R&W Abo Buch Datenbank Veranstaltungen Betriebs-Berater
 
Wirtschaftsrecht
02.05.2013
Wirtschaftsrecht
EuGH: EU-Staaten dürfen ausländische Banken zur Auskunft gegenüber inländischen Behörden verpflichten

EuGH, Urteil vom 25.4.2013 - C‑212/11 Jyske Bank Gibraltar Ltd gegen Administración del Estado


Tenor


Art. 22 Abs. 2 der Richtlinie 2005/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Oktober 2005 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung ist dahin auszulegen, dass er einer Regelung eines Mitgliedstaats nicht entgegensteht, die von Kreditinstituten verlangt, dass sie die zur Bekämpfung der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung erbetenen Auskünfte unmittelbar der zentralen Meldestelle dieses Mitgliedstaats übermitteln, wenn diese Institute ihre Tätigkeiten im Inland im Rahmen des freien Dienstleistungsverkehrs ausüben, sofern diese Regelung nicht die praktische Wirksamkeit dieser Richtlinie und des Beschlusses 2000/642/JI des Rates vom 17. Oktober 2000 über Vereinbarungen für eine Zusammenarbeit zwischen den zentralen Meldestellen der Mitgliedstaaten beim Austausch von Informationen beeinträchtigt.


Art. 56 AEUV ist dahin auszulegen, dass er einer solchen Regelung eines Mitgliedstaats nicht entgegensteht, wenn sie durch einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses gerechtfertigt ist, wenn sie geeignet ist, die Erreichung des mit ihr verfolgten Ziels zu gewährleisten, wenn sie nicht über das hinausgeht, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist, und wenn sie in nichtdiskriminierender Weise angewandt wird; dies zu überprüfen, ist Sache des nationalen Gerichts, das dabei folgende Erwägungen zu berücksichtigen hat:


-        eine solche Regelung ist geeignet, das Ziel der Verhinderung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zu erreichen, wenn sie dem betreffenden Mitgliedstaat ermöglicht, verdächtige Finanztransaktionen von Kreditinstituten, die ihre Dienstleistungen im Inland erbringen, zu überwachen und wirksam zu unterbinden sowie gegebenenfalls gegen die Verantwortlichen vorzugehen und diese zu bestrafen;


-        die durch diese Regelung geschaffene Verpflichtung der Kreditinstitute, die ihre Tätigkeiten im Rahmen des freien Dienstleistungsverkehrs erbringen, kann in angemessenem Verhältnis zur Verfolgung dieses Ziels stehen, wenn zu dem im Ausgangsverfahren maßgeblichen Zeitpunkt ein wirksamer Mechanismus fehlt, der eine vollständige und lückenlose Zusammenarbeit der zentralen Meldestellen gewährleistet.


Aus den Gründen


1        Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 22 Abs. 2 der Richtlinie 2005/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Oktober 2005 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung (ABl. L 309, S. 15).


2        Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits der Jyske Bank Gibraltar Ltd (im Folgenden: Jyske), eines in Spanien im Rahmen des freien Dienstleistungsverkehrs tätigen Kreditinstituts mit Sitz in Gibraltar, gegen die Administración del Estado (staatliche Verwaltung); dieser Rechtsstreit betrifft den Beschluss des Consejo de Ministros (Ministerrat) vom 23. Oktober 2009, mit dem der Widerspruch von Jyske gegen den Beschluss des Consejo de Ministros vom 17. April 2009 zurückgewiesen wurde, mit dem gegen Jyske wegen Verweigerung der Erteilung vom Servicio Ejecutivo de la Comisión para la Prevención de Blanqueo de Capitales (Durchführungsstelle für die Verhinderung von Geldwäsche; im Folgenden: Servicio Ejecutivo) angeforderter Auskünfte bzw. mangelnder Sorgfalt bei der Erteilung dieser Auskünfte zwei Bußgelder in Höhe von insgesamt 1 700 000 Euro festgesetzt und zwei öffentliche Verwarnungen ausgesprochen worden waren.


Rechtlicher Rahmen


Unionsrecht


3        Art. 6 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 91/308/EWG des Rates vom 10. Juni 1991 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche (ABl. L 166, S. 77) in der Fassung der Richtlinie 2001/97/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Dezember 2001 (ABl. L 344, S. 76) (im Folgenden: Richtlinie 91/308) sah vor:


 „(1)      Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass die dieser Richtlinie unterliegenden Institute und Personen sowie deren leitendes Personal und deren Angestellte mit den für die Bekämpfung der Geldwäsche zuständigen Behörden in vollem Umfang zusammenarbeiten, indem sie


a)      diese Behörden von sich aus über alle Tatsachen, die ein Indiz für eine Geldwäsche sein könnten, unterrichten;


b)      diesen Behörden auf Verlangen alle erforderlichen Auskünfte im Einklang mit den Verfahren erteilen, die in den anzuwendenden Rechtsvorschriften festgelegt sind.


 (2)      Die in Absatz 1 genannten Informationen werden den für die Bekämpfung der Geldwäsche zuständigen Behörden des Mitgliedstaats übermittelt, in dessen Hoheitsgebiet sich die Person oder das Institut befindet, von dem diese Informationen stammen. Die Übermittlung erfolgt in der Regel durch die Person(en), die von den Instituten und Personen gemäß den Verfahren des Artikels 11 Absatz 1 Buchstabe a) benannt wurden."


4        Die Richtlinie 91/308 wurde aufgehoben und durch die Richtlinie 2005/60 ersetzt, deren 40. Erwägungsgrund wie folgt lautet:


 „Angesichts des internationalen Charakters der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung sollten die Koordinierung und die Zusammenarbeit zwischen den zentralen Meldestellen nach dem Beschluss 2000/642/JI des Rates vom 17. Oktober 2000 über Vereinbarungen für eine Zusammenarbeit zwischen den zentralen Meldestellen der Mitgliedstaaten beim Austausch von Informationen [(ABl. L 271, S. 4)], einschließlich der Errichtung des EU-Netzwerks ‚FIU-NET‘, weitestmöglich gefördert werden. Zu diesem Zweck sollte die Kommission die Hilfe leisten, die erforderlich ist, um eine solche Koordinierung zu erleichtern, einschließlich finanzieller Unterstützung."


5        Nach Art. 5 dieser Richtlinie können „[d]ie Mitgliedstaaten ... zur Verhinderung der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung strengere Vorschriften auf dem unter diese Richtlinie fallenden Gebiet erlassen oder beibehalten".


6        Art. 7 der Richtlinie sieht vor:


 „Die dieser Richtlinie unterliegenden Institute und Personen wenden Sorgfaltspflichten gegenüber Kunden in den nachfolgenden Fällen an:


a)      Begründung einer Geschäftsbeziehung;


b)      Abwicklung gelegentlicher Transaktionen in Höhe von 15 000 EUR oder mehr, und zwar unabhängig davon, ob die Transaktion in einem einzigen Vorgang oder in mehreren Vorgängen, zwischen denen eine Verbindung zu bestehen scheint, getätigt wird;


c)      Verdacht auf Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung, ungeachtet etwaiger Ausnahmeregelungen, Befreiungen oder Schwellenwerte;


d)      Zweifel an der Echtheit oder der Angemessenheit zuvor erhaltener Kundenidentifikationsdaten."


7        Art. 21 der Richtlinie bestimmt:


„(1)      Jeder Mitgliedstaat richtet eine zentrale Meldestelle zur wirksamen Bekämpfung der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung ein.


(2)      Diese fungiert als nationale Zentralstelle. Ihre Aufgabe ist es, offen gelegte Informationen, die potenzielle Geldwäsche oder potenzielle Terrorismusfinanzierung betreffen oder aufgrund nationaler Vorschriften oder Regelungen erforderlich sind, entgegenzunehmen (und, soweit zulässig, um solche Informationen zu ersuchen), sie zu analysieren und sie an die zuständigen Behörden weiterzugeben. Zur Erfüllung ihrer Aufgaben wird sie mit angemessenen Mitteln ausgestattet.


 (3)      Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die zentrale Meldestelle rechtzeitig unmittelbar oder mittelbar Zugang zu den Finanz-, Verwaltungs- und Strafverfolgungsinformationen erhält, die sie zur ordnungsgemäßen Erfüllung ihrer Aufgaben benötigt."


8        Art. 22 der Richtlinie 2005/60 lautet:


 „(1)      Die Mitgliedstaaten schreiben vor, dass die dieser Richtlinie unterliegenden Institute und Personen sowie gegebenenfalls deren leitendes Personal und deren Angestellte in vollem Umfang zusammenarbeiten, indem sie


a)      die zentrale Meldestelle von sich aus umgehend informieren, wenn sie wissen, den Verdacht oder berechtigten Grund zu der Annahme haben, dass eine Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung begangen oder zu begehen versucht wurde oder wird,


b)      der zentralen Meldestelle auf Verlangen umgehend alle erforderlichen Auskünfte im Einklang mit den Verfahren erteilen, die in den anzuwendenden Rechtsvorschriften festgelegt sind.


(2)      Die in Absatz 1 genannten Informationen werden der zentralen Meldestelle des Mitgliedstaats übermittelt, in dessen Hoheitsgebiet sich das Institut oder die Person, von dem bzw. der diese Informationen stammen, befindet. Die Übermittlung erfolgt in der Regel durch die Person(en), die nach den in Artikel 34 genannten Verfahren benannt wurde(n)."


9        Wie aus Art. 3 Abs. 1 und 2 Buchst. f der Richtlinie 2005/60 hervorgeht, umfassen die Institute im Sinne von Art. 22 dieser Richtlinie auch die Zweigstellen im Sinne von Art. 1 Nr. 3 der Richtlinie 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. März 2000 über die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Kreditinstitute (ABl. L 126, S. 1). Die Zweigstelle ist in dieser Bestimmung definiert als eine Betriebsstelle, die einen rechtlich unselbständigen Teil eines Kreditinstituts bildet und unmittelbar sämtliche Geschäfte oder einen Teil der Geschäfte betreibt, die mit der Tätigkeit eines Kreditinstituts verbunden sind.


10      Art. 1 des Beschlusses 2000/642 bestimmt:


 „(1)      Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die zentralen Meldestellen, die zur Entgegennahme von Finanzinformationen zum Zwecke der Bekämpfung der Geldwäsche eingerichtet oder benannt werden, bei der Zusammenstellung, Analyse und Prüfung einschlägiger Informationen innerhalb der zentralen Meldestellen über alle Tatsachen, die ein Indiz für eine Geldwäsche sein könnten, entsprechend ihren nationalen Befugnissen zusammenarbeiten.


 (2)      Für die Zwecke des Absatzes 1 sorgen die Mitgliedstaaten dafür, dass die zentralen Meldestellen unaufgefordert oder auf Ersuchen und entweder gemäß diesem Beschluss oder gemäß bereits geschlossenen oder künftigen Vereinbarungen alle verfügbaren Informationen austauschen, die für die zentralen Meldestellen bei der Verarbeitung oder Analyse von Informationen oder bei Ermittlungen, die Finanztransaktionen im Zusammenhang mit Geldwäsche und die beteiligten natürlichen oder juristischen Personen betreffen, von Belang sein können.


 (3)      Hat ein Mitgliedstaat eine Polizeibehörde als seine zentrale Meldestelle benannt, so kann er vorsehen, dass die bei dieser zentralen Meldestelle verfügbaren Informationen an eine Behörde des empfangenden Mitgliedstaats, die zu diesem Zweck benannt wurde und die in den in Absatz 1 genannten Bereichen zuständig ist, gemäß diesem Beschluss übermittelt werden."


11      Art. 4 des Beschlusses lautet:


 „(1)      Jedem gemäß diesem Beschluss gestellten Ersuchen wird eine kurze Beschreibung des Sachverhalts beigefügt, der der ersuchenden zentralen Meldestelle bekannt ist. Die zentrale Meldestelle hat in dem Ersuchen genau anzugeben, wie die erbetenen Informationen verwendet werden sollen.


 (2)      Wurde ein Ersuchen gemäß diesem Beschluss gestellt, so stellt die ersuchte zentrale Meldestelle alle einschlägigen Informationen, einschließlich der verfügbaren Finanzinformationen und der erbetenen Daten der Ermittlungsbehörden zur Verfügung, ohne dass ein förmliches Ersuchen gemäß den geltenden Übereinkommen oder Abkommen zwischen Mitgliedstaaten gestellt werden muss.


 (3)      Eine zentrale Meldestelle ist nicht verpflichtet, Informationen weiterzugeben, wenn dies laufende strafrechtliche Ermittlungen im ersuchten Mitgliedstaat stören könnte, oder in Ausnahmefällen, wenn die Weitergabe der Informationen eindeutig in einem Missverhältnis zu den legitimen Interessen einer natürlichen oder juristischen Person oder des betreffenden Mitgliedstaates stünde oder in anderer Weise nicht mit den Grundprinzipien innerstaatlichen Rechts vereinbar wäre. Eine solche Ablehnung ist der ersuchenden zentralen Meldestelle angemessen zu erläutern."


12      Dieser Beschluss gilt nach seinem Art. 10 für Gibraltar, und nach dieser Bestimmung kann das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland ungeachtet von Art. 2 des Beschlusses dem Generalsekretariat des Rates der Europäischen Union zu diesem Zweck eine zentrale Meldestelle in Gibraltar notifizieren.


Nationales Recht


13      Die Richtlinie 91/308 wurde durch das Gesetz 19/1993 vom 28. Dezember 1993 über bestimmte Maßnahmen zur Verhinderung der Geldwäsche (Ley 19/1993 sobre determinadas medidas de prevención de blanqueo de capitales) vom 28. Dezember 1993 (BOE Nr. 311 vom 29. Dezember 1993, S. 37327) in das spanische Recht umgesetzt.


14      Art. 2 Abs. 1 Unterabs. 2 des Gesetzes 19/1993 bestimmte:


 „Den Verpflichtungen nach diesem Gesetz unterliegen:


a) Kreditinstitute ...


Unter diese Aufzählung fallen ebenfalls ausländische Personen oder Einrichtungen, die über eine Zweigstelle oder ohne feste Niederlassung im Wege des Dienstleistungsverkehrs in Spanien dieselben Tätigkeiten ausüben wie die zuvor genannten Personen oder Institute.


Die fraglichen Personen unterliegen den Verpflichtungen nach dem vorliegenden Gesetz auch in Bezug auf Transaktionen, die über Agenturen oder andere für sie als Vermittler tätige natürliche oder juristische Personen durchgeführt werden."


15      In Bezug auf die Informationspflichten sah Art. 3 des Gesetzes 19/1993 vor:


 „Die im vorstehenden Artikel genannten Rechtssubjekte treffen folgende Pflichten:


4. Zusammenarbeit mit dem [Servicio Ejecutivo], hierzu


a)      teilen sie auf eigene Initiative jeden Sachverhalt und jede Transaktion mit, bei der ein Hinweis oder die Gewissheit besteht, dass er oder sie mit dem Waschen von Geld, das aus den in Art. 1 aufgeführten Tätigkeiten stammt, im Zusammenhang steht. Die Übermittlung erfolgt in der Regel durch die Person(en), die von den Verpflichteten gemäß dem Verfahren des Art. 1 Abs. 7 benannt wurden. Diese Person(en) sind in allen Verwaltungs- oder gerichtlichen Verfahren im Zusammenhang mit den in der Mitteilung enthaltenen Angaben oder jeder anderen ergänzenden auf die Mitteilung bezogenen Information zur Vertretung befugt.


Die Sachverhalte und Transaktionen, die dem Servicio Ejecutivo in jedem Fall mitzuteilen sind, werden durch Durchführungsverordnung bestimmt.


Ebenso sind Transaktionen mitzuteilen, bei denen ein auffälliges Missverhältnis zwischen der Natur, dem Umfang der Tätigkeit oder der früheren Geschäftstätigkeit des Kunden besteht, wenn sich im Rahmen der in Abs. 2 vorgesehenen besonderen Prüfung keine wirtschaftliche, berufliche oder geschäftsbezogene Rechtfertigung für die Durchführung der Transaktionen im Zusammenhang mit den in Art. 1 des Gesetzes aufgeführten Tätigkeiten erkennen lässt;


b)      stellen sie dem Servicio Ejecutivo die Informationen zur Verfügung, die er im Rahmen seiner Zuständigkeit anfordert.


..."


16      Art. 16 Abs. 3 des Gesetzes bestimmte:


 „Der Servicio Ejecutivo und gegebenenfalls das Sekretariat der Kommission für die Verhinderung der Geldwäsche und von Verstößen im Geldverkehr arbeiten nach Maßgabe der Richtlinien [dieser Kommission] mit den Behörden anderer Mitgliedstaaten mit entsprechenden Befugnissen zusammen und wirken dabei insbesondere auf die Zusammenarbeit mit den Behörden der Staaten hin, deren Hoheitsgewalt sich auf an Spanien angrenzende Gebiete erstreckt. ..."


17      Das Gesetz 19/1993 wurde durch das Gesetz 10/2010 zur Verhinderung der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung (Ley 10/2010 de prevención del blanqueo de capitales y de la financiación del terrorismo) vom 28. April 2010 (BOE Nr. 103 vom 29. April 2010, S. 37458) aufgehoben, das der Umsetzung der Richtlinie 2005/60 in das spanische Recht dient. Nach Art. 48 Abs. 3 dieses Gesetzes ist der Servicio Ejecutivo verpflichtet, mit den entsprechenden ausländischen Behörden zusammenzuarbeiten. Es ist vorgesehen, dass der Austausch von Informationen insbesondere nach dem Beschluss 2000/642 und den Grundsätzen der informellen sogenannten „Egmont-Gruppe" erfolgt, in deren Rahmen sich die zentralen Meldestellen mehrerer Staaten einschließlich der Mitgliedstaaten treffen und die auch als Forum für den Informationsaustausch und der Zusammenarbeit der verschiedenen zentralen Meldestellen dient.


18      Nach Art. 5 Abs. 2 Buchst. c des Real Decreto 925/1995 zur Billigung der Verordnung zur Durchführung des Gesetzes 19/1993 vom 28. Dezember 1993 zur Verhinderung der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung (Real Decreto 925/1995 por el que se aprueba el Reglamento de la Ley 19/1993, de 28 de diciembre, sobre determinadas medidas de prevención del blanqueo de capitales) vom 9. Juni 1995 (BOE Nr. 160 vom 6. Juli 1995, S. 20521) besteht die Verpflichtung, dem Servicio Ejecutivo Bewegungen von oder auf Konten aus oder in Steuerparadiese mitzuteilen.


19      Art. 7 Abs. 2 Buchst. b dieses Real Decreto bestimmt:


„Die Verpflichteten teilen dem Servicio Ejecutivo jedenfalls monatlich mit:


b)      unabhängig vom Aufenthaltsort der beteiligten Personen Transaktionen mit oder von natürlichen oder juristischen Personen mit Sitz in Gebieten oder Ländern, die durch Rechtsverordnung des Ministeriums für Wirtschaft und Finanzen festgelegt wurden, bzw. Transaktionen für Rechnung solcher Personen, sowie Transaktionen, die Geldtransfers von oder nach diesen Gebieten und Ländern beinhalten, sofern der Betrag der Transaktionen 30 000 Euro oder ihren Gegenwert in ausländischer Währung übersteigt."


20      Die als Steuerparadies und unkooperativ angesehenen Gebiete waren vorab durch das Real Decreto 1080/1991 vom 5. Juli 1991 (BOE Nr. 167 vom 13. Juli 1991, S. 233371) und die Verordnung ECO/2652/2002 vom 24. Oktober 2002 betreffend die Umsetzung der Pflicht zur Meldung von Transaktionen mit Bezug zu bestimmten Ländern an den Servicio Ejecutivo der Kommission für die Verhinderung der Geldwäsche und Finanzdelikte (Orden ECO/2652/2002 por la que se desarrollan las obligaciones de comunicación de operaciones en relación con determinados países al Servicio Ejecutivo de la Comisión de Prevención del Blanqueo de Capitales e Infracciones Monetarias) vom 24. Oktober 2002 (BOE vom 30. Oktober 2002, S. 38033) festgelegt worden. Gibraltar ist in dieser Liste aufgeführt.


21      Dem Tribunal Supremo zufolge verpflichtet Art. 5 des Gesetzes von 2007 über Kriminalität (Geldwäsche und Erträge) (Crime [Money Laundering and Proceeds] Act 2007), das die Richtlinie 2005/60 in das Recht von Gibraltar umgesetzt hat, zur Wahrung des Bankgeheimnisses.


Das Ausgangsverfahren und die Vorlagefrage


22      Jyske, eine Tochtergesellschaft der dänischen NS Jyske Bank, ist ein in Gibraltar ansässiges Kreditinstitut; es unterliegt dort der Aufsicht der Financial Services Commission (Kommission für Finanzdienstleistungen).


23      Der Vorlageentscheidung zufolge übte Jyske zur für den Sachverhalt des Ausgangsverfahrens maßgeblichen Zeit ihre Tätigkeiten in Spanien im Rahmen des freien Dienstleistungsverkehrs aus, d. h. ohne dort über eine Niederlassung zu verfügen.


24      Am 30. Januar 2007 teilte die spanische zentrale Meldestelle, der Servicio Ejecutivo, Jyske mit, da diese keinen Vertreter bei ihr benannt habe, würden ihre Organisationsstruktur und ihre Verfahrensweisen im Hinblick auf ihre Tätigkeiten in Spanien im Rahmen des freien Dienstleistungsverkehrs überprüft. Hierbei forderte der Servicio Ejecutivo Jyske auf, bis zum 1. März 2007 Unterlagen und Informationen u. a. über die Identität ihrer Kunden beizubringen.


25      Diese Aufforderung erging im Anschluss an einen Bericht des Servicio Ejecutivo vom 24. Januar 2007, wonach Jyske in Spanien im Rahmen des freien Dienstleistungsverkehrs insbesondere bei der Gewährung von Hypothekendarlehen zum Erwerb von Immobilien in Spanien eine umfangreiche Tätigkeit entfaltete. Dieser Bericht wies darauf hin, dass „das Institut bei der Entfaltung dieser Tätigkeit in Spanien in zweifacher Hinsicht unterstützt wird, nämlich durch die spanische Zweigstelle seiner Muttergesellschaft und insbesondere durch zwei Anwaltskanzleien in Marbella [(Spanien)]. Nach öffentlich zugänglichen Informationen war gegen den Inhaber einer der beiden Kanzleien wegen des Verdachts der Geldwäsche ein Strafverfahren eingeleitet worden, und sein Name erscheint, ebenso wie der Name der anderen oben angeführten Anwaltskanzlei, bei vielen Transaktionen, die dem Servicio Ejecutivo von anderen Personen, die der Mitteilungspflicht betreffend Hinweise auf Geldwäsche unterliegen, angezeigt wurden." Nach alledem war der Servicio Ejecutivo der Auffassung, dass die sehr große Gefahr bestehe, dass Jyske im Zuge ihrer Tätigkeiten in Spanien im Rahmen des freien Dienstleistungsverkehrs zur Geldwäsche benutzt werde. Die dazu verwendete Konstruktion habe darin bestanden, in Gibraltar „Gesellschaftsstrukturen [zu schaffen], die letztlich darauf abzielten, zu verhindern, dass die Identität des wahren Eigentümers der in Spanien, im Wesentlichen an der Costa del Sol, erworbenen Immobilien sowie ... die Herkunft der für diesen Erwerb verwendeten Mittel bekannt werden".


26      Am 23. Februar 2007 richtete Jyske ein Schreiben an den Servicio Ejecutivo, in dem sie ihm mitteilte, dass sie bei ihrer Aufsichtsbehörde, der Financial Services Commission, ein Gutachten zu der Frage beantragt habe, ob sie berechtigt sei, diese Auskünfte zu erteilen, ohne die Rechtsvorschriften von Gibraltar betreffend das Bankgeheimnis und den Schutz personenbezogener Daten zu verletzen. Am 14. März 2007 forderte die Financial Services Commission den Servicio Ejecutivo auf, ein Verfahren auf der Basis der gegenseitigen Zusammenarbeit einzuleiten. Der Servicio Ejecutivo teilte der Financial Services Commission mit Schreiben vom 2. April 2007 mit, dass Jyske aufgrund ihrer Tätigkeiten in spanischem Hoheitsgebiet Pflichten unterliege.


27      Am 12. Juni 2007 übermittelte Jyske dem Servicio Ejecutivo einen Teil der erbetenen Informationen. Sie weigerte sich jedoch unter Berufung auf die in Gibraltar geltenden Bestimmungen betreffend das Bankgeheimnis, Angaben über die Identität ihrer Kunden zu machen. Den Informationen waren auch keine Kopien der von Jyske seit dem 1. Januar 2004 im Zuge ihrer Tätigkeit im Rahmen des freien Dienstleistungsverkehrs in Spanien durchgeführten verdächtigen Transaktionen beigefügt.


28      Folglich leitete das Sekretariat des Servicio Ejecutivo am 25. Oktober 2007 Ermittlungen gegen Jyske ein. Es warf Jyske insbesondere vor, gegen die Bestimmungen des Gesetzes 19/1993 zu verstoßen.


29      Nach Durchführung der Ermittlungen entschied der Consejo de Ministros am 17. April 2009, dass Jyske einen sehr schwerwiegenden Verstoß gegen die Auskunftspflichten nach dem Gesetz 19/1993 begangen habe, und zwar durch „[die] Verweigerung oder [die] unsorgfältige Beibringung konkreter schriftlich vom Servicio Ejecutivo angeforderter Informationen" und „[d]en Verstoß gegen die Verpflichtung zur Beibringung von Informationen zu durch Verordnung geregelten spezifischen Fällen (systematische Berichte)". Folglich sprach er gegen Jyske zwei öffentliche Verwarnungen aus und setzte zwei Geldbußen in Höhe von insgesamt 1 700 000 Euro fest.


30      Am 30. April 2009 legte Jyske gegen diesen Beschluss Widerspruch ein, den der Consejo de Ministros am 23. Oktober 2009 zurückwies. Jyske erhob daher eine Verwaltungsklage beim Tribunal Supremo. Zur Begründung dieser Klage macht sie geltend, dass sie nach der Richtlinie 2005/60 nur gegenüber den Behörden von Gibraltar auskunftspflichtig sei und die spanischen Rechtsvorschriften nicht im Einklang mit dieser Richtlinie stünden, da sie diese Verpflichtung auf Kreditinstitute ausdehnten, die in Spanien im Rahmen des freien Dienstleistungsverkehrs tätig seien.


31      Unter diesen Umständen hat das Tribunal Supremo beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:


Kann ein Mitgliedstaat in Anwendung von Art. 22 Abs. 2 der Richtlinie 2005/60 verlangen, dass die Informationen, die von Kreditinstituten, die in seinem Gebiet ohne feste Niederlassung tätig sind, übermittelt werden müssen, zwingend und unmittelbar seinen für die Verhinderung der Geldwäsche zuständigen Behörden mitgeteilt werden, oder ist das Auskunftsersuchen an die zentrale Meldestelle des Mitgliedstaats zu richten, in dessen Gebiet sich das ersuchte Kreditinstitut befindet?


 Zur Vorlagefrage


 Zur Zulässigkeit


32      Das Königreich Spanien hält die Vorlagefrage für unzulässig, denn sie sei rein hypothetisch und stehe in keinem Zusammenhang mit dem Gegenstand des Ausgangsverfahrens, da sie sich auf die Auslegung von Art. 22 Abs. 2 der Richtlinie 2005/60 beziehe, die bis spätestens 15. Dezember 2007 umzusetzen gewesen sei, während die Auskunftsersuchen an Jyske zwischen dem 30. Januar und dem 12. Juni 2007 ergangen seien.


33      Insoweit ist daran zu erinnern, dass es nach ständiger Rechtsprechung ausschließlich Sache des mit dem Rechtsstreit befassten nationalen Gerichts ist, das die Verantwortung für die zu erlassende gerichtliche Entscheidung zu übernehmen hat, im Hinblick auf die Besonderheiten des Einzelfalls sowohl zu beurteilen, ob eine Vorabentscheidung erforderlich ist, damit es sein Urteil erlassen kann, als auch, ob die dem Gerichtshof vorgelegten Fragen erheblich sind. Daher ist der Gerichtshof grundsätzlich gehalten, über ihm vorgelegte Fragen zu befinden, wenn diese die Auslegung des Unionsrechts betreffen (Urteil vom 15. Januar 2013, Križan u. a., C‑416/10, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 53 und die dort angeführte Rechtsprechung).


34      Folglich spricht eine Vermutung für die Entscheidungserheblichkeit der Fragen zum Unionsrecht. Die Zurückweisung des Ersuchens eines nationalen Gerichts ist dem Gerichtshof nur möglich, wenn die erbetene Auslegung des Unionsrechts offensichtlich in keinem Zusammenhang mit der Realität oder dem Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits steht, wenn das Problem hypothetischer Natur ist oder wenn der Gerichtshof nicht über die tatsächlichen und rechtlichen Angaben verfügt, die für eine zweckdienliche Beantwortung der ihm vorgelegten Fragen erforderlich sind (Urteile vom 1. Juni 2010, Blanco Pérez und Chao Gómez, C‑570/07 und C‑571/07, Slg. 2010, I‑4629, Randnr. 36, sowie vom 5. Juli 2012, Geistbeck, C‑509/10, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 48).


35      Die Richtlinie 2005/60, um deren Auslegung ersucht wird, ist am 15. Dezember 2005, also vor der Übermittlung der Auskunftsersuchen des Servicio Ejecutivo an Jyske am 30. Januar und 12. Juni 2007, in Kraft getreten. Außerdem ist zwar die Frist für die Umsetzung der Richtlinie erst am 15. Dezember 2007 abgelaufen, doch geht es im Rechtsstreit des Ausgangsverfahrens um die Rechtmäßigkeit der vom Consejo de Ministros am 23. Oktober 2009, also nach Ablauf dieser Umsetzungsfrist, gegen Jyske erlassenen Entscheidung.


36      Das Vorabentscheidungsersuchen ist demnach zulässig.


 Zur Begründetheit


37      Mit seiner Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 22 Abs. 2 der Richtlinie 2005/60 dahin auszulegen ist, dass er einer nationalen Regelung eines Mitgliedstaats entgegensteht, die von Kreditinstituten, die ihre Tätigkeiten im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats im Rahmen des freien Dienstleistungsverkehrs ausüben, verlangt, dass sie die zur Bekämpfung der Geldwäsche erbetenen Informationen unmittelbar der zentralen Meldestelle dieses Mitgliedstaats übermitteln.


38      Vorab ist daran zu erinnern, dass der Gerichtshof nach ständiger Rechtsprechung, um dem Gericht, das ihm eine Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt hat, eine sachdienliche Antwort zu geben, auf unionsrechtliche Vorschriften eingehen kann, die das nationale Gericht in seiner Frage nicht angeführt hat (Urteil vom 3. April 2008, Militzer & Münch, C‑230/06, Slg. 2008, I‑1895, Randnr. 19).


39      Im vorliegenden Fall hängt die Antwort auf die vorgelegte Frage nicht allein von der Auslegung von Art. 22 Abs. 2 der Richtlinie 2005/60 ab, sondern erfordert auch, dass zum einen sämtliche Bestimmungen dieser Richtlinie und des Beschlusses 2000/642 sowie zum anderen Art. 56 AEUV berücksichtigt werden.


 Zur Richtlinie 2005/60


40      In Bezug auf Art. 22 Abs. 2 der Richtlinie 2005/60 geht aus deren Wortlaut ausdrücklich hervor, dass die den Verpflichtungen aus dieser Bestimmung unterliegenden Institute und Personen die zur Bekämpfung der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung erforderlichen Informationen der zentralen Meldestelle des Mitgliedstaats zu übermitteln haben, in dessen Hoheitsgebiet sie sich befinden.


41      Entgegen der Ansicht der spanischen Regierung kann die Wendung „Mitgliedstaat ..., in dessen Hoheitsgebiet sich das Institut oder die Person, von dem bzw. der diese Informationen stammen, befindet" nicht dahin ausgelegt werden, dass sie sich im Fall einer von der betreffenden Einrichtung im Rahmen des freien Dienstleistungsverkehrs ausgeführten Tätigkeit auf das Hoheitsgebiet des Aufnahmemitgliedstaats bezieht, in dem die Tätigkeit ausgeübt wird.


42      Zum einen entspricht diese Auslegung nämlich nicht dem gewöhnlichen Sinn der fraglichen Wendung. Zum anderen unterscheidet Art. 22 Abs. 2 der Richtlinie nicht zwischen den Dienstleistungen, die in dem Mitgliedstaat erbracht werden, in dem sich die Einrichtung befindet, und denjenigen, die in anderen Mitgliedstaaten im Rahmen des freien Dienstleistungsverkehrs erbracht werden, und gibt erst recht, was die im Rahmen des freien Dienstleistungsverkehrs erbrachten Dienstleistungen angeht, nicht an, dass die zuständige zentrale Meldestelle diejenige des Mitgliedstaats zu sein hätte, in dem diese Dienstleistungen erbracht werden.


43      Somit ist Art. 22 Abs. 2 der Richtlinie dahin auszulegen, dass er vorsieht, dass die erwähnten Einrichtungen die verlangten Informationen der zentralen Meldestelle des Mitgliedstaats zu übermitteln haben, in dessen Hoheitsgebiet sie sich befinden, d. h. im Fall von im Rahmen des freien Dienstleistungsverkehrs ausgeführten Tätigkeiten der zentralen Meldestelle des Herkunftsmitgliedstaats.


44      Es ist jedoch zu prüfen, ob diese Bestimmung den Aufnahmemitgliedstaat insoweit daran hindert, von einem Kreditinstitut, das in seinem Hoheitsgebiet Tätigkeiten im Rahmen des freien Dienstleistungsverkehrs ausübt, zu verlangen, dass es die betreffenden Informationen unmittelbar seiner eigenen zentralen Meldestelle übermittelt.


45      Hierzu ist erstens festzustellen, dass der Wortlaut von Art. 22 Abs. 2 der Richtlinie 2005/60 eine solche Möglichkeit nicht ausdrücklich verbietet.


46      Zweitens ist zu bemerken, dass die Richtlinie 2005/60 zwar auf einer doppelten Rechtsgrundlage, nämlich Art. 47 Abs. 2 EG (jetzt Art. 53 Abs. 1 AEUV) und Art. 95 EG (jetzt Art. 114 AEUV), beruht und damit auch das ordnungsgemäße Funktionieren des Binnenmarkts gewährleisten soll, ihr Hauptzweck jedoch in der Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zweck der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung besteht, wie aus ihrem Titel und ihren Erwägungsgründen sowie daraus hervorgeht, dass sie, wie die ihr vorhergehende Richtlinie 91/308, in einem internationalen Kontext erlassen wurde, um die Empfehlungen des Arbeitskreises „Financial Action Task Force" (FATF), die das führende internationale Gremium auf dem Gebiet der Bekämpfung der Geldwäsche ist, in der Union anzuwenden und verbindlich zu machen.


47      Daher verfolgt eine Regelung wie die im Ausgangsverfahren fragliche, die es den zuständigen Behörden des Aufnahmemitgliedstaats ermöglichen soll, die für eine wirksamere Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung notwendigen Informationen zu erhalten, einen dem der Richtlinie 2005/60 vergleichbaren Zweck.


48      Drittens entzieht die Richtlinie 2005/60 den Behörden des Mitgliedstaats, in dem die verdächtigen Vorgänge oder Transaktionen durchgeführt werden, nicht ihre Zuständigkeit für die Ermittlung und Verfolgung von Zuwiderhandlungen im Bereich der Geldwäsche. Dies ist der Fall, wenn die Vorgänge im Rahmen des freien Dienstleistungsverkehrs durchgeführt werden.


49      Somit steht Art. 22 Abs. 2 der Richtlinie 2005/60 grundsätzlich der Regelung eines Mitgliedstaats nicht entgegen, die von Kreditinstituten, die ihre Tätigkeiten im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats im Rahmen des freien Dienstleistungsverkehrs ausüben, verlangt, dass sie die erbetenen Informationen unmittelbar der zentralen Meldestelle dieses Mitgliedstaats übermitteln, sofern eine solche Regelung dazu dient, unter Beachtung des Unionsrechts die Wirksamkeit der Bekämpfung der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung zu verbessern.


50      Daher kann eine solche Regelung die durch die Richtlinie 2005/60 eingeführten Grundsätze in Bezug auf die Meldepflichten der ihr unterliegenden Einrichtungen nicht beeinträchtigen und der Wirksamkeit der bestehenden Formen von Zusammenarbeit und Informationsaustausch zwischen den zentralen Meldestellen, wie sie im Beschluss 2000/642 vorgesehen sind, nicht abträglich sein.


51      Hierzu ist zum einen festzustellen, dass der Erlass einer Regelung eines Mitgliedstaats, die von Finanzinstituten, die sich in einem anderen Mitgliedstaat befinden und in seinem Hoheitsgebiet im Rahmen des freien Dienstleistungsverkehrs tätig sind, verlangt, dass sie seiner eigenen zentralen Meldestelle die für die Bekämpfung der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung notwendigen Informationen unmittelbar übermitteln, die von der Richtlinie 2005/60 erfassten Kreditinstitute nicht von ihrer Verpflichtung, die erforderlichen Informationen der zentralen Meldestelle des Mitgliedstaats, in dessen Hoheitsgebiet sie sich befinden, gemäß Art. 22 dieser Richtlinie zu übermitteln, entbinden kann.


52      Was zum anderen die Koordination und die Zusammenarbeit zwischen den zentralen Meldestellen, wie in der Richtlinie 2005/60 und dem Beschluss 2000/642 vorgesehen, angeht, geht aus dem 40. Erwägungsgrund dieser Richtlinie hervor, dass „[a]ngesichts des internationalen Charakters der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung ... die Koordinierung und die Zusammenarbeit zwischen den zentralen Meldestellen nach dem Beschluss 2000/642 ..., einschließlich der Errichtung des EU-Netzwerks ‚FIU-NET‘, weitestmöglich gefördert werden [sollten]".


53      Hierzu ist zunächst festzustellen, dass zwar die Richtlinie 2005/60 zahlreiche konkrete und detaillierte Pflichten der Überwachung der Kundschaft, der Anmeldung und der Aufbewahrung von Unterlagen vorsieht, die die Mitgliedstaaten den betroffenen Finanzinstituten aufzuerlegen haben, doch sieht sie in Bezug auf die Zusammenarbeit zwischen den zentralen Meldestellen keine Verpflichtung und kein Verfahren vor, sondern beschränkt sich darauf, in ihrem Art. 38 klarzustellen, dass „[d]ie Kommission ... die erforderliche Unterstützung [leistet], um die Koordinierung, einschließlich des Informationsaustauschs zwischen den zentralen Meldestellen innerhalb der Gemeinschaft, zu erleichtern".


54      Sodann ist festzustellen, dass eine nationale Regelung wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende keine Bestimmung des Beschlusses 2000/642 verletzt, wenn die zentrale Meldestelle des Mitgliedstaats, der eine solche Regelung erlässt, nicht von ihrer Verpflichtung befreit wird, mit den zentralen Meldestellen der anderen Mitgliedstaaten zusammenzuarbeiten, und umgekehrt in unveränderter Weise das Recht behält, von ihnen die Übermittlung von Unterlagen oder Informationen zum Zweck der Bekämpfung der Geldwäsche anzufordern.


55      Eine solche Regelung beeinträchtigt nämlich den im Beschluss 2000/642 vorgesehenen Mechanismus der Zusammenarbeit zwischen den zentralen Meldestellen nicht, sondern sieht in dessen Randbereich ein Mittel für die zentralen Meldestellen des betreffenden Mitgliedstaats vor, im spezifischen Fall einer im Rahmen des freien Dienstleistungsverkehrs in seinem Hoheitsgebiet ausgeübten Tätigkeit unmittelbar Informationen zu erhalten.


56      Nach allem steht Art. 22 Abs. 2 der Richtlinie 2005/60 einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden nicht entgegen, wenn sie den in den Randnrn. 49 bis 51 und 54 des vorliegenden Urteils aufgestellten Voraussetzungen entspricht.


 Zu Art. 56 AEUV


57      Zur Überprüfung, ob das Unionsrecht im Sinne von Randnr. 49 des vorliegenden Urteils beachtet worden ist, muss ferner bestimmt werden, ob Art. 56 AEUV nicht einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden entgegensteht, wonach ein Kreditinstitut, das Dienstleistungen im Hoheitsgebiet des betreffenden Mitgliedstaats erbringt, ohne dort niedergelassen zu sein, verpflichtet ist, der zentralen Meldestelle dieses Aufnahmemitgliedstaats seine Meldungen verdächtiger Vorgänge und die Informationen unmittelbar zu übermitteln, die diese Behörde von ihm verlangt.


58      Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs verlangt Art. 56 AEUV nicht nur die Beseitigung jeder Diskriminierung des Dienstleistenden aufgrund seiner Staatsangehörigkeit oder des Umstands, dass er in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassen ist als dem, in dem die Dienstleistung erbracht werden soll, sondern auch die Aufhebung aller Beschränkungen - selbst wenn sie unterschiedslos für inländische Dienstleistende wie für solche aus anderen Mitgliedstaaten gelten -, sofern sie geeignet sind, die Tätigkeiten des Dienstleistenden, der in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassen ist und dort rechtmäßig vergleichbare Dienstleistungen erbringt, zu unterbinden, zu behindern oder weniger attraktiv zu machen (Urteile vom 23. November 1999, Arblade u. a., C‑369/96 und C‑376/96, Slg. 1999, I‑8453, Randnr. 33, sowie vom 19. Dezember 2012, Kommission/Belgien, C‑577/10, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 38 und die dort angeführte Rechtsprechung).


59      Eine Regelung eines ersten Mitgliedstaats wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende, die einem Kreditinstitut, das im Hoheitsgebiet dieses ersten Mitgliedstaats im Rahmen des freien Dienstleistungsverkehrs vom Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats aus tätig ist, eine Verpflichtung auferlegt, der zentralen Meldestelle des ersten Mitgliedstaats unmittelbar Informationen zu übermitteln, stellt eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs dar, indem sie für die im Rahmen des freien Dienstleistungsverkehrs durchgeführten Tätigkeiten Schwierigkeiten und zusätzliche Kosten verursacht, zu den bereits in dem Mitgliedstaat, in dem sich das betreffende Institut befindet, durchgeführten Kontrollen hinzukommen kann und auf diese Weise dieses Institut davon abschreckt, diese Tätigkeiten auszuführen.


60      Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs kann jedoch eine nationale Regelung, die in einem Bereich erlassen worden ist, der nicht Gegenstand einer Harmonisierung auf Unionsebene ist, und die unterschiedslos für alle im betreffenden Mitgliedstaat tätigen Personen oder Unternehmen gilt, trotz ihrer den freien Dienstleistungsverkehr beschränkenden Wirkung gerechtfertigt sein, wenn sie auf zwingenden Gründen des Allgemeininteresses beruht und dieses Interesse nicht schon durch Vorschriften geschützt wird, denen der Dienstleistende in dem Mitgliedstaat unterliegt, in dem er niedergelassen ist, und wenn sie geeignet ist, die Erreichung des mit ihr verfolgten Ziels zu gewährleisten, ohne über das hinauszugehen, was dazu erforderlich ist (vgl. Urteile Arblade u. a., Randnrn. 34 und 35, sowie vom 21. September 2006, Kommission/Österreich, C‑168/04, Slg. 2006, I‑9041, Randnr. 37).


61      Die Bekämpfung der Geldwäsche ist nicht vollständig auf Unionsebene harmonisiert worden. Die Richtlinie 2005/60 nimmt nämlich eine minimale Harmonisierung vor, und insbesondere erlaubt ihr Art. 5 den Mitgliedstaaten, strengere Vorschriften zu erlassen, wenn diese der Verstärkung der Bekämpfung der Geldwäsche oder der Terrorismusfinanzierung dienen.


-       Zwingender Grund des Allgemeininteresses


62      Die Verhinderung und die Bekämpfung der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung stellen legitime Ziele dar, zu deren Erreichung sich die Mitgliedstaaten sowohl auf internationaler als auch auf Unionsebene verpflichtet haben.


63      Wie es im ersten Erwägungsgrund der Richtlinie 2005/60, die der Umsetzung der Empfehlungen der FATF auf Unionsebene dient, heißt, können „[m]assive Schwarzgeldströme ... die Stabilität und das Ansehen des Finanzsektors schädigen und sind eine Bedrohung für den Binnenmarkt; der Terrorismus greift die Grundfesten unserer Gesellschaft an". Ferner wird im dritten Erwägungsgrund dieser Richtlinie ausgeführt, dass „Geldwäscher und Geldgeber des Terrorismus versuchen [könnten], Vorteile aus der Freiheit des Kapitalverkehrs und der ... finanziellen Dienstleistungen ... zu ziehen, um ihren kriminellen Tätigkeiten leichter nachgehen zu können".


64      Wie der Gerichtshof bereits eingeräumt hat, stellt die Bekämpfung der Geldwäsche, die Teil des Ziels des Schutzes der öffentlichen Ordnung ist, ein legitimes Ziel dar, das eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs rechtfertigen kann (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 30. Juni 2011, Zeturf, C‑212/08, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnrn. 45 und 46).


-       Eignung der in Rede stehenden nationalen Regelung, die mit ihr verfolgten Ziele zu erreichen


65      Da die Behörden des Aufnahmemitgliedstaats für die Strafbarkeit, die Verfolgung und die Ahndung von Straftaten wie Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung, die in ihrem Hoheitsgebiet begangen werden, ausschließlich zuständig sind, ist es gerechtfertigt, dass die Informationen über im Hoheitsgebiet des genannten Mitgliedstaats vorgefallene verdächtige Vorgänge seiner zentralen Meldestelle übermittelt werden. Eine nationale Regelung wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende erlaubt es dem betreffenden Mitgliedstaat, bei vernünftigen Zweifeln an der Rechtmäßigkeit einer Finanztransaktion die Übermittlung von Informationen zu verlangen, die er für sachdienlich hält, damit die nationalen Behörden ihrer Aufgabe nachkommen und gegebenenfalls gegen die Verantwortlichen vorgehen und sie bestrafen können.


66      Wie nämlich der Generalanwalt in Nr. 109 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, kann nach dieser Regelung der betreffende Mitgliedstaat die Gesamtheit der im Inland von den Kreditinstituten durchgeführten Finanztransaktionen überwachen, und zwar unabhängig davon, zu welcher Form der Dienstleistungserbringung - über die Errichtung eines Gesellschaftssitzes oder einer Zweigstelle oder im Wege des freien Dienstleistungsverkehrs - sich diese entschlossen haben. So unterliegen nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs, wonach eine nationale Regelung nur dann geeignet ist, die Verwirklichung des geltend gemachten Ziels zu gewährleisten, wenn sie tatsächlich dem Anliegen gerecht wird, es in kohärenter und systematischer Weise zu erreichen (Urteil vom 10. März 2009, Hartlauer, C‑169/07, Slg. 2009, I‑1721, Randnr. 55), alle Institute ähnlichen Verpflichtungen, wenn sie ihre Tätigkeiten im selben nationalen Hoheitsgebiet ausüben und ähnliche Finanzdienstleistungen anbieten, die, in mehr oder weniger großem Umfang, für die Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung verwendet werden können.


67      Infolgedessen erweist sich eine nationale Regelung wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende, die zur Übermittlung von Informationen über im Rahmen des freien Dienstleistungsverkehrs im Hoheitsgebiet des Aufnahmemitgliedstaats durchgeführte Tätigkeiten an die zentrale Meldestelle dieses Mitgliedstaats verpflichtet, als Maßnahme, die geeignet ist, das mit dieser nationalen Regelung verfolgte Ziel zuverlässig und kohärent zu erreichen.


-       Verhältnismäßigkeit


68      Nach ständiger Rechtsprechung ist eine den freien Dienstleistungsverkehr einschränkende Maßnahme nur dann verhältnismäßig, wenn sie dazu geeignet ist, die Verwirklichung des mit ihr verfolgten Ziels zu gewährleisten, und nicht über das hinausgeht, was zu dessen Erreichung erforderlich ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 15. Juni 2006, Kommission/Frankreich, C‑255/04, Slg. 2006, I‑5251, Randnr. 44 und die dort angeführte Rechtsprechung).


69      Um die Geldwäsche und die Terrorismusfinanzierung wirksam bekämpfen zu können, muss ein Mitgliedstaat die notwendigen Informationen erhalten können, um etwaige diesbezügliche Verstöße, die in seinem Hoheitsgebiet stattgefunden haben oder an denen dort ansässige Personen beteiligt sind, aufdecken und verfolgen zu können.


70      Eine nationale Regelung wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende, die die im Rahmen des freien Dienstleistungsverkehrs in seinem Hoheitsgebiet tätigen Kreditinstitute verpflichtet, diese Informationen unmittelbar seiner eigenen zentralen Meldestelle zu übermitteln, kann jedoch nur dann verhältnismäßig sein, wenn es der in Art. 22 der Richtlinie 2005/60 vorgesehene Mechanismus in Verbindung mit dem Beschluss 2000/642 nicht bereits dieser zentralen Meldestelle ermöglicht, diese Informationen über die zentrale Meldestelle des Mitgliedstaats zu erhalten, in dem sich das Kreditinstitut befindet, und die Geldwäsche sowie die Terrorismusfinanzierung ebenso wirksam zu bekämpfen.


71      Erhält nämlich die zentrale Meldestelle des Aufnahmemitgliedstaats die notwendigen Informationen von der zentralen Meldestelle des Herkunftsmitgliedstaats, bedeutet dies für das betreffende Kreditinstitut eine geringere verwaltungsmäßige und finanzielle Belastung als die Verpflichtung, diese Informationen unmittelbar der zentralen Meldestelle des Aufnahmemitgliedstaats zu übermitteln. Zum einen ist es möglich, dass die zentrale Meldestelle des Herkunftsmitgliedstaats bereits über die angeforderten Auskünfte verfügt, da das Kreditinstitut verpflichtet ist, ihr die Informationen nach Art. 22 Abs. 2 der Richtlinie 2005/60 zu übermitteln. Zum anderen wäre, falls die zentrale Meldestelle des Mitgliedstaats, in dem sich das Kreditinstitut befindet, diese Informationen ihrerseits bei diesem Institut anfordern müsste, die verwaltungsmäßige Belastung ebenfalls geringer, da das Kreditinstitut nur einen Ansprechpartner hätte, dem es antworten müsste.


72      Daher ist zu prüfen, ob es der durch den Beschluss 2000/642 eingeführte Mechanismus der Zusammenarbeit und des Informationsaustauschs dem Aufnahmemitgliedstaat ermöglicht, die Geldwäsche und die Terrorismusfinanzierung im Zusammenhang mit den Tätigkeiten der Kreditinstitute im Rahmen des freien Dienstleistungsverkehrs in seinem Hoheitsgebiet wirkungsvoll zu bekämpfen.


73      Hierzu ist festzustellen, dass der Mechanismus der Zusammenarbeit zwischen den zentralen Meldestellen Lücken aufweist.


74      Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass der Beschluss 2000/642 erhebliche Ausnahmen von der Verpflichtung der ersuchten zentralen Meldestelle, der ersuchenden die angeforderten Informationen zu übermitteln, vorsieht. So bestimmt Art. 4 Abs. 3 dieses Beschlusses, dass eine zentrale Meldestelle nicht verpflichtet ist, Informationen weiterzugeben, wenn dies laufende strafrechtliche Ermittlungen im ersuchten Mitgliedstaat stören könnte oder wenn die Weitergabe der Informationen eindeutig in einem Missverhältnis zu den legitimen Interessen einer natürlichen oder juristischen Person oder des betreffenden Mitgliedstaates stünde oder nicht mit den Grundprinzipien innerstaatlichen Rechts vereinbar wäre, ohne jedoch diese Begriffe zu definieren.


75      Außerdem steht es fest, dass die Behörden im Bereich der Bekämpfung der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung und erst recht bei deren Verhinderung so schnell wie möglich reagieren müssen. Art. 22 Abs. 1 der Richtlinie 2005/60 stellt außerdem ausdrücklich klar, dass die fraglichen Informationen von den Kreditinstituten umgehend zu übermitteln sind, unabhängig davon, ob es sich um spontane Meldungen verdächtiger Transaktionen oder von der zuständigen zentralen Meldestelle angeforderte erforderliche Auskünfte handelt. Infolgedessen erweist sich die Übermittlung der erforderlichen Auskünfte unmittelbar an die zentrale Meldestelle des Mitgliedstaats, in dessen Hoheitsgebiet die Vorgänge erfolgen, als das geeignetste Mittel, um eine wirksame Bekämpfung der Geldwäsche oder der Terrorismusfinanzierung zu gewährleisten.


76      Sodann sieht der Beschluss 2000/642 weder eine Frist für die Übermittlung der Informationen durch die ersuchte zentrale Meldestelle noch eine Sanktion für den Fall der Unterlassung oder ungerechtfertigten Weigerung der ersuchten zentralen Meldestelle, die angeforderten Informationen zu übermitteln, vor.


77      Schließlich ist feststellen, dass der Rückgriff auf den Mechanismus der Zusammenarbeit zwischen den zentralen Meldestellen für die Einholung der zur Bekämpfung der Geldwäsche oder der Terrorismusfinanzierung erforderlichen Informationen besondere Schwierigkeiten aufwirft, wenn es um im Rahmen des freien Dienstleistungsverkehrs ausgeführte Tätigkeiten geht.


78      Zum einen verfügt in diesem Zusammenhang die zentrale Meldestelle des Aufnahmemitgliedstaats, in dessen Hoheitsgebiet die beanstandeten Finanztransaktionen stattfinden, über die umfangreichste Kenntnis der Risiken im Zusammenhang mit Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung im Inland. Sie wird nämlich über alle Tatsachen, die mit Finanzkriminalität im Inland in Verbindung stehen können, nicht nur durch die Institute und Personen, die in der Richtlinie 2005/60 genannt sind, sondern auch durch alle nationalen Behörden informiert, die mit der Verfolgung und Ahndung der Finanzkriminalität betraut sind, unabhängig davon, ob es sich um Verwaltungs-, Justiz- oder Strafverfolgungsbehörden oder aber um Aufsichtsorgane handelt, die die Aktien- und Finanzderivatmärkte zu überwachen haben.


79      Zum anderen muss die zentrale Meldestelle, um ein Auskunftsersuchen über den im Beschluss 2000/642 vorgesehenen Mechanismus der Zusammenarbeit zwischen den zentralen Meldestellen stellen zu können, bereits im Besitz von Informationen sein, die den Verdacht der Geldwäsche oder der Terrorismusfinanzierung erwecken. Da die Meldungen verdächtiger Transaktionen nach Art. 22 Abs. 2 der Richtlinie 2005/60 der zentralen Meldestelle des Herkunftsmitgliedstaats zu übermitteln sind und der Beschluss 2000/642 keine Verpflichtung vorsieht, sie von Amts wegen der zentralen Meldestelle des Aufnahmemitgliedstaats zuzuleiten, wird diese nur selten über Informationen verfügen, die Verdachtsmomente tragen, die erforderlich sind, damit ein Auskunftsersuchen an die zentrale Meldestelle des Herkunftsmitgliedstaats gerichtet werden kann.


80      Ferner verursacht eine Meldepflicht bei der zentralen Meldestelle des Aufnahmemitgliedstaats zwar zusätzliche Kosten und verwaltungsmäßige Belastungen für die im Rahmen des freien Dienstleistungsverkehrs tätigen Kreditinstitute, doch dürften sie recht begrenzt sein, da diese Kreditinstitute bereits verpflichtet sind, die notwendige Infrastruktur für die Übermittlung von Informationen an die zentrale Meldestelle des Mitgliedstaats einzurichten, in dem sie sich befinden.


81      Unter diesen Umständen genügt eine nationale Regelung eines Aufnahmemitgliedstaats wie die im Ausgangsverfahren fragliche dem Erfordernis der Verhältnismäßigkeit, soweit sie von den Kreditinstituten, die sich in einem anderen Mitgliedstaat befinden, für die im freien Dienstleistungsverkehr durchgeführten Transaktionen die Übermittlung der erforderlichen Informationen für die Bekämpfung der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung unmittelbar an die zentrale Meldestelle des Aufnahmemitgliedstaats nur verlangt, wenn es an einem wirksamen Mechanismus fehlt, der eine vollständige und lückenlose Zusammenarbeit der zentralen Meldestellen gewährleistet und eine ebenso wirksame Bekämpfung der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung erlaubt.


82      Im vorliegenden Fall verpflichtet die im Ausgangsverfahren in Rede stehende spanische Regelung die Kreditinstitute, die über Zweigstellen oder ohne feste Niederlassung im Rahmen des freien Dienstleistungsverkehrs Tätigkeiten in Spanien ausüben, unmittelbar der spanischen zentralen Meldestelle die Transaktionen mitzuteilen, die Geldtransfers von oder nach bestimmten Gebieten beinhalten, sofern der Betrag der Transaktionen 30 000 Euro übersteigt.


83      Eine solche Regelung, die nicht die Mitteilung beliebiger im Rahmen des freien Dienstleistungsverkehrs im spanischen Hoheitsgebiet durchgeführter Transaktionen, sondern nur derjenigen verlangt, die nach vom nationalen Gesetzgeber aufgestellten objektiven Kriterien als verdächtig zu betrachten sind, erscheint nicht unverhältnismäßig.


84      Schließlich stellt sich, wie der Generalanwalt in Nr. 115 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, diese Regelung nicht als diskriminierend dar, da die von ihr auferlegten Verpflichtungen die Gesamtheit der Kreditinstitute und alle Personen und ausländischen Einrichtungen treffen, die in Spanien Tätigkeiten über eine Hauptniederlassung, Zweigstellen oder im Rahmen des freien Dienstleistungsverkehrs ausüben.


85      Nach alledem ist auf die vorgelegte Frage wie folgt zu antworten:


-        Art. 22 Abs. 2 der Richtlinie 2005/60 ist dahin auszulegen, dass er einer Regelung eines Mitgliedstaats nicht entgegensteht, die von Kreditinstituten verlangt, dass sie die zur Bekämpfung der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung erbetenen Auskünfte unmittelbar der zentralen Meldestelle dieses Mitgliedstaats übermitteln, wenn diese Institute ihre Tätigkeiten im Inland im Rahmen des freien Dienstleistungsverkehrs ausüben, sofern diese Regelung nicht die praktische Wirksamkeit dieser Richtlinie und des Beschlusses 2000/642 beeinträchtigt;


-        Art. 56 AEUV ist dahin auszulegen, dass er einer solchen Regelung eines Mitgliedstaats nicht entgegensteht, wenn sie durch einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses gerechtfertigt ist, wenn sie geeignet ist, die Erreichung des mit ihr verfolgten Ziels zu gewährleisten, wenn sie nicht über das hinausgeht, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist, und wenn sie in nichtdiskriminierender Weise angewandt wird; dies zu überprüfen, ist Sache des nationalen Gerichts, das dabei folgende Erwägungen zu berücksichtigen hat:


-        eine solche Regelung ist geeignet, das Ziel der Verhinderung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zu erreichen, wenn sie dem betreffenden Mitgliedstaat ermöglicht, verdächtige Finanztransaktionen von Kreditinstituten, die ihre Dienstleistungen im Inland erbringen, zu überwachen und wirksam zu unterbinden sowie gegebenenfalls gegen die Verantwortlichen vorzugehen und diese zu bestrafen;


-        die durch diese Regelung geschaffene Verpflichtung der Kreditinstitute, die ihre Tätigkeiten im Rahmen des freien Dienstleistungsverkehrs erbringen, kann in angemessenem Verhältnis zur Verfolgung dieses Ziels stehen, wenn zu dem im Ausgangsverfahren maßgeblichen Zeitpunkt ein wirksamer Mechanismus fehlt, der eine vollständige und lückenlose Zusammenarbeit der zentralen Meldestellen gewährleistet.


 Kosten


86      Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

stats