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Wirtschaftsrecht
10.03.2022
Wirtschaftsrecht
BGH: Dieselskandal - Anspruch des Käufers auf „kleinen“ Schadensersatz

BGH, Urteil vom 24.1.2022 – VIa ZR 100/21

Volltext: BB-Online BBL2022-577-2

unter www.betriebs-berater.de

Amtliche Leitsätze

a) Ein Geschädigter, der durch das deliktische Handeln eines Dritten zum Abschluss eines Kaufvertrages (hier: über ein Dieselfahrzeug mit Prüfstanderkennungssoft-ware) bestimmt worden ist, kann, wenn er die Kaufsache behalten möchte, als Schaden von dem Dritten den Betrag ersetzt verlangen, um den er den Kaufgegen-stand - gemessen an dem objektiven Wert von Leistung und Gegenleistung - zu teuer erworben hat (sogenannter kleiner Schadensersatz; Anschluss an BGH, Urteil vom 6. Juli 2021 - VI ZR 40/20, BGHZ 230, 224 Rn. 12 ff.).

b) Für die Bemessung dieses kleinen Schadensersatzes ist grundsätzlich zunächst der Vergleich der Werte von Leistung (Fahrzeug) und Gegenleistung (Kaufpreis) im Zeitpunkt des Vertragsschlusses maßgeblich. Eine etwaige Aufwertung des Fahr-zeugs durch eine nachträgliche Maßnahme (hier: Software-Update) des Schädigers, die gerade der Beseitigung der Prüfstanderkennungssoftware dienen sollte, ist im Rahmen der Vorteilsausgleichung zu berücksichtigen (Anschluss an BGH, Urteil vom 6. Juli 2021 - VI ZR 40/20, BGHZ 230, 224 Rn. 23 f.).

c) Bei der Bemessung des kleinen Schadensersatzes sind weiter die vom Geschädigten gezogenen Nutzungen und der Restwert des Fahrzeugs schadensmindernd an-zurechnen, allerdings erst dann und nur insofern, als sie den tatsächlichen Wert des Fahrzeugs bei Abschluss des Kaufvertrags übersteigen.

 

Sachverhalt

Der Kläger erwarb am 12. September 2013 von einem Dritten einen Seat Leon als Gebrauchtwagen zu einem Kaufpreis von 12.999 €. Das am 6. April 2011 erstmals zugelassene Fahrzeug wies beim Erwerb einen Kilometerstand von 60.400 km auf, zum Zeitpunkt der Klageeinreichung belief sich der Kilometerstand nach Angaben des Klägers auf ca. 275.000 km. Das Fahrzeug ist mit einem von der Beklagten hergestellten Dieselmotor des Motortyps EA 189, Schadstoffnorm Euro 5, ausgestattet. Die im Zusammenhang mit dem Motor ursprünglich verwendete Software erkannte, ob das Fahrzeug auf einem Prüfstand dem Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) unterzogen wurde, und schaltete in diesem Fall vom regulären Abgasrückführungsmodus 0 in einen Stickoxid-optimierten Abgasrückführungsmodus 1 (Prüfstanderkennungssoftware). Es ergaben sich dadurch auf dem Prüfstand geringere Stickoxid-Emissionswerte als im normalen Fahrbetrieb. Die Grenzwerte der Euro 5-Norm wurden nur im Modus 1 eingehalten.

Am 15. Oktober 2015 erließ das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) gegen die Beklagte einen zwischenzeitlich bestandskräftigen Bescheid mit nachträglichen Nebenbestimmungen zur Typgenehmigung, der auch das Fahrzeug des Klägers betrifft. Das KBA stellte das Vorliegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung fest und gab der Beklagten auf, diese zu beseitigen und die Einhaltung der maßgeblichen Grenzwerte anderweitig zu gewährleisten. Die Beklagte entwickelte in der Folge ein Software-Update, das auch im Fahrzeug des Klägers aufgespielt wurde.

Der Kläger verlangt mit der am 31. Dezember 2019 in erster Instanz anhängig gemachten Klage von der Beklagten als Schaden den Betrag ersetzt, um den er den Kaufgegenstand - gemessen an dem objektiven Wert von Leistung und Gegenleistung - nach seinem Vortrag zu teuer erworben habe, und den er mit 2.599,80 €, also 20% des ursprünglichen Kaufpreises, beziffert. Auf diesen Betrag beansprucht er Zinsen ab dem 7. Januar 2020. Weiter verlangt er unter Verweis auf ein Schreiben seines vorinstanzlichen Prozessbevollmächtigten vom 31. Dezember 2019, das eine entsprechende Zahlungsaufforderung an die Beklagte bis zum 6. Januar 2020 enthält, Ersatz ihm vorgerichtlich entstandener Rechtsanwaltskosten in Höhe von 502,18 €.

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen, das Berufungsgericht die klägerische Berufung zurückgewiesen. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

Aus den Gründen

5          Die Revision hat, soweit der Kläger Zahlung von 2.599,80 € nebst Zinsen beansprucht (Zahlungsantrag zu 1), Erfolg. Insoweit führt sie zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Soweit der Kläger Ersatz vorgerichtlich entstandener Rechtsanwaltskosten beansprucht (Zahlungsantrag zu 2), ist sein Rechtsmittel zurückzuweisen.

I.

6          Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Der Kläger habe keinen Anspruch auf Ausgleich eines von ihm mit 20% des Kaufpreises bezifferten "merkantilen Minderwerts". Ein solcher Ausgleich komme bei deliktischen Ansprüchen nicht in Betracht. Damit mache der Kläger den Ersatz des Erfüllungsinteresses geltend, welches vom Deliktsrecht nicht geschützt werde. Er könne nur so gestellt werden, wie er stünde, wenn er nicht über die Manipulation getäuscht worden wäre, mithin so, als ob er den Kaufvertrag über das Fahrzeug nicht abgeschlossen hätte, also Ersatz des negativen Interesses verlangen. Davon unabhängig scheitere der vom Kläger geltend gemachte Anspruch an der Kausalität zwischen Täuschung und Schaden. Der Kläger habe weder dargelegt noch bewiesen, dass sein Verkäufer bereit gewesen wäre, den Kaufvertrag zu anderen Konditionen abzuschließen. Die Unbegründetheit der Nebenforderungen folge aus der Unbegründetheit der Hauptforderung.

II.

7          Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand. Das Berufungsgericht, welches das am selben Tag ergangene Urteil des VI. Zivilsenats vom 6. Juli 2021 (VI ZR 40/20, NJW 2021, 3041 ff., zur Veröffentlichung bestimmt in BGHZ) zu der von ihm entschiedenen Rechtsfrage noch nicht kennen konnte, hat rechtsfehlerhaft verkannt, dass der Geschädigte nach § 826 BGB den Schädiger nicht nur auf Ersatz des "großen", sondern auch des "kleinen" Schadensersatzes in Anspruch nehmen kann.

8          Gemäß § 249 Abs. 1 BGB hat, wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. Dabei kommt es darauf an, den Geschädigten wirtschaftlich möglichst so zu stellen, wie er ohne das schadenstiftende Ereignis stünde (BGH, Urteil vom 6. Juli 2021 - VI ZR 40/20, NJW 2021, 3041 Rn. 13). Nach diesen Grundsätzen kann ein Geschädigter, der durch ein deliktisches Handeln eines Dritten, das einer bewussten arglistigen Täuschung gleichsteht, zum Abschluss eines Kaufvertrags bestimmt worden ist, von diesem verlangen, so gestellt zu werden, als habe er den Kaufvertrag nicht abgeschlossen. Die deliktische Haftung erfasst dabei nicht das Erfüllungsinteresse oder positive Interesse, weil sie nicht an das Bestehen einer Verbindlichkeit und deren Nicht- oder Schlechterfüllung anknüpft. Sie beschränkt sich vielmehr auf das Erhaltungsinteresse und damit das negative Interesse. Der durch eine unerlaubte Handlung Geschädigte hat grundsätzlich keinen Anspruch darauf, besser zu stehen, als er stünde, wenn der Schädiger die unerlaubte Handlung nicht begangen hätte (BGH, Urteil vom 6. Juli 2021, aaO, Rn. 14 f.).

9          Liegt die Schädigung in dem Abschluss eines Kaufvertrags über ein bemakeltes Kraftfahrzeug (BGH, Urteil vom 25. Mai 2020 - VI ZR 252/19, BGHZ 225, 316 Rn. 44 ff.), ist der Geschädigte nicht darauf beschränkt, gegen die Erstattung des Kaufpreises unter Anrechnung einer Nutzungsentschädigung und sonstiger Vorteile die Kaufsache herauszugeben. Er kann die Kaufsache behalten. Als Schaden kann er dann den Betrag ersetzt verlangen, um den er den Kaufgegenstand - gemessen an dem objektiven Wert von Leistung und Gegenleistung - zu teuer erworben hat. Der Geschädigte wird damit so behandelt, als wäre es ihm bei Kenntnis der wahren Sachlage gelungen, den Vertrag zu einem niedrigeren Preis abzuschließen. Da es sich hierbei nur um die Bemessung des verbliebenen Vertrauensschadens und nicht um die Frage einer Anpassung des Vertrags handelt, braucht der Geschädigte in diesem Fall entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts auch nicht nachzuweisen, dass sich der Vertragspartner auf einen Vertragsschluss zu einem niedrigeren Preis eingelassen hätte (BGH, Urteil vom 6. Juli 2021 - VI ZR 40/20, NJW 2021, 3041 Rn. 16 ff., 21).

10        Nichts anderes - Ersatz der Differenz zwischen dem gezahlten höheren und dem nach seinem Vortrag angemessenen niedrigeren Kaufpreis - hat der Kläger verlangt. Er hat seinen Ersatzanspruch folglich entgegen der Rechtsmeinung des Berufungsgerichts auf eine zulässige Berechnungsgrundlage gestellt.

III.

11        Das Berufungsurteil stellt sich freilich aus anderen Gründen als richtig dar, soweit das Berufungsgericht die Berufung betreffend den Zahlungsantrag zu (Erstattung vorgerichtlich entstandener Rechtsanwaltskosten) zurückgewiesen hat (§ 561 ZPO). Insoweit besteht ohne Rücksicht darauf, ob und in welcher Höhe der Kläger als "Hauptforderung" den kleinen Schadensersatz verlangen kann, kein Anspruch des Klägers.

12        In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist anerkannt, dass ein Schädiger nicht schlechthin alle durch einen haftungsbegründenden Tatbestand adäquat verursachten Rechtsverfolgungskosten des Geschädigten zu ersetzen hat. Erstattungsfähig sind gemäß § 249 Abs. 1 BGB nur solche Rechtsverfolgungskosten, die aus Sicht des Schadensersatzgläubigers zur Wahrnehmung und Durchsetzung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig waren (vgl. BGH, Urteil vom 9. April 2019 - VI ZR 89/18, NJW-RR 2019, 1187 Rn. 26 mwN). Bei der Beurteilung der Frage, ob und in welchem Umfang der dem Geschädigten zustehende Schadensersatzanspruch auch die Erstattung von Rechtsanwaltskosten umfasst, ist zwischen dem Innenverhältnis des Geschädigten zu dem für ihn tätigen Rechtsanwalt und dem Außenverhältnis des Geschädigten zum Schädiger zu unterscheiden. Voraussetzung für einen Erstattungsanspruch im geltend gemachten Umfang ist grundsätzlich, dass der Geschädigte im Innenverhältnis zur Zahlung der in Rechnung gestellten Kosten verpflichtet ist und die konkrete anwaltliche Tätigkeit im Außenverhältnis aus der maßgeblichen Sicht des Geschädigten mit Rücksicht auf seine spezielle Situation zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlich war. Die Erforderlichkeit und Zweckmäßigkeit der konkreten Rechtsverfolgung stellen echte, vom Geschädigten darzulegende und zu beweisende Anspruchsvoraussetzungen dar und nicht lediglich im Rahmen des § 254 BGB bedeutsame, die Ersatzpflicht beschränkende und damit in die Darlegungs- und Beweislast des Schädigers fallende Umstände (BGH, Urteil vom 9. April 2019, aaO; vgl. auch BGH, Urteil vom 22. Januar 2019 - VI ZR 402/17, NJW 2019, 1522 Rn. 10 ff. mwN).

13        Die Beauftragung eines Rechtsanwalts mit der außergerichtlichen Geltendmachung des Anspruchs auf kleinen Schadensersatz Ende Dezember 2019 war insoweit unzweckmäßig, als dadurch - anders als durch die Erhebung einer Klage - eine Hemmung der Verjährung nicht erreicht werden konnte und der Kläger entsprechend - wie aus der zeitgleichen Einreichung der Klage ersichtlich - eine außergerichtliche Einigung gar nicht anstrebte. Diente die außergerichtliche Rechtsverfolgung dazu, den Anspruch auf Verzugszinsen, wie in der Klageschrift beantragt, ab dem 7. Januar 2020 und damit gegebenenfalls früher als nach § 291 Satz 1 BGB geschuldet zu begründen, war sie zudem zur Vorbereitung der Klage bestimmt, insbesondere zur In-Verzug-Setzung der Beklagten, und löste, weil sie dann mit dem unbedingten Auftrag zur Klageerhebung verknüpft war, im Innenverhältnis eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG nicht aus (vgl. BGH, Urteil vom 22. Juni 2021 - VI ZR 353/20, NJW-RR 2021, 1070 Rn. 7). In keinem Fall steht dem Kläger ein Anspruch auf Erstattung zu, ohne dass ihm Gelegenheit gegeben werden müsste, hierzu in der Tatsacheninstanz weiteren Vortrag zu halten. Die Hinweispflicht gilt gemäß § 139 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht für Nebenforderungen, zu denen auch die außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten gehören (vgl. BGH, Urteil vom 16. Oktober 2018 - XI ZR 593/16, NJWRR 2019, 110 Rn. 29; vom 1. April 2021 - I ZR 9/18, WRP 2021, 1042 Rn. 213).

IV.

14        Im Übrigen unterliegt das Berufungsurteil, soweit das Berufungsgericht die Berufung betreffend den Zahlungsantrag zu 1 zurückgewiesen hat, der Aufhebung (§ 562 ZPO), weil es sich insoweit nicht aus anderen Gründen als richtig darstellt (§ 561 ZPO). Zur Verjährung eines Anspruchs des Klägers aus § 826 BGB hat das Berufungsgericht keine tragfähigen Feststellungen getroffen, die es dem Senat erlaubten, die Abweisung der Klage auf dieser Grundlage aufrechtzuerhalten. Der Senat, der mangels hinreichender Feststellungen auch nicht umgekehrt zugunsten des Klägers in der Sache selbst entscheiden kann (§ 563 Abs. 3 ZPO), weist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurück (§ 563 Abs. 1 ZPO). Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:

15        1. Abweichend von der allgemeinen Regel, dass es für die Berechnung des konkreten Schadens - sofern der Schuldner nicht bereits vorher seine Ersatzpflicht erfüllt - grundsätzlich auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz ankommt, ist für die Bemessung des kleinen Schadensersatzes grundsätzlich zunächst der Vergleich der Werte von Leistung und Gegenleistung im Zeitpunkt des Vertragsschlusses maßgeblich. Die Bemessung des kleinen Schadensersatzes hat vom objektiven Wert des Fahrzeugs im Zeitpunkt des Vertragsschlusses auszugehen, bei dessen Bestimmung die mit der Prüfstanderkennungssoftware verbundenen Nachteile, insbesondere das Risiko dem Kläger nachteiliger behördlicher Anordnungen, zu berücksichtigen sind. Denn das Wertverhältnis der vertraglich geschuldeten Leistungen ändert sich nicht dadurch, dass eine der Leistungen nachträglich eine Auf- oder Abwertung erfährt; der Vertrag wird dadurch nicht günstiger oder ungünstiger (BGH, Urteil vom 6. Juli 2021 - VI ZR 40/20, NJW 2021, 3041 Rn. 23).

16        2. Auf den so ermittelten Betrag muss sich der Geschädigte Vorteile anrechnen lassen, die in einem inneren Zusammenhang mit dem schädigenden Ereignis stehen.

17        a) Die Grundsätze der Vorteilsausgleichung gelten auch für einen Anspruch aus sittenwidriger vorsätzlicher Schädigung gemäß § 826 BGB (BGH, Urteil vom 25. Mai 2020 - VI ZR 252/19, BGHZ 225, 316 Rn. 66). Dass für die Bemessung des kleinen Schadensersatzes grundsätzlich der objektive Wert des Fahrzeugs im Zeitpunkt des Vertragsschlusses maßgeblich ist, schließt eine schadensmindernde Berücksichtigung später eintretender Umstände im Rahmen der Vorteilsausgleichung nicht aus (BGH, Urteil vom 6. Juli 2021 - VI ZR 40/20, NJW 2021, 3041 Rn. 23).

18        Dabei können nach den im Bereich des Schadensersatzrechts entwickelten, auf dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) beruhenden Grundsätzen der Vorteilsausgleichung dem Geschädigten diejenigen Vorteile anzurechnen sein, die ihm in adäquatem Zusammenhang mit dem Schadensereignis zufließen. Es soll ein gerechter Ausgleich zwischen den bei einem Schadensfall widerstreitenden Interessen herbeigeführt werden. Der Geschädigte darf im Hinblick auf das schadensersatzrechtliche Bereicherungsverbot nicht bessergestellt werden, als er ohne das schädigende Ereignis stünde. Allerdings sind nur diejenigen durch das Schadensereignis bedingten Vorteile auf den Schadensersatzanspruch anzurechnen, deren Anrechnung mit dem jeweiligen Zweck des Ersatzanspruchs übereinstimmt, d.h. bei denen dem Geschädigten die Anrechnung zumutbar ist und die den Schädiger nicht unangemessen entlastet. Vor- und Nachteile müssen bei wertender Betrachtung gleichsam zu einer Rechnungseinheit verbunden sein (st. Rspr., BGH, Urteil vom 28. Juni 2007 - VII ZR 81/06, BGHZ 173, 83 Rn. 18; vom 25. Mai 2020 - VI ZR 252/19, BGHZ 225, 316 Rn. 65; vom 16. September 2021 - VII ZR 192/20, WM 2021, 2056 Rn. 38, jeweils mwN). Demgemäß ist bei der Ermittlung des Anspruchs auf kleinen Schadensersatz im Wege der Vorteilsausgleichung eine Aufwertung des Fahrzeugs durch das Software-Update als nachträgliche Maßnahme der Beklagten zu berücksichtigen, die gerade der Beseitigung der Prüfstanderkennungssoftware dienen sollte (BGH, Urteil vom 6. Juli 2021 - VI ZR 40/20, NJW 2021, 3041 Rn. 24).

19        Darin müssen sich die gegenzurechnenden Vorteile indessen nicht erschöpfen. Der Käufer eines Fahrzeugs erwirbt die Möglichkeit, dieses ohne zeitliche Begrenzung über die gesamte Laufleistung zu nutzen. Kaufpreiszahlung und Gesamtnutzung stehen sich "kongruent" und daher anrechenbar gegenüber; sie sind bei wertender Betrachtung gleichsam zu einer Rechnungseinheit verbunden, wenn der Käufer den großen Schadensersatzanspruch geltend macht (BGH, Urteil vom 16. September 2021 - VII ZR 192/20, WM 2021, 2056 Rn. 43 unter Verweis auf BGH, Urteil vom 8. März 2021 - VI ZR 505/19, NJW 2021, 1669 Rn. 40). Gleiches gilt für einen (Rest-)Wert des Fahrzeugs, der in einem inneren Zusammenhang mit dem Schaden steht (BGH, Urteil vom 20. Juli 2021 - VI ZR 533/20, NJW 2021, 3594 Rn. 29).

20        Nichts anderes gilt bei wertender Betrachtung für den kleinen Schadensersatzanspruch. Dass der Geschädigte in diesem Fall, anders als im Falle der Geltendmachung des großen Schadensersatzes, nicht einen ungünstigen Vertrag rückabwickeln, sondern die Differenz zwischen dem Wert seiner Leistung und der Gegenleistung im Zeitpunkt des Vertragsschlusses liquidieren will, ändert an der Rechnungseinheit zwischen einerseits dem von ihm gezahlten Kaufpreis und andererseits dem Nutzungswert und tatsächlichen Restwert des Kraftfahrzeugs nichts. Denn bei der Bemessung des objektiven Werts des Fahrzeugs im Zeitpunkt des Vertragsschlusses ist insbesondere das Risiko der Betriebsuntersagung oder -beschränkung einzubeziehen. Hat sich dieses wertbestimmende Risiko bis zum Ende der Gesamtlaufzeit des Fahrzeugs nicht verwirklicht, muss dieser Umstand im Wege der Vorteilsausgleichung Berücksichtigung finden.

21        Soweit der Bundesgerichtshof den inneren Zusammenhang zwischen den Gewinnen aus einer Beteiligung einerseits und dem schädigenden Vertragsschluss über die Beteiligung andererseits und somit eine Vorteilsausgleichung bei der Geltendmachung des Anspruchs auf kleinen Schadensersatz abgelehnt hat, sofern der Anleger die Ausschüttungen auch bei einem Erwerb der Beteiligung zu einem ihrem damaligen tatsächlichen Wert entsprechenden Anlagebetrag oder der Unternehmenskäufer den Gewinn aufgrund eigenen unternehmerischen Einsatzes erzielt hätte (BGH, Urteil vom 25. Mai 1977 - VIII ZR 186/75, BGHZ 69, 53, 59; vom 6. Februar 2018 - II ZR 17/17, NJW 2018, 1675 Rn. 21), ergibt sich hieraus für die Anrechnung von Nutzungsvorteilen nichts Gegenteiliges. Denn in den dort entschiedenen Fällen erwirtschaftete der Geschädigte die Ausschüttungen oder Gewinne unabhängig von der zum schädigenden Vertragsschluss führenden Täuschung über die wertbestimmenden Faktoren. Demgegenüber kommt dem Geschädigten in Fällen wie dem hier zur Entscheidung gestellten im Umfang der Laufleistung gerade der für die Wertbestimmung des Fahrzeugs maßgebliche Faktor zugute, der der Kaufpreiszahlung "kongruent" gegenübersteht. Entsprechend wirkt sich die Täuschung über die Stilllegungsgefahr, an die die Haftung nach § 826 BGB anknüpft, im Umfang des mit der tatsächlichen Nutzung verknüpften Vorteils nicht mehr vermögensmindernd aus.

22        Allerdings sind Nutzungsvorteile und der Restwert des Fahrzeugs auf den Anspruch auf kleinen Schadensersatz erst dann und nur insoweit schadensmindernd anzurechnen, als sie den tatsächlichen Wert des Fahrzeugs bei Abschluss des Kaufvertrags übersteigen. Die Behauptung des Klägers als richtig unterstellt, das Fahrzeug sei bei Vertragsschluss lediglich 10.399,20 € wert gewesen, käme eine Anrechnung folglich erst dann und nur in dem Umfang in Frage, in dem der Kläger höhere Vorteile gezogen hätte.

23        b) Ausgehend davon wird das Berufungsgericht zu beachten haben, dass - anders als bei der Ermittlung des Schadens als solchem - maßgeblicher Zeitpunkt für die Bewertung der anzurechnenden Vorteile - sofern der Schuldner nicht bereits vorher seine Ersatzpflicht erfüllt - grundsätzlich der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz, hier der letzten mündlichen Verhandlung nach Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht, ist (vgl. BGH, Urteil vom 25. Mai 2020 - VI ZR 252/19, BGHZ 225, 316 Rn. 57; vom 20. Juli 2021 - VI ZR 533/20, NJW 2021, 3594 Rn. 29 unter Verweis auf BGH, Urteile vom 12. Juli 1996 - V ZR 117/95, BGHZ 133, 246, 252 und vom 13. November 2012 - XI ZR 334/11, NJW 2013, 450 Rn. 23), wobei die Vorteilsanrechnung auch nicht auf den Zeitraum bis zu einem etwaigen Eintritt des Schuldner- oder Annahmeverzugs der Beklagten beschränkt ist (BGH, Urteil vom 30. Juli 2020 - VI ZR 354/19, BGHZ 226, 322 Rn. 14). Die Gesamtlaufleistung und der damit verknüpfte Nutzungsvorteil ist vom Tatrichter nach § 287 ZPO zu schätzen. Der Senat kann diese Schätzung nicht selbst vornehmen oder deren Ergebnis vorgeben (vgl. BGH, Urteil vom 1. Februar 2000 - X ZR 222/98, juris Rn. 17; vom 16. November 2021 - VI ZR 291/20, juris Rn. 12).

24        Sollte das Berufungsgericht weiterhin für die nach § 287 ZPO vorzunehmende Bemessung der anzurechnenden Vorteile bei der von ihm in anderem Zusammenhang herangezogenen Berechnungsformel (vgl. zur dieser Formel: BGH, Urteile vom 30. Juli 2020 - VI ZR 354/19, BGHZ 226, 332 Rn. 12 und - VI ZR 397/19, NJW 2020, 2806 Rn. 35), welche revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist (BGH, Urteile vom 30. Juli 2020 - VI ZR 354/19, aaO, Rn. 13 und - VI ZR 397/19, aaO, Rn. 36), bleiben, wird es zu beachten haben, dass diese Formel lautet: "Nutzungsvorteil gleich Bruttokaufpreis multipliziert mit der seit Erwerb gefahrenen Strecke geteilt durch die erwartete Restlaufleistung im Erwerbszeitpunkt", nicht wie von ihm angenommen geteilt durch die erwartete Gesamtlaufleistung. Unter Zugrundelegung der vom Berufungsgericht in den Raum gestellten, aber nicht festgestellten Zahlen wäre der Anspruch auf kleinen Schadensersatz, was aus Rechtsgründen grundsätzlich nicht zu beanstanden wäre (vgl. BGH, Urteil vom 30. Juli 2020 - VI ZR 354/19, aaO, Rn. 15), schon durch die als Vorteil gegenzurechnende Nutzungsentschädigung vollständig aufgezehrt.

25        3. Sollte das Berufungsgericht noch einen Zahlungsanspruch des Klägers ermitteln, wird es sich mit dem Einwand der Beklagten zu befassen haben, der Anspruch aus § 826 BGB sei verjährt (vgl. BGH, Urteil vom 17. Dezember 2020 - VI ZR 739/20, NJW 2021, 918 Rn. 17; vom 29. Juli 2021 - VI ZR 1118/20, NJW 2021, 3250 Rn. 18; vom 21. Dezember 2021 - VI ZR 212/20, zVb Rn. 14).

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