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Wirtschaftsrecht
24.09.2009
Wirtschaftsrecht
BGH: Einlagenzahlung als verdeckte Sacheinlage - Cash-Pool II

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 20.07.2009
Aktenzeichen: II ZR 273/07
Rechtsgebiete: GmbHG
Vorschriften:

      GmbHG § 19 Abs. 4
      GmbHG § 19 Abs. 5

a) Die Einzahlung der Einlage auf ein Konto, das in einen dem Inferenten zuzurechnenden Cash-Pool einbezogen ist, ist eine verdeckte Sacheinlage, wenn der Saldo auf dem Zentralkonto des Cash-Pools im Zeitpunkt der Weiterleitung zulasten der Gesellschaft negativ ist, andernfalls liegt ein Hin- und Herzahlen vor.

b) Inwieweit bei einer als verdeckte Sacheinlage zu behandelnden Einzahlung der Inferent die nicht wirksam erbrachte Einlage noch einmal leisten muss, hängt davon ab, ob und in welcher Höhe die Gesellschaft durch die Einlagezahlung von einer Forderung des Inferenten befreit wird, die sie - ohne diese Einlagezahlung - aus ihrem Vermögen erfüllen könnte.

c) Liegt ein Hin- und Herzahlen vor, befreit dies den Inferenten von seiner Einlageverpflichtung, nur dann, wenn die besonderen Voraussetzungen des § 19 Abs. 5 GmbHG n.F. erfüllt sind, also eine die Einlagepflicht substituierende Vereinbarung getroffen wird, die auf ihrer Grundlage erbrachte Leistung durch einen vollwertigen, jederzeit fälligen oder durch fristlose Kündigung fällig werdenden Rückzahlungsanspruch gegen den Inferenten gedeckt ist und der Geschäftsführer diese Umstände bei der Anmeldung nach § 8 GmbHG angibt.


Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat

auf die mündliche Verhandlung vom 22. Juni 2009

durch

den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Goette und

die Richter Dr. Kurzwelly, Kraemer, Dr. Reichart und Dr. Drescher

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Rechtsmittel des Klägers werden unter Zurückweisung seiner weitergehenden Revision das Urteil des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 28. November 2007 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Klage gegen die Beklagte zu 2 in Höhe von 869.196,20 EUR nebst Zinsen abgewiesen ist, und das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Chemnitz vom 4. Mai 2007 wie folgt teilweise abgeändert:

Die Beklagte zu 2 wird verurteilt, an den Kläger 822.326,47 EUR nebst Zinsen in Höhe von 4 % vom 1. Januar 2002 bis 16. Juni 2006 und von da an in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu zahlen.

Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1 trägt der Kläger.

Im Umfang der weitergehenden Aufhebung (46.869,73 EUR nebst Zinsen und verbleibende Kostenentscheidung) wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an den 2. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der H. GmbH (nachfolgend: Schuldnerin), über deren Vermögen am 4. Februar 2005 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Gegründet wurde die Schuldnerin am 6. März 1998 von der E. AG (nachfolgend: E. ), deren Rechtsnachfolgerin die Beklagte zu 1 ist, von der S. AG & Co. KG (nachfolgend: S. ), deren Rechtsnachfolgerin die Beklagte zu 2 ist, und der K. GmbH (nachfolgend: K. ). Die S. übernahm am 12. Januar 2000 den Anteil der K. an der Schuldnerin und vereinigte ihn zu einem Geschäftsanteil. Am 8. Mai 2003 veräußerten die Beklagten ihre Geschäftsanteile an der Schuldnerin an die Streithelferin.

Am 6. März 1998 schlossen die Schuldnerin, die S. und die E. einen Cash-Management-Vertrag. Darin übernahmen die S. und die E. im zweijährigen Wechsel das Cash-Management für die Schuldnerin, beginnend mit der S. Die Schuldnerin sollte ihren gesamten Zahlungsverkehr über ein Konto bei der D. Bank abwickeln, das mit einem Konto des jeweiligen Cash-Managers bei der D. Bank gekoppelt und im Rahmen des Zero-Balancing ausgeglichen werden sollte. Der Cash-Manager gewährte der Schuldnerin eine kurzfristige Kreditlinie von 500.000,00 DM, mit der keine zusätzliche Liquidität zur Verfügung gestellt werden sollte, sondern die dem Ausgleich von Liquiditätsbedarfsspitzen aus Intramonatsschwankungen dienen sollte. Der Cash-Management-Vertrag war auf unbestimmte Zeit geschlossen und konnte erstmalig nach Ablauf von zwei Cash-Management-Perioden mit einer Kündigungsfrist von drei Monaten zum Ende einer Cash-Management-Periode gekündigt werden. Der Cash-Manager und die Schuldnerin konnten jederzeit eine bankübliche Sicherung verlangen; der Cash-Manager sollte Sicherheiten nur geben müssen, solange und soweit seine Kreditinanspruchnahme den ihm zustehenden Anteil am Eigenkapital der Schuldnerin überstieg. Entsprechend der Vereinbarung übernahm die E. nach Ablauf von zwei Jahren das Cash-Management für die Schuldnerin.

Die Gründungsgesellschafter zahlten die vereinbarten Einlagebeträge zwischen April und November 1998 in Teilbeträgen auf das in den Cash-Pool einbezogene Konto der Schuldnerin ein, die K. 600.000,00 DM (306.775,12 EUR), die S. und die E. jeweils 1.700.000,00 DM (869.196,20 EUR). Am 23. November 1998 zahlten die E. und die S. den letzten Teilbetrag in Höhe von 850.000,00 DM (434.598,10 EUR), die K. in Höhe von 300.000,00 DM (153.387,56 EUR). An diesem Tag nahm die Schuldnerin von dem ihr eingeräumten Kreditrahmen des Cash-Pools 91.669,22 DM (46.869,73 EUR) in Anspruch.

Der Kläger hat von der Beklagten zu 1 als Rechtsnachfolgerin der E. Zahlung von 1.700.000,00 DM (869.196,20 EUR) und von der Beklagten zu 2 als Rechtsnachfolgerin der S. sowie der K. 2.300.000,00 DM (1.175.971,32 EUR) mit der Begründung verlangt, die Einlage sei nicht wirksam erbracht worden. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision des Klägers.

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat gegen die Beklagte zu 2 teilweise Erfolg. Sie führt in Höhe von 869.196,20 EUR zur Aufhebung des Berufungsurteils und zu ihrer Verurteilung zur Zahlung von 822.326,47 EUR nebst Zinsen sowie hinsichtlich weiterer 46.869,73 EUR nebst Zinsen zur Zurückverweisung an das Berufungsgericht. Im Übrigen ist sie dagegen unbegründet.

I.

Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die Beklagten hätten die Einlage mit der Einzahlung auf das Konto der Schuldnerin wirksam erbracht. Bei der Beklagten zu 1 liege schon deshalb kein unzulässiges Hin- und Herzahlen vor, weil sie 1998 am Cash-Pool nicht beteiligt gewesen und ihr der Abfluss der Mittel aus dem Cash-Pool nicht zugute gekommen sei. Die Einspeisung der Einlageleistung eines Gesellschafters in ein der Verfügungsmacht eines anderen Gesellschafters unterliegendes Zentralkonto führe nicht zu einer Rückzahlung an den Inferenten. Das gelte auch für die Zahlungen der K. Mit der Einzahlung durch die S. sei zwar der Tatbestand des "Hin- und Herzahlens" erfüllt worden. Da der Schuldnerin aber aus dem Cash-Pool später mindestens in Höhe der geschuldeten Einlage Mittel zur Verfügung gestellt worden seien, habe die S. ihre Einlageschuld nachträglich erfüllt.

II.

Das Urteil hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nur teilweise stand. E. und K. haben mit den Einzahlungen auf das Konto der Schuldnerin ihre Einlageschuld getilgt, nicht dagegen die S.

1.

Die S. hat weder mit den Einzahlungen noch mit späteren Leistungen an Gläubiger der Schuldnerin mit Mitteln aus dem Cash-Pool ihre Einlageverpflichtung in Höhe von 869.196,20 EUR erfüllt.

a)

Die S. hat die Einlageschuld mit den Zahlungen auf das Konto der Schuldnerin nicht getilgt, weil die Mittel an sie als Inhaberin des Zentralkontos zurückflossen. Die Einlageverpflichtung wird nicht erfüllt, wenn eine als Einlage geleistete Zahlung unter Umgehung der Kapitalaufbringungsregeln im Wege der verdeckten Sacheinlage oder durch ein verbotenes Hin- und Herzahlen an den Inferenten zurückfließt (§ 19 Abs. 1 GmbHG; Senat , Urt. v. 16. Februar 2009 - II ZR 120/07, ZIP 2009, 713, Tz. 18 "Qivive"). Die geleisteten Einlagemittel fließen an den Inferenten zurück, wenn sie auf ein in einen Cash-Pool eingebundenes Konto der Gesellschaft eingezahlt werden, von dort auf ein Zentralkonto weitergeleitet werden und der Inferent über dieses Zentralkonto mittelbar oder unmittelbar verfügungsberechtigt ist.

aa)

Soweit im Zeitpunkt der Weiterleitung des Einlagebetrags der Saldo auf dem Zentralkonto zulasten der Gesellschaft negativ ist, liegt eine verdeckte Sacheinlage vor. Als verdeckte Sacheinlage wird es angesehen, wenn die gesetzlichen Regeln für Sacheinlagen dadurch unterlaufen werden, dass zwar eine Bareinlage vereinbart wird, die Gesellschaft aber bei wirtschaftlicher Betrachtung von dem Einleger aufgrund einer im Zusammenhang mit der Übernahme der Einlage getroffenen Absprache einen Sachwert erhalten soll (vgl. BGHZ 166, 8 Tz. 11 "Cash-Pool I"). Der Gesellschaft fließt im wirtschaftlichen Ergebnis infolge der Weiterleitung der Bareinlage auf das Zentralkonto nicht der vereinbarte Barbetrag, sondern die Befreiung von der Verbindlichkeit aus der Cash-Pool-Verbindung zu. Sie erhält damit nicht den Barbetrag, sondern mit dem Verzicht der Inferentin auf die Darlehensrückzahlung einen Sachwert. Die bei Neuforderungen des Gesellschafters, die erst nach Übernahme der Einlage entstehen, notwendige definitive, auf den wirtschaftlichen Erfolg einer Sacheinlage abzielende Vereinbarung (vgl. BGHZ 152, 37, 43) liegt bereits in der Vereinbarung der Zahlung auf ein in ein Cash-Pool einbezogenes Konto. Der Inferent nimmt es bei der Vereinbarung eines Cash-Pools in Kauf, dass auf dem Zentralkonto des Cash-Pools im Zeitpunkt der Weiterleitung des Einlagebetrags ein negativer Saldo zulasten der Gesellschaft besteht und es dann zu einer verbotenen Verrechnung kommt.

bb)

Soweit die Einlage dagegen auf ein Zentralkonto des Inferenten weitergeleitet wird, dessen Saldo ausgeglichen oder zugunsten der Gesellschaft positiv ist, liegt ein reines Hin- und Herzahlen vor. Mit der Weiterleitung auf das Zentralkonto gewährt die Gesellschaft dem Inferenten ein Darlehen. Nach der Rechtsprechung des Senats liegt die für die Erfüllung der Einlageschuld (§ 19 Abs. 1 GmbHG) erforderliche Leistung zur freien Verfügung der Geschäftsführung nicht vor, wenn der eingezahlte Einlagebetrag absprachegemäß umgehend an den Inferenten zurückfließt und die Einlageforderung der Schuldnerin durch eine schwächere Rückzahlungsforderung ersetzt wird (Senat, BGHZ 165, 113, 116 ; 165, 352, 356 ; 174, 370 Tz. 6; Urt. v. 16. Februar 2009 - II ZR 120/07, ZIP 2009, 713, Tz. 15 "Qivive").

cc)

Der Gesetzgeber ist dieser Unterscheidung gefolgt und hat mit § 19 Abs. 4 und 5 GmbHG n.F. (Fassung des MoMiG vom 23. Oktober 2008, BGBl. I, S. 2026) lediglich die Rechtsfolgen neu geregelt (vgl. Senat , Urt. v. 16. Februar 2009 - II ZR 120/07, ZIP 2009, 713, Tz. 15 "Qivive").

Eine verdeckte Sacheinlage befreit nach § 19 Abs. 4 GmbHG n.F. den Gesellschafter nicht von seiner Einlageverpflichtung, führt aber - bezogen auf den Zeitpunkt der Anmeldung bzw. der Leistung - zur Anrechung des Wertes der Vermögensgegenstände, die der Gesellschafter aufgrund der nunmehr als schuldrechtlich und dinglich wirksam angesehenen Verträge über die verbotene Sacheinlage tatsächlich erbracht hat.

Wenn ein bloßes Hin- und Herzahlen vorliegt, nämlich eine Einlageleistung vereinbart wird, die wirtschaftlich der Rückzahlung der Einlage entspricht und die nicht als verdeckte Sacheinlage nach § 19 Abs. 4 GmbHG n.F. zu beurteilen ist, wird der Inferent grundsätzlich ebenfalls nicht von seiner Einlageverpflichtung frei (§ 19 Abs. 5 Satz 1 GmbHG n.F.). Etwas anderes gilt nur, wenn die besonderen Voraussetzungen des § 19 Abs. 5 GmbHG n.F. erfüllt sind, also eine die Einlagepflicht substituierende Vereinbarung getroffen wird, die auf ihrer Grundlage erbrachte Leistung durch einen vollwertigen, jederzeit fälligen oder durch fristlose Kündigung fällig werdenden Rückzahlungsanspruch gegen den Inferenten gedeckt ist und der Geschäftsführer diese Umstände bei der Anmeldung nach § 8 GmbHG angibt.

Liegt schließlich nur teilweise eine verdeckte Sacheinlage vor, weil die Einlagezahlung den negativen Saldo zulasten der Gesellschaft im Zentralkonto übersteigt, ist der Vorgang teilweise als verdeckte Sacheinlage, teilweise als Hin- und Herzahlen zu beurteilen. Da die Einlagezahlung aufgeteilt werden kann, ist nicht in Höhe der gesamten Zahlung von einer verdeckten Sacheinlage auszugehen (vgl. Maier-Reimer/Wenzel, ZIP 2008, 1449, 1454; Bormann/Urlichs, DStR 2009, 641, 645).

dd)

Die Einlage der S. floss unter Umgehung der Kapitalaufbringungsregeln im Wege der verdeckten Sacheinlage bzw. durch ein verbotenes Hin- und Herzahlen vereinbarungsgemäß mit der Weiterleitung auf das Zentralkonto des Cash-Pools an sie zurück. Die S. war Cash-Pool-Managerin und über das Zentralkonto verfügungsbefugt.

Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts, das in Höhe der gesamten Einlage der S. in Höhe von 869.196,20 EUR von einem Hin- und Herzahlen ausgegangen ist, mit Rücksicht auf die seinerzeit geltende? Rechtslage auch keinen Anlass zu einer Differenzierung hatte, kommt in Höhe von 46.869,73 EUR statt eines Hin- und Herzahlens auch eine verdeckte Sacheinlage in Betracht. Am Tag der von ihr erbrachten letzten Teilzahlung am 23. November 1998 in Höhe von 434.598,10 EUR bestand auf dem Zentralkonto zulasten der Schuldnerin ein Sollsaldo von 46.869,73 EUR. Soweit die Zahlung der S. und nicht - wie vom Berufungsgericht ohne nähere Begründung angenommen - die Zahlung der E. der Rückführung des Sollsaldos zuzuordnen ist, wurde damit ein auf dem Zentralkonto von der S. zur Verfügung gestelltes Darlehen getilgt.

In Höhe der den Sollsaldo übersteigenden Zahlung (387.728,37 EUR) liegt ebenso wie bei den ersten beiden Teilzahlungen von jeweils 217.299,05 EUR ein bloßes Hin- und Herzahlen vor. Insoweit wurde der S. von der Schuldnerin ein Darlehen auf dem Zentralkonto gewährt, weil der Saldo neutral bzw. positiv war.

Für die Beurteilung, ob die S. den Einlagebetrag noch einmal zahlen muss, kommt es - ungeachtet des Umstandes, dass auch nach Inkrafttreten des MoMiG verdeckte Sacheinlagen verboten sind und keine Erfüllungswirkung entfalten und ein Hin- und Herzahlen nur unter den besonderen Voraussetzungen des § 19 Abs. 5 GmbHG n.F. Tilgungswirkung haben kann - nunmehr auf die Unterscheidung von verdeckter Sacheinlage und Hin- und Herzahlen an, weil der Gesetzgeber des MoMiG die Rechtsfolgen in § 19 Abs. 4 und Abs. 5 GmbHG n.F. mit Rückwirkung (§ 3 Abs. 4 EGGmbHG) neu gestaltet hat (siehe dazu unten c).

b)

Die Einlage ist entgegen der Annahme des Berufungsgerichts auch nicht später durch die Bezahlung von Rechnungen der Schuldnerin mit Mitteln aus dem Cash-Pool geleistet worden.

aa)

Soweit hinsichtlich der letzten Teilzahlung - wie revisionsrechtlich zu unterstellen ist - in Höhe von 46.869,73 EUR eine verdeckte Sacheinlage vorliegt, hat die S. ihre Einlageverpflichtung nicht erfüllt. Wenn mit der Zahlung der Einlage auf ein in den Cash-Pool einbezogenes Konto und Weiterleitung auf das dem Inferenten zuzuordnende Zentralkonto eine verdeckte Sacheinlage vorliegt, führen spätere Leistungen aus dem Cash-Pool nach der Rechtsprechung des Senats nicht zur Tilgung der Einlageschuld (vgl. BGHZ 166, 8 Tz. 25 "Cash-Pool I").

bb)

Auch beim bloßen Hin- und Herzahlen wird die fortbestehende Einlageschuld nicht durch spätere Leistungen über den Cash-Pool an Gläubiger der Gesellschaft getilgt. Zwar kann in den Fällen, in denen mit dem "her" gezahlten Geld eine Darlehensschuld des Inferenten gegen die Gesellschaft begründet wurde, in der späteren Rückzahlung des "Darlehens" eine Tilgung der Einlageschuld liegen (vgl. BGHZ 165, 113, 117) . Einer solchen erneuten Leistung der Bareinlage zur freien Verfügung der Geschäftsführer stehen Zahlungen des Cash-Pool-Managers an Gläubiger für Rechnung der Gesellschaft aber nicht gleich. Im Rahmen des Zero-Balancing lassen sich die einzelnen Leistungen nicht wie im Falle der vermeintlichen Darlehensrückzahlung zweifelsfrei der noch offenen Einlage zuordnen (vgl. BGHZ 166, 8 Tz. 25 "Cash-Pool I"). Dass das Konto der Schuldnerin übersichtlich war, genügt entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts zu einer eindeutigen Zuordnung der Zahlungen nicht. In den Cash-Pool sind weitere Leistungen an die Schuldnerin geflossen und zur Rechnungsregulierung verwendet worden, die es ausschließen, Zahlungen an Gläubiger der Gesellschaft gerade der Einlageforderung bzw. der Rückzahlung des der Cash-Pool-Managerin gewährten Darlehens zuzuweisen. Neben den Einlagen der anderen Gesellschafter sind Lohnkostenzuschüsse und ein Darlehen der DGZ über das Konto der Schuldnerin auf das Zentralkonto gelangt. Auch dass auf den Kontoauszügen des Unterkontos der Schuldnerin jeweils zunächst eine Gutschrift vom Zentralkonto auf das Unterkonto in Höhe eines dann an Dritte überwiesenen Betrages ausgewiesen ist und so der Eindruck erweckt wird, es sei zunächst Geld vom Cash-Pool auf das Unterkonto überwiesen worden, führt entgegen der Revisionserwiderung nicht dazu, dass in Höhe der Gutschrift auf dem Unterkonto jeweils eine Tilgung der Einlageschuld anzunehmen ist. Dabei handelt es sich nur um eine technische Darstellung des Zero-Balancing, der keine gezielte Überweisung von Geld durch die Cash-Pool-Managerin zugrunde liegt.

c)

Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO).

Soweit ein Hin- und Herzahlen vorliegt, ist die Beklagte zu 2 von der Verpflichtung, die Einlage zu leisten, nicht infolge der erst nach Erlass des Berufungsurteils in Kraft getretenen, aber nach § 3 Abs. 4 EGGmbHG mit Rückwirkung ausgestalteten Neuregelung der Kapitalaufbringung in § 19 Abs. 5 GmbHG n.F. frei geworden. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind hier nicht erfüllt. Die vereinbarte Rückzahlung der Einlage an den Gesellschafter, die nach dem konstitutiv wirkenden § 19 Abs. 5 Satz 2 GmbHG n.F. in der Anmeldung nach § 8 GmbHG anzugeben ist, befreit nur dann, wenn die Leistung durch einen vollwertigen Rückgewähranspruch gedeckt ist, der jederzeit fällig ist oder durch fristlose Kündigung durch die Gesellschaft fällig werden kann. Der Rückgewähranspruch der Schuldnerin war weder jederzeit fällig noch durch eine fristlose Kündigung jederzeit fällig zu stellen, und die Leistung in den Cash-Pool war in der Anmeldung der Schuldnerin nicht angegeben.

aa)

Wie der Senat bereits entschieden hat (Urt. v. 16. Februar 2009 - II ZR 120/07, ZIP 2009, 713, Tz. 16 "Qivive"), ist die Offenlegung der verdeckten Finanzierung der Einlagemittel durch die Gesellschaft (§ 19 Abs. 5 Satz 2 GmbHG n.F.) eine Voraussetzung für die Erfüllung der Einlageschuld. Die Beklagte zu 2, die als Inferentin für die ordnungsgemäße Einlageleistung darlegungs- und beweispflichtig ist (Sen. Beschl. v. 9. Juli 2007 - II ZR 222/06, ZIP 2007, 1755 m.w.Nachw.), hat nicht behauptet, dass bei der Anmeldung Angaben zum Cash-Management-Vertrag gemacht wurden.

bb)

Der Rückforderungsanspruch war nicht jederzeit fällig. Die Möglichkeit, im Rahmen des Cash-Pooling über den abgeflossenen Betrag zu verfügen, führt nicht zur Fälligkeit des Rückgewähranspruchs. Eine Verrechnung von Abflüssen aus dem Cash-Pool mit dem Rückforderungsanspruch ist frühestens nach befreiender Leistung der Einlage im Sinn von § 19 Abs. 5 GmbHG n.F. möglich. Andernfalls ist die Zahlung an Gläubiger der Gesellschaft keine Rückzahlung des von der Gesellschaft ausgereichten Darlehens. Außerdem kann die Gesellschaft einen positiven Saldo unter dem Cash-Pool ohne Kündigung des Cash-Management-Vertrags nicht realisieren. Wenn die Gesellschaft - wie das im Cash-Pool regelmäßig der Fall ist - alle Zahlungen über ein Konto abzuwickeln hat, das in den Pool einbezogen ist, führt eine Rückforderung des ausgereichten Darlehens umgehend über das Zero-Balancing zu einem Rückfluss an den Gesellschafter, der über das Zentralkonto verfügt.

cc)

Die Weiterleitung der Einlage vom Konto der Schuldnerin auf das Zentralkonto des Cash-Pools hat die Beklagte zu 2 von der Einlageverpflichtung ferner deswegen nicht befreit, weil der Cash-Managementvertrag nicht jederzeit fristlos gekündigt werden konnte.

Der sofortigen Fälligkeit (§ 19 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 GmbHG n.F.) gleichwertig ist nur die Befugnis, den Rückgewähranspruch ohne Einschränkungen jederzeit fällig stellen zu können. Der Gesetzgeber wollte einen Ausgleich dafür schaffen, dass die Vollwertigkeitsprüfung zeitbezogen bei Einlageleistung stattfinden muss, die Verhältnisse der Inferentin als Darlehensnehmerin sich aber während der Laufzeit des Geschäfts, aus dem sich der Rückzahlungsanspruch ergibt, zum Nachteil der GmbH und ihrer Gläubiger ändern können (BT-Drucks. 16/9737 S. 97). Das setzt voraus, dass die Gesellschaft den der Einbeziehung in den Cash-Pool zugrunde liegenden Vertrag nicht nur bei einer Verschlechterung der Vermögensverhältnisse im Regelfall (§ 490 Abs. 1 BGB) oder aus wichtigem Grund nach einer Abwägung der beiderseitigen Interessen (§ 314 Abs. 1 BGB), sondern jederzeit ohne Einschränkung kündigen kann.

Diesen Anforderungen an das Kündigungsrecht genügt der zwischen der E. , der S. und der Schuldnerin abgeschlossene Cash-Management-Vertrag nicht. In § 11 Abs. 2 des Cash-Management-Vertrages ist ein ordentliches Kündigungsrecht mit einer Kündigungsfrist von 3 Monaten zum Ende einer 2-jährigen Cash-Management-Periode vereinbart. Ein Recht zur fristlosen Kündigung ohne wichtigen Grund ist nicht eingeräumt, lediglich das Recht zur Kündigung aus wichtigem Grund soll von der Befristung unberührt bleiben.

2.

Gegen die Beklagte zu 1 ist die Klage dagegen mit Recht abgewiesen worden. E. und K. haben ihre Einlageschuld nach § 19 Abs. 1 GmbHG erfüllt, als sie die Einlage auf das Konto der Schuldnerin leisteten. Mit der Weiterleitung auf das Zentralkonto des Cash-Pool-Managers floss ihre Einlage nicht an sie selbst zurück, sondern an die S. als Kontoinhaberin und Cash-Pool-Managerin.

a)

Die Weiterleitung auf das Zentralkonto führt nicht schon deshalb zu einer Rückzahlung an die E. als Inferentin, weil sie nach zwei Jahren vereinbarungsgemäß das Cash-Pool-Management übernehmen sollte. Das eingezahlte Kapital stand der Schuldnerin für die Dauer von zwei Jahren zur Verfügung. Von einem Hin- und Herzahlen kann nicht mehr gesprochen werden, weil der Kapitalaufbringungsvorgang beim turnusmäßigen Wechsel des Cash-Managers abgeschlossen war. Selbst wenn die E. mit der Übernahme des Cash-Pool-Managements zwei Jahre nach der Zahlung einen positiven Saldo zugunsten der Schuldnerin übernommen hätte, könnte eine solche Zahlung der ursprünglich geschuldeten Einlage nicht mehr zugeordnet werden.

b)

Mit der Weiterleitung an die Mitgesellschafterin S. floss die Einlage auch nicht mittelbar an die E. zurück. Die Umgehung der Kapitalaufbringungsregeln setzt keine personelle Identität zwischen Inferent und Auszahlungsempfänger voraus. Ausreichend, aber auch erforderlich ist bei der Weiterleitung der Einlagemittel an einen Dritten, dass der Inferent dadurch in gleicher Weise begünstigt wird wie durch eine unmittelbare Leistung an ihn selbst. Mittelbar zugute kommt dem Inferenten die Leistung insbesondere, wenn die Zahlung an einen vom Gesellschafter beherrschtes Unternehmen weitergeleitet wird (Senat, BGHZ 153, 107, 111 ; 166, 8 Tz. 18 "Cash-Pool I"; 171, 113 Tz. 8; 174, 370 Tz. 6). Zwischen der E. und der Cash-Pool-Managerin S. bestanden keine solchen gesellschaftsrechtlichen Verbindungen. Die S. war eine Tochter der Su. , mit der die E. nicht ihrerseits verbunden war.

Der Abschluss des Cash-Pool-Vertrages zwischen der E. und der S. führte auch nicht dazu, dass die Einlage der E. an ein gemeinsam beherrschtes Unternehmen floss. Mit dem Cash-Managementvertrag entstand keine BGB-Innengesellschaft. S. und E. sollten alternierend, nicht gemeinsam und nicht gleichzeitig Cash-Manager sein. Solange die S. Cash-Manager war, hatte die E. keine Zugriffsrechte auf das Zentralkonto. Die E. musste bei Übernahme des Cash-Managements ein eigenes Zentralkonto einrichten. Die Vertragsgestaltung des Cash-Management-Vertrages gab der E. während des Cash-Managements durch die S. keine Einflussmöglichkeiten, die einer Beherrschung gleichkommen.

c)

Entsprechendes gilt für die Einlagezahlung der K. , die an dem Cash-Pool-Vertrag nicht beteiligt und kein mit der S. verbundenes Unternehmen war.

III.

Die Sache ist an das Berufungsgericht zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen, soweit die Klage gegen die Beklagte zu 2 in Höhe von 46.869,73 EUR nebst Zinsen abgewiesen wurde. Im Umfang der weitergehenden Aufhebung (822.326,47 EUR nebst Zinsen) kann der Senat in der Sache selbst entscheiden, weil sie zur Endentscheidung reif ist (§ 563 ZPO).

1.

Hinsichtlich der letzten Teilzahlung am 23. November 1998 ist die Sache in Höhe von 46.869,73 EUR noch nicht zur Endentscheidung reif, da die erforderlichen tatrichterlichen Feststellungen fehlen.

a)

Aufgrund der bisherigen Feststellungen lässt sich nicht beurteilen, ob die Zahlung des letzten Teils der Resteinlage zur Rückführung eines der Gesellschaft von der Beklagten zu 2 gewährten Darlehens geführt hat. Alle Gesellschafter zahlten die Resteinlage jeweils in einer die Höhe des Soll-Saldos auf dem Zentralkonto übersteigenden Höhe am 23. November 1998 auf das Konto der Schuldnerin. Wenn - wie üblich - zwischen dem Unterkonto und dem Zentralkonto im Cash-Pool ein Ausgleich am Ende des Tages stattfindet, kann die Tilgung des Soll-Saldos auf dem Zentralkonto nicht ohne weiteres der Einlage eines bestimmten Gesellschafters zugeordnet werden. Das Berufungsgericht wird daher nach weiterem Sachvortrag der Parteien ggf. zunächst festzustellen haben, ob sich aus vertraglichen Vereinbarungen zwischen den Parteien eine Zuordnung vornehmen lässt. Sofern die Einlagenzahlungen der Gesellschafter am 23. November gesammelt auf das Zentralkonto weitergeleitet wurden und die Zahlungen sich nicht einem Gesellschafter zuordnen lassen, ist die Leistung der S. entsprechend ihrem Anteil an der Gesamteinnahme auf dem Konto der Schuldnerin an diesem Tag auf den Soll-Saldo zu verteilen und in dieser Höhe als verdeckte Sacheinlage, im übrigen als bloßes Hin- und Herzahlen zu behandeln.

b)

Wenn das Berufungsgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass jedenfalls teilweise eine verdeckte Sacheinlage vorliegt, ist der Wert der Forderung der Beklagten zu 2 gegen die Schuldnerin zu ermitteln. Im Umfang einer verdeckten Sacheinlage ist auf die Einlageverpflichtung der Beklagten zu 2 der Wert des Verzichts auf die Darlehensrückzahlung und damit der Wert der Rückzahlungsforderung im Zeitpunkt der Gutschrift auf dem Zentralkonto nach § 19 Abs. 4 GmbHG n.F. "anzurechnen". Da noch völlig offen ist, inwieweit eine Anrechnung in Frage kommt, und eine Vorlage an das BVerfG nach Art. 100 Abs. 1 GG deswegen derzeit ausscheidet, kann offen bleiben, ob gegen eine rückwirkende Anwendung von § 19 Abs. 4 GmbHG n.F. auf "Altfälle" verfassungsrechtliche Bedenken bestehen (vgl. einerseits Bormann, GmbHR 2007, 897, 901, andererseits Fuchs, BB 2009, 170, 174).

2.

Hinsichtlich der weiteren 822.326,47 EUR kann der Senat in der Sache selbst entscheiden, da keine weiteren Feststellungen zu treffen und zu erwarten sind.

a)

Die Beklagte zu 2 schuldet noch die Zahlung der Einlage. Die Resteinlage war vor Abtretung des Anteils der Beklagten zu 2 an die Streithelferin fällig. Da die Gesellschafter die Einforderung der Resteinlagen jeweils unter Bestimmung einer Frist in Anwesenheit aller Gesellschafter beschlossen haben, war eine förmliche Anforderung durch die Geschäftsführer entbehrlich (vgl. Scholz/Uwe H. Schneider/Westermann, GmbHG 10. Aufl. § 19 Rdn. 10).

b)

Der Zinsausspruch beruht auf §§ 20 GmbHG, 246 BGB bzw. §§ 291, 288 Abs. 2 BGB. Der Zinssatz der Fälligkeitszinsen nach § 20 GmbHG beträgt 4 % (vgl. Baumbach/Hueck/Fastrich, GmbHG 18. Aufl. § 20 Rdn. 6). Die Beklagte zu 2 haftet auch für die bis zur Abtretung ihres Anteils und seiner Anmeldung am 8. Mai 2003 fällig gewordenen Zinsen. Zwar wird der Anteilsveräußerer mit der Anmeldung von den nicht bereits rückständigen Gesellschafterpflichten frei (§ 16 Abs. 3 GmbHG a.F.; BGHZ 165, 352, 355) . Die Parteien haben aber in der Freistellungsvereinbarung vereinbart, dass der Kläger die Ansprüche auf Erbringung der Stammeinlage nur gegen die Beklagten geltend macht. Das erstreckt sich seinem Sinn nach auf die Fälligkeitszinsen als Nebenforderungen. Die Parteien und die Streithelferin haben zum Zweck der Vereinbarung ausdrücklich erklärt, dass die Ansprüche allein Angelegenheit zwischen dem Kläger und den Beklagten sein sollten. Davon erfasst sind nicht nur die Zinsansprüche, für die Alt- und Neugesellschafter gemeinsam verhaftet sind (§ 16 Abs. 3 GmbHG a.F.), sondern erst recht Zinsansprüche, für die - nach der Anteilsübertragung - nur der Neugesellschafter haftet.

Der Anspruch auf die bis 31. Dezember 2001 fällig gewordenen Zinsen ist verjährt (§ 197 BGB a.F., Art. 229 § 6 Abs. 1 und 4 EGBGB), da die Verjährung erst mit Klageeinreichung im Jahr 2006 gehemmt wurde. Gegen die Zinsforderung kann die Beklagte zu 2 nicht mit einem Bereicherungsanspruch auf Rückzahlung der Einlagen aufrechnen. Beim Hin- und Herzahlen leistet der Inferent nichts und erwirbt keinen Bereicherungsanspruch gegen die Gesellschaft (BGHZ 165, 113, 117 ; 174, 370 Tz. 6).


BGHR: ja
BGHZ: ja
Nachschlagewerk: ja
Verfahrensgang: OLG Dresden, 12 U 774/07 vom 28.11.2007
LG Chemnitz, 1 O 959/06 vom 04.05.2007

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