AG Hamburg: Eigenverwaltung nur für "wohl vorbereitete" Insolvenzanträge
AG Hamburg, Beschluss v. 19.12.2013 - 67c IN 501/13
Amtliche Leitsätze
1. Das Eigenverwaltungsverfahren ist nur für "wohl vorbereitete" Insolvenzanträge geeignet, bei welchen die Geschäftsleitung deutlich machen kann, den speziellen rechtlichen Anforderungen an eine Eigenverwaltung, die sich im Insolvenzverfahren stellen, gewachsen zu sein.
2. Insbesondere muss Kenntnis zum Führen von Tabelle und Massenverzeichnissen, zur gleichmäßigen Befriedigung der Gläubiger und zur regelgerechten Begründung von Masseverbindlichkeiten, dargelegt werden.
Aus den Gründen
Der Antrag der Schuldnerin auf vorläufige Eigenverwaltung (§ 270a InsO) war im Eröffnungsverfahren abzulehnen, da eine Anordnung der Eigenverwaltung derzeit aussichtslos erscheint. Der Geschäftsführer hat auf Befragen der Geschäftsstelle angegeben, vorgerichtlich nicht insolvenzrechtlich beraten worden zu sein. Das Eigenverwaltungsverfahren ist aber nur für "wohlvorbereitete" Insolvenzanträge geeignet, bei welchen die Geschäftsleitung deutlich machen kann, den speziellen rechtlichen Anforderungen an eine Eigenverwaltung, die sich im Insolvenzverfahren stellen, gewachsen zu sein. Insbesondere muss Kenntnis zum Führen von Tabelle und Massenverzeichnissen, zur gleichmäßigen Befriedigung der Gläubiger und zur regelgerechten Begründung von Masseverbindlichkeiten, dargelegt werden.
Das Eigenverwaltungsverfahren ist keine regelhafte Form des Regelinsolvenzverfahrens, da sie nach wie vor nur für „geeignete Ausnahmefälle" gedacht ist (Graf-Schlicker lt.INDAt-Report 4/2013, 53; diess. ZInsO 2013, 1765, 1767; Nöll, ZInsO 2013, 745, 749; Niering, INDAT-Report 7/2013, 24; Haarmeyer, ZInsO 2013, 2345), auch wenn der Gesetzgeber mit dem „ESUG" zum 1.3.2012 die Anordnungsvoraussetzungen „niedriger" ausgestalten wollte (Ringsmeier in A/G/R, InsO, 2013, § 270 Rn. 13). Ein „Anspruch auf Eigenverwaltung" besteht nicht (Leib/Rendels, EWiR 2013, 625, 626); die Anordnung ist restriktiv zu handhaben (Haarmeyer, ZInsO 2013, 2345; Pape, ZInsO 2013, 2077, 2082 ; ders. ZIP 2013, 2285; BAKinso-Entschliessung v. 6.12.2013 unter www.bak-inso.de).
Das Insolvenzgericht hat eine freie Prognoseentscheidung mit der Eröffnungsentscheidung zu treffen, es genügt, wenn geringe Zweifel am Vorliegen der Voraussetzungen bestehen (Foltis in FK-InsO, 7.Aufl. § 270 Rn. 56, 69 jew. m.w.N.). Diese Zweifel bestehen derzeit vorliegend.