BGH: Einräumung eines Leistungsbestimmungsrechts in gewerblichem Mietvertrag hält Inhaltskontrolle stand
BGH, Urteil vom 9.5.2012 - XII ZR 79/10
Leitsatz
In einem gewerblichen Mietvertrag hält eine Klausel, die dem Vermieter ein Leis-tungsbestimmungsrecht dahingehend einräumt, bei einer Änderung der ortsüblichen oder angemessenen Miete den vom Mieter zusätzlich oder weniger zu zahlenden Betrag nach billigem Ermessen (§ 315 BGB) festzusetzen, der Inhaltskontrolle ge-mäß § 307 Abs. 1 BGB stand.
BGB § 307 Abs. 1 Bb, Cb, § 315
Sachverhalt
Die Klägerin verlangt von dem Beklagten - einem Segelverein - die Zah-lung eines "Nutzungsentgeltes" aus einem Vertrag, der den Beklagten berech-tigt, eine Steganlage, eine Slipanlage sowie eine Wasserfläche in P. an der Bundeswasserstraße P. H. , deren Eigentümerin die Klägerin ist, zu nutzen.
Die Parteien schlossen 1998 einen "Nutzungsvertrag", der für die Zeit ab dem 1. Januar 1996 ein von der Beklagten zu zahlendes jährliches Nutzungs-entgelt in Höhe von 2.099,00 DM vorsah.
Der Vertrag enthielt folgende, von der Klägerin in einer Vielzahl ver-gleichbarer Verträge verwendete, Vereinbarungen:
"§ 3 Vertragsdauer
(1) Dieser Vertrag tritt am 01.01.1996 in Kraft.
(2) Das Vertragsverhältnis endet am 31.12.2002. Es verlängert sich je-weils um ein Jahr, wenn es nicht drei Monate vor Ablauf eines Kalenderjahres von der WSV oder dem Nutzer schriftlich gekündigt wird. ...
...
§ 5 Nutzungsentgelt und Nebenkosten
...
(4) Die WSV prüft nach Ablauf von jeweils drei Jahren, erstmals zum 1. Januar 1999, ob das Nutzungsentgelt noch ortsüblich oder sonst angemes-sen ist. Bei einer Änderung setzt sie den zusätzlich oder den weniger zu zah-lenden Betrag nach billigem Ermessen (§ 315 BGB) fest und teilt dem Nutzer die Höhe des künftig zu zahlenden Nutzungsentgelts mit."
Nach einer ersten Entgeltanpassung zum 1. Januar 1999, setzte die Klä-gerin zum 1. Januar 2002 das jährliche Nutzungsentgelt auf 1.639,20 € fest, was der Beklagte auch akzeptierte. Mit Schreiben vom 14. Oktober 2002 ver-langte die Klägerin von dem Beklagten zum 1. Januar 2005 zunächst eine wei-tere Entgeltanpassung auf 3.197,00 €, die nach Verhandlungen der Parteien von der Klägerin auf jährlich 2.049,00 € reduziert wurde.
Der Beklagte zahlte in den Jahren 2005, 2006 und 2007 jeweils nur den Betrag, den die Klägerin mit der Erhöhung zum 1. Januar 2002 verlangt hatte (1.639,20 €). Die Klägerin macht mit der Klage das nicht gezahlte Nutzungsent-gelt der Jahre 2005, 2006 und 2007 in Höhe von je 409,80 €, insgesamt also 1.229,40 € geltend.
Das Amtsgericht hat nach Einholung eines schriftlichen Sachverständi-gengutachtens zur Höhe des ortsüblichen Nutzungsentgelts die Klage mit der Begründung abgewiesen, § 5 Abs. 4 des Vertrages sei gemäß § 307 Abs. 1 BGB unwirksam.
Die Berufung der Klägerin blieb erfolglos. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr erstinstanzliches Klagebegeh-ren in vollem Umfang weiter.
Aus den gründen
13 Die zulässige Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Beru-fungsurteils und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
14 I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung ausgeführt, die Klägerin kön-ne von der Beklagten das erhöhte Nutzungsentgelt nicht verlangen, weil die Regelung in § 5 Abs. 4 des Mietvertrages gegen § 307 Abs. 1 BGB verstoße und daher unwirksam sei. Da die Klausel bezüglich der Preisanpassung darauf abstelle, ob die Miete noch "ortsüblich oder sonst angemessen" sei, verstoße die Regelung gegen das in § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB enthaltene Transparenz-gebot. Die Klausel sei unbestimmt, weil aus der Formulierung "sonst angemes-sen" die tatsächlichen Voraussetzungen für die Berechtigung der Klägerin zu einer Preisanpassung nicht hinreichend deutlich ersichtlich seien. Die Formulie-rung könne insbesondere nicht dahingehend ausgelegt werden, dass damit die ortsübliche Miete gemeint sei. Aufgrund der alternativen Formulierung in § 5 Abs. 4 des Vertrages werde die Bezeichnung "ortsüblich" nicht mit dem Begriff "sonst angemessen" gleichgesetzt. Wenn beide Begriffe jedoch unterschiedli-che Sachverhalte erfassen sollen, sei unklar, welcher Tatbestand unter den Be-griff "noch angemessen" zu subsumieren sei.
15 Die Klausel genüge dem Transparenzgebot auch deshalb nicht, weil der Maßstab, nach dem die Klägerin die Höhe einer neu festzusetzenden Miete bestimmen könne, nicht ersichtlich sei. Die Klägerin sei bei Vorliegen der in der Klausel genannten Voraussetzungen berechtigt, die Miete nach billigem Ermes-sen gemäß § 315 BGB festzusetzen. Nach welchem Maßstab dies zu erfolgen habe, könne nur anhand der im Vertrag genannten Kriterien der Ortsüblichkeit oder Angemessenheit erfolgen. Es sei aber gerade nicht ersichtlich, was unter der Festsetzung einer angemessenen Miete zu verstehen sei.
16 Die Klausel benachteilige den Vertragspartner auch deshalb unange-messen, weil es der Klägerin frei stehe, die Miete zu Gunsten der Beklagten anzupassen oder dies nicht zu tun. In der Klausel sei nämlich nicht hinreichend deutlich geregelt, ob die Klägerin schon bei Vorliegen nur einer der beiden im Vertrag genannten Voraussetzungen zur Anpassung der Miete verpflichtet sei. Es stünde daher im willkürlichen Ermessen der Klägerin, ob sie eine Anpassung des Nutzungsentgelts vornehme.
17 Schließlich werde der Beklagte durch die Klausel auch deshalb unange-messen benachteiligt, weil die Klägerin aufgrund ihrer faktischen Monopolstel-lung die Ortsüblichkeit der Preise mittelbar selbst bestimmen könne. Die An-knüpfung an das Kriterium der Ortsüblichkeit benachteilige den Vertragspartner dann, wenn der zur Leistungsbestimmung Berechtigte auf die Entwicklung die-ser Preise wesentlichen Einfluss habe, weil er an den Verträgen, die zur Ermitt-lung des ortsüblichen Preises herangezogen würden, selbst beteiligt sei. Au-ßerdem sehe die Klausel kein Kündigungsrecht für den Beklagten für den Fall vor, dass die Klägerin das einseitige Leistungsbestimmungsrecht wirksam aus-geübt habe.
18 II. Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision nicht stand. Unzu-treffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass der Beklagte durch die Regelung zur Anpassung des Nutzungsentgelts in § 5 Abs. 4 des Nut-zungsvertrages unangemessen benachteiligt wird und die Klausel daher gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam ist.
19 1. Durch § 5 Abs. 4 Satz 2 des Nutzungsvertrages wird der Klägerin die Berechtigung eingeräumt, alle drei Jahre, erstmals zum 1. Januar 1999, bei ei-ner Änderung der in Satz 1 der Klausel genannten Voraussetzungen die Höhe der Miete nach billigem Ermessen neu festzusetzen. Die Parteien haben damit zur Wertsicherung der Miete einen sogenannten Leistungsvorbehalt zugunsten der Klägerin vereinbart. Eine Leistungsvorbehaltsklausel liegt vor, wenn dem Bestimmungsberechtigten hinsichtlich des Ausmaßes der Änderung der ge-schuldeten Miete ein Ermessensspielraum verbleibt, der es ermöglicht, die neue Höhe des zu zahlenden Betrages nach Billigkeitsgrundsätzen festzuset-zen (Bartholomäi in Lindner-Figura/Oprée/Stellmann Geschäftsraummiete 2. Aufl. Kap. 10 Rn. 151; Neuhaus Handbuch der Geschäftsraummiete 4. Aufl. Rn. 1212; Gerber/Eckert Gewerbliches Miet- und Pachtrecht 7. Aufl. Rn. 173). Eine solche Wertsicherungsklausel, durch die einem der Vertragspartner ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht gemäß § 315 BGB eingeräumt wird, unterfällt gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 1 des Gesetzes über das Verbot der Verwen-dung von Preisklauseln bei der Bestimmung von Geldschulden vom 7. September 2007 (BGBl I S. 2246, nachfolgend: PrKG) zwar nicht dem Preis-klauselverbot des § 1 Abs. 1 PrKG. Ist die Leistungsvorbehaltsklausel jedoch in vorformulierten Vertragsbedingungen i. S. v. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB enthal-ten, unterliegt sie einer Überprüfung am Maßstab des § 307 BGB (BGHZ 179, 186 = NJW 2009, 578 Rn. 13). Eine Inhaltskontrolle nach dieser Vorschrift ist insbesondere nicht durch § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB ausgeschlossen. Denn durch die Einräumung und nähere Ausgestaltung eines einseitigen Leistungs-bestimmungsrechts, das eine Vertragspartei zu einer Preisanpassung berech-tigt, wird von dem Grundsatz abgewichen, dass Leistung und Gegenleistung im Vertrag festzulegen sind (vgl. BGH Urteil vom 24. März 2010 - VIII ZR 178/08 - NJW 2010, 2793 Rn. 20 mwN zu einer Spannungsklausel in einem Erdgassondervertrag).
20 2. Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirk-sam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen (§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB). Nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB kann sich eine unangemessene Benach-teiligung auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist. Verwender allgemeiner Geschäftsbedingungen sind daher nach den Grundsätzen von Treu und Glauben verpflichtet, Rechte und Pflichten ihrer Ver-tragspartner möglichst klar und durchschaubar darzustellen. Die Beschreibung muss für den anderen Vertragsteil nachprüfbar und darf nicht irreführend sein (Senatsurteil BGHZ 162, 39 = NJW 2005, 1183, 1184). Abzustellen ist auf die Erkenntnismöglichkeiten eines durchschnittlichen Vertragspartners (Senatsurteil BGHZ 183, 299 = NJW 2010, 671 Rn. 22). Dabei dürfen allerdings die Anforderungen an den Verwender nicht überspannt werden (BGHZ 112, 115 = NJW 1990, 2383, 2384).
21 Bei einer Mietanpassungsklausel erfordert das Transparenzgebot eine verständliche Formulierung, die insbesondere den Anlass der Mietänderung, die Bezugsgrößen sowie den Umfang der Mietanpassung umschreibt (vgl. Wolf/Eckert/Ball Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts 10. Aufl. Rn. 478; Ghassemi-Tabar/Leo AGB im Gewerberaummietrecht I. Teil Rn. 397).
22 a) Diesen Anforderungen an die Klarheit und Verständlichkeit einer vor-formulierten Vertragsbestimmung wird die Regelung in § 5 Abs. 4 des Nut-zungsvertrages gerecht. Aus dem Wortlaut des § 5 Abs. 4 Satz 1 des Nut-zungsvertrages werden für einen Vertragspartner der Klägerin Zeitpunkt und Anlass für eine Mietanpassung hinreichend deutlich erkennbar.
23 aa) Die Regelung bestimmt, dass die Klägerin zur Vornahme einer An-passung der Miete dann berechtigt ist, wenn zu dem in der Klausel festgelegten Prüfungszeitpunkt die vereinbarte Miete nicht mehr ortsüblich oder sonst ange-messen ist. Das Leistungsbestimmungsrecht der Klägerin ist damit an Voraus-setzungen gebunden, die für einen Vertragspartner der Klägerin verständlich und nachprüfbar sind. Zur Auslegung des Begriffes der ortsüblichen Miete kann auf die Vorschrift des § 546 a Abs. 1 BGB zurückgegriffen werden, der für die Höhe der von einem Mieter zu leistenden Entschädigung bei einer verspäteten Rückgabe der Mietsache ebenfalls auf die Miete abstellt, die für die Vermietung vergleichbarer Sachen ortsüblich ist. Auch der Begriff der angemessenen Miete ist hinreichend bestimmt im Sinne des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Angemessen ist der orts- und marktübliche Mietzins, worunter derjenige verstanden werden kann, der für vergleichbare Objekte bei einem Neuabschluss üblicherweise gefordert und gezahlt wird (Senatsurteil vom 2. Oktober 1991 - XII ZR 88/90 - NJW-RR 1992, 517, 518; vgl. auch Senatsurteil vom 3. Juli 2002 - XII ZR 39/00 - NJW 2002, 3016, 3018; BGH Urteil vom 4. Juni 1975 - VIII ZR 243/72 - NJW 1975, 1557, 1558).
24 bb) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts wird die Klausel auch nicht dadurch intransparent, dass das Recht der Klägerin zu einer Anpas-sung der Miete davon abhängig gemacht wird, dass das gezahlte Nutzungsent-gelt "noch ortsüblich oder sonst angemessen" ist.
25 Die gewählte Formulierung in § 5 Abs. 4 Satz 1 des Nutzungsvertrages bringt in verständlicher Art und Weise zum Ausdruck, dass die Klägerin nicht nur bei einer Veränderung der ortsüblichen Miete, sondern auch dann zu einer Mietpreisanpassung berechtigt ist, wenn zum Prüfungszeitpunkt die gezahlte Miete keinen ausreichenden Gegenwert mehr für die Nutzung des Mietgegen-stands darstellt. Der Begriff des angemessenen Nutzungsentgelts soll dabei erkennbar die Fälle erfassen, bei denen, unabhängig von einer Veränderung der ortsüblichen Miete, das von den Parteien bei Vertragsschluss vorausgesetz-te Äquivalenzverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung aufgrund von sonstigen Veränderungen, etwa durch die allgemeine Preisentwicklung, nicht mehr gewahrt ist (vgl. BGHZ 189, 131 = NJW 2011, 2501 Rn. 36). Eine genaue-re Bezeichnung des Anlasses für eine Mietanpassung erfordert das Transpa-renzgebot nicht.
26 cc) Rechtsfehlerhaft ist auch die Auffassung des Berufungsgerichts, die Mietanpassungsklausel verstoße deshalb gegen das Transparenzgebot, weil sich aus ihr der Maßstab für die neu festzusetzende Miete nicht klar ergebe.
27 Nach § 5 Abs. 4 Satz 2 des Nutzungsvertrages kann die Klägerin den zusätzlich oder weniger zu zahlenden Betrag nach billigem Ermessen festsetzen. Durch die ausdrückliche Bezugnahme in dieser Klausel auf § 315 BGB wird der Klägerin nicht nur ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht i. S. d. § 315 Abs. 1 BGB eingeräumt, sondern der Ausübung dieses Rechts verbind-lich der Maßstab des § 315 Abs. 1 BGB zu Grunde gelegt. Der Klägerin wird durch die Bezugnahme auf § 315 BGB bei der Anpassung der Miete ein Er-messenspielraum eingeräumt, der durch den Begriff der Billigkeit begrenzt wird (vgl. MünchKommBGB/Würdinger 6. Aufl. § 315 Rn. 29). Damit ist der Maßstab für eine mögliche Mietpreisänderung i. S. v. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB hinrei-chend bestimmt. Der Vertragspartner der Klägerin kann erkennen, dass eine von der Klägerin vorgenommene Mietpreisänderung nur dann von der Mietan-passungsklausel gedeckt ist, wenn die geänderte Miete einer Überprüfung an-hand der zu § 315 BGB entwickelten Grundsätzen standhält. Nach der Recht-sprechung des Bundesgerichtshofs entspricht eine einseitige Preisbestimmung in der Regel dann der Billigkeit i. S. v. § 315 Abs. 1 BGB, wenn das verlangte Entgelt im Rahmen des Marktüblichen liegt und dem entspricht, was regelmäßig als Preis für eine vergleichbare Leistung verlangt wird (vgl. BGH Urteil vom 2. Oktober 1991 - VIII ZR 240/90 - NJW-RR 1992, 183, 184). Eine weitere Kon-kretisierung des Umfangs einer möglichen Mietanpassung verlangt das Trans-parenzgebot nicht.
28 b) Die Beklagte wird durch die Mietanpassungsklausel auch nicht aus anderen Gründen i. S. v. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unangemessen benachtei-ligt.
29 aa) Nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwen-ders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteili-gen. Eine Klausel ist unangemessen im Sinne von § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB, wenn der Verwender die Vertragsgestaltung einseitig für sich in Anspruch nimmt und eigene Interessen missbräuchlich auf Kosten des Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein die Interessen seines Partners hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zuzu-gestehen (Senatsurteile vom 8. Februar 2012 - XII ZR 42/10 - GuT 2012, 26 Rn. 20 und vom 19. Dezember 2007 - XII ZR 61/05 - NJW-RR 2008, 818 Rn. 17 mwN). Bei der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB sind die Art des konkreten Vertrags, die typischen Interessen der Vertragschließenden und die die jeweilige Klausel begleitenden Regelungen zu berücksichtigen (vgl. BGH Urteil vom 24. März 2010 - VIII ZR 304/08 - NJW 2010, 2793 Rn. 33 mwN).
30 bb) Mietanpassungsklauseln können grundsätzlich im Wege allgemeiner Geschäftsbedingungen vereinbart werden. Dies folgt bereits aus § 309 Nr. 1 BGB, der für Preisanpassungsklauseln ein uneingeschränktes Klauselverbot nur für Bestimmungen über kurzfristige Preiserhöhungen in Verträgen über Wa-renlieferungen oder Dienstleistungen vorsieht und Dauerschuldverhältnisse ausdrücklich vom Anwendungsbereich dieser Vorschrift ausnimmt (vgl. BGH Urteil vom 24. März 2010 - VIII ZR 304/08 - NJW 2010, 2793 Rn. 25 f. mwN). Sie unterliegen auch dann der weiteren Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB, wenn sie dem Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB genügen.
31 cc) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs stellen Preisände-rungsklauseln bei langfristigen Vertragsverhältnissen, insbesondere solchen, die auf Leistungsaustausch gerichtet sind, ein geeignetes und anerkanntes In-strument zur Bewahrung des Gleichgewichts von Preis und Leistung dar. Denn sie dienen dazu, einerseits dem Verwender das Risiko langfristiger Kalkulation abzunehmen und ihm seine Gewinnspanne trotz nachträglicher ihn belastender Kostensteigerungen zu sichern, und andererseits den Vertragspartner davor zu bewahren, dass der Verwender mögliche künftige Kostenerhöhungen vorsorglich schon bei Vertragsschluss durch Risikozuschläge aufzufangen versucht (BGH Urteil vom 24. März 2010 - VIII ZR 304/08 - NJW 2010, 2793 Rn. 34; BGHZ 172, 315 = NJW 2007, 2540 Rn. 22; BGHZ 176, 244 = NJW 2008, 2172 Rn. 14 und BGHZ 180, 257 = NJW 2009, 2051 Rn. 23 jeweils mwN).
32 Dabei ist das Interesse des Vertragspartners des Verwenders einer Preisänderungsklausel daran zu berücksichtigen, vor Preisanpassungen ge-schützt zu werden, die über die Wahrung des ursprünglich festgelegten Äquiva-lenzverhältnisses hinausgehen (vgl. BGHZ 94, 335 = NJW 1985, 2270; BGHZ 158, 149 = NJW 2004, 1588,1590 jeweils mwN). Der Verwender von in Allge-meinen Geschäftsbedingungen enthaltenen Preisanpassungsklauseln hat da-gegen - insbesondere bei auf Dauer angelegten Geschäftsverbindungen - das ebenfalls anerkennenswerte Bedürfnis, seine Preise den aktuellen Kosten- oder Preisentwicklungen anzupassen (vgl. etwa BGH Urteil vom 12. Juli 1989 - VIII ZR 297/88 - NJW 1990, 115, 116). Andernfalls müssten die zukünfti-ge allgemeine Preisentwicklung oder mögliche Veränderung des Mietmarktes bereits bei der Kalkulation der bei Mietbeginn festgesetzten Miete berücksichtigt werden, was in der Regel zu einer höheren Miete führen würde.
33 Eine Preisanpassungsklausel hält allerdings dann einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht stand, wenn sie dem Vermieter die Mög-lichkeit bietet, seinen Gewinn einseitig zu Lasten des Mieters zu vergrößern (vgl. BGHZ 185, 96 = NJW 2010, 2789 Rn. 35 zu einer Preisanpassungsklausel in einem Erdgaslieferungsvertrag).
34 dd) Danach hält die Mietanpassungsklausel in § 5 Abs. 4 des Nutzungs-vertrages einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB stand.
35 Das in § 5 Abs. 4 des Nutzungsvertrages enthaltene Recht zur Mietan-passung ermöglicht der Klägerin nicht, während der Laufzeit des Vertrages einseitig das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung, das die Parteien bei Ab-schluss des Mietvertrages zugrunde gelegt haben, zu ihren Gunsten zu verän-dern und dadurch ihren Gewinn nachträglich zu maximieren. Die Ausübung des Leistungsbestimmungsrechts ist abhängig von einer Änderung der konkret fest-gelegten Bezugsgrößen des ortsüblichen oder angemessenen Nutzungsent-gelts und im Umfang dadurch begrenzt, dass die Mietanpassung nach billigem Ermessen i. S. v. § 315 Abs. 1 BGB erfolgen muss. Durch die Klausel wird si-chergestellt, dass die Beklagte als Mieterin nur mit einer Veränderung der Miete rechnen muss, die der allgemeinen Preisentwicklung bei den Bezugsgrößen entspricht. Zudem sieht die Klausel auch die Möglichkeit einer Herabsetzung der Miete vor und berücksichtigt damit nicht nur einseitig die Interessen der Klägerin an einer Mietpreiserhöhung, sondern auch die Interessen des Mieters an einer Herabsetzung der Miete, wenn es aufgrund der allgemeinen Marktent-wicklung oder infolge sonstiger Umstände zu einem Absinken der Mietpreise gekommen ist.
36 c) Soweit das Berufungsgericht die Auffassung vertritt, die Klausel be-nachteilige den Vertragspartner deshalb, weil in ihr nicht geregelt sei, ob die Klägerin bei Vorliegen der im Vertrag genannten Voraussetzungen zur Anpas-sung der Miete verpflichtet sei, verkennt das Berufungsgericht die Rechtsfolgen, die sich aus der Bezugnahme in § 5 Abs. 4 Satz 2 des Nutzungsvertrages auf § 315 BGB ergeben.
37 Ist dem Gläubiger ein Leistungsbestimmungsrecht nach § 315 Abs. 1 BGB eingeräumt, so ist er auch verpflichtet, die Bestimmung zu treffen, sofern der Schuldner ein Interesse an der Vertragsanpassung hat (Palandt/Grüneberg BGB 71. Aufl. § 315 Rn. 12). Übt er das Leistungsbestimmungsrecht nicht oder verzögert aus, d. h. nicht innerhalb einer objektiv angemessenen Zeit (vgl. hier-zu MünchKommBGB/Würdinger 6. Aufl. § 315 BGB Rn. 46), kann der Schuldner den Bestimmungsberechtigten zwar nicht auf Abgabe einer Bestimmungs-erklärung gerichtlich in Anspruch nehmen. § 315 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 BGB gibt ihm jedoch die Möglichkeit, eine Klage auf Leistungsbestimmung durch das Gericht zu erheben. Dadurch sind die Interessen eines Vertragspartners der Klägerin ausreichend gewahrt. Sieht er zum Zeitpunkt der Überprüfung die Vo-raussetzungen für eine Mietanpassung als erfüllt an und nimmt die Klägerin eine Leistungsbestimmung nicht vor, kann er nach Ablauf einer angemessenen Zeitspanne von der Rechtsschutzmöglichkeit des § 315 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 BGB Gebrauch machen und ggf. selbst eine Anpassung der Miete erreichen. Ein Verzug der Klägerin mit der Ausübung ihres Leistungsbestimmungsrechts ist hierfür nicht erforderlich (MünchKommBGB/Würdinger 6. Aufl. § 315 BGB Rn. 46).
38 d) Eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners der Klä-gerin ergibt sich auch nicht daraus, dass die Klägerin durch ihre faktische Mo-nopolstellung die zur Begründung eines Mieterhöhungsverlangens herangezo-gene Vergleichsmiete mittelbar selbst bestimmen kann. Zwar ist dem Beru-fungsgericht zuzugeben, dass für Bundeswasserstraßen allein die Klägerin das Nutzungsentgelt festsetzt und sie damit maßgeblichen Einfluss auf die Höhe des Nutzungsentgelts für vergleichbare Mietobjekte an Bundeswasserstraßen ausübt. Eine Erhöhung der Miete für die Neuvermietung vergleichbarer Mietob-jekte führt nach der Regelung des § 5 Abs. 4 des Nutzungsvertrags jedoch nicht zwingend auch zu einer Mieterhöhung bei einem bestehenden Mietvertrag. Hält der Mieter die Mietanpassung für unangemessen, kann er sich auf die Unbillig-keit der Leistungsbestimmung berufen und im Rahmen einer von der Klägerin erhobenen Zahlungsklage die Einrede erheben, die Bestimmung sei unbillig und damit gemäß § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB für ihn unverbindlich (Münch-KommBGB/Würdinger 6. Aufl. § 315 BGB Rn. 39). Das mit der Sache befasste Gericht hat dann gemäß § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Ausübung des Leistungsbestimmungsrechts gegeben sind und die Mietpreisanpassung der Billigkeit entspricht. Dadurch wird der Mieter aus-reichend vor einem Missbrauch des Leistungsbestimmungsrechts geschützt.
39 e) Schließlich wird der Beklagte durch die Klausel auch nicht dadurch unangemessen benachteiligt, dass ihm für den Fall der wirksamen Ausübung des Leistungsbestimmungsrechts keine Kündigungsmöglichkeit eingeräumt wird. Eine Preisanpassungsklausel muss nicht zwingend die Möglichkeit einer vorzeitigen Kündigung des Vertragsverhältnisses vorsehen. Die Einräumung eines Kündigungsrechts kann bei einer Klausel, die für sich betrachtet eine un-angemessene Benachteiligung bewirken könnte, einen Ausgleich darstellen, damit die Klausel der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB standhält (vgl. BGH Urteil vom 15. November 2007 - III ZR 247/06 - NJW 2008, 360 Rn. 13). Wird der Vertragspartner des Verwenders durch eine Preisanpassungsklausel jedoch nicht unangemessen benachteiligt, wird die Klausel nicht deshalb un-wirksam, weil sie für den Fall der Ausübung des Preisanpassungsrechts keine Kündigungsmöglichkeit für den anderen Vertragsteil vorsieht.
40 3. Nach alldem kann das Berufungsurteil keinen Bestand haben. Auf die Revision ist es aufzuheben. Der Senat kann in der Sache nicht abschließend entscheiden, weil weitere Feststellungen dazu zu treffen sind, ob die von der Klägerin festgesetzte Miete der Billigkeit entspricht. Das Verfahren ist daher an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.