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Wirtschaftsrecht
30.04.2014
Wirtschaftsrecht
OLG Frankfurt a. M.: Darlegungslast des Insolvenzverwalters für Unzumutbarkeit der Prozessfinanzierung

OLG Frankfurt, Beschluss vom 31.3.2014 - 19 W 15/14


Amtliche Leitsätze


1. Die Darlegungslast dafür, dass den Gläubigern eine Prozessfinanzierung nicht zuzumuten ist (§ 116 Abs. 1 Nr. 1 ZPO), trägt der Insolvenzverwalter.


2. Dementsprechend wird die für den Prozesserfolg zu prognostizierende Quotenverbesserung der Gläubiger nicht dadurch verringert, dass der Insolvenzverwalter zur Tabelle angemeldete Forderungen bestritten oder noch nicht geprüft hat.


§ 116 Abs 1 Nr 1 ZPO


Aus den Gründen


Die sofortige Beschwerde des Antragstellers ist nicht begründet. Zu Recht hat das Landgericht dem Antragsteller die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die beabsichtigte Klage verweigert. Denn der Antragsteller hat nicht dargelegt, dass es den am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich beteiligten Gläubigern nicht zuzumuten ist, die Kosten des Rechtsstreits aufzubringen (§ 116 S. 1 Nr. 1 HS 1 ZPO).


Den am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich beteiligten Gläubigern sind Vorschüsse auf die Prozesskosten zuzumuten, wenn sie - die Gläubiger - die erforderlichen Mittel unschwer aufbringen können und der zu erwartende Nutzen für sie bei vernünftiger, auch das Eigeninteresse sowie das Prozesskostenrisiko angemessen berücksichtigender Betrachtungsweise bei einem Erfolg der Rechtsverfolgung deutlich größer sein wird als die von ihnen als Vorschuss aufzubringenden Kosten. Die Frage der Zumutbarkeit ist auf der Grundlage einer wertenden Abwägung aller Umstände zu entscheiden, bei der insbesondere die zu erwartende Verbesserung der Quote im Fall des Obsiegens des Verwalters, das Prozess- und das Vollstreckungsrisiko sowie die Gläubigerstruktur zu berücksichtigen sind (BGH, Beschl. v. 03.05.2012, V ZB 138/11, Rn. 8 m.w.N., juris).


Die Darlegungslast für die Voraussetzungen der Bewilligung von Prozesskostenhilfe trägt der Insolvenzverwalter. Er hat auch die Umstände darzulegen, derentwegen den Gläubigern eine Prozessfinanzierung nicht zumutbar ist (BGH, a.a.O., Rn. 19; BGH, Beschl. v. 04.12.2012, II ZA 3/12, Rn. 3, juris). Das folgt aus dem Grundsatz, dass jede Partei ihre Aufwendungen für die Prozessführung grundsätzlich selbst zu tragen hat und Prozesskostenhilfe nur erhält, wenn sie die dafür geltenden besonderen Voraussetzungen darlegt und auf Verlangen des Gerichts glaubhaft macht. Das gilt auch für die Voraussetzung der Unzumutbarkeit der Kostenaufbringung für die am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich beteiligten Gläubiger (BGH a.a.O.).


Gemessen an diesen Grundsätzen ist das Landgericht zu Recht davon ausgegangen, dass den am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich beteiligten Gläubigern die Prozessfinanzierung zuzumuten ist. Die Gerichts- und Anwaltskosten für die beabsichtigte Klage wegen einer Hauptforderung von 104.630,-- EUR belaufen sich auf rund 7.500,-- EUR. Dieser Betrag entspricht etwa 5 % der festgestellten Forderungen von insgesamt etwa 146.000,-- EUR. Unterbleibt die Prozessführung, können die Insolvenzgläubiger nicht damit rechnen, auf ihre Forderungen eine Quote zu erhalten. Im Falle des Prozesserfolges liegt die Quote, die die Gläubiger für die angemeldeten und festgestellten Forderungen erhalten, deutlich über 50 %. Bei der zu erwartenden Quotenverbesserung hat das Landgericht zu Recht die vom Antragsteller bestrittenen und die von ihm noch nicht geprüften Forderungen außer Betracht gelassen. Denn der Antragsteller hat nicht dargelegt, ob mit einer Bedienung der bestrittenen Forderungen oder der noch nicht geprüften Forderungen ernsthaft gerechnet werden muss (BGH, Beschl. v. 04.12.2012, II ZA 3/12, Rn. 9, juris).


Das Bestehen eines Prozessrisikos für die Klageforderung hat der Antragsteller ausdrücklich verneint. Mit Blick auf die Höhe der Klageforderung und den Umstand, dass Klagegegner insgesamt sieben Personen - Mitglieder des Vorstandes und des Aufsichtsrates - sind, ist ein für die Frage der Zumutbarkeit der Prozessfinanzierung relevantes Vollstreckungsrisiko nicht erkennbar.


Schließlich stehen auch Besonderheiten der Gläubigerstruktur einer Finanzierung des Prozesses durch die Gläubiger nicht entgegen. Nimmt man Kleingläubiger - etwa solche mit Forderungen von weniger als 1.000,-- EUR -, die Bundesanstalt für Arbeit sowie den Gläubiger der unter lfd. Nr. 19 angemeldeten Forderung, der zugleich der Antragsgegner Nr. 1 ist und dem die Finanzierung des gegen ihn geführten Rechtsstreits nicht zumutbar sein dürfte, von der Vorschusspflicht aus, verbleiben eine Anzahl von Unternehmen und Gewerbetreibenden als Gläubiger, deren Leistungsfähigkeit für die jeweils anteilige Finanzierung der Prozesskosten von insgesamt rund 7.500,-- EUR nicht in Zweifel gezogen werden kann.


Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet (§ 127 Abs. 4 ZPO). Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor, da die Rechtsfragen, die sich im Zusammenhang mit dieser Entscheidung stellen, durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs beantwortet sind.

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