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Wirtschaftsrecht
27.05.2025
Wirtschaftsrecht
OLG Köln: Dr. N.

OLG Köln, Urteil vom 16.5.2025 – 6 U 29/25

Volltext: BB-Online BBL2025-1281-2

unter www.betriebs-berater.de

Amtlicher Leitsatz

Zur Unzulässigkeit der Werbung eines approbierten Mediziners, der Nahrungsergänzungsmittel vertreibt, für die von ihm angebotenen Produkte unter Nennung seines medizinischen Doktorgrades.

 

Sachverhalt

I. Der klagende B.-Verein nimmt den Beklagten, einen approbierten Arzt und Geschäftsführer einer Anbieterin von Nahrungsergänzungsmitteln, auf Unterlassung und Erstattung von Abmahnkosten in Anspruch. Der Kläger rügt die in den Anlagen K1 und K2 (Bl. 10 ff. LGA - Internetauftritt des Beklagten, Bl. 23 ff. LGA - Internetauftritt des Beklagten bei T.) wiedergegebene Werbung als lauterkeitswidrig. Hintergrund sind im Wesentlichen die Aussagen

DR. MED. A. N. Gesundheit ist Vertrauenssache

und 

GESUNDHEIT IST VERTRAUENSSACHE

Dr. med. A. N. steht als Arzt für Seriosität, Kompetenz und Vertrauenswürdigkeit. Damit Ihre Gesundheit sicher aufgehoben ist, lautet sein Credo: „Keine Wunder versprechen, sondern medizinisch fundierte Empfehlungen geben!“

bzw.

Nahrungsergänzung ist Vertrauenssache

Dr. med. A. N. steht als Arzt für Seriosität, Kompetenz und Vertrauenswürdigkeit. Damit du dich sicher aufgehoben fühlst, lautet sein Credo: „Keine Wunder versprechen, sondern medizinisch fundierte Empfehlungen geben“.

Mit Urteil vom 05.12.2024, auf das wegen der tatsächlichen Feststellungen einschließlich der erstinstanzlich gestellten Anträge gemäß § 540 Abs. 1 ZPO Bezug genommen wird, hat das Landgericht dem Beklagten antragsgemäß untersagt, wie in der Anlage K1 und/oder der Anlage K2 wiedergegeben als Arzt für Nahrungsergänzungsmittel zu werben, und den Beklagten zur Zahlung von 374,50 € Abmahnkosten nebst Rechtshängigkeitszinsen verpflichtet. Die Klage sei gemäß §§ 3, 3a, 8 UWG, § 3 Berufsordnung der Ärztekammer Nordrhein (BOÄ) begründet. Die vom Kläger beanstandeten Passagen in der angegriffenen Werbung seien i.S.d. § 3 Abs. 1 Satz 2 BOÄ als unlauter anzusehen. Die Hervorhebung des Beklagten als Arzt solle dazu dienen, das den Ärzten allgemein und damit auch dem Beklagten entgegen gebrachte Vertrauen in Kompetenz und Seriösität auf die angebotenen Produkte zu übertragen, wobei die Berufsbezeichnung in keinen Zusammenhang mit den Eigenschaften der Nahrungsergänzungsmittel stehe. Hierdurch werde das Sachlichkeitsgebot verletzt. Ob daneben auch ein Verstoß gegen § 27 Abs. 3 BOÄ vorliege, bedürfe keiner Entscheidung mehr.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Beklagten. Das Landgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass die BOÄ überhaupt Anwendung finde. Außerdem werde in der BOÄ die Verwendung der ärztlichen Berufsbezeichnung nicht generell untersagt, sondern nur, falls dies in „unlauterer Weise“ erfolge. Die Kammer habe mit keinem Wort zu erklären vermocht, weshalb dies so erfolgt sein solle. Der Kläger selbst behaupte nicht, dass die fraglichen gesundheitsbezogenen Aussagen nach der HCVO unzulässig seien. Sie seien vielmehr sachlich zutreffend und entsprächen dem geltenden Recht. Für den Käufer eines Nahrungsergänzungsmittels sei es selbstverständlich wichtig, zu erfahren, welche Kompetenz er, der Beklagte, habe. Die Käufer gingen berechtigterweise davon aus, dass er über besondere ernährungsmedizinische Kenntnisse und Fähigkeiten verfüge, die für die Rezepturentwicklung, aber auch für die Produktion und Qualitätskontrolle der Produkte von Relevanz sein könnten. Diese Inanspruchnahme des persönlichen Vertrauens und seine entsprechende Kompetenz schlage somit auch aus Sicht der Verbraucher auf die Eigenschaften der Nahrungsergänzungsmittel durch. Was hieran unsachlich und unlauter sein solle, erschließe sich nicht. Vielmehr handele es sich für die Käufer eines Nahrungsergänzungsmittels um relevante sachbezogene Kriterien, die sachlich zutreffend seien. Der Slogan „Keine Wunder versprechen, sondern medizinisch fundierte Empfehlungen geben!“ sei als bloße Imagewerbung zu verstehen und nicht als eine auf ein individuelles Produkt bezogene Aussage. Der Kläger habe nicht substantiiert dargelegt, weshalb die Werbung insoweit irreführend sein sollte. Er habe zu keinem einzigen Produkt behauptet, dass es nicht ordnungsgemäß zusammengesetzt sei oder nicht ordnungsgemäß beworben werde oder warum es sich bei einem Einzelprodukt nicht um eine medizinisch fundierte Empfehlung handeln solle. Der Nachweis, dass eine gesundheitsbezogene Angabe nicht gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnis entspreche, obliege grundsätzlich dem Kläger als Unterlassungsgläubiger. Wegen der Einzeheiten des Vorbringens des Beklagten wird auf die Berufungsbegründung vom 05.02.2025, den Schriftsatz vom 19.03.2025 und den nachgelassenen Schriftsatz vom 25.04.2025Bezug genommen.

Der Beklagte beantragt,

unter Abänderung des am 05.12.2024 verkündeten Urteils des Landgerichts Köln, Az. 88 O 45/24, die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt die angefochtene Entscheidung. Auf die Berufungserwiderung vom 14.02.2025 wird Bezug genommen.

Aus den Gründen

II. Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

1. Der Kläger hat einen Anspruch auf Unterlassung der angegriffenen Werbung aus § 8 Abs. 1 UWG. Danach kann derjenige, der eine nach § 3 UWG unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt, von den nach § 8 Abs. 3 UWG Berechtigten bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden.

a. Der Klageantrag und der dementsprechend vom Landgericht erlassene Verbotstenor sind nicht zu weitgehend. Sie nehmen Bezug auf die Anlagen K1 und K2 als konkrete Verletzungsform. Entgegen der Ansicht des Beklagten muss der Tenor nicht lauten „… zu unterlassen, wie in der Anlage K 1 und/oder in der Anlage K 2 wiedergegeben, als Arzt für Nahrungsergänzungsmittel zu werben mit der Aussage ´medizinisch fundierte Empfehlungen geben‘“. Ein solcher Zusatz würde lediglich zu einer – unschädlichen – Überbestimmtheit führen. Der Umfang des durch den Verbotstenor Untersagten ergibt sich aus der im Lauterkeitsrecht allgemein anerkannten und verfassungsrechtlich unbedenklichen Kerntheorie. Das in einem Unterlassungstitel ausgesprochene Verbot umfasst über die mit der verbotenen Form identischen Handlungen hinaus im Kern gleichartige Abwandlungen, in denen das Charakteristische der konkreten Verletzungsform zum Ausdruck kommt, wobei sich dieser Kern auf das beschränkt, was gemäß dem Tatbestand und den Entscheidungsgründen bereits Prüfungsgegenstand im Erkenntnisverfahren gewesen war. Das gilt auch dann, wenn das Verbot auf die konkrete Verletzungsform beschränkt ist (vgl. BGH, Urteil vom 13.10.2022, I ZR 98/21 – Regalsystem III, juris, Tz. 10 f; Ahrens in: Büscher, Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, 3. Aufl., § 12 Anh. II Rn. 57 ff.; Teplitzky Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 13. Aufl., Kap. 8 Rn. 28 f.).

b. Dass der Kläger nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG aktivlegitimiert ist und die streitbefangene Internetwerbung des Beklagten eine geschäftliche Handlung darstellt, steht außer Streit.

c. Gemäß § 3 Abs. 1 UWG sind geschäftliche Handlungen unzulässig, wenn sie unlauter sind. Der Kläger beruft sich auf den Unlauterkeitstatbestand des § 3a UWG i.V.M. §§ 3, 27 als BOÄ als Marktverhaltensregelungen sowie die im Bereich der gesundheitsbezogenen Werbung geltenden strengen Anforderungen an die Zulässigkeit von Werbeaussagen, auch vor dem Hintergrund der Parallelwertung aus der Health-Claims-Verordnung (HCVO).   

aa. Die BOÄ ist zwar anwendbar, weil der Beklagte ein approbierter Arzt ist, § 27 BOÄ jedoch nicht einschlägig. Der Beklagte wirbt nicht für Produkte im Zusammenhang mit einer eigenen ärztlichen Tätigkeit.

bb. Aus § 3 Abs. 1 Satz 2 BOÄ, einer Marktverhaltensregelung i.S.d. § 3a UWG (s. hierzu Köhler/Odörfer in: Köhler/Feddersen, UWG, 43. Aufl. 2025, § 3a Rn. 1.132), folgt zunächst, dass es Ärzten grundsätzlich erlaubt ist, ihren Namen in Verbindung mit einer ärztlichen Berufsbezeichnung für gewerbliche Zwecke zu nutzen. Verboten ist dies nur, wenn die Nutzung in unlauterer Weise erfolgt. § 3 Abs. 1 BOÄ nimmt insoweit Bezug auf das UWG, einschließlich der insbesondere im Rahmen des Irreführungstatbestandes des § 5 UWG entwickelten Grundsätze zur gesundheitsbezogenen Werbung. Ein Arzt steht in dieser Hinsicht im Anwendungsbereich des Lauterkeitsrechts nicht schlechter aber auch nicht besser da als jeder andere Mitbewerber. Ob § 3a UWG i.V.m. § 3 Abs. 1 Satz 2 BOÄ überhaupt neben § 5 UWG anwendbar ist (zum Verhältnis § 3a UWG und § 5a UWG s. BGH, Urteil vom 07.04.2022, I ZR 143/19 – Knuspermüsli II, juris, Tz. 16 ff.), kann in diesem Zusammenhang dahinstehen. Entscheidungserheblich ist letztlich die Frage, ob die angegriffene Werbung den u.a. für Nahrungsergänzungsmittel greifenden besonderen Anforderungen an Aussagen im Gesundheitsbereich genügt.

cc. Im Gesundheitsbereich gelten besonders strenge Anforderungen für den Ausschluss einer Irreführungsgefahr. Der Verbraucher ist bei einer Gesundheitswerbung besonders bereitwillig, auf die Wirksamkeit eines Produktes zu vertrauen, und daher geneigt, Werbeaussagen tatsächliche Angaben zu entnehmen und sie für wahr zu halten. Irreführende Angaben bringen in diesem Bereich erhebliche Gefahren für die Gesundheit der Bevölkerung mit sich, so dass strenge Anforderungen an die Richtigkeit, Eindeutigkeit und Klarheit der Angaben gerechtfertigt sind. Angaben mit fachlichen Aussagen auf dem Gebiet der gesundheitsbezogenen Werbung sind generell nur zulässig, wenn sie gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnissen entsprechen (Büscher in: Büscher, Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, 3. Aufl., § 5 Rn. 363 f., m.w.N., u.a. auf BGH, Urteil vom 11.02.2021, I ZR 126/19 – Dr. Z, juris, Tz. 32, und BGH, Urteil vom 03.05.2001, I ZR 318/98 - Das Beste jeden Morgen, juris, Tz. 44).

Durch die streitbefangene Werbung angesprochen ist die Gruppe der normal informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher. Zu dieser Gruppe zählen auch die Mitglieder des Senats, die mithin das Verkehrsverständnis bezüglich der Werbeangaben ohne weiteres selbst beurteilen können.

Der Beklagte bewirbt in den Anlagen K1 und K2 das von der Dr. med. N. GmbH vertriebene Sortiment als von ihm - einem seriösen und kompetenten Arzt, dem man vertrauen könne - auf Zuverlässigkeit geprüft („Keine Wunder versprechen“) und aus fundierter medizinischer Sicht empfehlenswert („sondern medizinisch fundierte Empfehlungen geben“). Er vermittelt dem angesprochenen Verkehr im Gesamtkontext der Werbung den Eindruck, die in das Sortiment der Dr. med. N. GmbH aufgenommenen Nahrungsergänzungsmittel seien ungefährlicher, wirksamer und empfehlenswerter als Konkurrenzprodukte. Unabhängig davon, ob die auf den einzelnen Narungsergänzungsmitteln angeführten Claims nach der HCVO zugelassen sind (der Kläger hat den entsprechenden Vortrag des Beklagten nicht bestritten), behauptet der Beklagte damit – gleichsam vor die Klammer des Anwendungsbereichs der HCVO gezogen –, dass die in das Sortiment der Dr. med. N. GmbH aufgenommenen Nahrungsergänzungsmittel den konkurierenden Produkten in dieser Hinsicht überlegen seien. Dies geht über eine Imagewerbung, d.h. eine Maßnahme, die allein der Pflege des Namens eines Unternehmens dient, weit hinaus und steht gegen den Regelungszweck der HCVO, wonach um dem Verbraucher ein hohes Schutzniveau  zu gewähren und ihm die Wahl zu erleichtern, gesundheitsbezogene Angaben bei der Werbung für Lebensmittel grundsätzlich verboten und nur mit einem zugelassenen Claim erlaubt sind, § 10 HCVO (s. Meinhardt in: Büscher, UWG, 3. Aufl., § 3a Rn. 407 ff.). Der Beklagte nimmt für sein Sortiment eine besondere medizinische Absicherung in Anspruch, gründend auf die eigene Expertise als promovierter Mediziner, ohne darzulegen, dass diese seine eigene Meinung auch der allgemeinen Ansicht in der Wissenschaft  entspricht. Angeblich wissenschaftlich fundierte Werbeaussagen sind indes vom Werbenden darzulegen und zu beweisen. Der Werbende muss, wenn er in einem solchen Fall in Anspruch genommen wird, darlegen können, dass er über entsprechende wissenschaftliche Erkenntnisse verfügt, wobei es nicht ausreichend ist, dass er sich erst im Prozess auf ein Sachverständigengutachten beruft, aus dem sich die behauptete Wirkungsweise ergeben soll (Ahrens in: Büscher, Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, 3. Aufl., § 12 Anh. I Rn. 277, m.w.N.; Köhler/Feddersen in: Bornkamm/Feddersen, UWG, 43. Aufl., 2025, § 5 Rn. 1.248). Dass das von der Dr. med. N. GmbH vertriebene Sortiment tatsächlich aus allgemein anerkannter wissenschaftlicher Sicht empfehlenswert ist, ist weder von dem Beklagten schlüssig dargetan noch sonst ersichtlich. Auch im nachgelassener Schriftsatz vom 25.04.2025 verweist der Beklagte nur auf die Zulässigkeit der auf den einzelnen Präparaten angeführten Aussagen nach der HCVO.

Insgesamt ist zu beücksichtigen, dass – wie allgemein bekannt ist – Nahrungsergänzungsmittel im Einzelfall gesundheitsschädlich sein können. Insoweit legt die vom Beklagten im Verhandlungstermin am 28.03.2025 geäußerte Ansicht, es sei üblich und werde geradezu erwartet, dass ein Arzt Medikamente und Nahrungsergänzungsmittel empfehle, den Kern der Problematik im Streitfall offen. Der Beklagte empfiehlt die von seiner GmbH vertriebenen Nahrungsmittel nicht im Einzelfall nach einer individuellen Prüfung, sondern bewirbt sie mit generellen Aussagen, bezogen auf das gesamte Produktsortiment gegenüber allen Verbrauchern. Dies birgt die Gefahr, dass die beworbenen Nahrungsergänzungsmittel vom angesprochenen Verkehr als vermeindlich allgemein empfehlenswert verstanden oder jedenfalls aufgrund einer geminderten Kritikhaltung gegenüber dem sie bewerbenden Arzt sorgloser eingenommen werden, als andere Nahrungsergänzungsmittel, die - nur - mit den nach der HCVO zulässigen Claims beworben werden. Mit der angegriffenen Werbung ist folglich eine nicht unerhebliche Gefahr für das hohe Schutzgut der Gesundheit des Einzelnen und der Bevölkerung insgesamt verbunden.

dd. Dem Beklagten ist es nach alledem zwar gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 BOÄ nicht verwehrt, mit seiner Person als einem promovierten Arzt für ein von ihm zusammengestelltes Produktsortiment zu werben, das Sortiment darüber hinausgehend ausdrücklich als besonderes wirksam und aus medizinischer Sicht empfehlenswert anzupreisen wäre ihm jedoch – wie auch seinen Mitbewerbern – nur dann gestattet, wenn diese Aussagen wissenschaftlich allgemein anerkannt wären. Dies ist nicht feststellbar. Die verbleibenden Zweifel gehen zu Lasten des für das Vorliegen wissenschaftlicher Erkenntnisse darlegungs- und beweispflichtigen Beklagten. 

Aus der von dem Beklagten im nachgelassenen Schriftsatz angeführten Entscheidung (BGH, Urteil vom 06.02.2013, I ZR 62/11 – Basisinsulin mit Gewichtsvorteil, juris) folgt bezüglich der Darlegungs- und Beweislast nichts anderes. Das von dem Beklagten angeführte Zitat (a.a.O., Tz. 32) betrifft einen Sachverhalt, bei dem der Werbende zum wissenschaftlichen Nachweis der Richtigkeit seiner werblichen Behauptung in Bezug auf Eigenschaften eines Arzneimittels sich auf den Inhalt der Zulassung und der Fachinformation berufen konnte. Der Bundesgerichtshof hat auch in dieser Enstcheidung ausgeführt, dass im Interesse des Gesundheitsschutzes der Bevölkerung für Angaben mit fachlichen Aussagen auf dem Gebiet der gesundheitsbezogenen Werbung generell gilt, dass die Werbung nur zulässig ist, wenn sie gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnis entspricht, und dass diese Voraussetzung nicht gegeben ist, wenn dem Werbenden jegliche wissenschaftlich gesicherte Erkenntnisse fehlen, die die werbliche Behauptung stützen können (a.a.O., Tz. 16 und Tz. 32 a.E.). Letzteres gilt im Streitfall. Dass alle Produkte eines bestimmten Sortiments verschiedener Nahrunsergänzungsmittel generell medizinisch empfehlenswert sind, erscheint schon im Ansatz nahezu ausgeschlossen und wird von dem Beklagten im nachgelassenen Schriftsatz vom 25.04.2025 für sein Sortiment so auch nicht behauptet. Der Beklagte beruft sich letztlich nur auf eine Auslegung der angegriffenen Aussagen als eine reine Imagewerbung.

ee. Das Unterlassungsgebot greift nicht in die Berufsausübungsfreiheit des Beklagten als Arzt ein. Aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 01.06.2011 (1 BVR 233/10; 1 BVR 235/10 - Arztwerbung, juris) kann der Beklagte nichts zu seinen Gunsten herleiten. Es geht vorliegend nicht um eine eigene Image- oder Sympathiewerbung des Beklagten für sich selbst als Arzt und/oder für Produkte mit einem unmittelbaren Bezug zu seiner ärztlichen Tätigkeit, sondern um eine gesundheitsbezogene Werbung für kommerziell vertriebene Nahrungsergänzungsmittel. Insoweit unterliegt der Beklagte den allgemeinen lauterkeitsrechtlichen Pflichten. Ein unzulässiger Eingriff in seine Berufsausübungsfreiheit als Geschäftsführer der Dr. med. N. GmbH ist damit nicht verbunden.

d. Dem Beklagten ist die Werbung der Dr. med. N. GmbH mit seiner Person auch außerhalb des Anwendungsbereichs der BOÄ unmittelbar zurechenbar. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs besteht eine persönliche Haftung des Geschäftsführers für deliktische Handlungen der von ihm vertretenen Gesellschaft, wenn er daran entweder durch positives Tun beteiligt war oder wenn er sie aufgrund einer nach allgemeinen Grundsätzen des Deliktsrechts begründeten Garantenstellung hätte verhindern müssen. Erforderlich ist, dass die Rechtsverletzung auf einem Verhalten beruht, das nach seinem äußeren Erscheinungsbild und mangels abweichender Feststellungen dem Geschäftsführer anzulasten ist. Dazu rechnen Maßnahmen, über die typischerweise auf Geschäftsführungsebene entschieden wird. Das sind insbesondere das allgemeine Konzept der Kundenwerbung und der allgemeine Internetauftritt des Unternehmens (BGH, 18.06.2014, I ZR 242/12, BGHZ 201, 344 – Geschäftsführerhaftung, juris Tz. 19; BGH, 05.11.2020, I ZR 234/19, juris, Tz. 69 – Zweitmarkt für Lebensversicherungen). So liegt es hier, da die beanstandete Werbung zentral für den Internetauftritt der GmbH ist.

e. Die für den Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr folgt aus der bereits vorgenommenen Verletzungshandlung.

 

2. Der Annexanspruch auf Erstattung der vorgerichtlichen Kosten folgt aus § 13 Abs. 3 UWG. Die Abmahnung vom 26.03.2024 genügt den formellen Anforderungen des § 13 Abs. 2 UWG. Die vom Kläger in Ansatz gebrachte Abmahnpauschale ist als solche nicht angegriffen.

 

3. Der Zinsanspruch beruht auf §§ 291, 288 Abs. 1 BGB.

 

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

 

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision sind nicht erfüllt. Weder hat die Rechtssache über die Rechtsanwendung auf den Einzelfall hinaus grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts, § 543 Abs. 2 ZPO. Das Urteil betrifft die tatrichterliche Übertragung allgemein anerkannter Auslegungs- und Rechtsanwendungsgrundsätze auf einen Einzelfall; eine Abweichung von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs oder anderer Oberlandesgerichte ist nicht gegeben.

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