EuGH: Drittwirkungen einer Forderungsabtretung bei Mehrfachabtretung – anwendbares Recht
EuGH, Urteil vom 9.10.2019 – C-548/18, BGL BNP Paribas SA gegen TeamBank AG Nürnberg
ECLI:EU:C:2019:848
Volltext: BB-ONLINE BBL2019-2497-1
Tenor
Art. 14 der Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom I) ist dahin auszulegen, dass er weder unmittelbar noch durch entsprechende Anwendung bestimmt, welches Recht auf die Drittwirkungen einer Forderungsabtretung bei Mehrfachabtretung einer Forderung durch denselben Gläubiger nacheinander an verschiedene Zessionare anzuwenden ist.
Urteil
1 Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 14 der Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom I) (ABl. 2008, L 177, S. 6, im Folgenden: Rom‑I‑Verordnung).
2 Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der BGL BNP Paribas SA (im Folgenden: BNP) mit Sitz in Luxemburg und der TeamBank AG Nürnberg (im Folgenden: TeamBank) mit Sitz in Deutschland wegen der Freigabe eines bei einem deutschen Gericht von der Treuhänderin einer Schuldnerin beider Banken hinterlegten Geldbetrags.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Übereinkommen von Rom
3 Art. 12 („Übertragung der Forderung“) des am 19. Juni 1980 in Rom zur Unterzeichnung aufgelegten Übereinkommens über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (ABl. 1980, L 266, S. 1, im Folgenden: Übereinkommen von Rom) sah vor:
„(1) Für die Verpflichtungen zwischen Zedent und Zessionar einer Forderung ist das Recht maßgebend, das nach diesem Übereinkommen auf den Vertrag zwischen ihnen anzuwenden ist.
(2) Das Recht, dem die übertragene Forderung unterliegt, bestimmt ihre Übertragbarkeit, das Verhältnis zwischen Zessionar und Schuldner, die Voraussetzungen, unter denen die Übertragung dem Schuldner entgegengehalten werden kann, und die befreiende Wirkung einer Leistung durch den Schuldner.“
Rom-I-Verordnung
4 Durch die Rom‑I‑Verordnung wurde das Übereinkommen von Rom ersetzt. Im 38. Erwägungsgrund dieser Verordnung heißt es:
„Im Zusammenhang mit der Übertragung der Forderung sollte mit dem Begriff ‚Verhältnis‘ klargestellt werden, dass Artikel 14 Absatz 1 auch auf die dinglichen Aspekte des Vertrags zwischen Zedent und Zessionar anwendbar ist, wenn eine Rechtsordnung dingliche und schuldrechtliche Aspekte trennt. Allerdings sollte mit dem Begriff ‚Verhältnis‘ nicht jedes beliebige möglicherweise zwischen dem Zedenten und dem Zessionar bestehende Verhältnis gemeint sein. Insbesondere sollte sich der Begriff nicht auf die der Übertragung einer Forderung vorgelagerten Fragen erstrecken. Vielmehr sollte er sich ausschließlich auf die Aspekte beschränken, die für die betreffende Übertragung einer Forderung unmittelbar von Bedeutung sind.“
5 Art. 14 („Übertragung der Forderung“) der Verordnung lautet:
„(1) Das Verhältnis zwischen Zedent und Zessionar aus der Übertragung einer Forderung gegen eine andere Person (‚Schuldner‘) unterliegt dem Recht, das nach dieser Verordnung auf den Vertrag zwischen Zedent und Zessionar anzuwenden ist.
(2) Das Recht, dem die übertragene Forderung unterliegt, bestimmt ihre Übertragbarkeit, das Verhältnis zwischen Zessionar und Schuldner, die Voraussetzungen, unter denen die Übertragung dem Schuldner entgegengehalten werden kann, und die befreiende Wirkung einer Leistung durch den Schuldner.
(3) Der Begriff ‚Übertragung‘ in diesem Artikel umfasst die vollkommene Übertragung von Forderungen, die Übertragung von Forderungen zu Sicherungszwecken sowie von Pfandrechten oder anderen Sicherungsrechten an Forderungen.“
6 Art. 27 Abs. 2 dieser Verordnung sieht vor:
„Die [Europäische] Kommission legt dem Europäischen Parlament, dem Rat [der Europäischen Union] und dem Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss bis 17. Juni 2010 einen Bericht über die Frage vor, ob die Übertragung einer Forderung Dritten entgegengehalten werden kann, und über den Rang dieser Forderung gegenüber einem Recht einer anderen Person. Dem Bericht wird gegebenenfalls ein Vorschlag zur Änderung dieser Verordnung sowie eine Folgenabschätzung der einzuführenden Bestimmungen beigefügt.“
Die Verordnung (EU) Nr. 1215/2012
7 In Art. 26 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. 2012, L 351, S. 1) heißt es: „Sofern das Gericht eines Mitgliedstaats nicht bereits nach anderen Vorschriften dieser Verordnung zuständig ist, wird es zuständig, wenn sich der Beklagte vor ihm auf das Verfahren einlässt.“
Deutsches Recht
BGB
8 § 398 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (im Folgenden: BGB) lautet:
„Eine Forderung kann von dem Gläubiger durch Vertrag mit einem anderen auf diesen übertragen werden (Abtretung). Mit dem Abschluss des Vertrags tritt der neue Gläubiger an die Stelle des bisherigen Gläubigers.“
9 § 812 BGB sieht in seinem Abs. 1 vor: „Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet.“
EGBGB
10 Art. 33 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch (im Folgenden: EGBGB) bestimmte in seiner bis zum Inkrafttreten von Art. 1 des Gesetzes zur Anpassung der Vorschriften des Internationalen Privatrechts an die Verordnung (EG) Nr. 593/2008 vom 25. Juni 2009 (BGBl. 2009 I S. 1574) am 17. Dezember 2009 geltenden Fassung:
„(1) Bei Abtretung einer Forderung ist für die Verpflichtungen zwischen dem bisherigen und dem neuen Gläubiger das Recht maßgebend, dem der Vertrag zwischen ihnen unterliegt.
(2) Das Recht, dem die übertragene Forderung unterliegt, bestimmt ihre Übertragbarkeit, das Verhältnis zwischen neuem Gläubiger und Schuldner, die Voraussetzungen, unter denen die Übertragung dem Schuldner entgegengehalten werden kann, und die befreiende Wirkung einer Leistung durch den Schuldner.“
11 Art. 33 EGBGB wurde durch das Gesetz zur Anpassung der Vorschriften des Internationalen Privatrechts an die Rom‑I‑Verordnung aufgehoben.
Luxemburgisches Recht
12 Gemäß Art. 1690 Abs. 1 des Code Civil (Zivilgesetzbuch) in seiner auf das Ausgangsverfahren anwendbaren Fassung „wird der Zessionar gegenüber Dritten erst dann zum Forderungsinhaber, wenn dem Schuldner die Übertragung angezeigt worden ist“.
Ausgangsverfahren und Vorlagefragen
13 Die TeamBank und eine luxemburgische Staatsangehörige, die ihren Wohnsitz in Deutschland hat und Beamtin in Luxemburg ist (im Folgenden: Schuldnerin), schlossen am 29. März 2011 einen Darlehensvertrag, der deutschem Recht unterliegt und durch die Abtretung des pfändbaren Teils der gegenwärtigen und künftigen Lohn- und Gehaltsforderungen einschließlich insbesondere der Pensionsansprüche der Schuldnerin gegen ihren luxemburgischen Arbeitgeber gesichert war. Der Arbeitgeber wurde über diese Abtretung nicht informiert.
14 Am 15. Juni 2011 schloss die Schuldnerin einen weiteren Darlehensvertrag mit der BNP. Dieser zweite Vertrag sah eine Abtretung derselben Forderungen der Schuldnerin gegen ihren luxemburgischen Arbeitgeber vor. Mit Einschreiben vom 20. September 2012 informierte die BNP gemäß dem für Darlehensverträge geltenden luxemburgischen Recht den Arbeitgeber über diese Abtretung.
15 Durch Beschluss des Amtsgerichts Saarbrücken (Deutschland) vom 5. Februar 2014 wurde über das Vermögen der Schuldnerin ein Insolvenzverfahren eröffnet. In dessen Rahmen zog die bestellte Treuhänderin einen Teil des Gehalts der Schuldnerin bei deren luxemburgischem Arbeitgeber, nämlich 13 901,64 Euro, ein und hinterlegte diesen Betrag beim Amtsgericht Merzig (Deutschland). Die Treuhänderin begründete die Hinterlegung dieses Betrags mit einer Gläubigerunsicherheit, da jede der beiden Parteien des Ausgangsverfahrens Absonderungsrechte geltend mache, wobei sich die Forderung der TeamBank auf 71 091,54 Euro und die der BNP auf 31 942,95 Euro belaufe.
16 Die TeamBank und die BNP haben jeweils Klage und Widerklage beim Landgericht Saarbrücken (Deutschland) erhoben und beantragt, den gesamten hinterlegten Betrag von 13 901,64 Euro freizugeben. Das Landgericht Saarbrücken hat der Klage der TeamBank stattgegeben und die Widerklage der BNP abgewiesen.
17 Die BNP hat gegen diese Entscheidung des Landgerichts Saarbrücken Berufung beim vorlegenden Gericht eingelegt und macht geltend, dass zwar die Abtretung an die TeamBank früher erfolgt sei, dass diese erste Abtretung dem luxemburgischen Arbeitgeber jedoch nicht angezeigt worden sei. Nach dem auf diese Abtretung anwendbaren luxemburgischen Recht handele es sich bei dieser Anzeige aber um eine Wirksamkeitsvoraussetzung für Übertragung von Forderungen, so dass die erste Abtretung keine Rechtswirkungen entfalte. Nur die zweite, zugunsten von BNP vorgenommene Abtretung sei ordnungsgemäß angezeigt worden, so dass nur die BNP die Freigabe des hinterlegten Betrags von 13 901,64 Euro verlangen könne.
18 Das vorlegende Gericht erklärte sich zunächst nach Art. 26 der Verordnung Nr. 1215/2012 für international zuständig und stellte dann fest, dass die Parteien des Ausgangsverfahrens ihre Anträge auf § 812 Abs. 1 BGB stützten, der die ungerechtfertigte Bereicherung betreffe.
19 Das vorlegende Gericht möchte insbesondere wissen, ob die Rom‑I‑Verordnung dahin ausgelegt werden kann, dass sie zur Feststellung des Forderungsinhabers bei Mehrfachabtretungen das auf die Drittwirkungen einer Forderungsabtretung anwendbare Recht bestimmt.
20 Das vorlegende Gericht weist insoweit darauf hin, dass die Meinungen im deutschen Schrifttum hierzu auseinandergehen. Teils werde die Auffassung vertreten, dass die Regelung in Art. 14 Abs. 1 und 2 der Verordnung abschließend sei und auch die Drittwirkungen von Forderungsabtretungen erfasse, andere Autoren gingen dagegen von einer bewussten Regelungslücke aus.
21 Außerdem stellt das vorlegende Gericht fest, dass es schwierig geworden sei, die kollisionsrechtlichen Bestimmungen des deutschen Rechts anzuwenden, nachdem Art. 33 EGBGB durch das Gesetz zur Anpassung der Vorschriften des Internationalen Privatrechts an die Rom‑I‑Verordnung aufgehoben worden sei.
22 Unter diesen Umständen hat das Saarländische Oberlandesgericht (Deutschland) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:
1. Ist Art. 14 der Rom‑I‑Verordnung auf die Drittwirkungen bei Mehrfachabtretung anwendbar?
2. Sofern die erste Frage zu bejahen ist: Welchem Recht unterliegen in diesem Fall die Drittwirkungen?
3. Sofern die erste Frage zu verneinen ist: Findet die Bestimmung entsprechende Anwendung?
4. Sofern die dritte Frage zu bejahen ist: Welchem Recht unterliegen in diesem Fall die Drittwirkungen?
Zu den Vorlagefragen
23 Mit seinen vier Fragen, die gemeinsam zu prüfen sind, möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 14 der Rom‑I‑Verordnung dahin auszulegen ist, dass er unmittelbar oder durch entsprechende Anwendung bestimmt, welches Recht auf die Drittwirkungen einer Forderungsabtretung bei Mehrfachabtretung einer Forderung durch denselben Gläubiger nacheinander an verschiedene Zessionare anzuwenden ist.
24 Zunächst ist festzustellen, dass Art. 14 der Rom‑I‑Verordnung an die Stelle von Art. 12 des Übereinkommens von Rom getreten ist, der sich nicht mit der Frage der Drittwirkung von Forderungsabtretungen befasste (vgl. in diesem Sinne Bericht über das Übereinkommen über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht von Herrn Mario Giuliano, Professor an der Universität Mailand, und Herrn Paul Lagarde, Professor an der Universität Paris I, ABl. 1980, C 282, S. 1).
25 Sodann ist daran zu erinnern, dass nach ständiger Rechtsprechung bei der Auslegung einer Vorschrift des Unionsrechts nicht nur deren Wortlaut, sondern auch der Zusammenhang, in den sie sich einfügt, und die Ziele zu berücksichtigen sind, die mit der Regelung, zu der sie gehört, verfolgt werden. Die Entstehungsgeschichte einer Vorschrift des Unionsrechts kann ebenfalls relevante Anhaltspunkte für ihre Auslegung liefern (Urteil vom 10. Dezember 2018, Wightman u. a., C‑621/18, EU:C:2018:999, Rn. 47 und die dort angeführte Rechtsprechung).
26 Zunächst ist zu prüfen, ob nach dem Wortlaut von Art. 14 der Rom‑I‑Verordnung dieser Artikel ausdrücklich das Recht bestimmt, das auf die Drittwirkungen einer Forderungsabtretung bei Mehrfachabtretung anwendbar ist.
27 Wie sich schon aus der Überschrift („Übertragung der Forderung“) von Art. 14 der Verordnung ergibt, schafft dieser Artikel Kollisionsnormen zur Regelung verschiedener Aspekte bei der Übertragung grenzüberschreitender Forderungen.
28 Zum einen unterliegt das Verhältnis zwischen Zedent und Zessionar aus der Übertragung einer Forderung gegen den Schuldner gemäß Art. 14 Abs. 1 der Verordnung dem Recht, das nach dieser Verordnung auf den Vertrag zwischen Zedent und Zessionar anzuwenden ist.
29 Zum anderen gilt nach Art. 14 Abs. 2 der Rom‑I‑Verordnung das Recht, dem die abgetretene Forderung unterliegt, für die Frage der Übertragbarkeit der Forderung, das Verhältnis zwischen Zessionar und Schuldner, die Voraussetzungen, unter denen die Abtretung dem Schuldner entgegengehalten werden kann, und die Frage der befreienden Wirkung einer Leistung durch den Schuldner.
30 Schließlich umfasst nach Art. 14 Abs. 3 der Rom‑I‑Verordnung der Begriff „Übertragung“ im Sinne dieses Artikels die vollkommene Übertragung von Forderungen, die Übertragung von Forderungen zu Sicherungszwecken sowie von Pfandrechten oder anderen Sicherungsrechten an Forderungen.
31 Folglich befasst sich der Wortlaut des Art. 14 der Rom‑I‑Verordnung nicht mit der Frage, ob die Übertragung einer Forderung Dritten entgegengehalten werden kann.
32 Was den Zusammenhang angeht, in den sich Art. 14 der Rom‑I‑Verordnung einfügt, geht aus dem 38. Erwägungsgrund hervor, dass die der Übertragung einer Forderung „vorgelagerten Fragen“, etwa betreffend eine frühere Abtretung derselben Forderung im Rahmen einer Mehrfachabtretung, zwar einen „dinglichen Aspekt“ der Forderungsabtretung darstellen können, aber nicht unter den Begriff „Verhältnis“ zwischen Zedent und Zessionar im Sinne von Art. 14 Abs. 1 dieser Verordnung fallen. In diesem Erwägungsgrund wird präzisiert, dass sich der Begriff „Verhältnis“ ausschließlich auf die Aspekte beschränken sollte, die für die betreffende Forderungsübertragung unmittelbar von Bedeutung sind.
33 Zur Entstehungsgeschichte des Art. 14 der Rom‑I‑Verordnung ist festzustellen, dass Art. 13 Abs. 3 des Vorschlags der Kommission für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom I) (KOM[2005] 650 endg.) zwar vorsah, dass für die Frage, ob eine Forderungsübertragung einem Dritten entgegengehalten werden kann, das Recht des Staates maßgebend ist, in dem der Zedent zum Zeitpunkt der Übertragung seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, dieser Vorschlag aber bei den Verhandlungen im Rat nicht angenommen wurde.
34 Außerdem sieht Art. 27 Abs. 2 der Rom‑I‑Verordnung die Verpflichtung der Kommission vor, einen „Bericht über die Frage vor[zulegen], ob die Übertragung einer Forderung Dritten entgegengehalten werden kann“, und gegebenenfalls „ein[en] Vorschlag zur Änderung der [Rom‑I‑Verordnung] sowie eine Folgenabschätzung der einzuführenden Bestimmungen“ beizufügen.
35 Am 29. September 2016 legte die Kommission dem Europäischen Parlament, dem Rat und dem Wirtschafts- und Sozialausschuss diesen Bericht (KOM[2016] 626 endg.) vor, aus dem hervorgeht, dass es keine einheitlichen Kollisionsnormen zur Regelung der Frage der Drittwirkung bei Forderungsübertragungen gibt und dass der Erlass entsprechender Regelungen durch den Unionsgesetzgeber erforderlich ist.
36 Am 12. März 2018 legte die Kommission einen Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über das auf die Drittwirkung von Forderungsübertragungen anzuwendende Recht (KOM[2018] 96 endg.) vor, aus dem hervorgeht, dass die Drittwirkung von Forderungsübertragungen grundsätzlich dem Recht des Staates unterliegen könnte, in dem der Zedent seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.
37 Daraus folgt, dass beim derzeitigen Stand des Unionsrechts das Fehlen von Kollisionsnormen zur Frage der Drittwirkung von Forderungsübertragungen auf einer bewussten Entscheidung des Unionsgesetzgebers beruht.
38 Nach alledem ist auf die Vorlagefragen zu antworten, dass Art. 14 der Rom‑I‑Verordnung dahin auszulegen ist, dass er weder unmittelbar noch durch entsprechende Anwendung bestimmt, welches Recht auf die Drittwirkungen einer Forderungsabtretung bei Mehrfachabtretung einer Forderung durch denselben Gläubiger nacheinander an verschiedene Zessionare anzuwenden ist.