OLG München: Eintragung der KG-Auflösung nach Übertragung aller Geschäftsanteile auf einen Erwerber
OLG München, Beschluss vom 16.6.2010 - 31 Wx 094/10
Leitsatz
Nach Übertragung aller Gesellschaftsanteile an einer Kommanditgesellschaft auf einen Erwerber ist die Auflösung der Gesellschaft anzumelden und im Handelsregister einzutragen. (amtlicher Leitsatz)
HGB §§ 143, 161, 172, § 161 Abs. 2, 143
Sachverhalt
I. Im Handelsregister ist die C. KG eingetragen mit den Beteiligten zu 1 und 2 als persönlich haftenden Gesellschaftern und den Beteiligten zu 3 und 4 als Kommanditisten.
Zur Eintragung in das Handelsregister wurde angemeldet:
„Die Gesellschafter (Beteiligte zu 1 bis 4) haben jeweils ihre Gesellschaftsanteile im Wege der Sonderrechtsnachfolge auf die Firma X. KG übertragen und sind dadurch aus der Gesellschaft ausgeschieden.
Die Gesellschaft wurde dadurch aufgelöst.
Die Firma X. KG hat das Handelsgeschäft mit Aktiva und Passiva ohne Liquidation, jedoch ohne Übernahme der Firma, übernommen.
Die Firma der im Betreff genannten Firma ist damit erloschen."
Mit Zwischenverfügung vom 15.3.2010 beanstandete das Registergericht unter anderem: Es sei das Eintreten und die konkrete Vertretungsbefugnis der neuen Komplementärin, der Firma X. anzumelden (Ziffer 1). Wenn bei den Kommanditisten ein Sonderrechtsnachfolgevermerk eingetragen werden solle, müssten die Beteiligten versichern, dass keine Abfindung aus dem Gesellschaftsvermögen gewährt oder versprochen worden sei (Ziffer 2). Die Übertragung der Gesellschaftsanteile der persönlich haftenden Gesellschafter im Wege der Sonderrechtsnachfolge sei nicht möglich (Ziffer 3). Der Notar wandte dagegen ein, eine Eintragung der X. KG würde einen falschen Sachverhalt wiedergeben. Aus dem gleichen Grund sei der Sonderrechtsnachfolgevermerk bei den Kommanditisten obsolet. Soweit mit Ziffer 3 die Unzulässigkeit eines entsprechenden Handelsregistereintrages gemeint sei, scheide dieser ohnehin aus, weil die Firma nicht übernommen werde. Das Registergericht half der Beschwerde nicht ab mit der Begründung, Ziel der Registerführung sei die lückenlose Aufführung sämtlicher Gesellschafter in der Kommanditgesellschaft.
Aus den Gründen
II. Die Beschwerde ist zulässig (§ 382 Abs. 4 Satz 2 FamFG) und auch begründet. Die vom Registergericht unter Ziffer 1, 2 und 3 angeführten Eintragungshindernisse liegen nicht vor. Angemeldet zur Eintragung im Handelsregister sind die Auflösung der Gesellschaft und das Erlöschen der Firma. Zur Eintragung dieser Tatsachen bedarf es entgegen der Auffassung des Registergerichts weder der vorherigen Eintragung der X. KG als neuer Komplementärin noch eines Vermerks über die Sonderrechtsnachfolge bei den bisherigen Kommanditisten. Denn mit dem Erwerb aller Anteile durch die X. KG ist diese Alleininhaberin des Vermögens der Gesellschaft geworden, während zugleich die Gesellschaft erloschen ist.
1. Nach allgemeiner Meinung ist die Mitgliedschaft in einer Kommanditgesellschaft ein der selbstständigen Verfügung zugängliches Recht und kann - mit Zustimmung der übrigen Gesellschafter - unmittelbar vom Altgesellschafter auf den Neugesellschafter abgetreten werden mit der Folge, dass dieser (sog. derivativer) Rechtsnachfolger des Veräußerers wird. Zulässig ist auch die Übertragung aller Gesellschaftsanteile auf einen einzelnen Mitgesellschafter oder - wie hier - einen außenstehenden Erwerber. Durch die Übertragung aller Gesellschaftsanteile auf einen einzelnen Erwerber wird die Kommanditgesellschaft ohne Liquidation beendet. Ihr Vermögen geht im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf den Erwerber über, Auflösung und Erlöschen der Gesellschaft fallen zusammen (vgl. BayObLG FGPrax 2001, 213; OLG Düsseldorf Rpfleger 1998, 27/28; MünchHdbchGftsR/Piehler/Schulte 2. Aufl. § 35 Rn. 2; Krafka/Willer/Kühn Registerrecht 8. Aufl. Rn. 781).Für die vom Registergericht geforderte Eintragung der X. KG als persönlich haftende Gesellschafterin ist deshalb kein Raum, denn sie ist gerade nicht Gesellschafterin geworden. Mit der Übertragung aller Geschäftsanteile einer Personenhandelsgesellschaft auf einen einzigen Erwerber wird dieser unmittelbar Inhaber der bisher zum Gesellschaftsvermögen gehörenden Rechte. Eine solche Vereinigung aller Anteile an einer Personenhandelsgesellschaft in einer natürlichen oder juristischen Person begegnet keinen grundsätzlichen Bedenken; es ist insbesondere nicht erforderlich, dass der Erwerber zunächst durch Abtretung eines Gesellschaftsanteils Gesellschafter wird und erst dann die übrigen Anteile erwirbt (BGH NJW 1978, 1525). Der Erwerber wird Gesamtrechtsnachfolger der beendeten Gesellschaft (vgl. BayObLG FGPrax 2001, 213), nicht Gesellschafter.
2. Aus denselben Gründen scheidet auch ein Vermerk über die Sonderrechtsnachfolge in die Kommanditanteile von vornherein aus, so dass es auf die dafür grundsätzlich erforderliche negative Abfindungsversicherung (vgl. BGH NJW-RR 2006, 107/108) nicht ankommt. Die Verlautbarung der Sonderrechtsnachfolge wird wegen der unterschiedlichen Rechtsfolgen insbesondere im Hinblick auf die Haftung für Gesellschaftsschulden als zulässig und erforderlich angesehen, wenn ein bestehender Kommanditanteil nicht im Wege des Aus- und Eintritts, sondern durch Abtretung übertragen wird. Dem Gläubiger, der das Handelsregister einsieht, wird durch den Sonderrechtsnachfolgevermerk klar vor Augen geführt, dass ihm die Hafteinlage nur einmal zur Verfügung steht (vgl. OLG Hamm FGPrax 2005, 39/40). Hier hat aber kein Kommanditistenwechsel stattgefunden, weil mit dem Ausscheiden der Beteiligten zu 1 und 2 als Kommanditisten zugleich die Gesellschaft erloschen und folglich die Erwerberin nicht als Gesellschafterin, insbesondere nicht als Kommanditistin, in die Gesellschaft eingetreten ist.
3. Nachdem der Nachfolgevermerk die Haftung auf nur eine Kommanditeinlage (§ 172 Abs. 1 HGB) deutlich macht, hat er selbstverständlich bei der - zulässigen - Übertragung des Gesellschaftsanteils eines persönlich haftenden Gesellschafters zu unterbleiben. So verstanden, ist Ziffer 3 der Zwischenverfügung abstrakt zutreffend, im vorliegenden Fall aber überflüssig, weil eine Eintragung der X. KG als persönlich haftende Gesellschafterin ohnehin nicht vorzunehmen ist (siehe oben 1.).
4. Vorsorglich weist der Senat für das weitere Verfahren darauf hin, dass das Registergericht bei der Fassung des Eintragungsvermerks nicht an den Vorschlag der Beteiligten gebunden ist (Keidel/Heinemann FamFG 16. Aufl. § 382 Rn. 6). Sofern es die Tatsache der Vollbeendigung der Gesellschaft im Handelsregister durch die Eintragung: „Die Gesellschaft ist aufgelöst. Eine Liquidation findet nicht statt." zum Ausdruck bringen will, steht dem der Wortlaut der Anmeldung nicht entgegen (vgl. OLG Düsseldorf OLG Düsseldorf Rpfleger 1998, 27/28).