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Wirtschaftsrecht
30.08.2012
Wirtschaftsrecht
OLG München: Einrichtung eines Beirats mit einfacher Stimmenmehrheit

OLG München, Urteil vom 9.8.2012 - 23 U 4173/11


Sachverhalt


I.



Die Klägerin und die Beklagten zu 2) bis 5) sind Gesellschafter der Beklagten zu 1). Die Klägerin und die Beklagte zu 1) streiten im Wege einer Beschlussanfechtungsklage über die Wirksamkeit zweier Gesellschafterbeschlüsse, durch die die Einrichtung eines Beirats und die Abberufung des Gesellschafterausschusses bei der Beklagten zu 1) beschlossen wurden. Ferner will die Klägerin im Wege der Feststellungsklage gegen die Beklagte zu 1) und die Beklagten zu 2) - 5) klären, für welche Geschäfte der Beirat nicht zuständig ist und mit welcher Mehrheit der Beirat seine Beschlüsse zu fassen hat. Die Beklagten zu 1) und zu 2) haben gegen die Feststellungsklage die Schiedseinrede erhoben.



Bei der Beklagten zu 1) handelt es sich um die Konzerngesellschaft der .... Die Gesellschaftsanteile an der Beklagten zu 1) werden derzeit wie folgt gehalten:



Klägerin ...                             21,62 %


Beklagte zu 2) ...                               75,41 %


Beklagte zu 3) ...                                 0,99 %


Beklagter zu 4) ...                                0,99 %


Beklagter zu 5) ...                                0,99 %.



Der Gründungsgesellschafter ... schied im Jahr 1993, der Gründungsgesellschafter ... im Jahr 2000 und der Gründungsgesellschafter ... mit Wirkung zum 01.01.2007 aus der Geschäftsführung der Beklagten zu 1) aus.



Der Gesellschaftsvertrag der Beklagten zu 1) in seiner aktuellen Fassung (Anlage K 3) enthält u.a. folgende Bestimmungen:



§ 15


Beirat




1. Die Gesellschafterversammlung kann die Einrichtung eines Beirats beschließen. Wenn und soweit zum Zeitpunkt der Beschlussfassung ein Gesellschafterausschuss besteht, ist dieser mit der zustimmenden Beschlussfassung über die Einrichtung des Beirats abzuberufen. Der Beschluss über die Einrichtung des Beirats ist  zulässig, wenn höchstens noch ein Gesellschafter zum Geschäftsführer bestellt ist und bedarf in diesem Fall der Zustimmung aller Gesellschafter. Ist kein Gesellschafter mehr zum Geschäftsführer bestellt, bedarf der Beschluss über die Einrichtung des Beirats der einfachen Mehrheit aller vorhandenen Stimmen. ...






§ 17


Innere Ordnung des Beirats


...




3. Der Beirat entscheidet nach Köpfen mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Wenn und soweit der Beirat Beschlüsse fasst, für die das Gesetz und/oder der Gesellschaftsvertrag eine besondere Stimmenmehrheit vorschreiben, haben die von der Gesellschaftergruppe ... einerseits und die von der ... andererseits entsandten Beiratsmitglieder jeweils zusammen so viele Stimmen, wie dem Gesellschafter/der Gesellschaftergruppe der/die die Beiratsmitglieder entsendet hat, nach dem Gesellschaftsvertrag zustehen. Jedes der von den Gesellschaftern entsandten Beiratsmitglieder hat so viele Stimmen, wie dem Gesellschafter, der das Beiratsmitglied entsendet hat, nach diesem Gesellschaftsvertrag zustehen. Enthaltungen werden nicht mitgezählt. ...






Die Möglichkeit, bei der Beklagten zu 1) einen Beirat einzurichten, war durch einstimmig beschlossene Satzungsänderung im Jahr 1990 neu geschaffen worden. Bei einer im Jahr 2009 geplanten Überarbeitung der Satzung der Beklagten zu 1) hat die damit beauftragte Arbeitsgruppe einen Entwurf bzw. ein Arbeitspapier vorgelegt, in dem die Vorschriften über die Errichtung eines Beirats ersatzlos gestrichen waren. Eine entsprechende Änderung der Satzung der Beklagten zu 1) erfolgte jedoch nicht. In der Satzung der ... aus dem Jahr 2009 finden sich keine Regelungen über einen Beirat.









Die aktuelle Fassung der Satzung der Beklagten zu 1) (Anlage K 3) enthält ferner folgende Schiedsklausel:






§ 28


Schiedsvertrag




Über alle Streitigkeiten zwischen Gesellschaftern oder zwischen der Gesellschaft und Gesellschaftern, welche diesen Gesellschaftsvertrag, das Gesellschaftsverhältnis oder die Gesellschaft betreffen, mit Ausnahme von Beschlussmängelstreitigkeiten, entscheidet, soweit dem nicht zwingendes Recht entgegensteht, unter Ausschluss des ordentlichen Rechtswegs ein Schiedsgericht. Dies gilt auch für Streitigkeiten über die Wirksamkeit, Durchführung und Beendigung des Gesellschaftsvertrages, einzelner Vertragsbestimmungen oder etwaiger Nachträge. Meinungsverschiedenheiten über den Eintritt von Gesellschaftern in die Gesellschaft oder das Ausscheiden von Gesellschaftern aus der Gesellschaft, sowie dessen Folgen sind ebenfalls vor dem Schiedsgericht auszutragen. Jeder Gesellschafter kann während seiner Zugehörigkeit zur Gesellschaft oder nach seinem Ausscheiden oder nach Auflösung der Gesellschaft das Schiedsgericht anrufen, solange ihm noch Ansprüche gegen die Gesellschaft oder deren Rechtsnachfolger zustehen, die sich aus dem Gesellschaftsverhältnis ableiten. Das Schiedsgericht ist gleichfalls zuständig für die Feststellung der Änderung oder Ergänzung des Wortlautes des Gesellschaftsvertrages gemäß § 27 Abs. (2). Schließlich werden alle Streitigkeiten über die Wirksamkeit und Auslegung dieses Schiedsvertrages sowie etwaiger Nachträge durch das Schiedsgericht entschieden. Für die Bestellung des Schiedsgerichts sowie das Schiedsverfahren gilt der von den Gesellschaftern in gesonderter Urkunde abgeschlossene, in der Anlage beigefügte Schiedsvertrag.






Die vorstehende Fassung der Schiedsklausel wurde durch Satzungsänderung im Jahr 2002 in die Satzung aufgenommen. Zugleich schlossen die damaligen Gesellschafter der Beklagten zu 1) einen Schiedsvertrag zum Gesellschaftsvertrag. Wegen des Wortlauts des Schiedsvertrags wird Bezug genommen auf die Anlage B 1.








Zuvor hatte die in der Satzung enthaltene Schiedsklausel folgenden Wortlaut (s. Anlage K 1):




§ 21


Schiedsvertrag




Für alle Streitigkeiten, die sich aus diesem Vertrag und bei der Auflösung der Gesellschaft ergeben, wird der ordentliche Rechtsweg ausgeschlossen und ein Schiedsgericht vereinbart. Hierüber wird ein gesonderter Schiedsvertrag geschlossen.





Wegen der weiteren Bestimmungen des aktuellen Gesellschaftsvertrages der Beklagten zu 1) wird Bezug genommen auf die Anlage K 3.




Mit Schreiben vom 07.02.2011 (Anlage K 6) lud die Geschäftsführung der Beklagten zu 1) auf Veranlassung der Beklagten zu 2) zu einer Gesellschafterversammlung am 04.03.2011 ein. Dabei war als TOP 11 eine Beschlussfassung über die Einrichtung eines Beirats und als TOP 12 eine Beschlussfassung über die vorsorgliche Abberufung des Gesellschafterausschusses vorgesehen. In der Gesellschafterversammlung vom 04.03.2011 stimmte der damalige Geschäftsführer der Beklagten zu 2), ..., der zugleich Versammlungsleiter war, mit den Stimmen der Beklagten zu 2) für die Beschlussanträge auf Einrichtung eines Beirats und auf Abberufung des Gesellschafterausschusses. Die Klägerin und die Beklagten zu 3) - 5) stimmten gegen die Einrichtung eines Beirats und gegen die Abberufung des Gesellschafterausschusses. ... stellte als Versammlungsleiter anschließend fest, dass der Beschluss über die Einrichtung des Beirats und die Abberufung des Gesellschafterausschusses mit einer Mehrheit von 75,41 % der Stimmen angenommen worden sei. Die Klägerin und die Beklagten zu 3) - 5) legten hiergegen jeweils Widerspruch ein. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das als Anlage B 15 auszugsweise vorgelegte Protokoll der Gesellschafterversammlung Bezug genommen.



Die Klägerin hält den Beschluss über die Einrichtung eines Beirats für rechtswidrig. Der Beklagten gehe es mit der Einrichtung des Beirats darum, die satzungsmäßig abgesicherte Sperrminorität der Minderheitsgesellschafter auszuhebeln. Die Möglichkeit der Einrichtung des Beirats sei 1990 auf Wunsch der damaligen Mehrheitsgesellschafterin, der ... erfolgt, damit für den Fall, dass die Gründungsgesellschafter altersbedingt oder aus anderen Gründen ausscheiden, eine professionelle Vertretung in der Beklagten zu 1) gesichert sei. Die Gründungsgesellschafter hätten dem nur unter der Voraussetzung zugestimmt, dass ihre Sperrminorität auch langfristig gesichert sei. Zudem sei den Gründungsgesellschaftern garantiert worden, dass ihre Sperrminorität auch für Beiratsbeschlüsse gelte. Dies ergebe sich u.a. aus dem als Anlage K 10 vorgelegten Beschluss vom 18.01.1990. Durch die Einrichtung des Beirats werde den Minderheitsgesellschaftern ihre Sperrminorität entzogen. Die Ausübung des Stimmrechts durch die Beklagte zu 2) sei mithin grob treuwidrig.



Zudem werde durch die Einrichtung eines Beirats die Beklagte zu 1) zur abhängigen Gesellschaft der Beklagten zu 2). Hierfür bedürfe es einer positiven sachlichen Begründung, an der es fehle.



Schließlich habe die Beklagte zu 2) ihr Recht, die Einrichtung eines Beirats zu fordern, verwirkt. Da die Satzung der ... und der Entwurf einer Satzungsänderung für die Beklagte zu 1) aus dem Jahr 2009 keine Regelungen über den Beirat enthielten, habe die Klägerin darauf vertrauen dürfen, dass es nicht mehr zur Einrichtung eines Beirats kommen werde. Die Satzungsänderung bei der Beklagten zu 1) sei nur deshalb nicht weiter verfolgt worden, da die Expansion nach China Vorrang genossen habe.



Die Klage auf Feststellung, dass der Beirat mit einer Mehrheit von mehr als 80 % der abgegebenen Stimmen zu entscheiden habe und für bestimmte Maßnahmen und Geschäfte nicht zuständig sei, ist nach Ansicht der Klägerin zulässig. Die Schiedsgerichtseinrede greife nicht ein.


Aus dem Schiedsvertrag ergebe sich, dass dieser nur für ein Schiedsverfahren zwischen zwei Parteien gelten solle. Zudem seien im Schiedsvertrag Beschlussmängelstreitigkeiten ausdrücklich den staatlichen Gerichten zugewiesen. Die Frage nach der Zuständigkeit des Beirats und der erforderlichen Mehrheit seien für künftige Beschlussmängelstreitigkeiten über Beiratsbeschlüsse stets präjudiziell und daher ebenfalls den staatlichen Gerichte zugewiesen. Bei anderer Auslegung würde die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte ausgehöhlt.


Auch sei bei anderer Auslegung der Schiedsvertrag wegen Verstoßes gegen § 138 BGB unwirksam. Aufgrund der von einem Schiedsspruch über diese Gegenstände ausgehenden potenziellen Inter-omnes-Wirkung müsse der Schiedsvertrag denselben Anforderungen genügen, die der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung aus dem Jahr 2009 für die Schiedsfähigkeit von Beschlussmängelklagen aufgestellt habe.



Die Feststellungsklage sei auch begründet. Die Klägerin ist der Ansicht, der Beirat habe stets mit einer Mehrheit von mehr als 80 % der Stimmen zu entscheiden. Zudem sei der Beirat ein bloßes Zustimmungsorgan. Nach dem Wortlaut des § 16 Abs. 1 b der Satzung der Beklagten zu 1) habe der Beirat nur die in § 2 Abs. 3 der Geschäftsführerordnung der Gesellschaft aufgezählten zustimmungspflichtigen Geschäfte, ausgenommen die in § 9 Abs. 6 a), b), c) und e) des Gesellschaftsvertrages genannten, zu genehmigen.




Der Klageantrag I richtet sich nur gegen die Beklagte zu 1). Die Feststellungsanträge II. 1. und 2. sind gegen die Beklagte zu 1) sowie gegen die Beklagten zu 2) - 5) gerichtet. Die Beklagte zu 2) hat bezüglich des Klageantrags I ihren Beitritt als streitgenössische  Nebenintervenientin auf Seiten der Beklagten zu 1) erklärt.



Die Klägerin hat beantragt:



I. Beschlussanfechtung/Beschlussnichtigkeit:



Die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung der Beklagten Ziff. 1 vom 04.03.2011 zu den Tagesordnungspunkten 11 und 12 der Gesellschafterversammlung, die sinngemäß lauten:



(Beschluss zu Tagesordnungspunkt 11): Bei der ... wird nach § 15 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages ein Beirat eingerichtet,


und


(Beschluss zu Tagesordnungspunkt 12): Der Gesellschafterausschuss wird vorsorglich abberufen



werden für nichtig erklärt.



Vorsorglich wird beantragt, die Nichtigkeit dieser Beschlüsse festzustellen.



II. Weitere Feststellungsklage:



  • 1. Es wird festgestellt, dass der Beirat der Beklagten Ziff. 1, sofern seine Einrichtung rechtswirksam beschlossen und er rechtswirksam konstituiert wurde, für die nachstehenden Maßnahmen und Geschäfte nicht zuständig ist:


  • a) Feststellung des Jahresabschlusses und Genehmigung des Lageberichts
  • b) Aufstellung und Änderung der Geschäftsordnung für die Geschäftsführung
  • c) Bestellung und Abberufung von Geschäftsführung und Änderungen der Vertretungsbefugnis, sowohl bei der Gesellschaft als auch bei allen Landesholdings und Management-Gesellschaften
  • d) Eröffnung neuer Standorte
  • e) Liquidation der Gesellschaft
  • f) Die in § 9 Abs. 8 des Gesellschaftsvertrags aufgeführten Angelegenheiten der Tochtergesellschaften der Beklagten Ziff. 1.
  • g) Kapitalerhöhung und -herabsetzung
  • h) Ausschluss eines Gesellschafters
  • i) Gewinnverwendung bei Abweichung von Vollausschüttung
  • j) Expansion in neue Länder sowie Rückzug aus einem Land
  • k) Schließungen von Standorten (Märkten)
  • l) Aufnahme stiller Gesellschafter
  • m) Erwerb, Veräußerung und Belastung von Grundstücken oder grundstücksgleichen Rechten, wenn hierin auch eine Entscheidung über Landesexpansion oder Marktöffnung oder -schließung vorliegt
  • n) Erwerb und Veräußerung von Unternehmen, Betrieben oder Teilbetrieben, Übernahme von oder Verfügungen über Beteiligungen, wenn hierin auch eine Entscheidung über Landesexpansion oder Marktöffnung oder -schließung liegt.
  • o) Abschluss von Mietverträgen mit einer Laufzeit von über fünf Jahren und einem jährlichen Verpflichtungsvolumen von mehr als DM 300.000,--, wenn hierin auch eine Entscheidung über Landesexpansion oder Marktöffnung oder -schließung liegt.
















  • 2. Es wird festgestellt, dass der Beirat der Beklagten stets mit einer Mehrheit von 80 % der abgegebenen Stimmen abstimmt, soweit er über die in § 2 Abs. 3 der Geschäftsführerordnung bzw. § 9 Abs. 6 des Gesellschaftsvertrags der Beklagten Ziff. 1 aufgeführten Gegenstände beschließt.



Die Beklagte zu 1) hat hinsichtlich der Feststellungsanträge Ziffer II. die Schiedsgerichtseinrede erhoben und beantragt:



Die Klage wird abgewiesen.



Die Beklagte zu 2) hat im eigenen Namen und als Nebenintervenientin der Beklagten zu 1) hinsichtlich der Feststellungsanträge Ziffer II. die Schiedsgerichtseinrede erhoben und beantragt:



Die Klage wird abgewiesen.





Die Beklagten zu 3) - 5) haben zu den Feststellungsanträgen Ziffer II. durch Anwaltsschriftsatz vom 21.03.2011 sowie in der mündlichen Verhandlung am 19.07.2011 erklärt:



Der Antrag Ziffer II. 1. und 2. (Feststellung) aus der Klage vom 05.03.2011 wird anerkannt.




Die Beklagte zu 2) behauptet, die Einrichtung eines Beirats sei im Interesse des Unternehmens erforderlich, um eine klare und transparente Governance-Struktur einzuführen. Dies sei bereits 1990 geplant gewesen.


Der Beschluss über die Einrichtung des Beirats könne nach der Satzung mit einfacher Mehrheit gefasst werden, ein Treuepflichtverstoß sei nicht ersichtlich. Gründe für eine Verwirkung habe die Klägerin nicht schlüssig vorgetragen. Darüber hinaus seien körperschaftliche Bestimmungen einer Satzung rein objektiv auszulegen. Auf angebliche oder tatsächliche Absprachen zwischen den Gründern oder sonstige Nebenabreden zwischen den Gesellschaftern komme es mithin nicht an.



Die Feststellungsklagen seien bereits unzulässig, weil insoweit die Schiedsgerichtseinrede wirksam erhoben worden sei. Ausgenommen vom Anwendungsbereich der Schiedsvereinbarung seien lediglich Beschlussmängelstreitigkeiten. Diese Ausnahme beruhe auf der früheren Rechtsprechung des Bundesgerichthofs, wonach Beschlussmängelstreitigkeiten nicht schiedsfähig seien. Die vom Bundesgerichtshof 2009 für die Wirksamkeit einer Schiedsklausel bei Beschlussmängelstreitigkeiten aufgestellten Anforderungen seien auf allgemeine Feststellungsklagen nicht übertragbar.



Darüber hinaus seien die Feststellungsanträge in Richtung gegen die Beklagten zu 3) - 5) unzulässig. Das Rechtsschutzbedürfnis fehle, da die Beklagten zu 3) - 5) in der Gesellschafterversammlung vom 04.03.2011 mit der Klägerin gegen die Einrichtung eines Beirats gestimmt hatten.



Die Feststellungsanträge seien auch unbegründet. Insbesondere ergebe sich aus § 17 des Gesellschaftervertrages, dass der Beirat mit einfacher Mehrheit nach Köpfen entscheide.



Die Beklagte zu 1) hat neben der Erhebung der Schiedsgerichtseinrede zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags im Wesentlichen auf den Sachvortrag der Beklagten zu 2) hingewiesen und diesen sich zu Eigen gemacht. Im Rechtsstreit wolle sie sich neutral verhalten, soweit dies mit den gesetzlichen Verpflichtungen der Gesellschaft und der Geschäftsführer vereinbar sei.



Die Beklagten zu 3) - 5) haben die Feststellungsanträge mit Schriftsatz vom 21.03.2011 unter Verwahrung gegen die Kostenlast anerkannt und darauf hingewiesen, dass sie bis zum Erhalt der Klage keinen Anlass zur Klageerhebung geboten hätten.




Das Landgericht, auf dessen tatsächliche Feststellungen gemäß § 540 ZPO Bezug genommen wird, hat der Klage teilweise stattgegeben.


Die Beschlussanfechtungsklage gegen die Beklagte zu 1) sowie die hilfsweise hierzu geltend gemachte Nichtigkeitsfeststellungsklage (Klageantrag I.) hat das Landgericht abgewiesen. Im Hinblick auf die gegen die Beklagten zu 1) bis 5) erhobene Feststellungsklage hat das Landgericht festgestellt, dass der Beirat der Beklagten stets mit einer Mehrheit von mehr als 80 % der abgegebenen Stimmen abstimmt, soweit er über die in § 2 Abs. 3 der Geschäftsordnung für die Geschäftsführung bzw. § 9 Ziff. 6 des Gesellschaftsvertrags der Beklagten zu 1) aufgeführten Gegenstände beschließt (Klageantrag II. 2.) Die weitergehende gegen die Beklagten zu 1) bis 5) erhobene Feststellungsklage (Klageantrag II. 1.) hat das Landgericht abgewiesen.



Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt:


Die Anfechtungsklage sei zulässig aber unbegründet. Die Voraussetzungen für die Einrichtung eines Beirats und für die Abberufung des Gesellschafterausschusses mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen nach § 15 Ziff. 1 des Gesellschaftsvertrages lägen vor. Die Stimmabgabe der Beklagten zu 2) sei auch nicht wegen Verwirkung unzulässig oder unwirksam. Der seit dem Ausscheiden des letzten Gründungsgesellschafters ... verstrichene Zeitraum von vier Jahren sei nicht so lang, dass von einem für die Verwirkung erforderlichen Zeitmoment ausgegangen werden könne. Auch ein Umstandsmoment sei nicht mit der erforderlichen Sicherheit erkennbar.


Durch den Beschluss über die Einrichtung des Beirats sei die Beklagte zu 1) nicht zu einer abhängigen Gesellschaft der Beklagten zu 2) geworden. Der Beirat habe in allen Fällen, in denen das Gesetz oder der Gesellschaftsvertrag eine besondere Mehrheit vorschreibe, mit einer Stimmenmehrheit von mehr als 80 % der abgegebenen Stimmen abzustimmen. Die Satzungsbestimmungen seien objektiv nach Wortlaut, Sinn und Zweck der Regelung und dem systematischen Bezug der Klausel auszulegen. Beweisangebote zur Entstehungsgeschichte und dazu, was vor rund 20 Jahren zwischen den damaligen Gesellschaftern besprochen worden sei, seien daher für die Auslegung von § 17 der Satzung der Beklagten zu 1) bedeutungslos. Soweit der Beirat die Aufgabe "Beratung der Geschäftsführung bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben" erfülle, könne er Beschlüsse mit einfacher Mehrheit nach Köpfen fassen.


Eine Verletzung der gesellschaftlichen Treuepflichten sei nicht erkennbar. Insbesondere ergebe sich eine Treuepflicht nicht daraus, dass die Beklagte zu 2) mit der Einrichtung des Beirats die Sperrminorität der Klägerin beseitigen wolle.


Nichtigkeitsgründe seien weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.



Die Feststellungsklage sei hinsichtlich des Feststellungsantrags II. 2. (erforderliche Mehrheiten für Beiratsbeschlüsse) zulässig und begründet. Der Feststellungsantrag II. 1. (Zuständigkeiten des Beirats) sei im Hinblick auf die Beklagten zu 1) und 2) aufgrund der erhobenen Schiedseinrede unzulässig. Die verfahrensgegenständliche Feststellungsklage betreffe Streitfragen, welche für spätere Beschlussmängelstreitigkeiten präjudiziell seien bzw. werden könnten. Bei Auslegung von Sinn und Zweck der in § 28 der Satzung vorgesehenen Ausnahmebestimmung ergebe sich, dass die Parteien jedenfalls solche Streitigkeiten, welche für alle wesentlichen Beschlussmängelstreitigkeiten präjudiziell seien, aufgrund des Sachzusammenhangs der Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte zuweisen wollten. Ansonsten werde die Ausnahmeregelung, dass für Beschlussmängelstreitigkeiten die ordentlichen Gerichte und nicht das Schiedsgericht zuständig seien, ausgehöhlt. Im vorliegenden Fall habe die gegen alle Mitgesellschafter erhobene Feststellungsklage faktisch eine Inter-omnes-Wirkung. Da die Schiedsvereinbarung den vom Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 06.04.2009 aufgestellten Anforderungen nicht genüge, müssten auch allgemeine Feststellungsklagen, wenn und soweit sie für alle wesentlichen Beschlussmängelstreitigkeiten bindende Wirkung inter omnes hätten, in die Zuständigkeit der staatlichen Gerichte fallen. Da es sich bei der Feststellungsklage II. 2. um eine für alle künftigen Beschlussmängelstreitigkeiten über Beiratsbeschlüsse bindende präjudizielle Frage handle, sei insoweit die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte gegeben. Bei der Feststellungsklage Ziff. II. 1. sei die Wertung hingegen anders vorzunehmen. Zwar wirke die Frage, wofür der Beirat zuständig bzw. nicht zuständig sei, auch in gewissem Umfang präjudiziell. Ob diese Präjudizialität Auswirkungen habe, hänge aber vom Einzelfall ab.



Die Feststellungsklage gegen die Beklagten zu 3) bis 5) sei bezüglich des Antrags Ziff. II. 2. zulässig und begründet, im Übrigen unzulässig. Die Klägerin hat nach Ansicht des Landgerichts ein berechtigtes Interesse daran, die Frage der erforderlichen Mehrheiten für Beiratsbeschlüsse mit bindender Wirkung auch in Richtung auf die Beklagten zu 3) bis 5) feststellen zu lassen. Dagegen sei ein Feststellungsinteresse hinsichtlich des Antrags II Ziff. 2 nicht erkennbar.


Das von den Beklagten zu 3) - 5 abgegebene Anerkenntnis sei unwirksam. In der Sache sei der Antrag auf Feststellung, dass der Beirat mit einer Mehrheit von mehr als 80 % der abgegebenen Stimmen zu entscheiden habe, im Hinblick auf alle Beklagten aber begründet.




Gegen die Entscheidung des Landgerichts wenden sich die Klägerin sowie die Beklagten zu 1) und 2) jeweils mit ihren Berufungen.



Die Klägerin wiederholt und vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag. Die Ausübung des Stimmrechts durch die Beklagte zu 1) sei treuwidrig, die Entscheidung über die Einrichtung des Beirats liege nicht im unternehmerischen Ermessen. Durch die Einführung des Beirats komme es zu einer Verdoppelung der Strukturen, die Corporate Governance werde streitanfälliger. Im Übrigen habe die Beklagte  zu 2) das Recht auf Einrichtung eines Beirats verwirkt.


Soweit das Landgericht der Klage stattgegeben hat, verteidigt die Klägerin das Urteil. Zu Recht gehe das Landgericht davon aus, dass Beiratsbeschlüsse nur mit einer Mehrheit von mehr als 80 % der abgegebenen Stimmen gefasst werden könnten. Dies ergebe sich sowohl aus dem Beschluss vom 18.01.1990 (Anlage K 10) als auch aus der Vereinbarung vom 09.05.1990 (vorgelegt als Anlage K 20). Auch mündlich sei den Minderheitsgesellschaftern 1989/1990 zugesagt worden, dass die Rechte der Minderheitsgesellschafter durch einen Beirat nicht beeinträchtigt würden. Bei der Auslegung der Satzung seien im Hinblick auf die Mehrheitsverhältnisse auch schuldrechtliche Nebenabreden zu berücksichtigen, da hinter den Gesellschaftern der Beklagten zu 1) nach wie vor die Gründungsgesellschafter stünden und schutzwürdige Interessen Dritter nicht tangiert würden. Gehe man davon aus, dass der Beirat nicht mit einer qualifizierten Mehrheit zu entscheiden habe, wäre die Satzungsbestimmung über die Einrichtung des Beirats unwirksam, da einer solchen Regelung die Gesellschafter nicht hätten zustimmen wollen.


Die Feststellungsanträge seien jeweils zulässig und begründet. Einem Schiedsspruch komme potenzielle Inter-omnes-Wirkung zu, daher sei die Schiedsklausel an den von der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs aufgestellten Anforderungen für die Schiedsfähigkeit von Beschlussmängelstreitigkeiten zu messen. Da sie diesen Anforderungen nicht genüge, müsse die Schiedsklausel so ausgelegt werden, dass alle Feststellungsklagen über präjudizielle Rechtsverhältnisse zur Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte gehörten. Entgegen der Ansicht des Landgerichts sei auch die Kompetenzfrage stets eine für Beschlussmängelstreitigkeiten über Beiratsbeschlüsse präjudizielle Frage.



Die Klägerin beantragt daher:



Das Urteil des Landgerichts Ingolstadt vom 11.10.2011 wird in den Ziffern 1, 3 und 4 wie folgt abgeändert:



  • 1. Die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung der Beklagten Ziffer 1 vom 04.03.2011 zu den Tagesordnungspunkten 11 und 12 der Gesellschafterversammlung, die sinngemäß lauten:

(Beschluss zu Tagesordnungspunkte 11) Bei der ... wird nach § 15 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages ein Beirat eingerichtet,


und


(Beschluss zu Tagesordnungspunkt 12) der Gesellschafterausschluss wird vorsorglich abberufen,



werden für nichtig erklärt.


      Vorsorglich wird beantragt, die Nichtigkeit dieser Beschlüsse festzustellen.



2. ...



  • 3. Es wird festgestellt, dass der Beirat der Beklagten Ziffer 1, sofern seine Einrichtung rechtswirksam beschlossen und er rechtswirksam konstituiert wurde, für die nachstehenden Maßnahmen und Geschäfte nicht zuständig ist:


  • a) Feststellung des Jahresabschlusses und Genehmigung des Lageberichts

  • b) Aufstellung und Änderung der Geschäftsordnung für die Geschäftsführung

  • c) Bestellung und Abberufung von Geschäftsführung und Änderungen der Vertretungsbefugnis, sowohl bei der Gesellschaft als auch bei allen Landesholdings und Management-Gesellschaften. 

  • d) Eröffnung neuer Standorte

  • e) Liquidation der Gesellschaft 

  • f) Die in § 9 Abs. 8 des Gesellschaftsvertrags aufgeführten Angelegenheiten der Tochtergesellschaften der Beklagten zu 1)

  • g) Kapitalerhöhung und -herabsetzung

  • h) Ausschluss eines Gesellschafters 

  • i) Gewinnverwendung bei Abweichung von Vollausschüttung

  • j) Expansion in neue Länder sowie Rückzug aus einem Land

  • k) Schließung von Standorten (Märkten)

  • l) Aufnahme stiller Gesellschafter

  • m) Erwerb, Veräußerung und Belastung von Grundstücken oder grundstücksgleichen Rechten, wenn hierin auch eine Entscheidung über Landesexpansion oder Marktöffnung oder -schließung liegt. 

  • n) Erwerb und Veräußerung von Unternehmen, Betrieben oder Teilbetrieben, Übernahme von oder Verfügungen über Beteiligungen, wenn hierin auch eine Entscheidung über Landesexpansion oder Marktöffnung oder -schließung liegt. 

  • o) Abschluss von Mietverträgen mit einer Laufzeit von über fünf Jahren und einem jährlichen Verpflichtungsvolumen von mehr als DM 300.000,--, wenn hierin auch eine Entscheidung über Landesexpansion oder Marktöffnung oder -schließung liegt.
















  • 4. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten.



Die Beklagte zu 1) und die Beklagte zu 2)  beantragen,


die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.




Darüber hinaus hat die Beklagte zu 1) ihrerseits Berufung eingelegt und beantragt,



das Urteil teilweise abzuändern, soweit dem Klageantrag II Ziffer 2 - Feststellung, dass der Beirat mit einer Mehrheit von mehr als 80 % der abgegebenen Stimmen zu entscheiden hat - stattgegeben wurde und die Klage in entsprechendem Umfang abzuweisen.



Die Klägerin beantragt,


die Berufung der Beklagten zu 1) zurückzuweisen.




Die Beklagte zu 2) hat ebenfalls Berufung eingelegt und beantragt,


unter Abänderung von Ziffer 2 des Urteils des Landgerichts Ingolstadt vom 11.10.2011, Az. 1 HKO 310/11 die Klage in vollem Umfang abzuweisen.



Die Klägerin beantragt,


die Berufung der Beklagten zu 2) zurückzuweisen.



Die Beklagten zu 3) - 5) haben keine Berufung gegen das Urteil des Landgerichts eingelegt und auch bezüglich der Berufung der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 21.06.2012 keinen Antrag gestellt.



Die Beklagten zu 1) und 2) wiederholen und vertiefen ihren erstinstanzlichen Vortrag. Die Beklagte zu 2) verteidigt das angegriffene Urteil, soweit es die Klage abgewiesen hat.


Der Beschluss über die Einrichtung des Beirats sei nicht anfechtbar. Die Beklagte zu 2) behauptet, die Klägerin habe aus eigensüchtigen Gründen wichtige Entwicklungen bei der Beklagten zu 1) blockiert, daher hätten sich die Gründe für die Einrichtung eines Beirats nicht erübrigt. Auch eine Verwirkung liege nicht vor. Bezüglich der 2009 angedachten Überarbeitung der Satzung der Beklagten zu 1) sei die Tätigkeit der Arbeitsgruppe nicht zu Ende geführt worden. Die Ausübung des Stimmrechts bezüglich der Einrichtung des Beirats sei auch nicht treuwidrig. Insbesondere bewirke dieser Beschluss keinen faktischen Entzug von Minderheitsrechten.


Der Beschluss über die Einrichtung des Beirats führe auch nicht zur Abhängigkeit der Beklagten zu 1) von der Beklagten zu 2). Die Möglichkeit der Beiratsbildung sei bereits in der Satzung vorgesehen gewesen. Darüber hinaus sei die Beklagte zu 1) ohnehin längst in den Konzern der Muttergesellschaft der Beklagten zu 2) integriert.



Zu Unrecht gehe das Landgericht davon aus, dass Beiratsbeschlüsse mit einer Mehrheit von mehr als 80 % zu fassen seien. Die Satzungsregelungen seien ausschließlich objektiv auszulegen. Vereinbarungen darüber, dass der Beirat mit einer Mehrheit von mehr als 80 % zu entscheiden habe, hätte es nicht gegeben. Die vom Landgericht vorgenommene Differenzierung nach den unterschiedlichen Aufgaben des Beirats sei willkürlich.



Die Feststellungsklagen seien aufgrund der erhobenen Schiedseinrede unzulässig. Eine Differenzierung danach, ob es sich um ein für wesentliche Beschlussmängelstreitigkeiten präjudizielles Rechtsverhältnis handle, ist nach Ansicht der Beklagten zu 2) nicht möglich, da diese Abgrenzung völlig unbestimmt sei. Die besonderen Anforderungen des Bundesgerichtshofs aus seiner Entscheidung aus dem Jahr 2009 (Schiedsfähigkeit II) gelten nach Ansicht der Beklagten zu 2) nicht für Rechtsstreitigkeiten über präjudizielle Rechtsverhältnisse. Eine faktische oder auch potenzielle inter-omnes-Wirkung komme den Feststellungsklagen gerade nicht zu. Darüber hinaus sei für Streitigkeiten über Beiratsbeschlüsse ohnehin nicht die Anfechtungs-, sondern nur die allgemeine Feststellungsklage zulässig. Mithin seien die erhobenen Feststellungsklagen noch nicht einmal präjudiziell für Beschlussmängelstreitigkeiten.



Ergänzend wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 21.06.2012 sowie auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.



Aus den Gründen


II.



Die Berufungen der Beklagten zu 1) und der Beklagten zu 2) haben in vollem Umfang Erfolg. Das Urteil des Landgerichts Ingolstadt war in Ziff. 2 des Tenors aufzuheben, soweit die Feststellung gegenüber der Beklagten zu 1) und der Beklagten zu 2) erfolgte, und die Klage insoweit abzuweisen. Die Feststellung in Ziff. 2 des Tenors im Hinblick auf die Beklagten zu 3) bis 5) ist rechtskräftig, da die Beklagten zu 3 bis 5) keine Berufung eingelegt haben. Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet.




A. Beschlussanfechtungsklage


Das Landgericht hat zutreffend entschieden, dass die Beschlussanfechtungsklage zulässig, aber unbegründet ist. Die hiergegen gerichteten Rügen der Berufung der Klägerin greifen nicht durch.



Bedenken gegen die Zulässigkeit sind nicht ersichtlich. Jedoch ist die Klage unbegründet, der Beschluss in der Gesellschafterversammlung vom 04.03.2011 wurde wirksam gefasst.



  • 1. Formelle Mängel des Beschlusses werden nicht vorgetragen und sind auch sonst nicht ersichtlich.


  • 2. Der Beschluss genügt den in § 15 Ziff. 1 Satz 3 und Satz 4 der Satzung der Beklagten zu 1) (Anlage K 3) geregelten Voraussetzungen für die Einrichtung eines Beirats. Unstreitig ist keiner der Gesellschafter mehr Geschäftsführer. Demnach war die einfache Mehrheit der vorhandenen Stimmen ausreichend.

Anhaltspunkte für eine Unwirksamkeit dieser Satzungsbestimmung sieht der Senat entgegen der Ansicht der Klägerin (Schriftsatz vom 04.06.2012, S. 22, Bl. 670 f der Akten) nicht. Unstreitig wurde diese Satzungsbestimmung 1990 einstimmig von den damaligen Gesellschaftern der Beklagten zu 1) beschlossen und ins Handelsregister eingetragen. Auch wenn, wie die Klägerin behauptet, dabei einzelne Gesellschafter die Vorstellung hatten, ein Beirat könne nur mit einer qualifzierten Mehrheit entscheiden, und diese Vorstellung unzutreffend wäre, berührt dies jedenfalls die Wirksamkeit der Satzungsbestimmung über die Einrichtung eines Beirats in § 15 Ziff. 1 nicht.



  • 3. Es bedurfte auch keines besonderen sachlichen Grundes für die Einrichtung des Beirats. Aus der Satzung der Beklagten zu 1) (Anlage K 3) ergibt sich ein derartiges Erfordernis nicht. Ein sachlicher Grund ist entgegen der Ansicht der Klägerin auch nicht deshalb erforderlich, weil die Beklagte zu 1) durch die Einrichtung eines Beirats zu einer von der Beklagten zu 2) abhängigen Gesellschaft würde: Zur Begründung ihrer Ansicht verweist die Klägerin darauf, dass die Abhängigkeitsvermutung des § 17 Abs. 2 AktG nicht mehr durch das Erfordernis einer Mehrheit von mehr als 80 % entkräftet werde, wenn ein Beirat eingerichtet sei und mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen entscheiden könne. Damit sei nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 16.2.1981 (NJW 1981, S. 1512, zustimmend Habersack in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, Kommentar, 6. Auflage 2010, Anh § 318 Rz. 13) die abhängigkeitsbegründende Einrichtung des Beirats nur wirksam, wenn diese durch sachliche Gründe im Interesse der Gesellschaft gerechtfertigt sei. Derartige sachliche Gründe seien aber nicht erkennbar.


Die Ansicht der Klägerin vermag der Senat nicht zu teilen: Sollte der Beirat generell nur mit einer Mehrheit von mehr als 80 % entscheiden können, hätte sich durch die Einrichtung des Beirats an den Beschlussmehrheiten nichts geändert. Die Abhängigkeitsvermutung des § 17 Abs. 2 AktG könnte in gleicher Weise wie bislang widerlegt werden. Sollte hingegen für Beiratsbeschlüsse eine einfache Mehrheit genügen, wäre diese Möglichkeit in der Satzung der Klägerin bereits angelegt gewesen. Die Möglichkeit, nach Ausscheiden des letzten Gesellschafters als Geschäftsführer mit einfacher Mehrheit der Stimmen einen Beirat einzurichten, ist in § 15 Ziff. 1 Satz 3 und Satz 4 der Satzung niedergelegt. Mithin hatte es die Beklagte zu 2) seit Ausscheiden des letzten Gesellschafters als Geschäftsführer in der Hand, kraft ihrer Mehrheit einen Beirat einzurichten. Die damit gegebene Möglichkeit der Einflussnahme - wenn man von einem einfachen Mehrheitserfordernis für Beiratsbeschlüsse ausgeht - lag damit schon kraft der Satzungsbestimmung des § 15 Ziff. 1 bei der Beklagten zu 2). Damit war die Abhängigkeit von der Mehrheitsgesellschafterin bereits in der Satzung angelegt und wurde nicht erst durch den Beschluss vom 04.03.2011 geschaffen (vgl. auch Lutter in Lutter/Hommelhoff, 17. Auflage 2009, Anh zu § 13 Rz. 18, wonach es in erster Linie Aufgabe der Satzung ist, Vorsorge gegen den Gang in die Abhängigkeit zu treffen).



Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 16.02.1981 (NJW 1981, S. 1512 ff.). In diesem Fall wurde durch einen mit einfacher Mehrheit gefassten Beschluss Gesellschaftern eine Befreiung vom Wettbewerbsverbot erteilt, wodurch die Gesellschaft zu einem abhängigen Unternehmen i.S. des § 17 Abs. 1 AktG wurde. Für diese Fallkonstellation hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass die Zustimmung nicht im freien Ermessen der Mehrheit liege. Vielmehr müsse sie durch sachliche Gründe im Interesse der Gesellschaft gerechtfertigt sein. Mit diesem Sachverhalt ist der vorliegende jedoch nicht vergleichbar. Die Möglichkeit, den Beirat mit einfacher Stimmenmehrheit einzurichten und - sofern man dieser Auslegung folgt - die Entscheidung des Beirats mit einfacher Mehrheit der Stimmen, sind hier bereits seit 1990 unmittelbar in der Satzung verankert. Eine neue, die Interessen der Gesellschaft berührende Tatsache ist mithin durch die Einrichtung des Beirats nicht eingetreten. Auch ein besonderes Schutzbedürfnis der Minderheitsgesellschafter ist nicht ersichtlich: Die Satzungsänderung wurde unstreitig einstimmig, also unter Zustimmung auch aller (damaliger) Minderheitsgesellschafter gefasst. Daran müssen sich auch die heutigen Minderheitsgesellschafter festhalten lassen. Diese hätten sich vor Erwerb der Geschäftsanteile über die Möglichkeit der Errichtung eines Beirats in der Satzung informieren können, sofern nicht ohnehin die für die heutigen Minderheitsgesellschafter handelnden Personen noch mit den Gründungsgesellschaftern identisch sind. Darüber hinaus sind die heutigen Minderheitsgesellschafter auch dadurch geschützt, dass die Beklagte zu 2) wie jeder andere Gesellschafter der gesellschaftlichen Treupflicht unterliegt (dazu unten Ziff. 4).



Welche Mehrheitserfordernisse für Beiratsbeschlüsse nach der Satzung der Beklagten zu 1) tatsächlich gelten und ob ein sachlicher Grund für die Einrichtung des Beirats vorlag, bedarf mithin keiner Entscheidung.



  • 4. Der Beschluss wurde auch mit der erforderlichen einfachen Mehrheit gefasst. Die Stimmabgabe der Beklagten zu 2) für die Einrichtung des Beirats verstößt nicht gegen die gesellschaftliche Treuepflicht:

Im Grundsatz ist jeder Gesellschafter in der Ausübung seines Stimmrechts frei. Ob ein Gesellschafterbeschluss zweckmäßig ist, unterliegt nicht der Überprüfung der Gerichte, sofern die Grenzen des unternehmerischen Ermessens nicht überschritten werden (Lutter in Lutter/Hommelhoff, a.a.O., Anh § 47 Rz. 53; Schmidt in: Scholz, GmbHG, 10. Auflage 2007, § 47 Rz. 30). Aus der gesellschaftlichen Treuepflicht ergibt sich hingegen die Pflicht, nur im Interesse der Gesellschaft und unter Wahrung von Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit in die Mitgliedschaft anderer Gesellschafter einzugreifen (vgl. BGH NJW 1978, S. 1316, 1317; BGH, NJW 1976, S. 191 f; Bayer in: Lutter/Hommelhoff, a.a.O, § 14 Rz. 21). Bei der Ausübung eigennütziger Rechte muss der Gesellschafter hingegen seine Interessen nicht ohne Weiteres hinter die der Gesellschaft und einzelner Gesellschafter stellen. Insoweit kommt es auf eine Abwägung der Interessen im Einzelfall an (Bayer in Lutter/Hommelhoff, a.a.O., § 14 Rz. 24; Schmidt in: Scholz, a.a.O., § 47 Rz. 31). Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze vermag der Senat eine treuwidrige Ausübung ihres Stimmrechts durch die Beklagte zu 2) nicht zu erkennen:



  • 4.1. Entgegen der Ansicht der Klägerin ist die Stimmabgabe der Beklagten zu 2) für die Einrichtung des Beirats nicht schon treuwidrig, weil in der Anfangszeit der Einrichtung des Beirats Unklarheiten und Verwerfungen nicht auszuschließen sind. Zwar verkennt der Senat nicht, dass es bis zur endgültigen (schiedsgerichtlichen) Klärung, welche Zuständigkeiten der Beirat hat und mit welchen Mehrheitsverhältnissen der Beirat entscheidet, für die Geschäftsführung zu gewissen Unsicherheiten über die Wirksamkeit von Beiratsbeschlüssen kommen kann. Jedoch folgt daraus keine Treuwidrigkeit. Zum einen ändern die zu erwartenden Streitigkeiten in der Anfangsphase nichts daran, dass die Satzung selbst die Möglichkeit der Einrichtung eines Beirats vorsieht. Zum anderen sind vergleichbare Streitigkeiten in einer Gesellschaft mit mehreren Gesellschaftern nie auszuschließen. Wenn etwa Beschlüsse der Gesellschafterversammlung angefochten werden, besteht bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Wirksamkeit der Beschlüsse ebenfalls ein Zustand der Unsicherheit. Zudem strebt die Beklagte zu 2) - wie sich aus der Einleitung des Schiedsverfahrens durch sie ergibt - gerade eine schnelle Klärung der Zuständigkeits- und der Mehrheitsfrage an.

Soweit die Klägerin darauf verweist, dass die Einrichtung des Beirats zu einer bloßen Verdoppelung von Strukturen führe, gilt nichts anderes: Wen die "Gesellschaftergruppe ..." in den Beirat entsendet, obliegt nach § 15 Ziff. 3 der Satzung ihrer eigenen freien Entscheidung. Jedenfalls was die von ihr entsandten Mitglieder angeht, hat die Klägerin es daher in der Hand, eine Personenidentität von Beirat und den in der Gesellschafterversammlung auftretenden Vertretern der Klägerin zu verhindern. Letztlich entscheidend ist aber auch insoweit, dass die Möglichkeit der Beiratserrichtung und mithin die Möglichkeit von Doppelstrukturen bereits in der Satzung angelegt ist.



  • 4.2. Der Senat vermag auch der Ansicht der Klägerin nicht zu folgen, die Ausübung des Stimmrechts durch die Beklagte zu 2) sei treuwidrig, da damit die Sperrminorität der Klägerin beseitigt werden sollte:

Sofern - wie die Klägerin behauptet - der Beirat ebenso wie die Gesellschafterversammlung stets mit einer Mehrheit von mehr als 80 % der abgegebenen Stimmen zu entscheiden hat, ist eine Beeinträchtigung der Einflussmöglichkeiten der Klägerin mit der Einrichtung des Beirats nicht verbunden. Dass unter dieser Prämisse allein die - untaugliche - Verfolgung der Absicht, die Sperrminorität zu beseitigen, schon zur Treuwidrigkeit führt, ist für den Senat nicht erkennbar.


Aber auch wenn der Beirat - wie die Beklagte zu 2) behauptet - mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen Beschlüsse fasst, ist die Ausübung des Stimmrechts durch die Beklagte zu 2) nicht treuwidrig: Denn auch dieses Ergebnis wäre dann bereits in der Satzung selbst angelegt. Der Wille der Beklagten zu 2), von einer bereits in der Satzung verankerten Möglichkeit Gebrauch zu machen, erscheint nicht treuwidrig. Entgegen der Ansicht der Klägerin ist damit auch kein Entzug von Minderheitsrechten verbunden: Denn damit wird keine neue Regelung geschaffen, die Rechte der Minderheiten beschneidet. Vielmehr wird lediglich die nach der Satzung bereits vorhandene Möglichkeit der Beschränkung des Einflusses der Minderheitsgesellschafter umgesetzt. Sofern man einen Eingriff in die Mitgliedschaftsrechte der Minderheitsgesellschafter sieht, könnte dieser allenfalls 1990 in der Satzungsänderung über die Einrichtung und Ausgestaltung des Beirats liegen. Diese Satzungsänderungen wurden aber unstreitig von allen damaligen Gesellschaftern, also auch von den Minderheitsgesellschaftern, einstimmig beschlossen.



Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der von der Klägerin angeführten Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 29.3.1993 (NJW 1993, S. 2181): Eine Verfolgung "grob eigensüchtiger Ziele", die zum Vorwurf des "individuellen Rechtsmissbrauchs" führt, vermag der Senat vorliegend bei der Beklagten zu 2) nicht zu erkennen. Ob die von der Beklagten zu 2) behauptete Anpassung und Verbesserung der Governance Strukturen und Beschleunigung von Entscheidungsabläufen tatsächlich erforderlich ist und mit einem Beirat erreicht werden kann, mag diskutabel sein. Aber selbst wenn es der Beklagten zu 2) tatsächlich im Wesentlichen darum geht, Entscheidungen einfacher und ohne Sperrminoritäten treffen zu können, ist ein reines Schädigungsinteresse weder im Hinblick auf die anderen  Gesellschafter noch im Hinblick auf die Gesellschaft selbst zu erkennen. Die bloße Verfolgung eigener Interessen durch Einrichtung eines in der Satzung vorgesehenen Beirats ist jedenfalls noch kein treuwidriger individueller Rechtsmissbrauch.



Auch wenn es - wie die Klägerin behauptet - vor der Satzungsänderung 1990 einen Beschluss oder eine sonstige Vereinbarung der damaligen Gesellschafter gab, die Sperrminoritäten der Minderheitsgesellschafter nicht zu beeinträchtigen, führt das nicht zur Treuwidrigkeit der Beschlussfassung über die Einrichtung des Beirats: Der Senat verkennt dabei nicht, dass ein Mehrheitsbeschluss anfechtbar sein kann, wenn sich alle Gesellschafter - schuldrechtlich untereinander - verpflichtet hatten, die beschlossene Geschäftstätigkeit zu unterlassen (BGH NJW 1983, S. 1910, 1911; BGH NJW 1987, S. 1890, 1892; Schmidt in: Scholz, a.a.O., § 45 Rz. 116). Vorliegend käme eine Anfechtung mithin in Betracht, wenn sich sämtliche (aktuellen) Gesellschafter verpflichtet hätten, die Einrichtung des Beirats zu unterlassen. Eine derartige Vereinbarung wird aber auch von der Klägerin nicht behauptet. Der von der Klägerin als Anlage K 10 vorgelegte Beschluss vom 18.01.1990 setzt gerade voraus, dass ein Beirat eingerichtet werden kann. So lautet Ziff 4 der Anlage K 10: "Bei der ... wird ein Gesellschafterausschuss / Beirat in der von der ... vorgeschlagenen Form gebildet". Ob dieser Beschluss die aktuellen Gesellschafter überhaupt bindet, kann daher dahingestellt bleiben. Auch aus der von Klägerin als Anlage K 20 vorgelegten Vereinbarung vom 09.05.1990 ergibt sich keine Verpflichtung, die Einrichtung eines Beirats zu unterlassen.


Sollte, wie von der Klägerin behauptet, die damalige Mehrheitsgesellschafterin ... 1989 oder 1990 den damaligen Minderheitsgesellschaftern zugesagt haben, dass in einem Beirat mit einer Mehrheit von mehr als 80 % der abgegeben Stimmen entschieden werde, führt dies ebenfalls nicht zur Anfechtbarkeit des Beschlusses vom 04.03.2011. Denn auch diese Zusage setzt gerade voraus, dass ein Beirat eingerichtet werden kann. Damit deckt sich auch die spätere Zustimmung aller Gesellschafter zur entsprechenden Satzungsänderung.



  • 4.3. Die Abstimmung durch die Beklagte zu 2) ist schließlich auch nicht deshalb treuwidrig, weil sich die ursprünglichen Erwägungen für die Einführung eines Beirats erledigt hätten.

Die Klägerin behauptet, die Satzungsbestimmungen über die Einrichtung eines Beirats seien auf Wunsch der ... geschaffen worden, um auch bei Tod oder sonstigem Ausscheiden der Gründungsgesellschafter eine professionelle Entscheidungsfindung sicherstellen zu können. Diese Erwägungen hätten sich erledigt. Insbesondere habe Herr ...  - als einziger Minderheitsgesellschafter, der allein die Sperrminorität hatte -, seine Anteile in die Klägerin, mithin eine ebenfalls institutionelle Einheit, eingebracht.


Jedoch kommt es nach Ansicht des Senats hierauf nicht an: Die von der Klägerin behaupteten Erwägungen haben jedenfalls keinen Eingang in die Satzungsbestimmungen gefunden. § 15 Ziff 1 der Satzung sieht ein gestuftes System für die Einrichtung des Beirats vor. Solange noch mehr als ein Gesellschafter Geschäftsführer ist, kann ein Beirat nicht eingerichtet werden. Wenn noch ein Gesellschafter Geschäftsführer ist, kann ein Beirat eingerichtet werden, sofern alle Gesellschafter zustimmen. Erst wenn kein Gesellschafter mehr Geschäftsführer ist, genügt ein Beschluss mit einfacher Mehrheit. Eine weitergehende Voraussetzung, dass ein Gründungsgesellschafter verstorben ist und der Geschäftsanteil mithin an einen Erben gefallen ist, lässt sich der Satzung nicht entnehmen. Auch in dem Beschluss vom 18.01.1990 (Anlage K 10) und in der Vereinbarung vom 09.05.1990 (Anlage K 20) findet sich keine derartige Klausel. Dass eine sonstige bindende Vereinbarung dieses Inhalts zwischen den damaligen Gesellschaftern getroffen worden wäre, behauptet auch die Klägerin nicht.



Damit bleibt es letztlich eine Frage der Zweckmäßigkeit und des unternehmerischen Ermessens, ob der Beirat eingerichtet werden soll. Anhaltspunkte, dass die Grenzen des unternehmerischen Ermessens überschritten wären, sind für den Senat nicht ersichtlich.



  • 5. Entgegen der Ansicht der Klägerin ist der Beschluss auch nicht wegen Verwirkung anfechtbar:


  • 5.1. Ein Recht ist verwirkt, wenn sich der Schuldner wegen der Untätigkeit des Gläubigers über einen gewissen Zeitraum hin bei objektiver Beurteilung darauf einrichten darf und eingerichtet hat, dieser werde sein Recht nicht mehr geltend machen, so dass die verspätete Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstößt. Zu dem Zeitablauf müssen besondere auf dem Verhalten des Berechtigten beruhende Umstände hinzutreten, die das Vertrauen des Verpflichteten rechtfertigen, der Berechtigte werde seinen Anspruch nicht mehr geltend machen (BGH NJW 2009, S. 847, 849; BGH NJW 2010, S. 1047, 1076; BGH NJW 1999, S. 2268).


Vorliegend fehlt es bereits an einem Recht, das der Verwirkung zugänglich ist. Grundsätzlich können Gegenstand der Verwirkung nur subjektive Rechte sein. Dingliche Rechte als solche unterliegen nicht der Verwirkung, ebenso wenig Mitgliedschaftsrechte selbst, sondern nur die daraus folgenden Ansprüche (Roth/Schubert, Münchener Kommentar zum BGB, 6. Auflage 2012, § 242 Rz. 331; Grüneberg in: Palandt, BGB, 71. Auflage 2012, § 242 Rz. 88). Die Möglichkeit, einen Beirat einzurichten, ergibt sich aus § 15 Ziff. 1 der Satzung. Notwendig dafür ist ein Beschluss der Gesellschafterversammlung. Insoweit handelt es sich nicht um ein subjektives, gerade der Beklagten zu 2) eingeräumtes Recht, sondern eine körperschaftliche Regelung der Satzung. Dass die Beklagte zu 2) faktisch die Einrichtung des Beirats erzwingen kann, ist Folge der Mehrheitsverhältnisse in der Gesellschafterversammlung, macht aber aus § 15 Ziff. 1 der Satzung kein subjektives Recht der Beklagten zu 2).



Allerdings könnte die Stimmabgabe durch die Beklagte zu 2) treuwidrig sein, wenn sie über einen langen Zeitraum nach Ausscheiden des letzten Gesellschafters als Geschäftsführer die Einrichtung eines Beirats nicht betrieben hat, und die Mitgesellschafter aufgrund besonderer Umstände darauf vertraut haben und vertrauen durften, dass ein Beirat nicht mehr installiert würde (vgl. BGH NJW 1999, S. 2268, wonach die Feststellungsklage einer Gesellschaft wegen Verwirkung abzuweisen sein kann, wenn ein Gesellschafter auf die fehlende Umsetzung eines Beschlusses vertrauen durfte; sowie BGH, Beschluss vom 30.11.2010, VI ZB 30/10, zitiert nach Juris Tz.9, wonach auch ein fristgebundenes Rechtsmittel verwirkt werden kann). Denkbar wäre auch, unter diesen Voraussetzungen die Stimmabgabe der Beklagten zu 2) als Verstoß gegen das Verbot widersprüchlichen Verhaltens zu werten (vgl. zu dieser Fallgruppe des  § 242 BGB Grüneberg in Palandt, a.a.O., § 242 Rz. 88).



Jedoch ergibt sich vorliegend auch unter diesem Aspekt keine Treuwidrigkeit: Ob die vier Jahre zwischen dem Ausscheiden des letzten Gesellschafters als Geschäftsführer am 1.1.2007 und der Beschlussfassung am 04.03.2011 bereits einen hinreichend langen Zeitraum darstellen, erscheint fraglich, bedarf aber keiner Entscheidung. Jedenfalls fehlt es an besonderen Umständen, aufgrund derer die Klägerin hätte darauf vertrauen dürfen, dass kein Beirat mehr eingerichtet würde.



Die Tatsache, dass in der 2009 beschlossenen Satzung der ... keine Regelungen über die Errichtung eines Beirats vorgesehen waren, ist ohne Bedeutung. Es handelt sich um die Satzung einer anderen Gesellschaft, die in einem anderen Markt tätig ist, an der auch nicht die identischen Gesellschafter beteiligt sind und die eine teilweise andere Corporate Governance Struktur aufweist.



Schließlich konnte die Klägerin auch nicht aus der 2009 diskutierten Änderung der Satzung der Beklagten zu 1) schließen, dass kein Beirat mehr eingerichtet würde. Unstreitig wurde 2009 eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die einen neuen Satzungsentwurf oder zumindest ein Arbeitspapier für die Überarbeitung der Satzung der Beklagten zu 1) erstellte. In diesem Entwurf bzw. Arbeitspapier fehlten die Regelungen über den Beirat. Ein Vertrauenstatbestand ergibt sich daraus aber für die Klägerin nicht. Denn unstreitig wurde dieser Entwurf gerade nicht umgesetzt. Zudem wurde der Entwurf auch nach dem Vortrag der Klägerin (Schriftsatz vom 5.07.2010, S. 23 f, Bl. 776 f der Akten) nicht von einem vertretungsberechtigten Organ der Beklagten zu 2), sondern vom Leiter der Konzernrechtsabteilung der ... verantwortlich ausgearbeitet. Dass es nach Vorlage des Satzungsentwurfs oder Arbeitspapiers einen Beschluss der Gesellschafter der Beklagten zu 1) gegeben hätte, diese Änderungen umzusetzen, behauptet auch die Klägerin nicht. Vielmehr trägt sie selbst vor, der Beschluss sei  "von der Gesellschafterversammlung noch nicht verabschiedet worden"  (Schriftsatz vom 5.07.2012, S. 24, Bl. 777 der Akten). Allein die Tatsache, dass der Entwurf, wie die Klägerin behauptet, nicht kontrovers diskutiert wurde, sondern liegen geblieben ist, begründet keinen Vertrauenstatbestand. Zudem hätte die Satzungsänderung nach § 53 Abs. 2 GmbHG der notariellen Beurkundung bedurft. Dass die Beklagte zu 2) die Klägerin über die Formbedürftigkeit getäuscht oder die Beurkundung treuwidrig verhindert hätte, ist nicht ersichtlich. Vielmehr hat die Klägerin vorgetragen, die Satzungsänderung sei deshalb nicht durchgeführt worden, weil die Expansion nach China Vorrang genoss. Wenn der Klägerin die Satzungsänderung wichtig war, hätte sie ohne Weiteres auf einen notariell beurkundeten Beschluss drängen können. Solange sie dies nicht tat, durfte sie aus der bloßen Untätigkeit der Beklagten zu 2) nicht schließen, ein Beirat werde nicht mehr eingerichtet werden.



Soweit der Geschäftsführer der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 21.06.2012 erklärt hat, bei Gesprächen zwischen ihm und Herrn ... von der ... habe Einigkeit darüber bestanden, dass die Organe Gesellschafterausschuss und Beirat im Wesentlichen identisch mit der Gesellschafterversammlung seien und deshalb in der Satzung gestrichen werden könnten, kommt es darauf nicht an. Weder Herr ... noch Herr ... sind Gesellschafter der Beklagten zu 1). Eine Einigkeit zwischen ihnen kann den Gesellschafterbeschluss über eine Satzungsänderung nicht ersetzen und auch keinen Vertrauenstatbestand begründen.



Schließlich ist auch nicht ersichtlich, dass die Klägerin im Vertrauen darauf, ein Beirat werde nicht mehr eingerichtet, schutzwürdige Dispositionen getroffen hätte. Soweit die Klägerin vorträgt, sie hätte ihre Zustimmung zur Satzung der ... nicht gegeben, erscheint dies als eine jedenfalls nicht schutzwürdige Verknüpfung zwischen den Interessen zweier verschiedener Gesellschaften. Darüber hinaus ist die Klägerin ohnehin nicht selbst Gesellschafterin der .... 



Schließlich kommt es - entgegen der Ansicht der Klägerin (Schriftsatz vom 05.07.2012, S. 20 ff., Bl. 773 ff. der Akten) - nicht darauf an, ob ab dem Ausscheiden des Herrn ... als Geschäftsführer die Gesellschafter der Beklagten zu 1) nur noch als "Gesellschafterversammlung" oder noch als "Gesellschafterausschuss" getagt haben. Auch wenn ab diesem Zeitpunkt nur noch die Bezeichnung "Gesellschafterversammlung" gewählt wurde, lässt sich daraus nichts für die spätere Einrichtung eines Beirats ableiten. Es erschließt sich dem Senat nicht, weshalb die Klägerin allein deshalb hätte darauf vertrauen dürfen, ein Beirat werde nicht mehr eingerichtet.




  • 5.2. Entgegen der Ansicht der Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 5.07.2012 (S. 17 ff, Bl. 770ff der Akten) ergibt sich auch aus der Rechtsprechung zur Unwirksamkeit von Klauseln zur Hinauskündigung eines Gesellschafters nichts anderes: Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine gesellschaftsvertragliche Regelung, die einem Gesellschafter oder der Gesellschaftermehrheit das Recht einräumt, einen Mitgesellschafter ohne sachlichen Grund aus der Gesellschaft auszuschließen, grundsätzlich nach § 138 BGB nichtig, sofern nicht besondere Gründe vorliegen (BGH NJW 2005, S. 3644 ff, 3645; NJW 1989, S. 834 f). Auch wenn derartige besondere Gründe vorliegen, kann das Recht zur zeitlich unbefristeten Hinauskündigung auf eine nach Treu und Glauben angemessene Geltungsdauer zu beschränken sein (BGH NJW 1989, S. 834, 846). Zur Begründung verweist der Bundesgerichtshof darauf, dass die - zeitlich - freie Ausschließungsmöglichkeit von dem Gesellschafter als "Disziplinierungsmittel" empfunden werden kann, das ihn daran hindert, von seinen Mitgliedschaftsrechten nach eigener Entscheidung Gebrauch zu machen (BGH NJW 2005, S. 3644, 3645).


Damit ist die vorliegenden Satzungsregelung nicht vergleichbar, worauf auch die Beklagte zu 2) in ihrem Schriftsatz vom 30.07.2012 (Bl. 792 ff. der Akten) zutreffend hinweist: Auch wenn der Beirat - wie von der Beklagten zu 2) vorgetragen - mit einer einfachen Mehrheit der Stimmen entscheiden könnte, würde dies die Rechtsposition der Klägerin und der Beklagten zu 3) bis 5) nicht in vergleichbarer Weise beeinträchtigen wie eine Hinauskündigung. Die Klägerin und die Beklagten zu 3) bis 5) behalten ihre Stellung als Gesellschafter und bleiben am wirtschaftlichen Ergebnis der Gesellschaft in gleicher Weise beteiligt wie zuvor. Auch ändern sich für Beschlüsse der Gesellschafterversammlung die erforderlichen Stimmenverhältnisse nicht. Letztlich ist die zeitlich unbegrenzt mögliche Einrichtung eines Beirats auch kein "Disziplinierungsmittel", das einer jederzeit drohenden Hinauskündigung vergleichbar wäre.




  • 6. Soweit die Klägerin hilfsweise Nichtigkeitsfeststellungsklage erhoben hat, ist diese ebenfalls unbegründet. Nichtigkeitsgründe sind weder ausdrücklich geltend gemacht noch sonst ersichtlich.





B. Feststellungsklagen



  • 1. Soweit das Landgericht in Ziff. 2 des Tenors festgestellt hat, dass der Beirat stets mit einer Mehrheit von mehr als 80 % der abgegebenen Stimmen abstimmt, ist diese Feststellung in Richtung auf die Beklagten zu 3) - 5) rechtskräftig. In Richtung auf die Beklagten zu 1) und zu 2) hat deren Berufung Erfolg. Insoweit war das Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.


  • 1.1. Die Feststellung des Landgerichts in Ziff. 2 des Tenors ist im Hinblick auf die Beklagten zu 3) bis 5) rechtskräftig. Die Beklagten zu 3) bis 5) haben keine Berufung eingelegt. Die Berufung durch die Beklagten zu 1) und zu 2) hindert die Rechtskraft nicht, da eine notwendige Streitgenossenschaft zwischen den Beklagten nicht vorliegt (vgl. Hüßtege in: Thomas/Putzo, ZPO, Kommentar, 33. Auflage 2012, § 62 Rz. 24 und § 61 Rz. 17). Eine materiell-rechtlich notwendige Streitgenossenschaft liegt vor, wenn die Klage eines einzelnen oder gegen einen einzelnen der Streitgenossen daran scheitern würde, dass ihnen die Aktiv- oder Passivlegitimation zur Führung des Prozesses fehlt. Aus prozessualen Gründen notwendig ist die Streitgenossenschaft, wenn zwar eine Klage durch oder gegen einen einzelnen Streitgenossen möglich ist, der Einzelprozess aber aufgrund besonderer Vorschriften Rechtskraftwirkung auch bezüglich der anderen Streitgenossen hat (BGH NJW 1959, S. 1683; BGH, Urteil vom 14.4.2010, IV ZR 135/08, zitiert nach Juris Tz. 17). An diesen Voraussetzungen fehlt es. Es handelt sich um eine allgemeine Feststellungsklage darüber, mit welchen Mehrheiten der Beirat zu entscheiden hat. Eine Rechtskrafterstreckung auf nicht beteiligte Gesellschafter erfolgt nicht. Insbesondere findet § 248 AktG keine, auch keine analoge Anwendung. Allein dass aus Gründen der Logik eine einheitliche Entscheidung wünschenswert wäre, genügt nicht für die Annahme einer notwendigen Streitgenossenschaft (BGH NJW 1959, S. 1683; BGH, Urteil vom 14.4.2010, IV ZR 135/08, zitiert nach Juris Tz. 17).


  • 1.2. Die Feststellungsklage, soweit über sie noch nicht rechtskräftig entschieden ist, war als unzulässig abzuweisen, da die Beklagten zu 1) und zu 2) wirksam die Schiedseinrede erhoben haben:


  • 1.2.1. Nach § 28 der Satzung der Beklagten zu 1) (Anlage K 3) entscheidet über alle Streitigkeiten zwischen Gesellschaftern oder zwischen der Gesellschaft und Gesellschaftern, welche den Gesellschaftsvertrag, das Gesellschaftsverhältnis oder die Gesellschaft betreffen, mit Ausnahme von Beschlussmängelstreitigkeiten unter Ausschluss des ordentlichen Rechtswegs ein Schiedsgericht. Zudem haben die Beklagte zu 1) und ihre Gesellschafter sowie die an den Gesellschaftern beteiligten natürlichen Personen den als Anlage B 1 vorgelegten Schiedsvertrag zum Gesellschaftsvertrag der ... abgeschlossen.

Die Beklagte zu 1) und die Beklagte zu 2) haben in der mündlichen Verhandlung vom 19.07.2011 (s. Protokoll S. 5, Bl. 197 der Akten) vor Stellung der Anträge und damit rechtzeitig nach § 1032 Abs. 1, § 137 Abs. 1 ZPO die Schiedseinrede erhoben. Eine Erhebung bereits innerhalb der Klageerwiderungsfrist ist nicht erforderlich  (BGH NJW 2001, S. 2176).



  • 1.2.2. Entgegen der Ansicht der Klägerin gilt die Schiedsvereinbarung auch für Streitigkeiten zwischen mehr als zwei Parteien. Schiedsklauseln sind, wie andere Satzungsregelungen mit körperschaftlichem Charakter, objektiv anhand des Wortlauts, von Sinn und Zweck der Regelung und der Systematik auszulegen (BGH NJW 1994, S. 51, 52; BGH NJW 2009, S. 1962, 1965). Nach dem Wortlaut des § 28 der Satzung ebenso wie des § 1 des Schiedsvertrags (Anlage B 1) ist eine Beschränkung auf Rechtsstreitigkeiten zwischen zwei Parteien nicht ersichtlich. Gerade umgekehrt werden Streitigkeiten zwischen der Gesellschaft und Gesellschaftern ausdrücklich angeführt. Daran ändert die Tatsache nichts, dass in den §§ 2 ff. des Schiedsvertrags von der "klagenden Partei" und der "beklagten Partei" gesprochen wird. Dies dient ersichtlich der sprachlichen Vereinfachung, ohne dass dadurch eine Beschränkung der bereits in § 1 des Schiedsvertrags geregelten Zuständigkeit des Schiedsgerichts gewollt ist.

Für diese Auslegung spricht auch Sinn und Zweck der Regelung. Gewollt ist eine möglichst weitgehende Zuständigkeit des Schiedsgerichts, wie sich aus § 28 Satz 1 der Satzung "alle Streitigkeiten" und der Präzisierung in Satz 2 "Dies gilt auch für Streitigkeiten über die Wirksamkeit, Durchführung und Beendigung des Gesellschaftsvertrages, einzelner Vertragsbestimmungen oder etwaiger Nachträge" ergibt. Zudem dient eine Schiedsklausel dazu, dass Rechtsstreitigkeiten unter Vermeidung eines länger dauernden Instanzenzugs beschleunigt und mit kalkulierbarem Kostenaufwand entschieden werden. Im Zweifel sind daher Abreden, die Meinungsverschiedenheiten aus einem Vertrag allgemein einem Schiedsgericht zuweisen, weit auszulegen (BGH NJW-RR 2002, S. 387; BGH NJW 1970, S. 1046, 1047). Auch diese Überlegungen sprechen dafür, dass vorliegend auch Streitigkeiten zwischen mehreren Parteien von der Schiedsklausel des § 28 der Satzung umfasst sein sollen. Streitigkeiten innerhalb einer Gesellschaft beschränken sich eher selten auf zwei Parteien. In aller Regel betreffen die Streitigkeiten mehrere Gesellschafter und zusätzlich die Gesellschaft selbst. Würde § 28 der Satzung nur Streitigkeiten zwischen zwei Parteien umfassen, ergäbe sich tatsächlich ein nur geringer Anwendungsbereich für die Schiedsklausel. Darüber hinaus hätte es bei einer derartigen Auslegung der jeweilige Kläger in der Hand, durch das Anstrengen mehrerer Verfahren jeweils gegen einzelne Gesellschafter - anstelle eines einheitlichen Verfahrens gegen alle betroffenen  Gesellschafter - die Zuständigkeit des Schiedsgerichts auszuschließen. Auch dies widerspricht dem erkennbaren Zweck von § 28 der Satzung.



  • 1.2.3. Der Feststellungsantrag, dass der Beirat stets mit einer Mehrheit von mehr als 80% der abgegebenen Stimmen zu entscheiden habe, gehört zu den dem Schiedsgericht zugewiesenen Streitigkeiten:


  • 1.2.3.1. Nach § 28 Satz 2 der Satzung ist das Schiedsgericht zuständig für Streitigkeiten über die Wirksamkeit und Durchführung des Gesellschaftsvertrages und einzelner Bestimmungen. Darunter fällt auch ein Rechtsstreit über die erforderlichen Mehrheiten für Beiratsbeschlüsse. Maßgeblich ist insoweit, wie verschiedene Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags und insbesondere §17 Ziff. 3 der Satzung auszulegen sind.


  • 1.2.3.2. Entgegen der Ansicht der Klägerin ergibt sich auch nichts anderes daraus, dass in § 28 Satz 1 der Satzung die Zuständigkeit des Schiedsgerichts für "Beschlussmängelstreitigkeiten" ausgeschlossen ist:


Nach dem Wortlaut des § 28 Satz 1 der Satzung sind nur "Beschlussmängelstreitigkeiten" ausgenommen. Zu den Beschlussmängelstreitigkeiten zählen die Anfechtungs-, die Nichtigkeits- und die positiven Beschlussfeststellungsklagen entsprechend §§ 241 ff AktG, nicht aber die einfache Feststellungsklage unter Gesellschaftern nach § 256 ZPO (BGH NJW 2001, S. 2176, BGH NJW 1996, S. 1753). Die vorliegend erhobene Feststellungsklage ist eine allgemeine Feststellungsklage nach § 256 ZPO. Ein Zusammenhang mit einem konkreten Beschluss ist nicht gegeben. Die Parteien streiten nicht um die Wirksamkeit, Anfechtbarkeit oder den Inhalt eines Beschlusses. Vielmehr soll allgemein für die Zukunft geklärt werden, wie § 17 Ziff. 3 der Satzung auszulegen und welche Mehrheitsverhältnisse erforderlich sind. Eine Beschlussmängelstreitigkeit liegt mithin nicht vor. Nach dem Wortlaut verbleibt es somit bei der Zuständigkeit des Schiedsgerichts.



Nicht zu folgen ist der Auslegung der Klägerin, dass zu den "Beschlussmängelstreitigkeiten" auch Feststellungsklagen über Rechtsverhältnisse, die für spätere Beschlussmängelstreitigkeiten präjudiziell sein können, gehören. Dabei kann zugunsten der Klägerin davon ausgegangen werden, dass Beiratsbeschlüsse durch Anfechtungsklagen anzugreifen wären (vgl. BGH NJW 1965, S. 1378 ff. und Lutter in: Lutter/ Hommelhoff, a.a.O., § 52 Rz. 116; a.A. u.a. Zöllner in: Baumbach/Hueck, a.a.O., Anh § 47 Rz. 8).



Gegen die Auslegung der Klägerin spricht bereits der Wortlaut des § 28 Satz 1 der Satzung, der solche Klagen gerade nicht umfasst.



Gegen eine derartige Auslegung spricht auch Sinn und Zweck der Schiedsklausel: Wie bereits ausgeführt (s. oben Ziff. 1.2.2) ist die Schiedsklausel weit gefasst. Sinn ist es offensichtlich, möglichst umfassend Rechtsstreitigkeiten zwischen der Gesellschaft und / oder Gesellschaftern dem Schiedsgericht zuzuweisen. Zudem sind Schiedsklauseln weit auszulegen (s. oben Ziff. 1.2.2). Damit ist die Auslegung der Klägerin nicht vereinbar: Präjudiziell für spätere Beschlussmängelstreitigkeiten können sehr viele verschiedene Fragen sein. Streitigkeiten über die Auslegung der Satzung, insbesondere über notwendige Mehrheitsverhältnisse und Zuständigkeiten sind präjudiziell für die Wirksamkeit von Beschlüssen. Bei einer solchen Auslegung hätte mithin die als Ausnahme konzipierte Einschränkung in § 28 Satz 1 der Satzung einen überaus großen Anwendungsbereich. Umgekehrt würde die Zuständigkeit der Schiedsgerichte deutlich eingeschränkt. Mit dem  Sinn und Zweck der Regelung in § 28 der Satzung ist dies nicht vereinbar.



  • 1.2.3.3. Zu berücksichtigen ist zudem, dass die Regelung in § 28 der Satzung erkennbar dazu dient, der (inzwischen überholten) Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 1996 zur Schiedsfähigkeit von Beschlussmängelstreitigkeiten Rechnung zu tragen. In der ursprünglichen Fassung der Schiedsklausel wurde für alle Streitigkeiten, die sich aus der Satzung und bei Auflösung der Gesellschaft ergeben, der ordentliche Rechtsweg ausgeschlossen und die Zuständigkeit der Schiedsgerichte vereinbart (s. § 21 der Satzung vom März 1988, Anlage K 1). Die Ausnahmeregelung für Beschlussmängelstreitigkeiten wurde durch Satzungsänderung erst 2002 eingefügt. Dies erscheint ohne Weiteres nachvollziehbar im Hinblick auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 29.03.1996 (NJW 1996, S. 1753 ff.). In dieser Entscheidung hat der Bundesgerichtshof ausdrücklich klargestellt, dass er trotz der inzwischen in der Literatur vertretenen anderweitigen Ansicht Beschlussmängelstreitigkeiten nicht für schiedsfähig erachtet. Zur Begründung verweist der Bundesgerichtshof darauf, dass es Sache des Gesetzgebers wäre zu regeln, wie das schiedsgerichtliche Verfahren und die Beteiligungsmöglichkeiten im Einzelnen ausgestaltet sein müssten, um die analoge Anwendung der §§246 ff AktG auf die Tätigkeit privater Schiedsgerichte zu rechtfertigen (BGH NJW 1996, S. 1753, 1756).


Mit der Ausnahmebestimmung in § 28 Satz 1 der Satzung für "Beschlussmängelstreitigkeiten" sollte offensichtlich verhindert werden, dass die Schiedsklausel aufgrund der vorgenannten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs jedenfalls teilweise unwirksam wäre. An der grundsätzlichen Zielrichtung der Schiedsklausel, Streitigkeiten zwischen der Gesellschaft und / oder Gesellschaftern möglichst weitgehend der Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte zu entziehen, ändert dies nichts.


Auch vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass die von der Klägerin erhobene allgemeine Feststellungsklage in die Zuständigkeit des Schiedsgerichts fällt. Die allgemeine Feststellungsklage zwischen Gesellschaftern hat gerade keine Rechtskraftwirkung entsprechend § 248 AktG. Der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 29.03.1996 (NJW 1996, S. 1753) ausdrücklich klargestellt, dass anders als Beschlussmängelstreitigkeiten die "einfache" Feststellungsklage zwischen Gesellschaftern schiedsfähig ist (bestätigt auch in BGH NJW 2001, S. 2176, 2177). Auch eine allgemeine Feststellungsklage über Rechtsverhältnisse, die für spätere Beschlussmängelstreitigkeiten präjudiziell sein können, hat nur Wirkung inter partes und ist damit - auch unter Zugrundelegung der Entscheidung des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 1996 - schiedsfähig (vgl. auch Geimer in Zöller, ZPO; 29. Auflage 2012, § 1030 Rz. 9). Ein Anlass, die Ausnahme "Beschlussmängelstreitigkeiten" auch auf allgemeine Feststellungsklagen - über präjudizielle Rechtsverhältnisse - auszudehnen, ist mithin nicht ersichtlich.



  • 1.2.3.4. Der Senat vermag auch nicht zu erkennen, dass, wie die Klägerin meint, die Zuständigkeit der staatlichen Gerichte bei der Entscheidung über Beschlussmängelstreitigkeiten ausgehöhlt würde, wenn die vorliegend erhobenen Feststellungsanträge in die Zuständigkeit der Schiedsgerichts fallen. Eine Bindung der staatlichen Gerichte an einen vorhergehenden Schiedsspruch kommt nur in Betracht, wenn der Schiedsspruch zwischen den Parteien ergangen ist, die im späteren gerichtlichen Verfahren ebenfalls als Parteien auftreten. Aber selbst wenn dies der Fall ist, verbleiben dem staatlichen Gericht substantielle Prüfungsmöglichkeiten. Zwar wären dann die Zuständigkeit des Beirats und die erforderlichen Mehrheiten nicht mehr zu prüfen. Immer noch zu entscheiden wäre aber außer den Formalien beispielsweise der Verstoß eines oder mehrerer Gesellschafter gegen die gesellschaftliche Treuepflicht bei der Stimmabgabe.

Zudem können die staatlichen Gerichte, solange kein nach § 1055 ZPO bindender Schiedsspruch vorliegt, im Rahmen der Beschlussmängelstreitigkeiten auch über Vorfragen selbst entscheiden (vgl. Voit in: Musielak, a.a.O., § 1032 Rz. 6).



  • 1.2.3.5. Entgegen der Ansicht der Klägerin u.a. in ihrem Schriftsatz vom 5.07.2012 (Bl. 754 ff.) der Akten führt die Auslegung des Senats auch nicht dazu, dass die Schiedsklausel nach § 138 BGB ganz oder teilweise unwirksam wäre:


Nach der aktuellen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH NJW 2009, S. 1962 ff) sind auch Beschlussmängelstreitigkeiten grundsätzlich schiedsfähig. Da ein Schiedsspruch über Beschlussmängelstreitigkeiten analog § 248 Abs. 1 Satz 1, § 249 Abs. 1 Satz 1 AktG Inter-omnes-Wirkung hat, muss die Schiedsklausel am Maßstab des § 138 BGB gemessen gewisse Mindeststandards erfüllen. Die Schiedsklausel ist nur wirksam, wenn sichergestellt ist, dass sämtliche Gesellschafter über die Einleitung und den Verlauf des Schiedsverfahrens informiert werden, an der Auswahl und Bestellung der Schiedsrichter mitwirken können, und dass sämtliche denselben Streitgegenstand betreffenden Beschlussmängelstreitigkeiten bei einem Schiedsgericht konzentriert werden.



Diese Anforderungen erfüllen § 28 der Satzung und der als Anlage B 1 vorgelegte Schiedsvertrag nicht, worauf die Klägerin zutreffend hinweist. Daraus lässt sich aber nicht schließen, dass die Schiedsklausel nach § 138 BGB unwirksam ist, wenn Feststellungsklagen über - für spätere Beschlussmängelstreitigkeiten - präjudizielle Rechtsverhältnisse den Schiedsgerichten zugewiesen sind:


Die allgemeine Feststellungsklage hat nur Wirkung inter partes (BGH NJW 2001, S. 2176, 2177; NJW 1999, S. 2268). Daran ändert sich nichts, wenn es um Rechtsverhältnisse geht, die für spätere Beschlussmängelstreitigkeiten präjudiziell sind. Auch eine "faktische" Inter-omnes-Wirkung vermag der Senat nicht zu erkennen. Zwar sind an dem von der Beklagten zu 2) bereits angestrengten Schiedsverfahren die Gesellschaft und sämtliche Gesellschafter beteiligt. Dennoch wirkt auch ein dort ergehender Schiedsspruch nur inter partes, also etwa nicht im Verhältnis zu Gesellschaftsorganen oder im Verhältnis der Beklagten untereinander. Damit besteht auch nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshof kein Anlass, insoweit an die Schiedsklausel besondere Anforderungen zu stellen: Entweder die jeweiligen späteren Parteien einer Beschlussmängelstreitigkeit waren bereits Partei des Schiedsverfahrens. Dann hat der Schiedsspruch über ein präjudizielles Rechtsverhältnis zwar Rechtskraftwirkung, die auch im Rahmen der Beschlussmängelstreitigkeit vor dem staatlichen Gericht zu beachten ist. In diesem Fall sind die Parteien jedoch nicht schutzbedürftig, da sie am Schiedsverfahren als Partei teilgenommen haben. Oder die Beschlussmängelstreitigkeit vor den staatlichen Gerichten wird zwischen anderen Parteien geführt. Dann besteht keine Bindung der staatlichen Gerichte an einen früheren, zwischen anderen Parteien ergangenen Schiedsspruch.



Entgegen der Ansicht der Klägerin unter anderem in ihrem Schriftsatz vom 05.07.2012, S. 2 ff (Bl. 755 ff der Akten) führt auch die von ihr behauptete "potenzielle" Inter-omnes-Wirkung einer Feststellungsklage über präjudizielle Rechtsverhältnisse nicht zu einem anderen Ergebnis. Denkbar ist, dass in einem Schiedsverfahren - etwa über erforderliche Zuständigkeiten und Mehrheitsverhältnisse - entschieden wird. Dieser Schiedsspruch hat Bindungswirkung, wenn in einer späteren Beschlussmängelstreitigkeit zwischen den gleichen Parteien diese Vorfragen zu berücksichtigen sind. Die Entscheidung des staatlichen Gerichts über die Beschlussmängelstreitigkeit hat sodann entsprechend § 248 Abs. 1, § 249 Abs. 1 AktG Inter-omnes-Wirkung, wirkt mithin auch gegen Gesellschafter, die am Schiedsverfahren nicht beteiligt waren und die Entscheidung des Schiedsgerichts über die präjudizielle Rechtsfrage nicht beeinflussen konnten. Diese "potenzielle" Inter-omnes-Wirkung nötige, so die Klägerin, dazu, dass Feststellungsklagen über - für spätere Beschlussmängelstreitigkeiten - präjudizielle Rechtsverhältnisse nur dann schiedsfähig seien, wenn die vom Bundesgerichtshof in seiner aktuellen Rechtsprechung (NJW 2009, S. 1962 ff) aufgestellten besonderen Voraussetzungen beachtet würden.


Diese Ansicht vermag der Senat nicht zu teilen. Der Entscheidung des Bundesgerichtshofs (NJW 2009, S. 1962 ff.) lässt sich dies nicht entnehmen. Vielmehr beschränkt sich der Bundesgerichtshof in seinen Ausführungen ausdrücklich auf Beschlussmängelstreitigkeiten, worauf auch die Beklagte zu 2) in ihrem Schriftsatz vom 30.07.2012 (Bl. 783 ff. der Akte) zutreffend hinweist. Dass allgemeine Feststellungsklagen unter Gesellschaftern schiedsfähig sind, hat der Bundesgerichtshof schon in seiner früheren Rechtsprechung nicht bezweifelt (s. ausdrücklich BGH NJW 1996, S. 1753), obwohl sich das von der Klägerin geschilderte Problem der "potenziellen" Inter-Omnes-Wirkung von allgemeinen Feststellungsklagen bereits damals in gleicher Weise gestellt hat.


Mit der Entscheidung vom 06.04.2009 (NJW 2009, S. 1962 ff.) sollte ersichtlich die Schiedsfähigkeit auch auf Beschlussmängelstreitigkeiten ausgeweitet und nicht umgekehrt die Schiedsfähigkeit allgemeiner Feststellungsklagen eingeschränkt werden. Die Ansicht der Klägerin hätte aber zur Folge, dass seit der Änderung der Rechtsprechung 2009 nunmehr die Mehrzahl der allgemeinen Feststellungsklagen zwischen Gesellschaftern nur unter den besonderen vom Bundesgerichtshof aufgestellten Bedingungen noch schiedsfähig wäre. Denn präjudiziell für spätere Beschlussmängelstreitigkeiten kann eine Vielzahl von Feststellungen sein, eine klare Abgrenzung erscheint kaum möglich. Ein solches Ergebnis ist aber erkennbar nicht Absicht der geänderten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs.



Darüber hinaus ist die von der Klägerin befürchtete "potenzielle" Rechtskrafterstreckung praktisch kaum zu erwarten. Denn sobald im Rahmen der Beschlussmängelstreitigkeit ein Gesellschafter klagt, der nicht Partei des Schiedsverfahrens war, besteht keine Bindungswirkung des staatlichen Gerichts an den Schiedsspruch. Dasselbe gilt, wenn ein Gesellschafter, der im Schiedsverfahren Beklagter war, gegen die Gesellschaft, die im Schiedsverfahren ebenfalls Beklagte war, nunmehr Beschlussanfechtungs- oder Nichtigkeitsfeststellungsklage erheben würde. Auch in diesem Fall entfaltet der Schiedsspruch keine Rechtskraftwirkung.



Die von der Klägerin im Schriftsatz vom 05.07.2012 (S. 6, Bl. 759 der Akten) als Beispiel 1 geschilderte Konstellation erscheint zwar theoretisch denkbar, praktisch aber eher unwahrscheinlich, worauf die Beklagte zu 2) u.a. in ihrem Schriftsatz vom 30.07.2012 (Bl. 787 der Akte) zutreffend hinweist. Dass ein von der Beklagten zu 2) entsandter Beiratsvorsitzender in der Frage der erforderlichen Mehrheit für Beiratsbeschlüsse nicht der Ansicht der Beklagten zu 2), sondern der Klägerin folgt, lässt sich zwar nicht ausschließen, dürfte aber praktisch kaum relevant werden.


Darüber hinaus sind vorliegend im Schiedsverfahren ohnehin außer der Gesellschaft auch sämtliche Gesellschafter Parteien des Schiedsverfahrens und können mithin den Gang des Schiedsverfahrens beeinflussen. Eine besondere Schutzbedürftigkeit in einer nachfolgenden Beschlussmängelstreitigkeit, für die der Gegenstand des Schiedsverfahrens präjudiziell ist, lässt sich daher nicht erkennen.



Auch die von der Klägerin als Beispiel 2 im Schriftsatz vom 05.07.2012 (S. 11, Bl. 764 der Akten) dargestellte Situation, dass ein Schiedsgericht in einem Schiedsverfahren der Beklagten zu 5) gegen die Beklagte zu 1) anders entscheiden würde als das Schiedsgericht in dem von der Beklagten zu 2) bereits angestrengten Schiedsverfahren, ist theoretisch denkbar. Allerdings ist die Möglichkeit widersprüchlicher Entscheidungen über präjudizielle Rechtsverhältnisse unvermeidbare Folge der Inter-partes-Wirkung der allgemeinen Feststellungsklage, gleichgültig ob diese vor einem Schiedsgericht oder vor den staatlichen Gerichten erhoben wird. Auch für eine allgemeine Feststellungsklage vor den staatlichen Gerichten - über präjudizielle Rechtsverhältnisse -  gibt es weder eine Verfahrenskonzentration noch eine Regelung, die sicherstellt, dass alle Gesellschafter Kenntnis des Verfahrens haben.









  • 2. Die Feststellungsklage bezüglich des Klageantrags II. 1 - Antrag auf Feststellung, dass der Beirat für eine Reihe von Maßnahmen und Geschäften nicht zuständig ist - hat das Landgericht zutreffend als unzulässig abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.


  • 2.1. Soweit sich die Feststellungsklage gegen die Beklagte zu 1) und die Beklagte zu 2) richtet, ist die Klage wegen der erhobenen Schiedseinrede nach § 1032 Abs. 1 ZPO unzulässig. Insoweit wird auf die Ausführungen vorstehend Ziff. 1.2 verwiesen.


  • 2.2. Auch hinsichtlich der Beklagten zu 3) bis 5) ist die Feststellungsklage unzulässig. Ein Feststellungsinteresse nach § 256 Abs. 1 ZPO ist nicht ersichtlich: Rechtskraftwirkung für eine spätere Beschlussmängelstreitigkeit hätte eine Feststellung im Verhältnis der Klägerin zu den Mitgesellschaftern nicht. Denn die Beschlussmängelstreitigkeit wäre gegen die Gesellschaft zu richten, nicht gegen die Mitgesellschafter (BGH NJW 1981, S. 1041 f; Bayer in: Lutter/Hommelhoff, a.a.O., Anh zu § 47 Rz. 77; Zöllner in: Baumbach/Hueck, a.a.O., Anh § 47 Rz .163; Schmidt in: Scholz, a.a.O., §45 Rz. 149). Auch ein sonstiger Grund, weshalb die Klägerin ein rechtliches Interesse an der beantragten Feststellung haben könnte, ist nicht ersichtlich. Die Beklagten zu 3) bis 5) haben unstreitig nie behauptet, dass ein Beirat für die fraglichen Maßnahmen und Geschäfte zuständig wäre. Die von der Klägerin als Begründung angeführte "einheitliche Entscheidung" kann sie ohnehin nicht erreichen, da die Klage gegen die Beklagten zu 1) und 2) aufgrund der erhobenen Schiedseinrede unzulässig ist.




C.



Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Die Klägerin hat lediglich insoweit obsiegt, als die Feststellung in Ziff. 2 des Tenors des landgerichtlichen Urteils gegenüber den Beklagten zu 3) bis 5) rechtskräftig ist und mithin nicht mehr vom Senat zu überprüfen war. Insoweit hat bereits das Landgericht angenommen, dass die Klägerin entsprechend § 93 ZPO die Kosten zu tragen habe (s. Urteil des Landgerichts vom 11.10.2011 unter C. der Entscheidungsgründe). Dies ist - ausgehend vom rechtlichen Standpunkt des Landgerichts - nicht zu beanstanden.



Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Nr. 10 ZPO, § 711 ZPO.



Die Revision war nach § 543 Abs. 2 ZPO nicht zuzulassen. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung ohne grundsätzliche Bedeutung. Die maßgeblichen Rechtsfragen sind durch höchstrichterliche Entscheidungen geklärt.




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