OLG München: Burger King – fristlose Kündigung eines Franchisevertrags wegen Mehrzahl einzelner Pflichtverstöße durch den Franchisenehmer
OLG München, Urteil vom 14.10.2014 – 7 U 2604/13
NICHT AMTLICHER LEITSATZ
Die Mehrzahl einzelner Pflichtverstöße durch den Franchisenehmer können die Franchisegeberin zur Kündigung des Franchisevertrags nach § 314 Abs. 1 BGB berechtigen, wenn nach der Gesamtschau unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls eine Fortsetzung des Vertragsverhältnisses für die Franchisegeberin nicht mehr zumutbar ist.
BGB §§ 280, 314
Sachverhalt
A. Die Klägerin war Franchisenehmerin der Beklagten und nimmt diese auf Schadensersatz wegen unberechtigter Kündigung des Franchisevertrags in Anspruch.
Die Parteien schlossen unter dem 15./25.9.2003 einen Franchisevertrag bezüglich des Betriebs eines Fastfood-Restaurants in E. unter der Bezeichnung „B.K.“ (Anlage K 1). Als Laufzeit des Vertrags waren gemäß dessen Ziff. 2 Abs. 2 zwanzig Jahre vorgesehen. Unter dem 14.2.2012 kündigte die Beklagte den Vertrag fristlos (Anlage K 8), gestützt im wesentlichen auf bei drei Betriebsprüfungen (“REVs“) durch die Beklagte am 14.12.2011, 5.1.2012 und 7.2.2012 angeblich festgestellte, im einzelnen zwischen den Parteien weitgehend streitige Mängel der Restaurantführung der Klägerin.
Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, (1) € 116.723,70 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.3.2012 an die Klägerin zu zahlen; (2) an die Klägerin außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von € 2.237,56 zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.3.2012 zu bezahlen. Die Beklagte hat die Abweisung der Klage beantragt.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angegriffenen Urteils wird Bezug genommen. Mit ihrer zulässigen, insbesondere form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung verfolgt die Klägerin ihr erstinstanzliches Begehren weiter. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Berufung.
Aus den Gründen
B. Die Berufung erweist sich als unbegründet. Zu Recht hat das Landgericht die gegenständliche Schadensersatzklage abgewiesen. Denn die fristlose Kündigung der Beklagten vom 14.2.2012 erweist sich im Ergebnis als wirksam, so dass es an einer für den Schaden der Klägerin kausalen Pflichtverletzung im Sinne des § 280 Abs. 1 BGB fehlt.
I. Der Franchise-Vertrag zwischen den Parteien enthält in Ziff. 18 Regelungen zur außerordentlichen Kündigung. Diese Regelungen sind jedoch nicht abschließend, wie schon aus der Verwendung des Wörtchens „insbesondere“ in Ziff. 18 Abs. 1 des Vertrages folgt. Das bedeutet, dass neben Ziff. 18 des Vertrages die gesetzlichen Vorschriften jedenfalls des § 314 BGB, möglicherweise auch des § 89 a HGB (ob die Regelungen für ein Handelsvertreterverhältnis auf den vorliegenden Franchise-Vertrag wirklich passen, lässt der Senat offen) zur Anwendung kommen. Das hat zur Folge, dass eine Mehrzahl einzelner Pflichtverstösse der Klägerin, auch wenn sie je für sich die Anforderungen nach Ziff. 18 des Vertrags zwischen den Parteien nicht erfüllen bzw. die Wesentlichkeitsschwelle nicht überschreiten, die Beklagte zur Kündigung nach § 314 Abs. 1 BGB berechtigen, wenn sich in der Gesamtschau unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen ergibt, dass die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses für die Beklagte nicht mehr zumutbar ist. So liegt es hier.
II. Die folgenden Pflichtverletzungen der Klägerin gegenüber der Beklagten sind der Abwägung zugrunde zu legen, da sie zugestanden oder als unstreitig zu behandeln (§ 138 Abs. 3, 4 ZPO) sind.
1. Im Ergebnis zu Recht ist das Landgericht davon ausgegangen, dass im Betrieb der Klägerin bei allen drei gegenständlichen Betriebsprüfungen (“REVs“) gegen die Bekleidungsvorschriften der Beklagen verstoßen wurde.
Hinsichtlich der Betriebsprüfung vom 14.12.2011 ist der Klägerin insoweit Recht zu geben, dass der Vorwurf „MA Hose“ völlig nichtssagend ist, so dass hieraus nichts hergeleitet werden kann. Nicht unsubstantiiert ist jedoch, dass ein Mitarbeiter in der Küche keine Kopfbedeckung getragen habe; denn welcher Mitarbeiter dies war, spielt keine Rolle. Das Bestreiten dieses Vorwurfs durch die Klägerin mit Nichtwissen ist unzulässig gemäß § 138 Abs. 4 ZPO. Denn es handelt sich um einen Vorgang aus dem Einflussbereich der Klägerin. Zwar mag der Geschäftsführer der Klägerin nicht persönlich anwesend gewesen sein; er hätte sich aber unschwer bei dem die Betriebsprüfung begleitenden Schichtführer erkundigen können. Das Nichttragen der Kopfbedeckung gilt daher als zugestanden.
Dasselbe gilt für den Vorwurf, dass bei der Betriebsprüfung am 5.1.2012 eine Mitarbeiterin eine private Bluse getragen habe. Auch insoweit erachtet der Senat ein Bestreiten mit Nichtwissen für unzulässig, so dass dieser Vorwurf der Entscheidung zugrunde zu legen ist.
Dass ein Mitarbeiter der Klägerin bei der Betriebsprüfung vom 7.2.2012 eine private Krawatte trug, wird von der Klägerin zugestanden. Die Behauptung, dass dies einer Verschmutzung der Dienstkrawatte geschuldet war, beseitigt die diesbezügliche Pflichtverletzung nicht. Es war für die Klägerin durchaus vorhersehbar, dass es bei der Arbeit mit Lebensmitteln in einem Restaurant zur Beschmutzung von Krawatten kommen kann. Es wäre daher für die Klägerin ein Leichtes gewesen, einige Ersatzkrawatten vorzuhalten.
Diese Verstöße gegen die Kleiderordnung der Beklagten rechtfertigen isoliert betrachtet entgegen der Auffassung des Landgerichts eine fristlose Kündigung nicht. Bei der Gesamtbetrachtung gemäß § 314 Abs. 1 BGB sind sie jedoch einzubeziehen. Denn dem Landgericht ist jedenfalls darin Recht zu geben, dass ein einheitliches Erscheinungsbild aller Mitarbeiter in allen Restaurants der Beklagten zum Wesen des von der Beklagten praktizierten Franchise-Systems gehört. Auf die insoweit zutreffenden Ausführungen des Landgerichts zur „corporate identity“ wird Bezug genommen.
2. Die Klägerin hat - letztlich unstreitig (vgl. klägerische Schriftsätze vom 24.9.2013, S. 15; vom 28.4.2014, S. 17 ff.; vom 16.6.2014, S. 2; insbesondere aber nochmals Schriftsatz vom 28.4.2014, S. 72) - mehrfach Lebensmittel verwendet (bzw. sich im Zeitpunkt der Durchführung der Betriebsprüfungen - „REVs“ - dazu angeschickt), deren Mindesthaltbarkeitsdatum bereits abgelaufen war. Im einzelnen: Bei der Betriebsprüfung vom 5 .1.2012 war die Mindesthaltbarkeitsdauer von einigen Burgerbrötchen, einer Packung Mischsalat und des verwendeten Schinkens (“Bacon“) überschritten. Bei der Betriebsprüfung vom 7.2.2012 war wiederum die Mindesthaltbarkeitsdauer des verwendeten Schinkens überschritten.
Diese Pflichtverletzung ist nicht als Lappalie zu bewerten. Zwar ist dem Senat bekannt, dass Lebensmittel, deren Mindesthaltbarkeitsdauer (knapp) überschritten ist, nicht zwingend ungenießbar oder gesundheitsgefährdend sein müssen. Der Klägerin wird aber auch keine konkrete Gefährdung ihrer Gäste zum Vorwurf gemacht. Denn gegenständlich sind nicht Pflichtverletzungen der Klägerin gegenüber ihren Gästen, sondern solche im Verhältnis zur Beklagten. Die Verwendung abgelaufener Lebensmittel ist geeignet, das Markenimage der Beklagten in der Öffentlichkeit massiv zu beschädigen. Es kann nie ausgeschlossen werden, dass derartige Vorgänge (sei es durch einen „Maulwurf“, durch einen - eventuell gekündigten, ehemaligen - Mitarbeiter oder sonstwie) an die Medien und damit an die Öffentlichkeit gelangen. Die vorhersehbare Reaktion der Öffentlichkeit träfe nicht nur die Klägerin, sondern auch und vor allem die Beklagte und deren andere Franchisenehmer, da dem Franchise-System immanent ist, dass der Kunde einen einheitlichen Standard in jedem angeschlossenen Restaurant erwartet und somit negative Abweichungen vom Standard in einem einzelnen Restaurant auf das gesamte System und damit auf jedes beteiligte Restaurant zurückfallen. Die Pflichtverletzung der Klägerin liegt also darin, die Beklagte dieser Gefahr der Rufschädigung ausgesetzt zu haben, und kann somit nicht als geringfügig gewertet werden.
3. Der Klägerin sind ferner wiederholte Ungenauigkeiten beim Umgang mit der Temperaturmessung der Hackfleischbrätlinge (“Pattys“) zur Last zu legen. Dass bei der Betriebsprüfung vom 14.12.2011 der Schichtführer T. nicht in der Lage war, die Temperaturmessung korrekt durchzuführen, ist nicht ordnungsgemäß bestritten (vgl. Schriftsatz vom 28.4.2014, S. 39) und letztlich sogar zugestanden (vgl. ebendort S. 71). Dass Ende Januar 2012 Temperaturmessungen nicht eingetragen wurden, ist ebenfalls zugestanden (vgl. ebendort S. 65 und 71).
Auch diese Pflichtverletzungen der Klägerin sind in die Abwägung nach § 314 Abs. 1 BGB einzustellen. Insoweit sieht der Senat wiederum die Gefahr einer Rufschädigung der Beklagten und deren anderer Franchisenehmer, wenn dergleichen öffentlich bekannt wird. Denn senatsbekannt reagieren breite Kreise der Bevölkerung auf Defizite beim Umgang mit Hackfleisch höchst sensibel. Wegen dieser drohenden Öffentlichkeitswirkung trägt auch die Schutzbehauptung der Klägerin nicht, der Schichtführer T. beherrsche die Temperaturmessung grundsätzlich schon, habe aber dieses eine Mal aus Nervosität versagt.
4. Letztlich unstreitig ist auch (vgl. klägerischen Schriftsatz vom 28.4.2014, S. 37, 38), dass im Betrieb der Klägerin die Greifzange (“Lift-N-Grip-Zange“), mit der rohe Fleischprodukte aus der Tiefkühltruhe zu entnehmen waren, entgegen den Vorschriften der Beklagten nicht in, sondern auf der Tiefkühltruhe gelagert war. Die Erklärung, wonach eine in der Kühlung gelagerte Zange für die Mitarbeiter zu kalt gewesen wäre, ist eine ersichtliche Schutzbehauptung. Die Relevanz dieser Pflichtverletzung ergibt sich wiederum aus der Sensibilisierung der Bevölkerung im Umgang mit rohen Fleischprodukten (vgl. soeben 3.).
5. Als zugestanden ist auch der Umstand zu behandeln, dass bei der Betriebsprüfung vom 5.1.2012 ein Mitarbeiter zwischen Kassenbereich und Küche wechselte, ohne sich die Hände zu waschen. Der diesbezügliche Beklagtenvortrag ist nicht unsubstantiiert; welcher konkrete Mitarbeiter dies war, ist ebenso irrelevant wie die Frage, was dieser Mitarbeiter sodann in der Küche gemacht hat. Auch insoweit erachtet der Senat das Bestreiten mit Nichtwissen (vgl. klägerischen Schriftsatz vom 28.4.2014, S. 53) als unzulässig gemäß § 138 Abs. 4 ZPO, da es sich um einen Vorgang aus dem Einflussbereich der Klägerin handelt und deren Geschäftsführer sich bei seinen Mitarbeitern hätte erkundigen können.
Dieser einmalige Vorfall rechtfertigt für sich gesehen naturgemäß keine fristlose Kündigung, ist jedoch bei der Gesamtwürdigung gemäß § 314 Abs. 1 BGB mit einzubeziehen. Denn der Senat sieht wiederum eine Gefahr der Rufschädigung der Beklagten und deren übriger Franchisenehmer, wenn öffentlich bekannt wird, dass die Hygienevorschriften nicht peinlich genau beachtet werden.
6. Nicht ordnungsgemäß bestritten und daher der Entscheidung zugrunde zu legen ist auch, dass entgegen den Vorschriften der Beklagten der Schichtführer T. bei der Betriebsprüfung vom 14.12.2011 kein Schichtführerzertifikat vorlegen konnte (vgl. klägerischen Schriftsatz vom 28.4.2014, S. 41: „Es mag durchaus zutreffen“). Dieses Internum zwischen Klägerin und Beklagter rechtfertigt für sich gesehen sicherlich keine außerordentliche Kündigung; auch sieht der Senat hier die Gefahr einer Rufschädigung nicht. Zur Abrundung des Gesamtbildes ist dieser Vorgang jedoch in die Gesamtwürdigung nach § 314 Abs. 1 BGB einzustellen.
7. Nicht ordnungsgemäß bestritten (vgl. klägerischen Schriftsatz vom 28.4.2014, S. 32: „Es mag sein“) und damit zugestanden ist auch die Behauptung der Beklagten, dass bei dem im Betrieb der Klägerin zur Reinigung der Shake-/Eismaschine verwendeten Reinigungsbürsten-Set die kleinste Bürste nicht mehr vorhanden war. Auch hier sieht der Senat im Falle des öffentlichen Bekanntwerdens die Gefahr der Rufschädigung der Beklagten und deren übriger Franchisenehmer. Senatsbekannt ist die Sensibilisierung der Öffentlichkeit bei Milchprodukten nicht anders einzuschätzen als bei abgelaufenen Lebensmitteln oder Hackfleisch. Insoweit kann auf die Ausführungen oben unter 2. und 3. Bezug genommen werden. Wegen dieser möglichen Öffentlichkeitswirkung spielt es auch keine Rolle, wenn faktisch die Reinigung der Maschine auch ohne die kleinste Bürste ordnungsgemäß möglich gewesen sein sollte oder wenn im Betrieb der Klägerin ein zweites (komplettes) Bürstenset verwahrt (aber nicht eingesetzt) wurde.
8. Die Klägerin konnte ihren Gästen mehrfach kein stilles Wasser anbieten. Diese Feststellung ist für die Betriebsprüfung vom 14.12.2011 unstreitig (vgl. klägerischen Schriftsatz vom 28.4.2013, S. 49 und S. 72). Auch für die Betriebsprüfung vom 5.1.2012 ist hiervon auszugehen. Im Schriftsatz vom 28.4.2014 wird auf S. 63 ausgeführt: „Selbst wenn ... erneut kein stilles Wasser vorrätig gewesen sein sollte - was der Klägerin nicht erinnerlich ist - ..“. Dies ist kein ordnungsgemäßes Bestreiten, sondern allenfalls ein Bestreiten mit Nichtwissen. Ein solches ist nach Auffassung des Senats jedoch vorliegend nach § 138 Abs. 4 ZPO unzulässig, da es sich um eine Tatsache aus dem Machtbereich der Klägerin handelt. Zwar mag zutreffen, dass sich der Geschäftsführer der Klägerin nicht mehr daran erinnern kann; er könnte sich jedoch unschwer bei seinem Personal (Schichtführer o.ä.) danach erkundigen. Das Fehlen von stillem Wasser am 5.1.2012 ist daher als zugestanden zu behandeln (vgl. auch klägerischen Schriftsatz vom 28.4.2014, S. 72).
Das wiederholte Fehlen von stillem Wasser im Angebot der Klägerin würde zwar für sich gesehen eine fristlose Kündigung nicht rechtfertigen, ist aber in der Gesamtschau nicht als völlige Lappalie zu werten. Es gibt senatsbekannt Gäste, die - sei es aus gesundheitlichen, weltanschaulichen oder sonstigen Gründen - weder alkoholhaltige noch zucker- bzw. koffeinhaltige noch Getränke mit hohem Kohlensäuregehalt zu sich nehmen dürfen oder wollen. Solchen Gästen wird es in hohem Maße missfallen, wenn sie kein stilles Wasser erwerben können. Sie werden das Restaurant der Klägerin in schlechter Erinnerung behalten. Da wie dargestellt das gesamte B. K.-System von der Öffentlichkeit als Einheit mit einheitlichen Standards begriffen wird, fällt dies auch auf die Beklagte und deren andere Franchisenehmer zurück. Auch hier liegt die Pflichtverletzung der Klägerin vor allem in der Gefahr der Rufschädigung der Beklagten.
9. Unstreitig (vgl. klägerische Schriftsätze vom 14.9.2013, S. 31 und vom 28.4.2014, S. 42 und insbesondere S. 71 f.) hat die Klägerin entgegen den Vorgaben der Beklagten bei den beiden Betriebsprüfungen vom 14.12.2011 und 5.1.2012 Tomatenendstücke zum Belegen der von ihr verkauften Burger verwendet. Hierzu gilt das zuvor Gesagte. Die Gäste sind einen einheitlichen Standard in allen B. K.-Restaurants gewöhnt. Abweichungen hiervon - mögen sie für sich gesehen auch geringfügig sein - fallen auf die Beklagte und deren andere Franchisenehmer zurück und begründen damit die Gefahr einer Ruf- bzw. Imageschädigung des gesamten B. K.-Geflechts.
10. Die Klägerin hat schließlich zugestanden (vgl. Schriftsatz vom 28.4.2014, S. 16), dass im Winter Sommerdeserts beworben wurden (was irrelevant wäre), von denen eines aber ausverkauft war. Zur Relevanz dieses Vorgangs gilt das zum stillen Wasser Gesagte (oben 8.) entsprechend. Kunden, die das beworbene Dessert nicht erhalten, werden die daraus resultierende Unzufriedenheit auch auf die Beklagte und deren andere Franchisenehmer projizieren.
III. Die Abwägung der beiderseitigen Interessen unter Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls im Sinne von § 314 Abs. 1 BGB ergibt, dass die fristlose Kündigung seitens der Beklagten gerechtfertigt war.
Der Klägerin liegt - wie dargestellt - eine Vielzahl von Pflichtverletzungen über einen längeren Zeitraum zur Last. Jede dieser Pflichtverletzungen für sich würde zweifellos eine fristlose Kündigung nicht rechtfertigen. Deren Zusammenschau lässt allerdings die fristlose Kündigung vertretbar erscheinen. Dabei war vor allem zu berücksichtigen, dass die festgestellten Pflichtverletzungen wie dargestellt geeignet sind, das Ansehen der Marke B. K. in der Öffentlichkeit zu beeinträchtigen und damit potentiell nicht nur die Klägerin selbst, sondern auch die Beklagte und deren andere Franchisenehmer zu schädigen, so dass die Beklagte in ihrem eigenen Interesse und im Interesse der anderen Franchisenehmer gehalten war, die Geschäftsbeziehung zur Klägerin zu beenden.
Dem gegenüber haben die Interessen der Klägerin am Fortbestand des Vertragsverhältnisses zurückzutreten. Zwar war das gegenständliche Lokal der einzige Erwerbszweig der Klägerin, so dass diese durch die Kündigung in ihrer Existenz bedroht ist, insbesondere keine Gelegenheit mehr hat, die in das Lokal getätigten Investitionen weiter zu amortisieren. Dieser Befund rechtfertigt jedoch nicht die dargestellte Gefährdung des Markenimages der Beklagten. Dabei ist auch zu sehen, dass die Klägerin - wie die Beklagte zu Recht hervorhebt - nicht Eigentümerin, sondern nur Pächterin der Räumlichkeiten des Lokals war, so dass sich die getätigten Investitionen nur auf das Inventar bezogen haben.
Schließlich war noch die lange Restlaufzeit des Vertrages zwischen den Parteien von im Zeitpunkt der Kündigung noch ca. 11 Jahren zu berücksichtigen. Dies schlägt entgegen der Auffassung der Klägerin bei der Abwägung der wechselseitigen Interessen nicht nur und auch nicht vorwiegend zugunsten der Klägerin zu Buche. Zwar ist richtig, dass Verträge wie der vorliegende üblicherweise mit einer langen Laufzeit geschlossen werden, um dem Franchisenehmer die Gelegenheit zu geben, seine Investitionen zu amortisieren, so dass die Klägerin ein Interesse am Fortbestehen des Vertrages bis zum regulären Laufzeitende hat. Auf der anderen Seite schlägt nach allgemeinen kündigungsrechtlichen Grundsätzen die lange Restlaufzeit eines befristeten Vertrages bei der Prüfung der Zumutbarkeit der Fortsetzung des Schuldverhältnisses zugunsten des Kündigenden ins Gewicht. Denn beim befristeten Vertrag ist ihm die ordentliche Kündigung verwehrt, und die Fortsetzung des Vertrages wird ihm beim Vorliegen von Kündigungsgründen umso unzumutbarer, je länger die ausstehende Restlaufzeit ist.
Nach alledem überwiegen nach Auffassung des Senats im Hinblick auf die Vielzahl der potentiell imageschädigenden Pflichtverletzungen der Klägerin die Interessen der Beklagten an der Beendigung des gegenständlichen Schuldverhältnisses das Interesse der Klägerin an dessen Fortsetzung. Die unternehmerische Entscheidung der Beklagten, die Geschäftsbeziehung zur Klägerin aus wichtigem Grund zu beenden, ist daher nicht zu beanstanden.
IV. Sonstige Gesichtspunkte stehen der fristlosen Kündigung nicht entgegen.
1. Der Senat sieht das Erfordernis der vorgängigen Abmahnung nach § 314 Abs. 2 BGB als erfüllt an. Der Kündigungsgrund besteht letztlich in der fortgesetzten mangelnden Genauigkeit der Klägerin in der Einhaltung der Vorgaben des Franchise-Systems und der von der Beklagten und den Gästen mit Recht erwarteten Standards. Die Schreiben der Beklagten vom 19.12.2011 (Anlage K 2) und vom 17.1.2012 (Anlage K 4) betreffen im Kern wesensähnliche Vorgänge und bringen hinreichend deutlich zum Ausdruck, dass die Beklagte gegebenenfalls das Vertragsverhältnis beendigen werde. Damit sind die Anforderungen an eine Abmahnung erfüllt, auch wenn nicht jeder Vorfall im Detail aufgeführt wird.
Die Klägerin kann sich insoweit nicht darauf berufen, dass frühere Abmahnungen folgenlos geblieben seien. Zum Beleg vorgelegt wird diesbezüglich nur das Schreiben der Beklagten vom 4.10.2006 (Anlage K 16). Schon die darin erhobenen Vorwürfe gegen die Klägerin entsprechen im Kern den nunmehrigen. Dies zeigt nur, dass die Klägerin schon seit Jahren den Standards nicht genügte. Dass die Beklagte dies zunächst duldete, kann ihr nicht zum Nachteil gereichen; vielmehr wird dadurch deutlich, dass es sich bei den Pflichtverletzungen der Klägerin nicht um Einzelfälle in der Zeit um die Jahreswende 2011/12 handelte.
2. Der Senat ist nicht der Auffassung, dass die von der Beklagten angeführten Kündigungsgründe nur vorgeschoben seien, weil die Beklagte die Klägerin "loswerden" wolle. Die oben unter II. aufgeführten Pflichtverletzungen stehen fest. Das Landgericht hat zutreffend gesehen, dass das Vorliegen von Kündigungsgründen auch dann zur Kündigung berechtigt, wenn sie dem Kündigenden gelegen kommen, weil er den Vertrag aus anderen Gründen beendigen möchte.
3. Es kann offen bleiben, ob der Grundsatz der Gleichbehandlung (dessen Reichweite im Privatrecht im einzelnen ungeklärt ist) der Kündigung entgegen stehen könnte. Denn der diesbezügliche Vortrag der Klägerin ist zu unbestimmt, um daraus rechtliche Schlussfolgerungen zu ziehen. Einzig greifbar ist insoweit die Behauptung, dass einem großen Franchisenehmer (Yi-Ko GmbH) trotz erheblicher, in der Öffentlichkeit bekannt gewordener (Enthüllungen des Journalisten W.) Mängel und Beanstandungen nicht gekündigt wurde. Dieser Vorfall ereignete sich im Jahr 2014 und damit lange nach den gegenständlichen Vorfällen. Hieraus lassen sich keine Rückschlüsse auf die Ermessensausübung der Beklagten bei der gegenständlichen Kündigung im Februar 2012 ziehen.
4. Die Klägerin kann nicht damit gehört werden, dass das System der Betriebsprüfungen ("REVs") der Beklagten nicht geeignet sei, Kündigungsgründe zu belegen, weil den eingesetzten Prüfern die notwendige Sachkunde fehle. Um zu beurteilen, ob beispielsweise die Uniformen korrekt getragen werden, das aufgedruckte Haltbarkeitsdatum überschritten ist, Tomatenendstücke zum Einsatz gelangen oder stilles Wasser ausverkauft ist, bedarf es keiner lebensmittelchemischen Ausbildung. Obendrein hat der Senat nur als unstreitig zu behandelnde Pflichtverletzungen berücksichtigt, so dass die Qualifikation des Prüfers keine Rolle spielt.
5. Einer Kündigung steht nicht entgegen, dass nach der Behauptung der Klägerin lebensmittel- bzw. gaststättenrechtliche Kontrollen des gegenständlichen Restaurants keine Beanstandung ergeben hätten. Zum einen bezieht sich die Klägerin auf Kontrollen vom 27.9.2010 und 4.5.2011 und damit geraume Zeit vor den gegenständlichen Betriebsprüfungen. Zum anderen trifft nicht zu, dass es dabei nicht zu Beanstandungen kam; ausweislich Anlage K 20 wurden von den Kontrolleuren jeweils Verunreinigungen gerügt. Und schließlich prüft die Lebensmittelkontrolle öffentlich-rechtliche Pflichten der Klägerin gegenüber der Allgemeinheit, während die gegenständliche Kündigung aus der Verletzung von privatrechtlichen Pflichten der Klägerin gegenüber der Beklagten resultiert.
C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, das Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2 ZPO) nicht vorliegen. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Zu würdigen waren vielmehr die Umstände des Einzelfalls, insbesondere die Gesichtspunkte, die für und wider einen wichtigen Kündigungsgrund im Sinne des § 314 BGB streiten.