LG Dortmund: Einziehung eines GmbH-Anteils ohne Regelung zur Übereinstimmung der Summe der Beträge aller Geschäftsanteile mit dem Stammkapital
LG Dortmund, Urteil vom 1.3.2012 - 13 O 47/11
Leitsatz (des Kommentators):
Der Beschluss über die Einziehung von GmbH-Geschäftsanteilen ist nicht nichtig, wenn es zu einem Auseinanderfallen von Stammkapital und Summe der Nennbeträge der verbleibenden Gesellschafter kommt. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Gesellschafter rund zwei Monate später die Aufstockung der verbleibenden Geschäftsanteile in Höhe des Stammkapitals beschließen.
GmbHG §§ 5 Abs. 3 S. 2, 34
Aus den Gründen
... Nur bei Beschlüssen, die mit dem Wesen der GmbH unvereinbar sind und bei inhaltlichen Verstößen gegen die guten Sitten oder gläubigerschützende oder sonst im öffentlichen Interesse liegende Vorschriften kommt es zur Nichtigkeit entsprechend § 241 Nr. 3, Nr. 4 AktG. Für die Annahme eines Sittenverstoßes trägt die Klägerin nichts vor. Sie beruft sich für eine Nichtigkeit nach § 241 Nr. 3 AktG analog auch nur im Hinblick auf den Beschluss betreffend die Einziehung ihres Gesellschaftsanteils auf einen Verstoß gegen § 5 Abs. 3 GmbHG. Diese Vorschrift liegt im öffentlichen Interesse. Ein Verstoß hiergegen liegt aber nicht vor. Das Gericht geht wie das Oberlandesgericht Saarbrücken davon aus, dass sich aus dem neuformulierten Wortlaut des § 5 Abs. 3 S. 3 GmbHG und den Materialien zur Begründung dieser Neuformulierung kein Verbot ergibt für eine getrennte Beschlussfassung über die Einziehung des Geschäftsanteils und die erforderliche Regelung zur Behebung des sich dabei ergebenden Auseinanderfallens von Stammkapital und Nennbeträgen der Geschäftsanteile. § 5 Abs. 3 S. 3 GmbHG gilt für die Gründungsphase der Gesellschaft. Die Vorschrift kann ohne entsprechenden Verweis keine allgemeine Gültigkeit auch im Hinblick auf die spätere Entwicklung der Geschäftsanteile beanspruchen. Einen solchen Verweis enthält die gesetzliche Regelung zur Einziehung von Gesellschaftsanteilen in § 34 GmbHG aber nicht. Die Entscheidung darüber, wie eine Divergenz zwischen Stammkapital und Summe der Stammeinlagen behoben werden soll, ist zudem allein den Gesellschaftern vorbehalten. Zumindest dann, wenn wie hier durch die Satzung den verbleibenden Gesellschaftern dafür eine bestimmte Kapitalmaßnahme schon vorgegeben wird, ist nicht ersichtlich, weshalb dieser Beschluss mit dem Entziehungsbeschluss zugleich ergehen muss. Er kann auch im Nachgang getroffen werden.
Der Einziehungsbeschluss ist auch nicht entsprechend § 241 Nr. 3 AktG nichtig, weil bereits bei Beschlussfassung feststeht, dass das Einziehungsentgelt nicht aus freiem Vermögen der Gesellschaft geleistet werden kann. Dies wird von der Klägerin nicht dargetan und ist auch nicht ersichtlich. Die Frage, in welcher Höhe ein Einziehungsentgelt der Klägerin zusteht, ist zwischen den Parteien umstritten. Es wird aber von keiner der Parteien behauptet, dass bereits bei Beschlussfassung im März 2011 feststand, dass die Abfindung nicht aus freiem Vermögen der Gesellschaft geleistet werden kann ...