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Wirtschaftsrecht
30.01.2008
Wirtschaftsrecht
: Eintragung von Zweigniederlassungen ausländischer Gesellschaften

OLG Schleswig, Beschluss vom 11.7.2007 - 2 W 143/07

Leitsatz:

Für die Eintragung einer weiteren Zweigniederlassung einer GmbH mit Sitz im Ausland ist das Registergericht am Sitz der Zweigniederlassung zuständig, nicht das Gericht, bei dem die erste Zweigniederlassung eingetragen ist.

sachverhalt: Die Betroffene ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit Sitz in England, es handelt sich um eine „private limited company".

Am 14.07.2005 beantragte die Betroffene bei dem Amtsgericht Charlottenburg die Eintragung einer in Berlin ansässigen Zweigniederlassung. Die beantragte Eintragung wurde von dem Amtsgericht Charlottenburg am 18.08.2005 verfügt.

Am 20.09.2006 hat die Betroffenen bei dem Amtsgericht Lübeck die Eintragung einer weiteren Zweigniederlassung beantragt, deren Geschäftsräume sich in Eutin befinden sollten.

Mit zwei Zwischenverfügungen vom 27.10.2006 und 07.12.2006 hat das Amtsgericht auf seiner Auffassung nach bestehende diverse Eintragungshindernisse hingewiesen und die Betroffene mit deren Behebung beauflagt. Die Beanstandungen sind von der Betroffenen teilweise behoben worden.

Mit Verfügung vom 02.01.2007 hat das Amtsgericht Lübeck folgenden Hinweis erteilt:

„In pp. bestehen im Hinblick auf die Änderung der Eintragungen von Zweigniederlassungen Bedenken gegen die Eintragung einer weiteren Zweigniederlassung in einem besonderen Register.

Da bereits eine Eintragung der Zweigniederlassung der ausländischen Gesellschaft in Deutschland besteht, dürfte die Gründung einer weiteren Zweigniederlassung jetzt auch auf dem dortigen Blatt einzutragen sein, da die Eintragung der ausländischen Zweigniederlassung registerrechtlich als Eintragung der Hauptniederlassung behandelt wird."

Am 26.02.2007 hat die Betroffene daraufhin mitgeteilt, sie werde eine entsprechende Eintragung veranlassen.

Mit Schriftsatz vom 21.03.2007 hat die Betroffene das Amtsgericht Lübeck gebeten „entsprechend dem amtsgerichtlichen Schreiben vom 02.01.2007" die Abgabe an das Registergericht der Hauptniederlassung - Amtsgericht Charlottenburg - zum dortigen Aktenzeichen zu veranlassen.

Daraufhin hat das Amtsgericht Lübeck dem Amtsgericht Charlottenburg die Registerakte übersandt.

Mit Verfügung vom 26.04.2007 hat das Amtsgericht Charlottenburg darauf hingewiesen, dass eine Eintragung einer weiteren Zweigniederlassung der ausländischen Gesellschaft bei dem Registergericht am Sitz der Zweigniederlassung zu erfolgen habe und hat die Akte dem Amtsgericht Lübeck zurückgesandt.

Das Amtsgericht Lübeck hat die Akte dem Amtsgericht Charlottenburg erneut mit den Bemerken übersandt, eine Zuständigkeit des Amtsgerichts Lübeck liege nicht vor, „da der Antrag auf Eintragung einer weiteren Zweigniederlassung ausdrücklich an das dortige Gericht gerichtet ist".

Das Amtsgericht Charlottenburg hat die Sache daraufhin mit Verfügung vom 22.06.2007 im Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgericht in Schleswig zur Bestimmung der Zuständigkeit nach § 5 FGG vorgelegt.

aus den gründen:

Die Vorlage ist zulässig.

Das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht ist gemäß § 5 FGG zuständig, da es dasjenige Oberlandesgericht ist, zu dessen Bezirk das Amtsgericht Lübeck, das zuerst mit dem jetzt zu bescheidenden Eintragungsantrag befasst war, gehört.

Als zuständiges Gericht war das Amtsgericht Lübeck zu bestimmen.

Die Zuständigkeit des Amtsgerichts Lübeck ergibt sich aus § 13 d Abs. 1 HGB.

Nach dieser Vorschrift haben, wenn sich die Hauptniederlassung eines Einzelkaufmanns, einer juristischen Person oder der Sitz einer Handelsgesellschaft im Ausland befinden, alle eine inländische Zweigniederlassung betreffenden Anmeldungen, Einreichungen und Eintragungen bei dem Gericht zu erfolgen, in dessen Bezirk die Zweigniederlassung besteht. Bestehen mehrere Zweigniederlassungen einer ausländischen Gesellschaft ist jedes der Gerichte international und örtlich für die in seinem Bezirk gelegene Zweigniederlassung zuständig (vgl. Ebenroth/Boujong/Joost, HGB, § 13d Rz. 15).

Die Auffassung des Amtsgerichts Lübeck, die ersteingetragene Zweigniederlassung sei als „Hauptniederlassung" zu behandeln, und infolge dessen sei - möglicherweise in einer entsprechenden Anwendung des § 13 Abs. 1 HGB - die Eintragung einer weiteren Zweigniederlassung im Register der ersteingetragenen Zweigniederlassung vorzunehmen, geht fehlt. Soweit in Rechtsprechung und Literatur ausgeführt wird, dass die Zweigniederlassung „im übrigen wie eine Hauptniederlassung zu behandeln sei" (vgl. z.B. Baumbach/Hopt, HGB, 32. Aufl. § 13d Rz. 5) bezieht sich dies auf die Vorschrift des § 13d Abs.3 HGB und die dort genannten Prozeduren (Anmeldungen, Eintragungen, Zeichnungen etc.), nicht aber auf die Eintragung einer weiteren Zweigniederlassung. Für diese gilt vielmehr § 13d Abs.1 HGB mit einer Modifikation in der ergänzenden Vorschrift des § 13e Abs. 5 Satz 1 HGB, der bestimmt, dass, wenn eine Gesellschaft - erfasst wird dabei gemäß § 13e Abs. 1 HGB auch die Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit Sitz im Ausland - mehrere inländische Zweigniederlassungen errichtet, die Satzung oder der Gesellschaftsvertrag sowie Änderungen nach Wahl der Gesellschaft nur zum Handelsregister einer dieser Zweigniederlassungen eingereicht werden. Dies aber setzt voraus, dass es für jede Zweigniederlassung ein eigenes Handelsregister - nämlich das Handelsregister an deren jeweiligem Sitz - geben muss, sonst ergäbe diese Vorschrift keinen Sinn. Dabei ist zu beachten, dass es sich bei § 13e Abs. 5 HGB um eine Verfahrenserleichterung für die im Ausland ansässige Gesellschaft handeln soll. Die Vorschrift ist in Verbindung mit den die Hinterlegung der Satzung und ihren Änderungen betreffenden Bestimmungen in den §§ 13f Abs. 1, 2 Satz 1, 5; 13g Abs. 1, 2 Satz 1, 5 HGB zu lesen und enthält damit eine Optionsmöglichkeit zugunsten eines von mehreren Handelsregistern. Ob die Gesellschaft von der Optionsmöglichkeit Gebrauch macht, steht in ihrem Belieben, es besteht keine Verpflichtung, das Wahlrecht auszuüben und ein „Hauptregister" zu bestimmen. Erfasst werden von der Ausübung des Optionsrechts auch nur die Einreichung der Satzung und ihre Änderungen, im Übrigen bleiben die Anmeldepflichten, die bei der Existenz mehrerer Zweigniederlassungen gegenüber jedem Gericht der Zweigniederlassung bestehen, unberührt (vgl. Ebenroth/Boujong/Joost, HGB, § 13e Rz. 83). Eine Eintragung jeder weiteren Zweigniederlassung in dem Register der ersten Zweigniederlassung kommt infolgedessen nicht in Betracht.

Zu Recht hat sich deshalb die Betroffene mit ihrem Eintragungsantrag vom 20.09.2006 an das Amtsgericht Lübeck gewandt. Dieses ist für die Eintragung der in Eutin gelegenen Zweigniederlassung der Betroffenen nach § 13d Abs.1 HGB örtlich zuständig. Hierauf hat das Amtsgericht Charlottenburg mit Verfügung vom 26.04.2007 zutreffend hingewiesen. Die zuletzt geäußerte Auffassung des Amtsgerichts Lübeck, seine Zuständigkeit sei nicht gegeben, da sich der Antrag auf Eintragung einer weiteren Zweigniederlassung an das Amtsgericht Charlottenburg gerichtet habe, kann der Senat nicht nachvollziehen. Eindeutig hatte sich die Betroffene zunächst an das Amtsgericht Lübeck gewandt. Erst nachdem dieses seine (unzutreffende) Rechtsauffassung vom 02.01.2007 verlautbart hatte, hat die Betroffene die Abgabe der Sache an das Amtsgericht Charlottenburg beantragt. Dieser auf einem falschen gerichtlichen Hinweis fußende Abgabeantrag entzieht dem Senat nicht die Möglichkeit, nach § 5 FGG die Zuständigkeit des Amtsgerichts Lübeck zu bestimmen.

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