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Wirtschaftsrecht
17.03.2022
Wirtschaftsrecht
BGH: Dieselskandal – kein Anspruch nach § 852 Satz 1 BGB bei Erwerb eines betroffenen Gebrauchtwagens

BGH, Urteil vom 10.2.2022 – VII ZR 365/21 u. a.

ECLI:DE:BGH:2022:100222UVIIZR365.21.0

Volltext: BB-Online BBL2022-642-2

unter www.betriebs-berater.de

Amtliche Leitsätze

a) Zur Verjährung des Schadensersatzanspruchs nach § 826 BGB in einem sogenannten Dieselfall (hier: EA 189).

b) Jedenfalls in mehraktigen Fällen wie bei dem Kauf eines von dem Hersteller mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung in den Verkehr gebrachten und von dem Geschädigten erst später von einem Dritten erworbenen Gebrauchtwagens führt der letztgenannte Erwerbsvorgang zu keiner Vermögensmehrung im Sinne von § 852 Satz 1 BGB auf Seiten des Herstellers.

Sachverhalt

Der Kläger nimmt die beklagte Fahrzeugherstellerin wegen der Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung auf Schadensersatz in Anspruch.

Er erwarb im September 2015 von einem Autohändler ein von der Beklagten hergestelltes Fahrzeug VW Sharan TDI als Gebrauchtwagen zum Preis von 24.400 €. Das Fahrzeug ist mit einem Dieselmotor des Typs EA 189 (EU 5) ausgestattet. Der Motor enthielt eine Steuerungssoftware, durch welche auf dem Prüfstand beim Durchfahren des Neuen Europäischen Fahrzyklus geringere Stickoxidwerte erzielt wurden als im realen Fahrbetrieb ("Umschaltlogik").

Ab Ende September 2015 informierte die Beklagte die Öffentlichkeit in Form von Pressemitteilungen darüber, dass der Motor EA 189 mit einer Abschalteinrichtung versehen sei, die vom Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) als nicht ordnungsgemäß angesehen werde und daher zu entfernen sei. Zeitgleich war der sogenannte Dieselskandal Gegenstand einer umfassenden Medienberichterstattung. Das KBA informierte die Öffentlichkeit über das Vorhandensein einer unzulässigen Abschalteinrichtung bei Fahrzeugen mit dem Dieselmotor EA 189. Anfang Oktober 2015 schaltete die Beklagte eine Webseite frei, auf der durch Eingabe der Fahrzeug-Identifizierungsnummer überprüft werden konnte, ob ein konkretes Fahrzeug mit der Abschalteinrichtung versehen ist. Dies wurde ebenfalls in einer Pressemitteilung bekannt gegeben und war Gegenstand einer umfangreichen Medienberichterstattung.

Das KBA ordnete im Jahr 2015 einen verpflichtenden Rückruf für sämtliche betroffenen Fahrzeuge mit dem Motortyp EA 189 an. Für die Fahrzeuge wurde ein Software-Update entwickelt, das nach einer Freigabebestätigung des KBA geeignet ist, einen genehmigungskonformen Zustand der Fahrzeuge herzustellen. Die Beklagte unterrichtete die Halter der von ihr hergestellten Fahrzeuge mit dem Motortyp EA 189 im Februar 2016 per Post über die Entwicklung und den Zeitplan für die Zurverfügungstellung des Updates. Im April 2017 wurde das Software-Update auf das streitgegenständliche Fahrzeug aufgespielt.

Mit seiner im Juni 2020 eingereichten Klage hat der Kläger die Erstattung des Kaufpreises abzüglich einer Nutzungsentschädigung nebst Zahlung von Verzugs- und Prozesszinsen Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs, die Feststellung des Annahmeverzugs der Beklagten sowie die Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten verlangt. Die Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben.

Die Klage ist in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Schlussanträge aus der Berufungsinstanz weiter.

Aus den Gründen

7          Die Revision hat keinen Erfolg.

I.

8          Die Revision ist unbeschränkt zulässig.

9          Das Berufungsgericht hat die Zulassung der Revision im Tenor seines Urteils ohne Einschränkungen ausgesprochen. Allerdings kann sich eine Zulassungsbeschränkung nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch aus den Entscheidungsgründen ergeben, sofern die Beschränkung klar und eindeutig ist. Das ist regelmäßig dann anzunehmen, wenn sich die vom Berufungsgericht als zulassungsrelevant angesehene Frage nur für einen eindeutig abgrenzbaren selbständigen Teil des Streitstoffs stellt, der Gegenstand eines Teilurteils oder eines eingeschränkt eingelegten Rechtsmittels sein kann. Hingegen genügt die bloße Angabe des Grundes für die Zulassung der Revision nicht, um von einer Zulassungsbeschränkung auszugehen (vgl. BGH, Urteil vom 16. September 2021 - VII ZR 192/20 Rn. 16, MDR 2022, 28; Urteil vom 29. September 2020 - VI ZR 449/19 Rn. 12, GRUR 2021, 106; jeweils m.w.N.).

10        Den Entscheidungsgründen des Berufungsurteils ist eine Beschränkung der Revisionszulassung nicht mit hinreichender Klarheit zu entnehmen. Das Berufungsgericht hat die Revision - beschränkt auf die Verjährung - zugelassen, weil die Frage, ob es aufgrund der allgemeinen Bekanntheit des "Abgasskandals" und der breiten medialen Berichterstattung hierüber als grob fahrlässig im Sinne des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB anzusehen sei, wenn ein Erwerber eines hiervon betroffenen Fahrzeugs im Jahr 2015 keine Erkundigungen bezüglich der Betroffenheit seines Fahrzeugs einhole, grundsätzliche Bedeutung habe. Das lässt eine Beschränkungsabsicht nicht eindeutig erkennen, zumal eine Beschränkung der Revisionszulassung auf die Verjährungsfrage unzulässig und damit wirkungslos wäre (BGH, Urteil vom 16. September 2021 - VII ZR 192/20 Rn. 17, MDR 2022, 28; Beschluss vom 10. Februar 2011 - VII ZR 71/10 Rn. 11, NZBau 2011, 354). Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass das Berufungsgericht die Zulassung in unzulässiger Weise einschränken wollte (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Februar 2011 - XI ZR 291/09, juris).

11        Soweit das Berufungsgericht ferner ausgeführt hat, hinsichtlich des Anspruchs aus § 852 BGB seien die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision nicht gegeben, kann auch hierin jedenfalls keine wirksame Beschränkung der Zulassungsentscheidung gesehen werden. Ist die Zulassung der Revision nicht auf die Verjährungsfrage beschränkbar, kann die Zulassungsentscheidung des Berufungsgerichts vernünftigerweise auch nicht dahin verstanden werden, dass die Revision nur für die Ansprüche zugelassen werden sollte, hinsichtlich derer sich die Beklagte auf Verjährung berufen hat. Die Rechtsfrage, derentwegen das Berufungsgericht die Revision zugelassen hat, ist nicht nur für einen Teil der im Berufungsurteil behandelten Ansprüche von Bedeutung, so dass in der Angabe dieses Zulassungsgrundes keine Beschränkung der Revisionszulassung auf diese Ansprüche zu sehen ist (vgl. BGH, Beschluss vom 10. Februar 2011 - VII ZR 71/10 Rn. 11, NZBau 2011, 354). Der Anspruch aus § 852 BGB knüpft insoweit an die Einrede der Verjährung an, als der wegen Verjährung nicht mehr durchsetzbare ursprüngliche Schadensersatzanspruch als solcher bestehen bleibt und nur in seinem Umfang auf das durch die unerlaubte Handlung auf Kosten des Geschädigten Erlangte beschränkt wird (vgl. BGH, Urteil vom 26. Oktober 2006 - IX ZR 147/04 Rn. 18, BGHZ 169, 308 (zu § 852 Abs. 3 BGB a.F.); Urteil vom 14. Februar 1978 - X ZR 19/76, BGHZ 71, 86 - Fahrradgepäckträger II, juris Rn. 61 (zu § 852 Abs. 3 BGB a.F.); Grüneberg/Sprau, BGB, 81. Aufl., § 852 Rn. 2; BeckOGK/Eichelberger, BGB, Stand: 1. Dezember 2021, § 852 Rn. 11).

II.

12        Das Berufungsgericht hat - soweit für das Revisionsverfahren von Interesse - ausgeführt, dem Anspruch des Klägers auf Schadensersatz wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung stehe die von der Beklagten erhobene Einrede der Verjährung entgegen. Die Voraussetzungen für den Beginn der Verjährung hätten bereits im Jahr 2015 vorgelegen, so dass die Verjährungsfrist Ende des Jahres 2015 zu laufen begonnen und mit dem Schluss des Jahres 2018 geendet habe. Dass der Sachverhalt des sogenannten Dieselskandals bereits ab September 2015 in der Medienberichterstattung omnipräsent gewesen sei, bestreite der Kläger nicht. Durch die auch in der Medienberichterstattung bekannt gemachte Möglichkeit einer Abfrage auf der Herstellerwebseite habe der Kläger ab Oktober 2015 unter Eingabe der Fahrzeug-Identifizierungsnummer des eigenen Fahrzeugs zu überprüfen vermocht, ob dieses mit der Software zur Abgasmanipulation ausgestattet sei. Der Kläger habe diese naheliegende und unschwer zugängliche Informationsquelle nicht genutzt. Auch ohne von den Behörden oder der Herstellerin individuell und unmittelbar durch direktes Anschreiben darauf aufmerksam gemacht worden zu sein, sei es vor diesem Hintergrund grob fahrlässig gewesen, sich die Information der Schadensbetroffenheit des eigenen Fahrzeugs nicht schon Ende September 2015 beschafft zu haben, obwohl die Nachforschungen zum Erfolg geführt hätten.

13        Eine Hemmung der Verjährung vor Ablauf der Verjährungsfrist sei nicht erfolgt, da die Klage erst im Juni 2020 eingereicht worden sei. Schließlich stehe dem Kläger auch kein Anspruch nach § 852 BGB zu, da der Kläger das Fahrzeug nicht als Neu-, sondern als Gebrauchtwagen erworben und die Beklagte daher nichts auf seine Kosten erlangt habe.

III.

14        Das hält rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand.

15        1. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass einem Schadensersatzanspruch des Klägers gemäß §§ 826, 31 BGB die von der Beklagten erhobene Einrede der Verjährung entgegensteht (§ 214 Abs. 1 BGB).

16        a) Gemäß § 195 BGB beträgt die regelmäßige Verjährungsfrist für den Schadensersatzanspruch nach §§ 826, 31 BGB drei Jahre. Sie beginnt gemäß § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist (§ 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB) und der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste (§ 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB). Die danach für den Verjährungsbeginn erforderliche Kenntnis (§ 199 Abs. 1 Nr. 2 Fall 1 BGB) hatte der Kläger nach den Feststellungen des Berufungsgerichts jedenfalls im Jahre 2016 erlangt. Die dreijährige Verjährungsfrist des § 195 BGB begann daher spätestens mit Schluss des Jahres 2016 zu laufen und endete somit mit Ablauf des 31. Dezember 2019, also vor Einreichung der Klage im Jahr 2020.

17        b) Wie der Bundesgerichtshof bereits wiederholt entschieden hat, genügt es in Fällen der vorliegenden Art für den Beginn der Verjährung gemäß § 199 Abs. 1 BGB, dass der geschädigte Fahrzeugkäufer Kenntnis vom "Diesel-" bzw. "Abgasskandal" im Allgemeinen, von der konkreten Betroffenheit seines Fahrzeugs und von der Relevanz dieser Betroffenheit für seine Kaufentscheidung hat, wobei letztere Kenntnis nicht gesondert festgestellt werden muss, sondern naturgemäß beim Geschädigten vorhanden ist (BGH, Urteil vom 21. Dezember 2021 - VI ZR 212/20 Rn. 14, juris; Beschluss vom 15. September 2021 - VII ZR 294/20 Rn. 6, juris; Urteil vom 17. Dezember 2020 - VI ZR 739/20 Rn. 20 ff., NJW 2021, 918).

18        aa) Dass der Kläger - schon im Jahre 2015 - allgemeine Kenntnis vom sogenannten Diesel- oder Abgasskandal hatte, steht nach den Feststellungen des Berufungsgerichts außer Streit. Auch die Revision geht ausdrücklich davon aus, der Kläger habe schon erstinstanzlich angeführt, im Jahre 2015 von dem Abgasskandal durch die Medienberichterstattung Kenntnis erlangt zu haben. Die damit verbundene Einschränkung, er habe dies aber nicht auf sein Fahrzeug bezogen, ist hinsichtlich der Frage allgemeiner Kenntnis ohne Belang.

19        bb) Das Berufungsgericht hat auch hinreichende Feststellungen dazu getroffen, dass der Kläger jedenfalls im Jahre 2016 die konkrete Betroffenheit seines Fahrzeugs kannte. Ob er diese Kenntnis, wie das Berufungsgericht angenommen hat, schon zuvor im Jahre 2015 ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen (§ 199 Abs. 1 Nr. 2 Fall 2 BGB), kann deshalb auf sich beruhen.

20        (1) Nach den für den Senat gemäß §§ 314, 559 ZPO bindenden und von der Revision auch nicht angegriffenen tatbestandlichen Feststellungen des Berufungsgerichts, die im Streitfall durch entsprechende Bezugnahme auch die tatbestandlichen Feststellungen des landgerichtlichen Urteils umfassen, hat der Kläger erstinstanzlich unstreitig gestellt, dass er durch ein Kundenanschreiben der Beklagten im Jahr 2016 positive Kenntnis von der Betroffenheit seines Fahrzeugs vom sogenannten Dieselskandal erlangt hat. Damit steht für das Revisionsverfahren fest, dass der Kläger jedenfalls im Jahr 2016 Kenntnis hatte sowohl von dem sogenannten Dieselskandal allgemein als auch von der konkreten Betroffenheit seines Dieselfahrzeugs.

21        (2) Dem Kläger, der seit dem Jahr 2015 allgemeine Kenntnis vom sogenannten Dieselskandal und jedenfalls seit dem Jahr 2016 auch positive Kenntnis von der Betroffenheit seines Fahrzeugs hatte, war es im Jahr 2016 auch zumutbar, Klage zu erheben und seinen Anspruch gegen die Beklagte aus §§ 826, 31 BGB gerichtlich geltend zu machen.

22        (a) Die Frage, wann die für den Beginn der Verjährung gemäß § 199 Abs. 1 Nr. 2 Fall 1 BGB erforderliche Kenntnis vorhanden ist, ist nicht ausschließlich Tatfrage, sondern wird maßgeblich durch den der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegenden Begriff der Zumutbarkeit der Klageerhebung geprägt (vgl. BGH, Urteil vom 17. Dezember 2020 - VI ZR 739/20 Rn. 16, NJW 2021, 918; Urteil vom 17. Juni 2016 - V ZR 134/15 Rn. 11, NJW 2017, 248; Urteil vom 11. September 2014 - III ZR 217/13 Rn. 17, VersR 2015, 332; Urteil vom 26. September 2012 - VIII ZR 279/11 Rn. 46, NJW 2013, 1077). Insoweit unterliegt die Frage, wann eine unsichere und zweifelhafte Rechtslage vorliegt, die zur Unzumutbarkeit der Klageerhebung führt, der uneingeschränkten Beurteilung durch das Revisionsgericht (vgl. BGH, Urteil vom 17. Dezember 2020 - VI ZR 739/20 Rn. 16, NJW 2021, 918).

23        (2) Die vom Berufungsgericht tatbestandlich festgestellte allgemeine Kenntnis des Klägers vom sogenannten Dieselskandal sowie von der konkreten Betroffenheit seines Fahrzeugs im Besonderen umfasst alle für den Schluss auf eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung der Beklagten relevanten Tatsachen (vgl. BGH, Beschluss vom 15. September 2021 - VII ZR 294/20 Rn. 6, juris; Urteil vom 17. Dezember 2020 - VI ZR 739/20 Rn. 21 f., NJW 2021, 918). Insbesondere bedurfte es hierzu - wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat - keiner näheren Kenntnis des Klägers von den internen Verantwortlichkeiten im Hause der Beklagten (vgl. BGH, Urteil vom 17. Dezember 2020 - VI ZR 739/20 Rn. 23, NJW 2021, 918). Darauf, ob der Kläger bereits im Jahr 2016 aus den ihm bekannten Tatsachen die zutreffenden rechtlichen Schlüsse zog, insbesondere aus ihnen einen Anspruch aus § 826 BGB herleitete, kommt es ebenfalls nicht an (vgl. BGH, Urteil vom 17. Dezember 2020 - VI ZR 739/20 Rn. 26 ff., NJW 2021, 918). Dass noch nicht alle Fragen aus dem sogenannten Dieselskandal durch die höchstrichterliche Rechtsprechung geklärt waren, kann die Unzumutbarkeit der Klageerhebung bei gesicherter Tatsachengrundlage ebenfalls nicht begründen (vgl. BGH, Urteil vom 17. Dezember 2020 - VI ZR 739/20 Rn. 11, NJW 2021, 918).

24        Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs war einem Kläger, der noch im Jahr 2015 sowohl Kenntnis vom sogenannten Dieselskandal im Allgemeinen als auch von der konkreten Betroffenheit seines Fahrzeuges erlangt hat, noch im Jahr 2015 zumutbar, Klage zu erheben und seinen Anspruch gegen die Beklagte aus §§ 826, 31 BGB gerichtlich geltend zu machen (BGH, Urteil vom 21. Dezember 2021  - VI ZR 212/20 Rn. 14, juris; Beschluss vom 15. September 2021 - VII ZR 294/20 Rn. 6 ff., juris; Urteil vom 17. Dezember 2020 - VI ZR 739/20 Rn. 20 ff., NJW 2021, 918). Für den hier gegebenen Fall der Kenntnis dieser Umstände im Jahr 2016 gilt Entsprechendes.

25        2. Das Berufungsgericht hat schließlich auch einen Anspruch des Klägers nach § 852 Satz 1 BGB zu Recht verneint.

26        a) Nach § 852 Satz 1 BGB ist der Ersatzpflichtige, der durch eine unerlaubte Handlung auf Kosten des Verletzten etwas erlangt hat, auch nach Eintritt der Verjährung des Anspruchs auf Ersatz des aus der unerlaubten Handlung entstandenen Schadens zur Herausgabe nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung verpflichtet. Nach Sinn und Zweck der Vorschrift sollen demjenigen, der einen anderen durch unerlaubte Handlung schädigt und dadurch sein Vermögen mehrt, auch bei Verjährung des Schadensersatzanspruchs nicht die auf diese Weise erlangten Vorteile verbleiben (vgl. BGH, Urteil vom 26. März 2019 - X ZR 109/16 Rn. 19 f., 22, BGHZ 221, 342; Urteil vom 26. Oktober 2006 - IX ZR 147/04 Rn. 20, BGHZ 169, 308 (zu § 852 Abs. 3 a.F.); Urteil vom 14. Februar 1978 - X ZR 19/76, BGHZ 71, 86 - Fahrradgepäckträger II, juris Rn. 62 (zu § 852 Abs. 3 a. F.); Urteil vom 10. Juni 1965 - VII ZR 198/63, NJW 1965, 1914, juris Rn. 66 (zu § 852 Abs. 3 a.F.); Grüneberg/Sprau, BGB, 81. Aufl., § 852 Rn. 2; BeckOGK/Eichelberger, BGB, Stand: 1. Dezember 2021, § 852 Rn. 3; BT-Drucks. 14/6040, S. 270).

27        Das Erfordernis, dass der Ersatzpflichtige etwas auf Kosten des Verletzten erlangt hat, bedeutet nicht, dass sich die Vermögensverschiebung - wie bei der Eingriffskondiktion - unmittelbar zwischen dem Schädiger und dem Geschädigten vollzogen haben muss. Denn die Vorschrift enthält nur eine Rechtsfolgenverweisung auf das Bereicherungsrecht (vgl. BGH, Urteil vom 26. März 2019 - X ZR 109/16 Rn. 15, BGHZ 221, 342). Deshalb kann die Vermögensverschiebung auch durch einen oder mehrere Dritte vermittelt werden, solange sie in einem ursächlichen Zusammenhang mit der unerlaubten Handlung steht (vgl. BGH, Urteil vom 26. März 2019 - X ZR 109/16 Rn. 21, BGHZ 221, 342; Urteil vom 14. Februar 1978 - X ZR 19/76, BGHZ 71, 86 - Fahrradgepäckträger II, juris Rn. 62). Wenn ein Vermögensverlust beim Geschädigten einen entsprechenden Vermögenszuwachs beim Schädiger zur Folge gehabt hat, ist er daher nach § 852 Satz 1 BGB auch dann herauszugeben, wenn diese Vermögensverschiebung dem Schädiger durch Dritte vermittelt worden ist (vgl. BGH, Urteil vom 14. Februar 1978 - X ZR 19/76, BGHZ 71, 86 - Fahrradgepäckträger II, juris Rn. 63). Unberührt bleibt davon die Notwendigkeit, dass der Vermögenszuwachs auf dem Vermögensverlust des Geschädigten beruhen muss.

28        Daher setzt ein Anspruch aus § 852 Satz 1 BGB jedenfalls voraus, dass die Herstellerin im Verhältnis zum Geschädigten etwas aus dem Fahrzeugverkauf an diesen erlangt hat (vgl. BGH, Urteil vom 17. Dezember 2020 - VI ZR 739/20 Rn. 29, NJW 2021, 918; Riehm, NJW 2021, 1625 Rn. 19).

29        b) Auf dieser Grundlage hat das Berufungsgericht eine Vermögensverschiebung im Sinne von § 852 Satz 1 BGB im Verhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten zu Recht verneint.

30        Jedenfalls in mehraktigen Fällen wie bei dem Kauf eines von der Herstellerin mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung in den Verkehr gebrachten und von dem Geschädigten erst später von einem Dritten erworbenen Gebrauchtwagens führt der letztgenannte Erwerbsvorgang zu keiner Vermögensverschiebung im Verhältnis zwischen dem Geschädigten und der Herstellerin. Denn der Herstellerin, die einen etwaigen Vorteil bereits mit dem Inverkehrbringen des Fahrzeugs als Neuwagen realisiert hat, fließt im Zusammenhang mit dem im Abschluss des ungewollten Vertrags liegenden Vermögensschaden des Geschädigten durch ihre unerlaubte Handlung nichts - mehr - zu. Bei einem Gebrauchtwagenverkauf, der - wie hier - zwischen dem klagenden Geschädigten und einem Dritten abgeschlossen wird, partizipiert die Herstellerin weder unmittelbar noch mittelbar an einem etwaigen Verkäufergewinn aus diesem Kaufvertrag, sei es, dass der Gebrauchtwagen von einer Privatperson oder von einem Händler an den Geschädigten verkauft wurde. Deshalb scheidet in diesen Fällen ein Anspruch aus § 852 Satz 1 BGB aus. Dieses Ergebnis entspricht der herrschenden Auffassung in der obergerichtlichen Rechtsprechung (vgl. OLG Schleswig, Urteil vom 10. Dezember 2021 - 1 U 34/21, juris Rn. 76; Urteil vom 22. Oktober 2021 - 17 U 40/21, juris Rn. 36; OLG Dresden, Urteil vom 21. Oktober 2021 - 11a U 986/21, juris Rn. 37; OLG Brandenburg, Beschluss vom 11. Oktober 2021 - 12 U 53/21, juris Rn. 2; OLG Bamberg, Urteil vom 4. August 2021 - 3 U 110/21, MDR 2022, 30, juris Rn. 20; OLG München, Urteil vom 26. Juli 2021 - 3 U 1705/21, juris Rn. 37; OLG Karlsruhe, Urteile vom 9. Juli 2021 - 13 U 123/21, juris Rn. 80 und 13 U 168/21, juris Rn. 75; Urteile vom 31. März 2021 - 13 U 678/20, NJW-RR 2021, 687 juris Rn. 25 und 13 U 693/20, juris Rn. 38; OLG Stuttgart, Urteil vom 9. März 2021 - 10 U 339/20, NJW-RR 2021, 681 Rn. 44; Urteil vom 2. Februar 2021 - 10 U 229/20, VRS 140, 79, juris Rn. 63; ebenso Martinek, jM 2021, 9, 14 f.; Riehm, NJW 2021, 1625 Rn. 29 f.; a.A. OLG Köln, Urteil vom 15. Dezember 2021 - 16 U 63/21, juris Rn. 62 ff.; LG Hildesheim, Urteil vom 5. März 2021 - 5 O 183/20, BeckRS 2021, 4473 Rn. 66; Bruns, NJW 2021, 1121 Rn. 17; Foerster, VuR 2021, 180, 181; van de Loo/Walther, BB 2021, 1227, 1230).

31        Die Auffassung der Revision, die eine Verknüpfung zwischen dem Vermögensschaden des Klägers und dem Vermögenszufluss der Beklagten dadurch herstellen will, dass der Schaden des Ersterwerbers in der Kette der weiteren Erwerber weitergereicht werde, vermag daher einen Anspruch aus § 852 Satz 1 BGB nicht zu begründen.

IV.

32        Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO

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