9. November
2009 eine von der Klägerin vorformulierte Erklärung "Abtretung und
Zahlungsanweisung" mit folgendem Wortlaut:
RN 2






"Hiermit trete ich die Schadensersatzforderung auf Erstattung
der Mietwagenkosten gegen den Fahrer, Halter und deren/dessen
Haftpflichtversicherung aus dem oben genannten Schadensereignis erfüllungshalber
an die ... (Klägerin) ab.
 






Ich weise die Versicherung und gegebenenfalls den
regulierenden Rechtsanwalt an, den sich aus der Fahrzeuganmietung ergebenden
Schadensbetrag unmittelbar an die oben genannte Autovermietung zu zahlen und
bitte darum, die Zahlungsbereitschaft kurzfristig dorthin zu
bestätigen.
 






Durch diese Abtretung und Zahlungsanweisung werde ich nicht
von meiner Verpflichtung zur Zahlung der Mietwagenkosten befreit, wenn die
Versicherung nicht in angemessener Zeit/Höhe leistet. Zahlungen werden mit den
Ansprüchen der Geschädigten verrechnet."
 






Die Klägerin übersandte das Original ihrer Rechnung über einen
Betrag von 1.246,41 € an die Zedentin und eine Kopie an die Beklagte, die auf
den Rechnungsbetrag 575 € erstattete. Mit der Klage macht die Klägerin die
Differenz aus einem von ihr als berechtigt angenommenen Mindestbetrag von
1.147,40 € ("Normaltarif/Selbstzahlertarif" unter Heranziehung des
Schwacke-Mietpreisspiegels unter Hinzurechnung eines Zuschlages für
unfallbedingte Zusatzleistungen in Höhe von 262 €) und der gezahlten 575 €,
mithin 572,40 € zuzüglich Zinsen und vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten
geltend.
RN 3






Das Amtsgericht (AG Waiblingen, Urteil vom 5. November 2010 -
8
C 1039/10
, [...]) hat der Klage stattgegeben, das Berufungsgericht hat sie
auf die Berufung der Beklagten abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht
zugelassenen Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des
amtsgerichtlichen Urteils.
RN 4








Entscheidungsgründe
 






I.
 






Das Berufungsgericht, dessen Urteil in [...] veröffentlicht
ist (LG Stuttgart, Urteil vom 13. April 2011 - 4
S 278/10
), hat die Aktivlegitimation der Klägerin verneint, weil die
Abtretung gemäß § 134
BGB
wegen eines Verstoßes gegen §§ 1,
2, 3 und 5 RDG unwirksam sei. Die Abtretung sei auf eine Tätigkeit der Klägerin
gerichtet, die eine Rechtsdienstleistung im Sinne von § 2 Abs. 1 RDG darstelle.
Für die Erbringung einer fremden Angelegenheit spreche, dass die Forderung
lediglich erfüllungshalber abgetreten worden sei. Es sei schon in der
Abtretungserklärung angelegt gewesen, dass sich die Klägerin primär an den
Schädiger habe halten sollen, wodurch der geschädigten Kundin
Rechtsangelegenheiten abgenommen worden seien. Eine Nebenleistung im Sinne des §
5 Abs. 1 RDG liege nicht vor. Die Befassung mit höchst streitigen Einzelfragen
des Schadensersatzrechts gehöre nicht zum Berufs- und Tätigkeitsbild eines
Autovermieters, der die damit in Zusammenhang stehenden Rechtsfragen regelmäßig
nicht selbst beurteilen könne.
RN 5






II.
 






Die Beurteilung des Berufungsgerichts hält
revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand. Die Abtretung ist nicht nach § 134
BGB
wegen eines Verstoßes gegen §§ 1,
2, 3 und 5 RDG nichtig. Die von der Klägerin aufgrund der Abtretungsvereinbarung
ausgeübte Tätigkeit ist jedenfalls gemäß § 5 Abs. 1 RDG erlaubt.
RN 6






1. Es kann offenbleiben, ob es sich bei der Einziehung der an
die Klägerin erfüllungshalber abgetretenen Schadensersatzforderung der
Geschädigten - wie vom Berufungsgericht angenommen - um eine
Rechtsdienstleistung im Sinne des § 2 Abs. 1 RDG handelt oder - wie die Revision
meint - eine eigene Rechtsangelegenheit der Klägerin vorliegt. Auch wenn man vom
Vorliegen einer Rechtsdienstleistung ausgeht, ist diese jedenfalls nach § 5 Abs.
1 Satz 1 RDG erlaubt. Nach dieser Vorschrift sind Rechtsdienstleistungen im
Zusammenhang mit einer anderen Tätigkeit erlaubt, wenn sie als Nebenleistung zum
Berufs- oder Tätigkeitsbild des Handelnden gehören. Ob eine Nebenleistung
vorliegt, ist nach ihrem Inhalt, Umfang und sachlichen Zusammenhang mit der
Haupttätigkeit unter Berücksichtigung der Rechtskenntnisse zu beurteilen, die
für die Haupttätigkeit erforderlich sind (§ 5 Abs. 1 Satz 2 RDG). Danach sind im
Streitfall die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Satz 1 RDG erfüllt.
RN 7






a) Die Frage, ob die Einziehung erfüllungshalber abgetretener
Schadensersatzforderungen von Kunden zum Berufs- oder Tätigkeitsbild des
Autovermieters gehört, wird in Rechtsprechung und Schrifttum unterschiedlich
beurteilt. Nach der auch vom Berufungsgericht vertretenen Auffassung besteht das
Berufs- oder Tätigkeitsbild eines Mietwagenunternehmens in der Vermietung von
Kraftfahrzeugen und beinhaltet schon mangels ausreichender Rechtskenntnisse des
durchschnittlichen Autovermieters nicht die Befassung mit komplexen Rechtsfragen
des Schadensersatzrechts (vgl. LG Stuttgart, NZV 2011, 131, 132; LG Arnsberg,
Urteil vom 16. Februar 2011 - 5 S 82/10, [...] Rn. 16; LG Konstanz, NJOZ 2011,
1676, 1679 f.; AG Frankfurt am Main, SP 2009, 114 f.; Urteil vom 3. März 2011 -
29 C 74/11-46, [...] Rn. 14; AG Dortmund, SP 2010, 369; AG Stuttgart, Urteil vom
29. Juli 2010 - 44 C 198/10, [...] Rn. 43 f.; AG Mannheim, NJW-RR 2011, 323 f.;
AG Düsseldorf, SP 2011, 193; Römermann, NJW 2011, 3061, 3063). Eine andere
Auffassung verweist darauf, dass die Einziehung abgetretener Kundenforderungen
zu den üblichen Nebenleistungen von Mietwagenunternehmen gehöre und es durchaus
in einem sachlichen Zusammenhang zu der Vermietungstätigkeit stehe, wenn der
Autovermieter die Berechtigung der abgerechneten Mietwagenkosten der
gegnerischen Versicherung gegenüber nachweise; eine vertiefte rechtliche Prüfung
sei hierbei nicht anzustellen (vgl. etwa OLG Stuttgart, NZV 2011, 556, 557 f.;
LG Darmstadt, Urteil vom 2. Juni 2010 - 25 S 230/09, BeckRS 2011, 15284; LG
Köln, NJW 2011, 1457 f.; Urteil vom 4. Mai 2011 - 9 S 334/10, [...] Rn. 23; LG
Frankenthal, Urteil vom 12. Januar 2011 - 2 S 163/10, [...]; LG Stuttgart,
Urteil vom 13. Januar 2011 - 26 O 359/09, ADAJUR Dok.Nr. 94266; LG Aachen,
Urteil vom 27. Januar 2011 - 12 O 425/10, ADAJUR Dok.Nr. 94291; LG Düsseldorf,
MRW 3-2011, 13, 14; AG Waiblingen, Urteil vom 5. November 2010 - 8
C 1039/10
, [...] Rn. 29; AG Düsseldorf, Urteil vom 25. Februar 2011 - 30 C
5629/10, [...] Rn. 56; AG Crailsheim, Urteil vom 26. April 2011 - 3 C 582/10,
ADAJUR Dok.Nr. 93159; Eggert, Verkehrsrecht aktuell 2010, 168, 170; Eversloh,
Das neue Rechtsdienstleistungsgesetz, 2008, S. 46 f.; Weth in Henssler/Prütting,
Bundesrechtsanwaltsordnung,
3. Aufl., § 5
RDG Rn. 23; Kleine-Cosack, RDG, 2. Aufl., § 5 Rn. 65; DS 2009, 179, 183 f.;
Otting, Rechtsdienstleistungen, 2008, Rn. 256; MRW 2-2010, 2, 3; SVR 2011, 8, 10
f.). Einschränkend sieht eine dritte Meinung die Forderungseinziehung durch
Mietwagenunternehmen nur dann als erlaubte Nebenleistung an, wenn allein die
Höhe der Mietwagenkosten im Streit steht, wegen der darüber hinausgehenden
Komplexität der Rechtslage hingegen nicht, wenn die Haftung dem Grunde nach bzw.
die Haftungsquote streitig ist oder Schäden geltend gemacht werden, die in
keinem Zusammenhang mit der Haupttätigkeit stehen, wie z.B.
Schmerzensgeldansprüche (vgl. LG Stuttgart, Urteil vom 13. Januar 2011 - 26 O
359/09, aaO; H. Dreyer/T. Müller in Dreyer/Lamm/Müller, RDG, 2009, § 5 Rn. 38;
Finzel, KommRDG, 2008, § 5 Rn. 6 f.; Krenzler/Krenzler,
Rechtsdienstleistungsgesetz, 2010, § 5 Rn. 70 f.; Unseld/Degen,
Rechtsdienstleistungsgesetz, 2009, § 5 Rn. 37 f.; Buschbell/Buschbell, MAH
Straßenverkehrsrecht, 3. Aufl., § 38 Rn. 15 f.; Franz in 44. VGT 2006, S. 197,
201; Das neue Rechtsdienstleistungsgesetz, 2008, S. 26; Sabel in
Kilian/Sabel/vom Stein, Das neue Rechtsdienstleistungsrecht, 2008, § 7 Rn. 232
ff.; NZV 2006, 6, 10 f.; Henssler/ Deckenbrock, DB 2008, 41, 43; Richter, SVR
2011, 70).
RN 8






b) Die letztgenannte Auffassung ist richtig und führt im
Streitfall dazu, dass eine erlaubte Tätigkeit der Klägerin vorliegt. Dies
entspricht dem im Gesetzgebungsverfahren zum Ausdruck gekommenen Willen des
Gesetzgebers und den Interessen der Beteiligten.
RN 9






aa) Nach der früheren Rechtslage war eine rechtsberatende
Tätigkeit gemäß Art. 1
§ 5
Nr. 1 RBerG
zulässig, wenn kaufmännische oder sonstige gewerbliche Unternehmer für ihre
Kunden rechtliche Angelegenheiten erledigten, die mit einem Geschäft ihres
Gewerbebetriebs in unmittelbarem Zusammenhang standen. Zu dieser Vorschrift hat
der Senat entschieden, dass ihre Voraussetzungen bei einem gewerblichen
Kraftfahrzeugvermieter nicht vorliegen, weil es seine Berufstätigkeit nicht
erfordert, sich geschäftsmäßig mit der Regulierung von Schadensfällen seiner
Kunden zu befassen, und deshalb kein unmittelbarer Zusammenhang mit dem
Hauptberuf gegeben ist (Senatsurteile vom 18. April 1967 - VI ZR 188/65, BGHZ
47, 364,
368 und vom 26. April 1994 - VI
ZR 305/93
, VersR 1994, 950,
952). Bereits im Senatsurteil vom 26. April 1994 (VI
ZR 305/93
, aaO) hat der Senat allerdings darauf hingewiesen, dass ein
solches Vorgehen branchenüblich geworden sei und von den Kfz-Vermietern sogar
erwartet werde, dass sie unmittelbar mit dem Haftpflichtversicherer des
Schädigers abrechneten und ihm gegenüber die Ansprüche des Geschädigten
verfolgten und durchsetzten. Für die Einschaltung des Kfz-Vermieters in die
Verfolgung und Durchsetzung der Schadensersatzansprüche eines durch einen
Verkehrsunfall Geschädigten gegenüber dem Haftpflichtversicherer des Schädigers
spreche ein starkes praktisches Bedürfnis. Die Bindung des Richters an das
Gesetz lasse es aber nicht zu, diesem Bedürfnis durch eine die gesetzgeberische
Regelung "überholende" richterliche Gesetzesauslegung Rechnung zu tragen. Es
müsse vielmehr dem Gesetzgeber überlassen bleiben, die Notwendigkeit einer
Gesetzesänderung zu überprüfen und gegebenenfalls das Gesetz zu
ändern.
RN 10






bb) Der Gesetzgeber hat diese Erwägungen in § 5 RDG
aufgegriffen, der als zentrale Erlaubnisnorm für alle wirtschaftlich tätigen
Unternehmen den verfassungsrechtlichen Vorgaben entsprechend den Weg für eine
neue, weitere Auslegung der zulässigen Nebentätigkeit durch die Rechtsprechung
eröffnen sollte. Zwar sind auch nach jetzt geltendem Recht
Rechtsdienstleistungen nur erlaubt, wenn es sich um eine Nebenleistung handelt
und diese zum Berufsund Tätigkeitsbild des Unternehmens gehört (§ 5 Abs. 1 Satz
1 RDG). Im Vordergrund muss also die allgemeine, nicht rechtliche Dienstleistung
stehen; die Rechtsdienstleistung darf nicht ein solches Gewicht haben, dass für
sie die volle Kompetenz eines Rechtsanwalts oder die besondere Sachkunde einer
registrierten Person (vgl. §§ 10
ff. RDG) erforderlich ist. Anders als nach Art. 1
§ 5
RBerG
erfordert die Zulässigkeit rechtsdienstleistender Nebenleistungen nach § 5 Abs.
1 RDG aber nicht mehr einen unmittelbaren, unlösbaren Zusammenhang mit der
beruflichen Tätigkeit, sondern setzt lediglich voraus, dass die
Rechtsdienstleistungen zu der jeweiligen Haupttätigkeit gehören. Entscheidend
ist, ob ein sachlicher Zusammenhang zwischen Haupt- und Nebenleistung besteht
(vgl. Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Rechtsberatungsrechts,
BR-Drucks. 623/06, S. 106 ff. = BT-Drucks. 16/3655, S. 51 ff.).
RN 11






cc) Nach diesen Grundsätzen soll nach dem Entwurf zum
Rechtsdienstleistungsgesetz die Einziehung von Kundenforderungen, die einem
Unternehmer, Arzt oder einer Werkstatt erfüllungshalber abgetreten wurden,
grundsätzlich erlaubt sein, auch wenn sie eine rechtliche Prüfung erfordert,
weil die Rechtsdienstleistung - die Einziehung der eigenen Vergütungsansprüche
gegenüber einem Dritten - besonders eng mit der eigentlichen, den
Vergütungsanspruch auslösenden Haupttätigkeit verbunden ist. Als ein
Anwendungsfall der als Nebenleistung zulässigen Inkassotätigkeit wird der
Bereich der Unfallschadenregulierung, etwa bei der Geltendmachung von
Mietwagenkosten, genannt, wobei häufig Streit über die Höhe der
Mietwagenrechnung entstehe, insbesondere bei Zugrundelegung eines so genannten
Unfallersatztarifs. Gerade die in einem Streitfall erforderliche Rechtfertigung
der eigenen Leistung durch den Unternehmer belege die in § 5 Abs. 1 RDG
geforderte Zugehörigkeit zu dessen eigentlicher Hauptleistung. Soweit die
Rechtsprechung unter Geltung des Art. 1
§ 5
RBerG
ganz überwiegend daran festhalte, dass die Einziehung abgetretener
Kundenforderungen durch den gewerblichen Unternehmer nur dann zulässig sei, wenn
es diesem wesentlich darum gehe, die ihm durch die Abtretung eingeräumte
Sicherheit zu verwirklichen, solle dies künftig nicht mehr gelten (BR-Drucks.
623/06, S. 110 = BT-Drucks. 16/3655, S. 53).
RN 12






Allerdings hat der Regierungsentwurf hinsichtlich der
Einziehung von Kundenforderungen durch Autovermieter danach differenziert, ob
die betroffene Forderung dem Grunde oder lediglich der Höhe nach im Streit
steht. Die Regulierung dem Grunde nach streitiger Schadensfälle soll keine nach
§ 5 Abs. 1 RDG zulässige Nebenleistung der Vermietung eines Kraftfahrzeugs sein,
weil die Klärung der Verschuldensfrage für den Unfallgeschädigten von
essentieller Bedeutung sei. Zudem gehöre die rechtliche Beurteilung von
Verkehrsunfällen nicht zum Berufsbild des Mietwagenunternehmers, so dass es auch
an dem erforderlichen Zusammenhang mit der eigentlichen Hauptleistung fehle.
Soweit ein Mietwagenunternehmen dem Unfallgeschädigten dagegen bei unstreitigem
Haftungsgrund Hinweise zur Erstattungsfähigkeit der durch seine Beauftragung
entstandenen Kosten erteile, soll die rechtliche Beratung des Unfallgeschädigten
nach § 5 Abs. 1 RDG zulässig sein (BR-Drucks. 623/06, S. 96 = BT-Drucks.
16/3655, S. 47).
RN 13






dd) Diese Erwägungen sind bei der Auslegung der Norm zu
berücksichtigen. Sie finden Niederschlag im Wortlaut des § 5 Abs. 1 RDG. Eine
andere Bewertung ist entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht deshalb
geboten, weil der im Regierungsentwurf des § 5 Abs. 1 Satz 1 RDG nach den Worten
"zum Berufs- oder Tätigkeitsbild" enthaltene Satzteil "oder zur vollständigen
Erfüllung der mit der Haupttätigkeit verbundenen gesetzlichen oder vertraglichen
Pflichten" im Gesetzgebungsverfahren auf Empfehlung des Rechtsausschusses
gestrichen worden ist. Nach der Begründung der Beschlussempfehlung diente diese
Änderung lediglich dazu, den Nebenleistungstatbestand zu straffen und
möglicherweise unklare Tatbestandselemente zu vermeiden. Durch die Streichung
der entbehrlichen Tatbestandselemente werde eine ausufernde Auslegung der
Vorschrift, wonach rechtsdienstleistende Nebenpflichten von den Vertragsparteien
willkürlich und ohne Zusammenhang mit der eigentlichen Haupttätigkeit vereinbart
werden könnten, ausgeschlossen (BT-Drucks. 16/6634, S. 51). Durch die Änderung
des Gesetzeswortlauts sind demnach nicht - wie das Berufungsgericht meint - die
Anforderungen an erlaubnisfreie Rechtsdienstleistungen verschärft worden,
sondern es sollte lediglich verhindert werden, dass die gesetzliche
Erlaubnispflicht disponibel wird, indem die Möglichkeit besteht, eine an sich
erlaubnispflichtige Rechtsdienstleistung als - dann erlaubnisfreie -
Nebenleistung zu vereinbaren (vgl. Henssler/Deckenbrock, aaO; Otting, MRW
1-2011, 3 f.).
RN 14






ee) Nachdem im Streitfall die Haftung der Beklagten dem Grunde
nach von Anfang an unstreitig war und die Beklagte die Mietwagenrechnung nach
Übersendung einer Kopie der Rechnung durch die Klägerin teilweise erstattete und
die geltend gemachte Forderung allein ihrer Höhe wegen angreift, liegt eine
Fallgestaltung vor, in welcher der Forderungseinzug durch das
Mietwagenunternehmen als Nebenleistung zum Berufs- oder Tätigkeitsbild der
Klägerin gehört und auch bei Annahme einer Rechtsdienstleistung im Sinne des § 2
Abs. 1 RDG jedenfalls gemäß § 5 Abs. 1 RDG grundsätzlich erlaubt ist. Dies
entspricht auch den Interessen der Beteiligten. Die an der Anmietung eines
Unfallersatzfahrzeugs interessierten Unfallgeschädigten gehen für den Vermieter
erkennbar davon aus, dass die Mietwagenkosten von dem gegnerischen
Haftpflichtversicherer, der ihnen gegenüber dem Grunde nach zu deren Übernahme
verpflichtet ist, erstattet werden und sie mit der Schadensregulierung in keinem
größeren Umfang behelligt werden, als unbedingt notwendig (vgl. BGH, Urteil vom
25. März 2009 - XII
ZR 117/07
, VersR 2009, 1243
Rn. 14; OLG Stuttgart, aaO). Demzufolge sind Direktabrechnungen von
Autovermietern mit dem gegnerischen Haftpflichtversicherer weit verbreitet
(Senatsurteil vom 26. April 1994 - VI
ZR 305/93
, aaO; OLG Stuttgart, aaO; Otting, SVR 2011, 8, 10). Damit liegt es
auch im Interesse des Vermieters, seine Tarife so zu gestalten, dass sie
einerseits dem eigenen Gewinnmaximierungsinteresse entsprechen, andererseits in
der Abrechnung mit dem Haftpflichtversicherer durchgesetzt werden können. Dieses
Interesse wird dadurch verstärkt, dass bei Anmietung eines Ersatzfahrzeugs nach
einem Unfall eine Aufklärungspflicht des Vermieters über mögliche
Regulierungsschwierigkeiten mit dem gegnerischen Haftpflichtversicherer bestehen
kann und dem Vermieter bei Verletzung der Aufklärungspflicht gegenüber dem
Geschädigten unter Umständen nur der Betrag zusteht, der in einem Rechtsstreit
mit dem Haftpflichtversicherer als nach § 249
Abs. 2
BGB
erforderlich angesehen wird (vgl. BGH, Urteil vom 25. März 2009 - XII
ZR 117/07
, aaO, Rn. 13 ff. mwN).
RN 15






Schon im Hinblick darauf muss sich der Autovermieter -auch
rechtliche -Kenntnisse hinsichtlich der Erstattungsfähigkeit von Rechnungen
aneignen, wenn es sich um die Anmietung eines Ersatzfahrzeugs nach einem Unfall
handelt. Es ist - auch im Streitfall - nicht ersichtlich, dass sich dann bei der
nach einer Abtretung erfolgten Geltendmachung einer dem Grunde nach unstreitigen
Forderung regelmäßig komplexe juristische Fragen stellten, die darüber
hinausgehende Rechtskenntnisse erforderten. Die Höhe des Mietpreises ist nach §
287
ZPO
von dem insoweit besonders frei gestellten Tatrichter zu schätzen, der dabei auf
regelmäßig zu Grunde gelegte Listen oder Tabellen zurückgreifen kann (vgl.
Senatsurteil vom 12. April 2011 - VI
ZR 300/09
, VersR 2011, 769 Rn. 16 ff. mwN).
RN 16






Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung ist die
Einziehung der Forderung auch nicht nach § 4 RDG unzulässig. Nach § 4 RDG dürfen
Rechtsdienstleistungen, die unmittelbaren Einfluss auf die Erfüllung einer
anderen Leistungspflicht haben können, nicht erbracht werden, wenn hierdurch die
ordnungsgemäße Erbringung der Rechtsdienstleistung gefährdet wird. Eine solche
Gefährdung besteht bei der hier vorliegenden Einziehung einer Forderung nicht
(vgl. Otting SVR 2011, 8, 12).
RN 17






2. Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung ist die
Abtretung auch nicht aus anderen Gründen unwirksam. Eine Abtretung ist nur
wirksam, wenn die Forderung, die Gegenstand der Abtretung ist, bestimmt oder
wenigstens bestimmbar ist (vgl. Senatsurteil vom 7. Juni 2011 - VI
ZR 260/10
, VersR 2011, 1008 Rn. 6 mwN). Dies ist der Fall, weil nur die
Schadensersatzansprüche auf Erstattung der Mietwagenkosten nach dem konkret
benannten Schadensereignis abgetreten wurden und für die Klägerin auch
hinreichend deutlich ist, unter welchen Umständen sie durch die Abtretung nicht
von einer Verpflichtung zur Zahlung befreit wird. Eine Bezifferung des
Schadensersatzanspruchs war im Zeitpunkt der Abtretungserklärung weder möglich
noch erforderlich. Die - nach § 5 Abs. 1 Satz 1 RDG erlaubte - Geschäftspraxis
der Klägerin weicht auch nicht von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen
Regelung ab (§ 307
Abs. 2
Nr. 1
BGB).
RN 18






3. Da die Abtretung mithin wirksam ist, ist das
Berufungsurteil aufzuheben (§ 562
Abs. 1
ZPO).
Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, weil es -nach seiner
rechtlichen Bewertung folgerichtig -keine Feststellungen zur von der Beklagten
bestrittenen Anspruchshöhe getroffen hat (§ 563
Abs. 1
Satz 1 ZPO).
RN 19
 

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