OLG Köln: Counter-Notification
OLG Köln, Urteil vom 28.2.2025 – 6 U 107/24
Volltext: BB-Online BBL2025-770-3
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Amtliche Leitsätze
1. Ein Gesellschafter ist, ohne Hinzutreten weiterer Umstände, grundsätzlich nicht für von seiner Gesellschaft auf YouTube hochgeladene Videos verantwortlich.
2. Dies gilt auch dann, wenn er für seine Gesellschaft eine sog. „Counter-Notification“ an YouTube verfasst hat und in diesem Zusammenhang sich als Empfangsbevollmächtigten bezeichnet hat.
§ 97 UrhG
Sachverhalt
I.
Die Antragstellerin begehrt in diesem und dem weiteren beim Senat anhängigen Verfahren 6 U 108/24 (= 14 O 235/24 LG Köln) die Unterlassung der öffentlichen Zugänglichmachung von Videos auf YouTube durch den Antragsgegner, hinsichtlich derer die Antragstellerin behauptet, Inhaberin von Nutzungsrechten zu sein bzw. in gewillkürter Prozessstandschaft für die Rechteinhaberin vorzugehen. Im Streitfall geht es um die Nutzung von Passagen aus einem Fernsehbeitrag über eine Zeremonie der Pay-TV-Plattform „S.“. Auszüge dieser Produktion, namentlich aus der Zeitsequenz von Minute 0:44 bis Minute 1:00, wurden auf einem Kanal, den die Antragstellerin dem Antragsgegner zuordnet, auf der Plattform YouTube öffentlich zugänglich gemacht.
Das Landgericht hat den mit Antragsschrift vom 11.07.2024 (Bl. 1 ff. LGA) gestellten Antrag, konkretisiert durch Schriftsatz vom 15.08.2024 (Bl. 123 ff. LGA),
den Antragsgegner zu verurteilen, es bei Meidung von Ordnungsgeld bis 250.000,00 EUR ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu unterlassen,
die auf der Internet-Plattform YouTube unter dem Link [entfernt] (s. Anlage AST 5 gemäß dem als Anlage zum Tenor verbundenen USB-Stick) aufrufbare Videoproduktion im Ganzen oder in Teilen unerlaubt öffentlich zugänglich zu machen und/oder unerlaubt öffentlich zugänglich machen zu lassen, wie geschehen durch die öffentliche Zugänglichmachung auf der Plattform YouTube unter dem Link [entfernt] (s. Anlage AST 6 gemäß dem als Anlage zum Tenor verbundenen USB-Stick)
nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit dem angefochtenen Urteil zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass jedenfalls die Passivlegitimation des Antragsgegners nicht glaubhaft gemacht sei, weil dieser weder bestellter noch faktischer Geschäftsführer der jeweiligen Betreiber des angegriffenen YouTube-Angebots der Gesellschaften L. bzw. M. sei. Die hierzu vorgelegten Indizien der Antragstellerin reichten nicht aus. Die Stellung als Gesellschafter begründe ebenfalls nicht die Haftung des Antragsgegners, ebenso wenig die Abfassung einer sog. „Counter-Notification“ im Rahmen des von der Antragstellerin bei YouTube angestrengten Löschungsverfahrens.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Antragstellerin, mit der diese unter Wiederholung und Vertiefung des erstinstanzlichen Vorbringens darlegt, warum aus ihrer Sicht eine Passivlegitimation gleichwohl zu bejahen sei. Insbesondere habe der Antragsgegner entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht bestritten, dass er den Upload des Videos selbst vorgenommen habe. Wegen der Einzelheiten wird auf die Berufungsbegründung vom 26.11.2024 Bezug genommen.
Die Antragstellerin beantragt sinngemäß, unter Abänderung des angefochtenen Urteils,
dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Verfügung bei Meidung von Ordnungsgeld bis 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu untersagen,
die auf der Internet-Plattform YouTube unter dem Link [entfernt] (s. Anlage AST 5 gemäß dem als Anlage zum Tenor verbundenen USB-Stick) aufrufbare Videoproduktion im Ganzen oder in Teilen unerlaubt öffentlich zugänglich zu machen und/oder unerlaubt öffentlich zugänglich machen zu lassen, wie geschehen durch die öffentliche Zugänglichmachung auf der Plattform YouTube unter dem Link [entfernt] (s. Anlage AST 6 gemäß dem als Anlage zum Tenor verbundenen USB-Stick).
Der Antragsgegner beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung des erstinstanzlichen Vorbringens.
Aus den Gründen
II.
Die Zulässigkeitsbedenken nicht unterliegende Berufung ist unbegründet. Das Landgericht hat mit Recht angenommen, dass jedenfalls die Passivlegitimation für die behaupteten Verletzungshandlungen nicht glaubhaft gemacht ist.
Der Antrag ist zwar hinreichend bestimmt (dazu 1.) und auch im Übrigen zulässig (dazu 2.), die Haftungsvoraussetzungen nach § 97 Abs. 1 UrhG hat die Antragstellerin aber nicht glaubhaft gemacht (dazu 3.).
1. Im Ergebnis bestehen keine Bedenken gegen die Bestimmtheit des Klagebegehrens. Zwar hat die Antragstellerin zur Begründung ihres Unterlassungsanspruchs einerseits die Verletzung von ihr übertragenen Nutzungsrechten, andererseits aber das Vorgehen in gewillkürter Prozessstandschaft für die B. als Grundlage für ihr Vorgehen gegen den Antragsteller angeführt (vgl. einerseits S. 4 f. der Antragsschrift, Bl. 5 LGA, andererseits S. 7 der Antragsschrift, Bl. 8 LGA), worin schon wegen der unterschiedlichen Rechtskraftwirkung dieser Ansprüche unterschiedliche Streitgegenstände zu erblicken sein können (vgl. hierzu G. Vollkommer, in: Zöller, ZPO, 35. Aufl. 2024, Einleitung Rn. 74). Eine grundsätzlich unzulässige alternative Klagehäufung liegt hierin aber nicht, weil die Antragstellerin jedenfalls im weiteren Verfahren (andeutungsweise auch S. 6 der Antragsschrift, Bl. 6 LGA) klargestellt hat, dass sie sich primär auf die Ansprüche aus Prozessstandschaft stützt (S. 6 des Schriftsatzes vom 15.08.2024, Bl. 128 LGA), was ausreicht (vgl. im Einzelnen zur Problematik, die derjenigen im Wettbewerbsrecht gleicht, Köhler/Feddersen, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 42. Aufl. 2024, § 12 Rn. 1.23m).
2. Der Antragstellerin steht auch das für die gewillkürte Prozessstandschaft erforderliche eigene schutzwürdige Interesse zur Seite, weil ihr nach ihrer zumindest schlüssigen Behauptung – was für die Zulässigkeit ausreichend ist – Nutzungsrechte durch die B. eingeräumt worden sind (vgl. hierzu BGH GRUR 2017, 266 Rn. 21 f. – World of Warcraft I). Der Antragsgegner kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen (vgl. Schriftsatz vom 21.08.2024, S. 4, Bl. 166 f. LGA), dass die Antragstellerin widersprüchlich zum Rechtserwerb vortrage. Denn zwar ist in der Antragsschrift umfangreich dargestellt, dass es eine Rechtekette von der den Beitrag produzierenden C. auf die B. und von dieser auf die Antragstellerin gegeben habe (S. 3 ff. der Antragsschrift, Bl. 4 ff. LGA). Ihre abgeleiteten Rechte bzw. die Ermächtigung zur Geltendmachung hat die Antragstellerin gleichwohl auf einen unmittelbaren Erwerb von der C., die sie als Produzentin des streitgegenständlichen Beitrages bezeichnet hat, zurückgeführt (S. 7 der Antragsschrift, Bl. 8 LGA), womit die eidesstattlichen Versicherungen ihres Geschäftsführers (Anlage Ast. 1, Bl. 17 ff. LGA) und diejenigen der Frau J. als Geschäftsführerin der B. (Anlage ASt. 13, B. 145 ff. LGA) korrespondieren. Die Ausführungen zur B. sind vor diesem Hintergrund nicht als Beleg für den Rechteerwerb von dieser, sondern allein für die Übernahme der – abstrakten – vertraglichen Regelung zur Rechteeinräumung bzw. zur Geltendmachung in Prozessstandschaft zu verstehen.
3. Das Landgericht hat mit Recht und mit zutreffender Begründung, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen zunächst Bezug genommen werden kann, den Unterlassungsanspruch jedenfalls deshalb als unbegründet angesehen, weil die Antragstellerin nicht glaubhaft gemacht hat, dass der Antragsgegner als Gesellschafter, nicht aber Geschäftsführer, der beiden Gesellschaften, die als Betreiber des Youtubekanals @C. in Betracht kommen (C. und D.), nicht als Verletzer im Sinne von § 97 Abs. 1 S. 1 UrhG anzusehen ist.
Insoweit ist das Landgericht von dem zutreffenden rechtlichen Maßstab ausgegangen, dass sich die Frage, ob jemand als Täter, Mittäter, Anstifter oder Gehilfe in einer seine zivilrechtliche Haftung begründenden Weise an einer deliktischen Handlung – hier der Verletzung urheberrechtlicher Rechtspositionen - beteiligt, sich nach den im Strafrecht entwickelten Grundsätzen beurteilt. Täter ist danach, wer die Zuwiderhandlung selbst oder in mittelbarer Täterschaft begeht (§ 25 Abs. 1 StGB). Mittäterschaft (vgl. § 830 Abs. 1 Satz 1 BGB) erfordert eine gemeinschaftliche Begehung, also ein bewusstes und gewolltes Zusammenwirken (vgl. nur BGH MMR 2018, 303 Rn. 25 m.w.N. – Konferenz der Tiere). Weitergehend kann ein Geschäftsführer bei der Verletzung absoluter Rechte durch die von ihm vertretene Gesellschaft persönlich als Störer auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wenn er in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung des geschützten Rechts beiträgt und dabei zumutbare Verhaltenspflichten verletzt (vgl. BGH GRUR 2016, 803 Rn. 61 – Armbanduhr m.w.N.).
a) Auf eine Stellung des Antragsgegners als (faktischer) Geschäftsführers beruft sich die Antragstellerin ausdrücklich nicht mehr (S. 5 der Berufungsbegründung, Bl. 127 d.A.). Auch gegen die zutreffende Verneinung der Voraussetzungen des § 99 UrhG in Person des Antragsgegners durch das Landgericht wendet sich die Berufung nicht ausdrücklich, so dass hinsichtlich beider Aspekte vollumfänglich auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen werden kann.
b) Eine Haftung dadurch, dass der Antragsgegner selbst den Upload des streitbefangenen Videos vorgenommen hätte, hat das Landgericht zutreffend verneint. Seine Erwägung, dies habe die Antragstellerin erstmals im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 23.09.2024 (dort S. 2, Bl. 211 LGA) mit Bestimmtheit vorgetragen, ist zutreffend. Denn der Vortrag in der Antragsschrift, es sei „anzunehmen“, „dass der Antragsgegner die in Rede stehenden Videos von Bonn aus hochgeladen“ habe (S. 15 der Antragsschrift, Bl. 16 LGA) ist bereits semantisch vage, da sich das Wort „anzunehmen“ in diesem Satz angesichts der Verortung im Abschnitt „Örtliche Zuständigkeit“ auch allein auf den Begehungsort beziehen könnte. Dieser Vortrag ist jedenfalls auch deshalb erkennbar ins Blaue hinein gehalten, weil die Antragstellerin keine eigenen Erkenntnisse über den Upload-Vorgang haben kann und dies – was für die Begründung der örtlichen Zuständigkeit reichen mag, nicht aber für konkreten Sachvortrag – lediglich „annimmt“. Bei dieser Sachlage reichte es ohne weiteres aus, dass der Antragsgegner in der Antragserwiderung generalisierend ausführte, er sei nicht passivlegitimiert und dies – wenn auch zunächst primär für andere Aspekte der Haftungsbegründung - näher ausgeführt hat (S. 9 ff. der Antragserwiderung, Bl. 93 ff. LGA). Jedenfalls im Schriftsatz vom 21.08.2024 aber (dort S. 5, Bl. 167 LGA) hat er seine Haftung unter jeglichen Gesichtspunkten in Abrede gestellt und sich dabei insbesondere gegen eine täter- oder teilnahmeschaftliche Begehung der Verletzungshandlung durch ihn gewandt. Glaubhaftmachungsmittel für ihre demnach wirksam bestrittene Behauptung hat die Antragstellerin in der Folge nicht beigebracht. Soweit ihr Vortrag im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 23.09.2024 jedenfalls im Berufungsverfahren grundsätzlich zu berücksichtigen ist, weil § 296a ZPO nicht (mehr) entgegensteht und allenfalls eine Behandlung nach § 531 Abs. 2 ZPO in Betracht kommt (vgl. nur Greger, in: Zöller, a.a.O., § 296a Rn. 3 m.w.N.), kommt es auf Zulassungsgründe im Sinne der letzteren Vorschrift (deren Anwendbarkeit im Verfügungsverfahren umstritten ist) nicht an. Denn auch wenn dieser Vortrag im Berufungsverfahren zugrunde gelegt wird, war der Antragsgegner berechtigt, diesen Vortrag nunmehr (erneut) dezidiert zu bestreiten, was er bereits im Rahmen des Tatbestandsberichtigungsverfahrens (S. 2 des Schriftsatzes vom 14.10.2024, Bl. 285 LGA) und in der Berufungserwiderung (S. 8, Bl. 151 d.A.) nochmals getan hat. § 296 ZPO, auf den die Antragstellerin sich zur Präklusion des Bestreitens des Antragsgegners beruft, ist im Verfügungsverfahren nach wohl überwiegender Auffassung bereits grundsätzlich nicht anwendbar (vgl. Schilling, in: Cepl/Voß, Prozesskommentar Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht, 3. Aufl. 2022, § 296 Rn. 14 m.w.N.), hierauf kommt es im Ergebnis aber auch nicht an. Denn an einer Glaubhaftmachung fehlt es weiterhin.
c) Eine Störerhaftung allein aufgrund der Stellung des Antragsgegners als Gesellschafter der als Betreiber des YouTube-Kanals in Betracht kommenden Gesellschaften muss ausscheiden. Denn die reine Stellung als Gesellschafter kann schon nach der Wertung des § 99 UrhG, wonach der Unternehmensinhaber, also die hinter dem Unternehmen stehende Gesellschaft und die persönlich haftenden (Hervorhebung durch den Senat) Gesellschafter (vgl. Schlüter, in: Raue/Hegemann, Münchener Anwaltshandbuch Urheber- und Medienrecht, 3. Aufl. 2023, § 35 Rn. 48; vgl. hierzu auch BGH GRUR 2006, 493, 494 Rn. 22 - Briefmarkenkatalog auf CD-Rom), für Rechtsverletzungen von Arbeitnehmern und Beauftragten einzustehen hat, nicht als adäquat-kausal für die Rechtsverletzung angesehen werden. Denn dann würde die Störerhaftung uferlos über die von § 99 UrhG vorgesehenen Fälle ausgedehnt und würden die anerkannten gesellschaftsrechtlichen Regeln über die Trennung von Gesellschaft und nicht persönlich haftendem Gesellschafter unterlaufen. Die von der Antragstellerin angeführten Aspekte der Außendarstellung des Antragsgegners und die Bezeichnung der C.-Gruppe als „sein Unternehmen“ sind deshalb in Bezug auf die konkrete Verletzungshandlung nicht als haftungsbegründend anzusehen.
d) Der Antragsgegner war nicht zur Vermeidung seiner eigenen Haftung gehalten, „Ross und Reiter“ zu nennen und denjenigen namhaft zu machen, der für den Upload auf YouTube verantwortlich war (so aber S. 9 der Berufungsbegründung, Bl. 131 d.A.). Zwar hat die Rechtsprechung in den sog. Filesharing-Fällen angenommen, dass den in Anspruch genommenen Anschlussinhaber eine sekundäre Darlegungslast dahin treffen kann, welche Personen mit Rücksicht auf Nutzerverhalten, Kenntnisse und Fähigkeiten sowie in zeitlicher Hinsicht Gelegenheit hatten, die fragliche Verletzungshandlung ohne sein Wissen und Zutun zu begehen (BGH GRUR 2016, 1280, 1283 Rn. 34 – Everytime we touch). In diesen Fällen besteht jedoch durch das Innehaben des Internetanschlusses eine valide Grundlage für die Vermutung der Täterschaft dieses Anschlussinhabers, die die Auferlegung einer sekundären Darlegungslast rechtfertigt. Anders verhält es sich jedoch bei einem nicht persönlich haftenden Gesellschafter wie im Streitfall, bei dem keine vergleichbaren Einflussmöglichkeiten bzw. eine entsprechende Vermutungsgrundlage für eine Täterschaft bestehen. Hinzu kommt, dass der Rechteinhaber in diesen Fällen ansonsten seine Rechte mangels Kenntnis des Rechtsverletzers in der Regel nicht durchsetzen könnte. Das ist im vorliegenden Fall anders, da die Gesellschaften, die den Inhalt hochgeladen haben, der Antragstellerin bekannt sind. Für die Annahme einer sekundären Darlegungslast, um der Antragstellerin zusätzlich weitere Verantwortliche zu verschaffen, ist daher im vorliegenden Fall kein Raum. Insoweit helfen auch die Äußerungen des Geschäftsführers der C., Herrn W., in dem verdeckt aufgenommenen Video gemäß Anlage ASt. 12 (Bl. 144 LGA, Transkript Anlage ASt. 16, Bl. 214 LGA) nicht weiter, weil diese jenseits aller Bedenken hinsichtlich der Verwertbarkeit der Aufnahmen keinen Anhaltspunkt dafür bieten, inwieweit der Antragsgegner über seine Stellung als Gesellschafter hinaus, der in bestimmten Fragen zu Rate gezogen wird, Verantwortung für das operative Geschäft hatte, zumal in dem Gespräch alternativ auch auf die „Finanzmitarbeiterin“ als Ansprechpartnerin verwiesen wird, was belegt, das die Frage nach der Versicherung der Mitarbeiter keine grundlegende Frage, sondern eher eine solche des Tagesgeschäfts war.
e) Zutreffend sind auch die Erwägungen des Landgerichts dazu, dass die Abfassung der „Counter-Notification“ gegenüber YouTube durch den Antragsgegner keinen Anhalt dafür liefert, dass er selbst auch für die Verletzungshandlung verantwortlich wäre. Die Berufung wendet hiergegen nur ein, dass der Antragsgegner sich selbst und nicht die Gesellschaft als zustellungsbevollmächtigt angegeben habe und bekämpft den vom Landgericht herangezogenen Vergleich mit einem Rechtsanwalt, der eine solche Stellungnahme für seinen Mandanten abgibt (S. 6 der Berufungsbegründung, Bl. 128 d.A.). Das greift nicht durch. Wie das Landgericht mit Recht ausgeführt hat, könnte die Benennung einer eigenen Empfangszuständigkeit zwar ein Indiz für eine Rolle des Antragsgegners sein, die über die eines reinen Gesellschafters hinausgeht (wie auch der Umstand, dass er die Bearbeitung solcher „Copyright strikes“ übernimmt). Indes entkräften die vom Landgericht zutreffend angeführten Begleitumstände, namentlich, dass die Erklärung lediglich im Kontext einer Gerichtsstandsvereinbarung mit YouTube erfolgte, dieses Indiz in einem Maße, das nicht mehr von einer Glaubhaftmachung ausgegangen werden kann. Erst recht kann aus diesem Umstand und angesichts der Formulierung der „Counter notification“ im Übrigen nicht gefolgert werden, der Antragsgegner habe hierdurch gleichsam seinen rechtsgeschäftlichen Beitritt zu einer Unterlassungsverpflichtung der Betreibergesellschaft erklärt.
f) Nach alldem kommt es auf die durch die M. abgegebene strafbewehrte Unterlassungserklärung, die die Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung angenommen hat, nicht mehr entscheidend an; diese wäre allerdings nicht geeignet gewesen, die Wiederholungsgefahr in Bezug auch auf den Antragsgegner entfallen zu lassen. Hierin liegt insbesondere keine Drittunterwerfung, die regelmäßig solche Folgen zeitigt (KG GRUR-RR 2013, 335, 336 m.w.N. – Zweifelhafte Drittunterwerfung). Im Fall des Unterlassungsanspruchs besteht nämlich keine Gesamtschuldnerschaft und insbesondere wirken, da § 422 Abs. 1 BGB keine Anwendung findet, Erfüllungshandlungen des einen Unterlassungsschuldners (wie eine Unterlassungserklärung) nicht für andere Schuldner (vgl. BGH WRP 2008, 952, 953 – Inhaltsgleiches Unterlassungsbegehren; OLG Koblenz WRP 1985, 45 - Mehrere Unterlassungsschuldner; Fritzsche, in: MüKoUWG, 3. Aufl. 2022, § 8 Rn. 351 m.w.N.). Denn es liegen insoweit mehrere gleichartige Verpflichtungen vor, so dass der Gläubiger jedenfalls bei gesetzlichen Unterlassungsansprüchen wie hier auch dann, wenn er gegen einen von mehreren Schuldnern erfolgreich einen Unterlassungstitel erwirkt oder von diesem eine strafbewehrte Unterlassungserklärung erhalten hat, die weiteren Schuldner immer noch in Anspruch nehmen kann, weil in Bezug auf diese die Wiederholungsgefahr nach wie vor besteht.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Dieses Urteil ist gemäß § 542 Abs. 2 ZPO mit seiner Verkündung rechtskräftig.