OLG Frankfurt a. M.: Darlehen – kein Widerrufsrecht mangels Verbrauchereigenschaft
OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 3.5.2016 – 10 U 152/15
Amtliche Leitsätze
1. Der Unternehmer, der sich für das konkrete Rechtsgeschäft auf die Schutzvorschriften des Verbraucherrechts beruft, genügt seiner Darlegungslast nicht, sofern er nur zu der inneren Tatsache des mit dem Rechtsgeschäft subjektiv verfolgten Zwecks ausführt.
2. Eines gesonderten Hinweises des Berufungsgerichts bedarf es nicht, wenn der tragende Gesichtspunkt zwar nicht Gegenstand des erstinstanzlichen Urteils, aber Gegenstand der Erörterung in der dortigen mündlichen Verhandlung gewesen ist und die Partei Gelegenheit gehabt hat, sich gemäß der ihr nach § 138 Abs. 1 ZPO obliegenden Pflicht vollständig zu erklären.
BGB § 495, BGB § 355, BGB § 13, ZPO § 139, ZPO § 138
Sachverhalt
I.
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Rückzahlung der Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe von 19.465,10 EUR zzgl. Zinsen.
Seit dem Jahr 1998 betreibt der Kläger eine Immobilienverwaltung. Auch hat er ein umfangreiches Immobilienvermögen. Für die insoweit anfallenden Bürotätigkeiten beschäftigt er einen Mitarbeiter.
Im Jahr 2008 wollte der Kläger seine Geschäftsbeziehung zu der Rechtsvorgängerin der Beklagten (im Folgenden ebenfalls: Beklagte) ausbauen und skizzierte gegenüber ihrem Mitarbeiter A seine unternehmerische Zielsetzung. Am 13.12.2008 schloss der Kläger mit der Beklagten den verfahrensgegenständlichen "Kreditvertrag" (Anlage K1, Bl.13 ff d.A.) über 400.000,00 EUR mit einer Zinsbindungsfrist bis zum 30.11.2013 zur "Baufinanzierung" betreffend die Liegenschaft ...straße ... in Stadt1 ab. Das Darlehen wurde mit Grundschulden auf dem finanzierten Objekt sowie auf zwei weiteren Liegenschaften gesichert. Zeitgleich nahm er bei der Beklagten zwei weitere Darlehen zur Finanzierung zweier weiterer Objekte auf. Auch beabsichtigte er, im Jahr 2009 weitere Immobiliengeschäfte in Höhe von 4,8 Mio. EUR zu finanzieren.
Am 05.01.2010 führte der Kläger mit der Beklagten ein Gespräch über sein finanzielles Engagement; er wollte unattraktive Vermögensgegenstände abstoßen.
Im Sommer 2011 veräußerte der Kläger die Beleihungsobjekte, darunter die mit dem verfahrensgegenständlichen Kreditvertrag finanzierte Liegenschaft in Stadt1. Zu diesem Kreditvertrag gibt es eine Forderungsabrechnung der Beklagten vom 19.07.2011 (Anlage K2, Bl.18 d.A.) zum Rückzahlungstermin am 31.07.2011. Danach betrug der von dem Kläger zu zahlende Endbetrag 388.482,06 EUR. Diese Summe umfasste auch die mit der Klage geltend gemachte Vorfälligkeitsentschädigung und ein Bearbeitungsentgelt. Dementsprechend führte der Kläger diesen Kredit und in diesem Zusammenhang auch die zwei anderen Darlehen vorzeitig zurück.
Mit Anwaltsschreiben vom 25.11.2014 (Anlage K3, Bl.20 ff d.A.) widerrief der Kläger gegenüber der Beklagten seine Willenserklärung, die zum Abschluss des verfahrensgegenständlichen Kreditvertrages geführt hatte.
Der Kläger hat behauptet, er habe insoweit als Verbraucher gehandelt, da er bei Abschluss des Kreditvertrages im Dezember 2008 das Objekt in Stadt1 zur langfristigen Pflege seines privaten Vermögens habe erworben wollen.
Auf die diesbezügliche Erörterung des Landgerichts in der mündlichen Verhandlung vom 26.06.2015 (Bl.103 f d.A.) hat der Kläger vorgetragen, dass er zwar mitunter auch als Unternehmer gehandelt habe, der Zweck des hiesigen Kreditvertrags sei aber ein verbraucherrechtlicher gewesen, da das genannte Objekt jedenfalls damals auch für seine Altersvorsorge gedacht gewesen sei, was der über ihn zu ladende Zeuge B bestätigen könne.
Mit Teilanerkenntnis- und Schlussurteil vom 17.07.2015 (Bl.110 ff d.A.) hat das Landgericht die Beklagte aufgrund ihres teilweise erklärten Anerkenntnisses verurteilt, an den Kläger das Bearbeitungsentgelt von 300,00 EUR zurückzuzahlen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Wegen des Sach- und Streitstandes in erster Instanz, der vom Landgericht festgestellten Tatsachen und der Entscheidungsgründe wird auf dieses Urteil Bezug genommen.
Gegen das Urteil wendet sich der Kläger mit der Berufung, mit der er sein erstinstanzliches Vorbringen im Wesentlichen weiterverfolgt. Wegen der Einzelheiten des Vorbringens beider Parteien in der Berufungsinstanz wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze verwiesen.
Der Kläger beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Frankfurt am Main vom 17.07.2015 die Beklagte zu verurteilen, an ihn weitere 19.465,10 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 31.07.2011 zu zahlen.
Die Beklagte, die das angefochtene Urteil verteidigt, beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Aus den Gründen
II.
Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.
In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg.
Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Rückgewähr der Vorfälligkeitsentschädigung weder aus § 495 i.V.m. §§ 355, 357, 346 Abs.1 BGB noch aus anderen rechtlichen Gesichtspunkten. Mangels einer Hauptforderung steht ihm auch kein Zinsanspruch zu.
Seine Willenserklärung, die zum Abschluss des verfahrensgegenständlichen Kreditvertrages geführt hatte, hat der Kläger nicht wirksam widerrufen können. Denn ihm stand gemäß § 495 BGB kein Widerrufsrecht nach § 355 BGB zu, weil er weder schlüssig dargelegt noch bewiesen hat, dass er im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses insoweit als Verbraucher gemäß § 13 BGB gehandelt hatte.
Nach den allgemeinen prozessualen Grundsätzen trägt im Zivilverfahren derjenige die Darlegungs- und Beweislast, der sich auf den Schutz einer ihm günstigen Rechtsnorm beruft. Deshalb muss grundsätzlich derjenige, der sich auf seine Verbrauchereigenschaft beruft, darlegen und beweisen, dass er das Rechtsgeschäft zu einem Zweck abgeschlossen hat, der weder seiner gewerblichen noch seiner selbständigen beruflichen Tätigkeit zugeordnet werden kann (so die Legaldefinition des Verbrauchers in § 13 BGB), sondern dass er mit dem Geschäft objektiv einen privaten Zweck verfolgt hat. Bleiben Zweifel, sind die Schutzvorschriften des Verbraucherrechts nicht anzuwenden (vgl. BGH, Urteil vom 11.07.2007, Az.: VIII ZR 110/06). Über die Zuordnung zum privaten oder unternehmerischen Bereich entscheidet nicht der innere Wille des Handelnden, sondern die objektiv zu bestimmende Zweckrichtung seines Verhaltens, insoweit erforderlichenfalls die Begleitumstände einzubeziehen sind (vgl. dazu BGH, Urteil vom 15.11.2007, Az.: III ZR 295/06).
Vorweg ist festzustellen, dass das Landgericht mit der diesbezüglichen Erörterung in der dortigen mündlichen Verhandlung seiner Hinweispflicht gemäß § 139 ZPO genügt hat. Ausweislich der Sitzungsniederschrift hat der Kläger Gelegenheit gehabt, sich gemäß der ihm nach § 138 Abs.1 ZPO obliegenden Pflicht vollständig zu erklären. So hat er eine Schriftsatzfrist nach § 139 Abs.5 ZPO nicht beantragt. Obwohl ein wiederholter Hinweis nicht geboten gewesen ist - zumal der Kläger ausweislich der Berufungsbegründungsschrift diesen Gesichtspunkt nach wie vor für entscheidungserheblich gehalten hat -, ist dieser in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat nochmals erörtert worden.
Im hiesigen Fall verhandelte der Kläger im Jahr 2008 unstreitig als Unternehmer mit der Beklagten über die Finanzierung von Anlageobjekten. Sodann finanzierte er jedenfalls zwei Objekte im Rahmen seiner selbständigen beruflichen Immobilientätigkeit. Da er zeitgleich im Dezember 2008 auch den verfahrensgegenständlichen Kreditvertrag abschloss, stellte es sich zum damaligen Zeitpunkt objektiv so dar, dass er auch insoweit in Verfolgung seiner unternehmerischen Tätigkeit handelte - zumal der Kredit nicht alleine über das finanzierte Objekt in Stadt1, sondern über zwei weitere Liegenschaften gesichert wurde und damit nicht als singuläres Geschäft, sondern als in seine Immobilientätigkeit eingewoben erscheint.
Der Zeuge B war nicht zu vernehmen, weil der Kläger ihn nur zum Beweis für die innere Tatsache benannt hat, er (der Kläger) habe damals das genannte Objekt, das er zweieinhalb Jahre später veräußert hat, für seine Altersvorsorge verwenden wollen. Wie oben ausgeführt, entscheidet aber nicht der innere Wille des Handelnden über die Zuordnung zum privaten Bereich. Dass und wie die Beklagte von diesem von dem Kläger etwaig verfolgten Zweck Kenntnis erlangt gehabt haben soll, hat er nicht dargelegt.
Bereits mangels Verbrauchereigenschaft war die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger hat die Kosten seines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels gemäß § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
Die Revision ist gemäß § 543 ZPO nicht zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.