OLG Karlsruhe: Eintragung einer Sitzverlegung im Vereinsregister
OLG Karlsruhe, Beschluss vom 16.10.2013 - 11 Wx 39/13
Orientierungssatz
Bei der Eintragung einer Sitzverlegung im Vereinsregister stellt es kein Eintragungshindernis dar, dass der satzungsändernde Beschluss zur Sitzverlegung nicht auch zugleich das neu zuständige Registergericht nennt, es genügt, wenn aus der Satzung gem. § 57 Abs. 1 BGB deutlich wird, dass der Verein eingetragen werden soll oder eingetragen ist.
§ 57 Abs 1 BGB, § 59 BGB, § 60 BGB, § 71 BGB
Sachverhalt
I.
Der beschwerdeführende Verein hatte bisher seinen Sitz in R.. Demgemäß lautete die Satzung in der Fassung vom 04.09.2010 wie folgt:
„§ 1 Name, Sitz und Geschäftsjahr:
(1) Der Verein führt den Namen „Deutsche Gesellschaft für H.". Er trägt den Zusatz „e.V." und ist beim Amtsgericht Rheinbach unter der Nr. (...) in das Vereinsregister eingetragen. Im Folgenden wird der Verein als „Gesellschaft" bezeichnet.
(2) Die Gesellschaft hat ihren Sitz in R..
(3) ......"
Seit 01.02.2009 ist als Registergericht des Bezirks des Amtsgerichts Rheinbach das Amtsgericht Bonn zuständig.
Auf der Mitgliederversammlung am 22.09.2012 ist nach TOP 9 des Protokolls eine Satzungsänderung beschlossen worden, wonach die Gesellschaft ihren Sitz in Mannheim hat.
§ 1 (2) der Satzung lautet nach diesem Beschluss wie folgt:
„Die Gesellschaft hat ihren Sitz in Mannheim."
Der Präsident des Vereins und der Schatzmeister meldeten diese Satzungsänderung sowie eine Veränderung des Vorstands zur Eintragung in das Vereinsregister beim Amtsgericht Bonn an. Dieses hat mit Schreiben vom 10.01.2013 die Anmeldung nebst Unterlagen gemäß § 6 VRV dem Amtsgericht Mannheim zur weiteren Bearbeitung übersandt.
Das Amtsgericht Mannheim -Registergericht- hat mit Verfügung vom 24.01.2013 den Antragsteller auf folgendes Eintragungshindernis hingewiesen:
„In der Mitgliederversammlung wurde § 1 Abs. 2 (Sitz) verlegt. Durch die Sitzverlegung ändert sich jedoch auch das Vereinsregister und die Registernummer. Die Bestimmungen in § 1 Abs. 1 sind demnach nicht korrekt und mögen durch Satzungsänderungsbeschluss der Mitgliederversammlung geändert werden (z.B. „... und ist beim Amtsgericht Mannheim im Vereinsregister eingetragen.").
Zur Erledigung wurde eine 4-wöchige Frist ab Zugang des Schreibens gesetzt.
Der Antragsteller ist der Rechtsauffassung des Registergerichts entgegengetreten.
Das Registergericht hat darauf mit Zwischenverfügung vom 27.03.2013 seine Rechtsansicht zum Bestehen eines Eintragungshindernisses erneut dargelegt. Es widersprächen sich Abs. 1 und Abs. 2 des § 1 der Satzung konkret. Zudem sei § 1 Abs. 1 nach Wirksamwerden der Satzungsänderung -Eintragung im Vereinsregister Mannheim- inhaltlich falsch. § 1 der Satzung sei keine vereinsinterne Regelung und unterliege somit auch bei schwerwiegenden Mängeln der Prüfungspflicht des Gerichts. Das Amtsgericht hat eine neue 4-wöchige Erledigungsfrist gesetzt.
Gegen diese, ihm am 04.04.2013 zugestellte Zwischenverfügung, hat der Antragsteller am 30.04.2013 Beschwerde beim Registergericht in Mannheim eingelegt, der das Registergericht mit Beschluss vom 07.05.2013 nicht abgeholfen hat.
Aus den Gründen
II.
Die Beschwerde ist nach §§ 382 Abs. 4 Satz 2, 58 ff. FamFG statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Monatsfrist des § 63 Abs. 1 FamFG ist gewahrt. Die Beschwerde ist unabhängig von dem Beschwerdewert zulässig, da im Hinblick auf den gemeinnützigen Vereinszweck von einer nicht vermögensrechtlichen Angelegenheit auszugehen ist (§ 61 Abs. 1 FamFG).
Die Beschwerde ist auch begründet, denn das vom Registergericht genannte Eintragungshindernis besteht hier nicht.
Bei dem Antrag auf Eintragung einer Satzungsänderung, die für ihre Wirksamkeit der Eintragung in das Vereinsregister gemäß § 71 Abs. 1 BGB bedarf, hat das Registergericht das gesetzes- und satzungsmäßige Zustandekommen des Änderungsbeschlusses und seine inhaltliche Zulässigkeit grundsätzlich zu prüfen (vgl. Krafka/Kühn, Registerrecht 9. Auflage Rn. 2189).
Der vollen materiellen Prüfungsbefugnis des Registergerichts unterliegen nur die sich aus dem Vereinsrecht ergebenden Mindestanforderungen an die körperschaftliche Organisation, der Zweck des Vereins und die Einhaltung der in den §§ 56-59 BGB genannten formellen Eintragungsvoraussetzungen (vgl. § 60 BGB), das Registergericht ist deshalb nicht befugt, Satzungsbestimmungen zu beanstanden, die keine zwingenden Rechtsvorschriften verletzen, wenn es diese lediglich für unzweckmäßig oder redaktionell überarbeitungsbedürftig hält (vgl. OLG Hamm NJW-RR 2000, 42 f., OLG Köln OLGR 1994, 40 ff.; OLG Hamm NotBZ 2010 413; OLG Celle Rpfleger 2010, 670 ff.; Stöber/Otto, Handbuch Vereinsrecht 10. Auflage, Rn. 1254 ff.). Ob die Prüfungspflicht so weit geht, dass die Klarstellung mehrdeutiger oder aus sonstigen Gründen missverständlicher Satzungsbestandteile veranlasst werden muss, Widersprüche zwischen einzelnen Satzungsteilen, bei Satzungsänderung zwischen geänderten und stehen gebliebenen Regelungen gerügt werden müssen, selbst dann wenn sie nur die inneren Beziehungen der Vereinsmitglieder zueinander regeln, ist streitig (vgl. nur die Darstellung bei Stöber/Otto a. a. O. Rn. 1255 f. m. w.N.). Dies kann jedoch hier dahinstehen, da es sich hier weder um eine mehrdeutige, unklare oder sonst missverständliche Regelung handelt.
Hier ist ein Eintragungshindernis wegen Widersprüchlichkeit schon deshalb nicht gegeben, weil die Satzung bis zur Eintragung ihres neuen Sitzes im Vereinsregister des Registergerichts Mannheim richtig ist. Sie wird erst mit Durchführung der begehrten Eintragung unrichtig. Dass es möglicherweise zweckmäßig gewesen wäre, die beabsichtigte Eintragung in das Vereinsregister des neuen Sitzes mit zu beschließen, begründet keine Zurückweisung der Eintragung.
Ein Verstoß gegen § 57 BGB, wonach es zu den Mindestanforderungen an die Vereinssatzung gehört, dass sich aus ihr die Eintragungsabsicht ergibt, kann nicht festgestellt werden. Zur Bestimmung der wesentlichen rechtlichen Merkmale des Idealvereins gehört neben der Festlegung von Name, Sitz und Zweck auch die Bestimmung, ob es sich um einen rechtsfähigen oder nicht rechtsfähigen Verein gemäß § 54 BGB handelt. Deshalb muss die Satzung gemäß § 57 BGB auch die Regelung enthalten, dass der Verein eingetragen werden soll (vgl. Spitzenberg, Rechtspfleger 1971, 242 ff.). Um diesen Anforderungen zu genügen, ist es jedoch lediglich erforderlich, die Eintragungsabsicht zum Ausdruck zu bringen, nicht jedoch, dass der Sitz des Registergerichts und die Nummer des Registerblattes in der Satzung überhaupt angegeben werden. Da es sich insoweit um keine „Pflichtangaben" handelt, kann ihre Berichtigung auch nicht über die Annahme eines Eintragungshindernisses erzwungen werden.
Selbst wenn die Regelung der Eintragungsabsicht in einer Satzung fehlt und dennoch eine Eintragung erfolgt, kann dieser Mangel durch einen späteren Beschluss der Mitgliederversammlung behoben werden (vgl. Hadding in Soergel, BGB, 13. Auflage, § 57 Rn. 3; Reuter in MüKo, BGB, 6. Auflage, § 57 Rn. 6). Eine entsprechende Befassung der Mitgliederversammlung zur berichtigenden Satzungsänderung im Hinblick auf das zuständige Registergericht ist vom Antragsteller angekündigt worden.
III.
Gerichtskosten fallen gemäß § 131 Abs. 3, Abs. 1 KostO nicht an. Der Geschäftswert ist gemäß § 131 Abs. 4, § 30 Abs. 3, Abs. 2 KostO bestimmt worden.
IV.
Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß § 70 Abs. 2 FamFG waren nicht gegeben.