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Wirtschaftsrecht
18.07.2019
Wirtschaftsrecht
BGH: Designanmeldung – Schutzgegenstand im Fall der Beifügung einer Schwarz-Weiß-Fotografie zur Wiedergabe des Designs – Sportbrille

BGH, Beschluss vom 20.12.2018 – I ZB 26/18

Volltext: BB-ONLINE BBL2019-1666-2

 

Amtliche Leitsätze

a) Ist der Anmeldung eines Designs eine Schwarz-Weiß-Fotografie zur Wiedergabe des Designs mit einer Darstellung eines Farbkontrasts in Graustufen beigefügt, wird der daraus ersichtliche Hell-Dunkel-Kontrast unabhängig von einer konkreten Farbgebung zum Schutzgegenstand gemacht.

b) Ein Einzeldesign lässt keinen einheitlichen Schutzgegenstand erkennen und ist nichtig, wenn seiner Anmeldung Schwarz-Weiß-Fotografien beigefügt sind, in denen Farbkontraste einmal in einer Hell-Dunkel-Kombination, das andere Mal umgekehrt in einer Dunkel-Hell-Kombination dargestellt werden.

DesignG § 1 Nr. 1, § 12 Abs. 1 Satz 1, § 33 Abs. 1 Nr. 1, § 37 Abs. 1; DesignV §7 Abs. 1

Sachverhalt

    A. Für die Designinhaberin ist seit dem 23. Juli 2008 das am 28. Februar 2008 angemeldete Einzeldesign Nr. 40 2008 001 031-0001 eingetragen. Dafür sind fünf Abbildungen hinterlegt:

 

 

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Für das Design sind folgende Erzeugnisse angegeben: Blendschutzbrillen, Brillen, Brillenbügel, Brillengestelle, Brillengläser, Brillenscharniere, Brillenstege, Optische Artikel, Schutzbrillen, Sonnenbrillen. Der Anmeldung war eine Beschreibung zur Erläuterung der Wiedergabe einer "Spezialbrille für Skilangläufer und Biathleten" beigefügt. Darin heißt es unter anderem, die Brille bestehe aus einem zweiteiligen Rahmen, der mit einem verstellbaren Kopfband in seiner Position beim Tragen fixiert werde. Brille und Brillenband seien in verschiedenen Farbzusammenstellungen aufeinander abgestimmt. Dabei nehme ein innerer Rahmen über eine Gelenkanbindung einen äußeren Rahmen schwenkbar gelagert auf.

Die Antragstellerin hat am 20. Februar 2014 die Feststellung der Nichtigkeit dieses Designs mit der Begründung beantragt, ihm fehle die Schutzfähigkeit, weil es keinen einheitlichen Schutzgegenstand erkennen lasse.

Das Deutsche Patent- und Markenamt hat diesen Antrag zurückgewiesen. Die dagegen gerichtete Beschwerde der Antragstellerin hat das Bundespatentgericht zurückgewiesen (GRUR 2018, 730 = WRP 2018, 966).

Mit der (zugelassenen) Rechtsbeschwerde, deren Zurückweisung die Designinhaberin beantragt, verfolgt die Antragstellerin ihren Antrag auf Feststellung der Nichtigkeit des Designs weiter.

Aus den Gründen

6          B. Das Bundespatentgericht hat angenommen, dem angegriffenen Design fehle nicht die Designfähigkeit gemäß § 33 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 1 Nr. 1 DesignG. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Abbildungen des eingetragenen Designs stellten verschiedene Ansichten eines einheitlichen Erzeugnisses dar. Die unterschiedliche Farbgebung stehe dem nicht entgegen. Es werde Schutz für einen abstrakten Hell-Dunkel-Kontrast von zwei konkreten Grautönen beansprucht. Auch wenn man davon ausgehe, dass die hinterlegten Darstellungen nicht verschiedene Ansichten einer Skibrille sowie Teile hiervon, sondern in den Abbildungen 1 und 2 einerseits und in der Abbildung 3 andererseits zwei verschiedene Skibrillen sowie in den Abbildungen 4 und 5 selbständige, einem Designschutz zugängliche Rahmenteile einer Brille zeigten, könne dem angegriffenen Design die Designfähigkeit nicht abgesprochen werden. In diesem Fall müssten die übereinstimmenden Merkmale der unterschiedlichen Abbildungen als Schnittmenge definiert werden. Dies sei im Streitfall möglich. Die Abbildungen 1 bis 3 ließen eine Brille mit einem übereinstimmend geformten Brillenrahmen erkennen. Die Abbildungen 4 und 5 reduzierten die Schnittmenge nicht auf die Gestaltung von Außen- und Innenrahmen, da sie nur der Erläuterung des zweiteiligen Aufbaus des Brillenrahmens dienten.

7          C. Die zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet. Der Antrag auf Feststellung der Nichtigkeit des eingetragenen Designs nach § 33 Abs. 1 Nr. 1 DesignG ist zulässig; er kann nach § 34 Satz 1, § 34a Abs. 1 Satz 1 DesignG von jedermann beim Deutschen Patent- und Markenamt gestellt werden. Mit der vom Bundespatentgericht gegebenen Begründung kann der Antrag nicht zurückgewiesen werden.

8          I. Gemäß § 33 Abs. 1 Nr. 1 DesignG ist ein Design nichtig, wenn die Erscheinungsform des Erzeugnisses kein Design im Sinne des § 1 Nr. 1 DesignG ist. Nach § 1 Nr. 1 DesignG ist ein Design die zweidimensionale oder dreidimensionale Erscheinungsform eines ganzen Erzeugnisses oder eines Teils davon, die sich insbesondere aus den Merkmalen der Linien, Konturen, Farben, der Gestalt, Oberflächenstruktur oder der Werkstoffe des Erzeugnisses selbst oder seiner Verzierung ergibt. Nach § 37 Abs. 1 DesignG wird der Schutz für diejenigen Merkmale der Erscheinungsform eines eingetragenen Designs begründet, die in der Anmeldung sichtbar wiedergegeben sind. Die Anmeldung zur Eintragung eines Designs in das Register muss gemäß § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 DesignG eine zur Bekanntmachung geeignete Wiedergabe des Designs enthalten. Nach § 7 Abs. 1 DesignV erfolgt die Wiedergabe des Designs mit Hilfe von fotografischen oder sonstigen grafischen Darstellungen; pro Design sind bis zu zehn Darstellungen zulässig. Dabei darf eine Darstellung nach § 7 Abs. 3 Satz 3 DesignV nur eine Ansicht des Designs zeigen.

9          II. Die Beurteilung des Bundespatentgerichts, das eingetragene Design sei nicht nichtig, hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

10        1. Ein Design ist nichtig, wenn in der Anmeldung nicht die Erscheinungsform eines "Erzeugnisses" im Sinne von § 1 Nr. 1 DesignG, das heißt eines industriellen oder handwerklichen Gegenstands (§ 1 Nr. 2 DesignG), wiedergegeben wird, sondern beispielsweise ein Naturprodukt (vgl. Eichmann/v. Falckenstein/Kühne, DesignG, 5. Aufl., § 18 Rn. 2). Das ist hier nicht der Fall.

11        2. Ein Design ist ferner nichtig, wenn in der Anmeldung nicht die Erscheinungsform "eines" Erzeugnisses wiedergegeben wird, weil sich dann der Gegenstand des Designschutzes nicht bestimmen lässt. Die Rechtsbeschwerde wendet sich mit Erfolg gegen die Annahme des Bundespatentgerichts, die der Anmeldung beigefügten Darstellungen ließen ein einziges Erzeugnis erkennen.

12        a) Enthält wie im vorliegenden Fall eine Einzelanmeldung eines eingetragenen Designs mehrere Darstellungen des Designs, kann fraglich sein, ob die Anmeldung die Erscheinungsform "eines" Erzeugnisses wiedergibt. In derartigen Fällen ist der Schutzgegenstand durch Auslegung zu ermitteln (vgl. BGH, Urteil vom 8. März 2012 - I ZR 124/10, GRUR 2012, 1139 Rn. 30 = WRP 2012, 1540 - Weinkaraffe). Die Anmeldung eines Designs ist nicht nur eine Verfahrenshandlung, sondern auch eine Willenserklärung. Der Anmelder bringt damit sein Begehren zum Ausdruck, für die in der Anmeldung sichtbar wiedergegebene Erscheinungsform eines Erzeugnisses oder eines Teils davon Designschutz zu erlangen. Bei der Ermittlung des Willens des Anmelders im Wege der Auslegung muss auf den Empfängerhorizont der Fachkreise des betreffenden Sektors abgestellt werden. Denn bei der Auslegung muss das Interesse des Verkehrs berücksichtigt werden, klar erkennen zu können, wofür der Anmelder Schutz beansprucht (BGH, GRUR 2012, 1139 Rn. 23 - Weinkaraffe). Als Auslegungshilfe kann insbesondere die fakultative Beschreibung (§ 11 Abs. 5 Nr. 1 DesignG) herangezogen werden, die bestimmungsgemäß der Erläuterung der Wiedergabe dient. Aber auch die obligatorische Angabe der Erzeugnisse, in die das Design aufgenommen oder bei denen es verwendet werden soll (§ 11 Abs. 3 DesignG), und das fakultative Verzeichnis mit der Warenklasse oder den Warenklassen, in die das Design einzuordnen ist (§ 11 Abs. 5 Nr. 3 DesignG), kommen als Auslegungsmittel in Betracht (BGH, GRUR 2012, 1139 Rn. 24 f. - Weinkaraffe).

13        b) Das Bundespatentgericht hat diese Grundsätze seiner Beurteilung zugrunde gelegt. Es ist aufgrund einer Auslegung der Darstellungen des Designs zu dem Ergebnis gelangt, der Anmeldung könne die Erscheinungsform "eines" Erzeugnisses, nämlich einer Skibrille entnommen werden. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

14        aa) Das Bundespatentgericht hat angenommen, das angegriffene Design sei bereits deshalb designfähig, weil die als Wiedergabe hinterlegten fünf Abbildungen weder in sich widersprüchlich seien noch miteinander unvereinbare Unterschiede aufwiesen und daher nicht verschiedene Brillen oder Brillenteile, sondern verschiedene Ansichten oder Teile derselben Sportbrille zeigten. Auch wenn man davon ausgehe, dass die hinterlegten Darstellungen nicht verschiedene Ansichten einer Skibrille sowie Teile hiervon, sondern zwei verschiedene Skibrillen sowie selbständige, einem Designschutz zugängliche Rahmenteile einer Brille zeigten, könne dem angegriffenen Design die Designfähigkeit nicht abgesprochen werden. In diesem Fall könne der Schutzgegenstand des Designs unter Außerachtlassung der Abweichungen in den Darstellungen als die Schnittmenge der allen Abbildungen gemeinsamen Merkmale definiert werden.

15        bb) Das Bundespatentgericht ist damit auf zwei Wegen jeweils aufgrund einer Auslegung der Darstellungen zu demselben Ergebnis gelangt, dass die fünf Darstellungen eine einzige, durch näher bezeichnete Merkmale der Erscheinungsform bestimmte Grundform einer Skibrille zeigen. Dabei hat es der Sache nach jeweils entscheidend auf die übereinstimmenden Merkmale der in den fünf Darstellungen wiedergegebenen Skibrillen oder Skibrillenteile abgestellt und damit auf beiden Wegen aufgrund der in sämtlichen Darstellungen vorhandenen Merkmale der Erscheinungsform die Grundform einer Skibrille ermittelt.

16        c) Die Auslegung der Anmeldung eines Designs obliegt im Wesentlichen dem Tatrichter. In der Rechtsbeschwerdeinstanz ist nur zu prüfen, ob der Tatrichter einen zutreffenden Rechtsbegriff zugrunde gelegt, nicht gegen Erfahrungssätze oder Denkgesetze verstoßen und wesentliche Umstände nicht unberücksichtigt gelassen hat (vgl. BGH, GRUR 2012, 1139 Rn. 27 - Weinkaraffe). Die Beurteilung des Bundespatentgerichts hält einer solchen Nachprüfung nicht stand.

17        aa) Die Rechtsbeschwerde wendet sich allerdings ohne Erfolg gegen den Ausgangspunkt der Beurteilung des Bundespatentgerichts, Schutzgegenstand könne eine Skibrille mit einer aus den hinterlegten Schwarz-Weiß-Fotografien ersichtlichen abgestuften Tönung des Brillenrahmens und des Brillenbands sein.

18        (1) Der Anmelder hat es in der Hand, durch die Wahl der Wiedergabemittel den Umfang des Schutzes des Designs zu bestimmen. So führen abstrahierende Wiedergabemittel zu einem breiteren Schutz. Wird eine Strichzeichnung hinterlegt, wird hierdurch ein Gegenstand mit bestimmten Konturen geschützt. In diesem Fall wird von den Farben des Gegenstands abstrahiert (Ruhl, GRUR 2010, 289, 297). Ein weiteres, zu einem breiteren Schutz führendes Abstrahierungsmittel ist die Anmeldung einer Grundform ohne marktübliche Applikationen. Einen vergleichbaren Effekt kann die Wahl einer Schwarz-Weiß-Fotografie statt einer Fotografie mit konkreten Farben haben (Kühne in Eichmann/v. Falckenstein/Kühne, DesignG, 5. Aufl., § 11 Rn. 28). Der Schutzumfang ist dann allerdings enger als bei der Wiedergabe einer Strichzeichnung, weil Schwarz-Weiß-Fotografien Grautöne mit unterschiedlicher Abstufung aufweisen. Schutzgegenstand ist bei diesen Eintragungen eine den Grauwerten entsprechende abgestufte Tönung, nicht jedoch eine Kombination beliebiger Farben (Eichmann in Eichmann/v. Falckenstein/Kühne aaO § 38 Rn. 45).

19        Wird der Anmeldung eines Designs - wie hier - eine Schwarz-Weiß-Fotografie zur Wiedergabe des Designs beigefügt, in der ein Farbkontrast in Graustufen dargestellt wird, wird deshalb grundsätzlich der daraus ersichtliche Hell-Dunkel-Kontrast unabhängig von einer konkreten Farbgebung zum Schutzgegenstand gemacht.

20        (2) Die Rechtsbeschwerde beruft sich für ihre abweichende Ansicht ohne Erfolg auf das Merkblatt für Designanmelder des Deutschen Patent- und Markenamts. Dieses Merkblatt enthält Erläuterungen zu den Anforderungen an die Wiedergabe des Designs. Dem Anmelder werden darin unter IV 3 a (2) Farbabbildungen empfohlen, wenn eine bestimmte Farbgestaltung des Designs geschützt werden soll. Weiter heißt es dort, dass verschiedene Farbgestaltungen eines Designs nur als eigenständiges Design geschützt werden können. Auf dieses Merkblatt kommt es im Streitfall nicht an. Die Designinhaberin hat gerade keine farbige Wiedergabe, sondern eine Wiedergabe in Schwarz-Weiß gewählt.

21        (3) Der Auslegung des Bundespatentgerichts, dass aus Schwarz-Weiß-Fotografien ersichtliche Hell-Dunkel-Kontraste, unabhängig von konkreten Farbkombinationen, Schutzgegenstand eines Einzeldesigns sein können, stehen die Grundsätze der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit nicht entgegen.

22        Durch die Abbildung von Schwarz-Weiß-Zeichnungen erlangt der Anmelder durch eine einzige Anmeldung einen weiten Design-Schutz für die Form eines Gegenstands gänzlich unabhängig von der Farbgebung. Allerdings gilt etwas anderes, wenn gegenüber der in Schwarz-Weiß gehaltenen graphischen Darstellung des Designs, durch die eine einheitliche Farbgebung beansprucht wird, beim angegriffenen Muster Kontrastfarben Verwendung finden. Eine kontrastierende Farbgebung kann im Verletzungsverfahren die Beurteilung rechtfertigen, dass bei den angegriffenen Designs ein gegenüber dem in Schwarz-Weiß dargestellten Klagemuster abweichender Gesamteindruck erzielt wird (vgl. BGH, Urteil vom 24. März 2011 - I ZR 211/08, GRUR 2011, 1112 Rn. 52 = WRP 2011, 1621 - Schreibgeräte). Wählt der Anmelder demgegenüber eine Abbildung in einer bestimmten Farbe, ist der Schutzbereich grundsätzlich enger. Durch Schwarz-Weiß-Darstellungen ist eine farbunabhängige Abstraktion eines Designs innerhalb eines einzigen Schutzrechts möglich. Der Anmelder muss deshalb nicht Anmeldungen in jeder erdenklichen Farbe vornehmen, um einen farbunabhängigen Schutz der Erscheinungsform eines Erzeugnisses zu erreichen.

23        Es sind demgegenüber keine Gründe dafür ersichtlich, den Anmelder, der eine Abstraktion von Farbkontrasten durch Abbildungen in bestimmten Grauabstufungen in den Abbildungen vornimmt und damit den begehrten Schutz auf bestimmte Farbkontraste beschränkt, auf eine Sammelanmeldung oder eine Mehrzahl von Einzelanmeldungen zu verweisen.

24        bb) Die Rechtsbeschwerde macht ohne Erfolg geltend, die Abbildungen 4 und 5 seien mit der in den Abbildungen 1 bis 3 dargestellten Brille nicht in Einklang zu bringen.

25        (1) Das Bundespatentgericht hat in den Abbildungen 4 und 5 Detailabbildungen der Abbildungen 1 bis 3 gesehen und dies eingehend begründet. Es hat die Begründung der Entscheidung der Designabteilung des Deutschen Patent- und Markenamts gebilligt, die auf die nachstehend eingeblendete Skizze Bezug genommen hat:

 

 

 

 

 

 

 

   

 

26        Diese Skizze stützt die Annahme, dass die Abbildungen 4 und 5 Teile der in den Abbildungen 1 bis 3 wiedergegebenen Skibrille zeigen und nicht eine andere Skibrille. Soweit die Rechtsbeschwerde beanstandet, die in den verschiedenen Abbildungen gezeigten Skibrillen oder Elemente von Skibrillen wiesen unterschiedliche Proportionen auf, es könne sich nicht um dieselbe Skibrille handeln, ersetzt sie in einer im Rechtsbeschwerdeverfahren unzulässigen Weise die tatrichterliche Beurteilung des Bundespatentgerichts durch ihre eigene, ohne dabei einen Rechtsfehler aufzuzeigen.

27        (2) Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde hat das Bundespatentgericht berücksichtigt, dass die Abbildungen 4 und 5 auch Merkmale zeigen, die an dem Gesamterzeugnis in vollständig montiertem Zustand nicht sichtbar sind. Es hat angenommen, der Fachverkehr werde in den Abbildungen 4 und 5 den Aufbau der Skibrille erläuternde Darstellungen des Innen- und Außenrahmens der in den Abbildungen 1 bis 3 dargestellten Skibrille erkennen. Für die nur in diesen Darstellungen erkennbaren Elemente könne kein Designschutz beansprucht werden. Hierfür habe nach dem Willen der Designinhaberin auch kein Schutz beansprucht werden sollen.

28        Diese Beurteilung erweist sich nicht als widersprüchlich. Die Rechtsbeschwerde macht vergeblich geltend, aus den Detailabbildungen in den Abbildungen 4 und 5, der der Anmeldung beigefügten Beschreibung und der Erzeugnisangabe, die auch Teile von Brillen nenne, ergebe sich, dass die Designinhaberin nicht nur für die gesamte Skibrille, sondern auch für das nicht sichtbare Innere des Gelenks Schutz beanspruchen wolle. Für die Auslegung der Anmeldung ist auf die Fachkreise des betreffenden Sektors abzustellen (BGH, GRUR 2012, 1139 Rn. 23 - Weinkaraffe). Nach den Feststellungen des Bundespatentgerichts erkennen diese Fachkreise, dass mit den Abbildungen 4 und 5 lediglich der Aufbau der Skibrille beschrieben, nicht jedoch Schutz für einen technischen Mechanismus beansprucht wird. Die Rechtsbeschwerde versucht lediglich in unzulässiger Weise, ihre Beurteilung an die Stelle derjenigen des Bundespatentgerichts zu setzen.

29        cc) Die Rechtsbeschwerde wendet sich jedoch mit Erfolg gegen die Beurteilung des Bundespatentgerichts, Schutzgegenstand des angegriffenen Designs sei die Gestaltung der Form einer Skibrille in verschiedenen Farbzusammenstellungen; dabei handele es sich um die Erscheinungsform "eines" Erzeugnisses.

30        (1) Das Bundespatentgericht hat festgestellt, dass im Streitfall die mit der Anmeldung eingereichten Abbildungen mehrere miteinander unvereinbare Merkmale der Erscheinungsform des abgebildeten Erzeugnisses erkennen lassen. Brillenband und Brillenrahmen weisen in den Abbildungen 1 und 2 einerseits und in der Abbildung 3 andererseits nicht denselben Farbkontrast auf. Während Brillenband und Brillenrahmen in den Abbildungen 1 und 2 oben dunkel und unten hell wiedergegeben sind, wird der Farbkontrast in Abbildung 3 umgekehrt dargestellt. Außerdem unterscheiden sich in den Abbildungen 1, 2 und 3 die Dekorflächen über den Brillengläsern in Form, Farbe, Kontrastierung und Größe voneinander.

31        (2) Das Bundespatentgericht hat es als ausreichend angesehen, dass sich aus den Darstellungen des Designs durch Bildung einer Schnittmenge der übereinstimmenden Merkmale der Erscheinungsform die Grundform eines Erzeugnisses, nämlich einer Skibrille gewinnen lässt. Es hat dabei die Rechtsprechung des Senats zugrunde gelegt, nach der die Auslegung einer Anmeldung zu dem Ergebnis führen kann, dass Abweichungen der Darstellungen bei der Bestimmung des Schutzgegenstands außer Betracht bleiben müssen und der Schutzgegenstand gleichsam aus der Schnittmenge der allen Darstellungen gemeinsamen Merkmale besteht (BGH, Urteil vom 15. Februar 2001 - I ZR 333/98, GRUR 2001, 503, 505 [juris Rn. 37] = WRP 2001, 946 - Sitz-Liegemöbel; BGH, GRUR 2012, 1139 Rn. 31 - Weinkaraffe). An dieser Rechtsprechung kann jedoch für Fallgestaltungen nicht festgehalten werden, bei denen - wie im Falle der Entscheidung "Sitz-Liegemöbel" und im Streitfall - mehrere Darstellungen eines im Wege der Einzelanmeldung angemeldeten Designs verschiedene Ausführungsformen eines Erzeugnisses mit unterschiedlichen Merkmalen der Erscheinungsform dieses Erzeugnisses zeigen.

32        (3) Ein im Wege der Einzelanmeldung angemeldetes Design lässt nicht die Erscheinungsform "eines" Erzeugnisses im Sinne von § 1 Nr. 1 DesignG erkennen und ist deshalb nach § 33 Abs. 1 Nr. 1 DesignG nichtig, wenn seiner Anmeldung mehrere Darstellungen der Ausführungsform eines Erzeugnisses beigefügt sind, die unterschiedliche Merkmale der Erscheinungsform dieses Erzeugnisses zeigen. In einem solchen Fall kann es zwar möglich sein, die miteinander unvereinbaren Merkmale der Darstellungen bei der Bestimmung des Schutzgegenstands außer Betracht zu lassen. Ein auf diese Weise aus der Schnittmenge der allen Darstellungen gemeinsamen Merkmale im Wege der Abstraktion gebildeter Schutzgegenstand ist aber in der Anmeldung nicht sichtbar wiedergegeben, sondern existiert allein in der Vorstellung des Betrachters. Gegenstand des Designschutzes können jedoch allein die in der Anmeldung sichtbar wiedergegebenen Merkmale der Erscheinungsform eines Erzeugnisses sein (§ 37 Abs. 1 DesignG) und nicht die lediglich in der Vorstellung des Betrachters existierenden Merkmale der Erscheinungsform eines Erzeugnisses.

33        Darüber hinaus müssen Dritte und insbesondere Mitbewerber nach dem Grundsatz der Registerklarheit aus Gründen der Rechtssicherheit aus der Darstellung oder den Darstellungen des Designs im Register unmittelbar und eindeutig ersehen können, wofür der Anmelder Schutz beansprucht (vgl. BGH, GRUR 2012, 1139 Rn. 23 - Weinkaraffe). Auch diesem Gebot ist nicht genügt, wenn der vom Anmelder beanspruchte Schutzgegenstand in mehreren gedanklichen Schritten aus den Darstellungen im Register erschlossen werden muss.

34        Die in § 7 Abs. 1 Satz 2 DesignV vorgesehene Möglichkeit, pro Design bis zu zehn Darstellungen mit unterschiedlichen Ansichten vorzulegen, dient dem Zweck, den Gegenstand des Schutzes durch Wiedergabe des Designs aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu verdeutlichen; sie dient dagegen nicht dem Zweck, unterschiedliche Ausführungsformen eines Erzeugnisses in einer Einzelanmeldung zusammenzufassen. Für die Zusammenfassung unterschiedlicher Ausführungsformen eines Erzeugnisses bietet vielmehr § 12 Abs. 1 Satz 1 DesignG die Möglichkeit einer Sammelanmeldung mehrerer Designs. Mit einer solchen Sammelanmeldung können - bei gegenüber einer Vielzahl von Einzelanmeldungen deutlichen Gebührenvorteilen - gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 DesignG bis zu 100 Designs auf einmal angemeldet werden.

35        (4) Danach kann der Antrag auf Feststellung der Nichtigkeit des Designs mit der vom Bundespatentgericht gegebenen Begründung nicht zurückgewiesen werden. Ein Einzeldesign lässt keinen einheitlichen Schutzgegenstand erkennen und ist nichtig, wenn seiner Anmeldung Schwarz-Weiß-Fotografien beigefügt sind, in denen Farbkontraste einmal in einer Hell-Dunkel-Kombination, das andere Mal umgekehrt in einer Dunkel-Hell-Kombination dargestellt werden. Unterschiedliche Farbkontrastierungen können nicht durch ein einziges Design geschützt werden. Im Streitfall lassen sich die Gemeinsamkeiten in den Abbildungen nur dadurch herausarbeiten, dass im Hinblick auf den Farbkontrast des Brillenbands abstrahiert wird. Außerdem müssen die Unterschiede bei den Dekorflächen über den Brillengläsern in Form, Farbe, Kontrastierung und Größe außer Betracht bleiben, um ein gedachtes, aber nicht konkret abgebildeten Erzeugnis zu ermitteln. Eine derartige Betrachtung ist bei der Ermittlung des Schutzgegenstands unzulässig.

36        D. Danach kann die Entscheidung des Bundespatentgerichts keinen Bestand haben. Da dem Senat eine eigene Sachentscheidung verwehrt ist (§ 23 Abs. 5 DesignG in Verbindung mit § 108 Abs. 1 PatG), ist die Sache an das Bundespatentgericht zurückzuverweisen.

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