BGH: Botanicals – Zur Zulässigkeit der Werbung für pflanzliche Stoffe mit gesundheitsbezogenen Angaben
BGH, Beschluss vom 1.6.2023 – I ZR 109/22
ECLI:DE:BGH:2023:010623BIZR109.22.0
Volltext: BB-Online BBL2023-1538-1
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Amtliche Leitsätze
Dem Gerichtshof der Europäischen Union wird zur Auslegung der Art. 10 Abs. 1 und 3, Art. 28 Abs. 5 und 6 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel (ABl. L 404 vom 30. Dezember 2006, S. 9) in der zuletzt durch die Verordnung (EU) Nr. 1047/2012 der Kommission vom 8. November 2012 (ABl. L 310 vom 9. November 2012, S. 36) geänderten Fassung sowie der Erwägungsgründe 10 und 11 der Verordnung (EU) Nr. 432/2012 der Kommission vom 16. Mai 2012 zur Festlegung einer Liste zulässiger anderer gesundheitsbezogener Angaben über Lebensmittel als Angaben über die Reduzierung eines Krankheitsrisikos sowie die Entwicklung und die Gesundheit von Kindern (ABl. L 136 vom 25. Mai 2012, S. 1) sowie der Erwägungsgründe 4 und 5 der Verordnung (EU) Nr. 536/2013 der Kommission vom 11. Juni 2013 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 432/2012 (ABl. L 160 vom 12. Juni 2013, S. 4) folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:
Darf für pflanzliche Stoffe ("Botanicals") mit gesundheitsbezogenen Angaben (Art. 10 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006) bzw. mit Verweisen auf allgemeine, nichtspezifische Vorteile des Nährstoffs oder Lebensmittels für die Gesundheit im Allgemeinen oder das gesundheitsbezogene Wohlbefinden (Art. 10 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006) geworben werden, ohne dass diese Angaben gemäß dieser Verordnung zugelassen und in die Liste der zugelassenen Angaben gemäß den Art. 13 und 14 der Verordnung aufgenommen sind (Art. 10 Abs. 1 der Verordnung) bzw. ohne dass diesen Verweisen eine in einer der Listen nach Art. 13 oder 14 der Verordnung enthaltene spezielle gesundheitsbezogene Angabe beigefügt ist (Art. 10 Abs. 3 der Verordnung), solange die Bewertung der Behörde und die Prüfung der Kommission über die Aufnahme der zu "Botanicals" angemeldeten Angaben in die Gemeinschaftslisten gemäß Art. 13 und 14 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 noch nicht abgeschlossen sind?
Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 Art. 10 Abs. 1 und 3, Art. 28 Abs. 5 und 6; Verordnung (EU) Nr. 432/2012 Erwägungsgründe 10 und 11; Verordnung (EU) Nr. 536/2013 Erwägungsgründe 4 und 5
Sachverhalt
A. Der Kläger, der Verband Sozialer Wettbewerb e.V., ist ein eingetragener Verein im Sinne von § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG, zu dessen satzungsmäßigen Aufgaben die Wahrung der gewerblichen Interessen seiner Mitglieder gehört.
Die Beklagte vertreibt das Nahrungsergänzungsmittel " AdaptoGenie ANTI-STRESS-KOMPLEX". Sie warb für dieses Produkt auf ihrer Internetseite mit den aus der Wiedergabe der Anträge ersichtlichen Aussagen zu den Inhaltsstoffen "Safran-Extrakt" und "Melonensaft-Extrakt".
Der Kläger sieht darin unzulässige gesundheitsbezogene Angaben gemäß Art. 10 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel (HCVO). Er hat die Beklagte deshalb mit Schreiben vom 23. Oktober 2019 zur Abgabe einer Unterlassungserklärung aufgefordert. Die Beklagte ist dieser Aufforderung nicht nachgekommen.
Der Kläger hat beantragt, es der Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr für das Mittel " Adapto-Genie ANTI-STRESS-KOMPLEX" mit den Angaben zu werben:
1. stimmungsaufhellendes Safranextrakt.
2. Das Safran-Extrakt Safr'Inside in Adapto-Genie wurde an 50 Teilnehmern über einen Zeitraum von 30 Tagen in einer Open Study getestet. Mit einer Dosis von 30 mg Safr'Inside pro Tag erlebten 77 % der Probanden nach nur zwei Wochen Einnahme eine Verbesserung des emotionalen Gleichgewichts, fühlten sich optimistischer und glücklicher. 66 % fühlten sich auch entspannter und dynamischer. Nach 30 Tagen verbesserte sich bei 11 % der Probanden die Schlafqualität.
3. Melonensaft-Extrakt mit Superoxid-Dismutase-Aktivität hat in Studien unter Beweis gestellt, dass nach vier Wochen Stressgefühle und Erschöpfung abnahmen. Außerdem wurde die Reizbarkeit und Erschöpfung um 63 % reduziert, was zu einer deutlichen Verbesserung der Lebensqualität führte.
jeweils wenn dies geschieht wie aus Anlage K 1 ersichtlich.
Darüber hinaus hat er die Erstattung pauschaler Abmahnkosten in Höhe von 178,50 € nebst Zinsen verlangt.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben (OLG Hamburg, MD 2022, 1054).
Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung der Kläger beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.
Aus den Gründen
8 B. Der Erfolg der Revision hängt von der Auslegung des Art. 10 Abs. 1 und 3, Art. 28 Abs. 5 und 6 HCVO, der Erwägungsgründe 10 und 11 der Verordnung (EU) Nr. 432/2012 sowie der Erwägungsgründe 4 und 5 der Verordnung (EU) Nr. 536/2013 ab. Vor einer Entscheidung ist deshalb das Verfahren auszusetzen und gemäß Art. 267 Abs. 1 Buchst. b und Abs. 3 AEUV eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union einzuholen.
9 I. Das Berufungsgericht hat angenommen, die beanstandeten Angaben seien gemäß §§ 3, 3a UWG in Verbindung mit Art. 10 HCVO verboten. Zur Begründung hat es ausgeführt:
10 Bei den angegriffenen Angaben handele es sich um Angaben im Sinne des Art. 2 Abs. 2 Nr. 1 HCVO, die einen Gesundheitsbezug im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Nr. 5 HCVO aufwiesen. Die Beklagte verwende die Angaben bei der Bewerbung des Lebensmittels " Adapto-Genie ANTI-STRESS-KOMPLEX" in unzulässiger Weise, da diese nicht den Bestimmungen des Art. 10 HCVO genügten. In der Verletzung dieser Vorschrift liege zugleich ein Verstoß gegen §§ 3, 3a UWG.
11 Es handele sich bei den in Rede stehenden Angaben um Verweise auf allgemeine, nichtspezifische Vorteile im Sinne von Art. 10 Abs. 3 HCVO. Solche allgemeinen Angaben seien nur zulässig, wenn ihnen eine in einer Liste nach Art. 13 oder Art. 14 HCVO enthaltene spezielle gesundheitsbezogene Angabe beigefügt sei, woran es im Streitfall fehle. Diese Zulässigkeitsvoraussetzung gelte trotz des Umstands, dass für sogenannte "Botanicals", zu denen auch die in Rede stehenden Extrakte aus Safran und Melonensaft zählten, noch keine Liste zugelassener Angaben gemäß Art. 13 oder Art. 14 HCVO verabschiedet worden sei, sondern sich die für "Botanicals" angemeldeten Claims noch in einer Übergangsphase befänden, weil deren Bewertung durch die zuständige Behörde oder deren Prüfung durch die Kommission der Europäischen Union noch nicht abgeschlossen sei. Dieser Umstand führe nicht dazu, dass auf "Botanicals" bezogene Angaben ohne die Einhaltung der Voraussetzungen gemäß Art. 10 HCVO zulässig seien. Für die Zulässigkeit der Verwendung von auf "Botanicals" bezogenen nichtspezifischen gesundheitsbezogenen Angaben im Sinne von Art. 10 Abs. 3 HCVO komme es vielmehr darauf an, ob es bereits nach Maßgabe des Art. 28 Abs. 5 und 6 HCVO beantragte und nach der Entscheidung der Kommission der Europäischen Union "on hold" gesetzte Claims gebe, die der unspezifischen Angabe beigefügt worden seien. Daran fehle es im Streitfall. In Bezug auf Melonensaft-Extrakt habe die Beklagte schon keinen Vortrag zu beantragten und "on hold" gesetzten Angaben gehalten. Im Hinblick auf Safran gebe es zwar beantragte Claims. Die Beklagte habe ihren Angaben aber keine solchen "on hold" gesetzten Angaben beigefügt. Selbst wenn sie dies getan hätte, könnte dies die Verwendung der angegriffenen Angaben nicht rechtfertigen. Denn die für Safran beantragten Claims bezögen sich auf psychische Funktionen, weshalb die Verwendung der Angaben nicht unter den Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 5 HCVO, sondern nur nach Maßgabe des Art. 28 Abs. 6 HCVO möglich sei. Dessen Voraussetzungen seien jedoch bereits deshalb nicht erfüllt, weil die Zulassung der entsprechenden Angaben nicht vor dem in Art. 28 Abs. 6 Buchst. b HCVO bestimmten Stichtag, dem 19. Januar 2008, beantragt worden sei.
12 Die Verwendung der angegriffenen Angaben müsste aber auch dann als unzulässig angesehen werden, wenn man sie als spezielle gesundheitsbezogene Angaben im Sinne von Art. 10 Abs. 1 HCVO ansehen würde. Solche Angaben seien ebenfalls nur zulässig, wenn sie nach einer Entscheidung der Kommission der Europäischen Union "on hold" gehalten würden und zudem die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 5 oder 6 HCVO erfüllten; daran fehle es im Streitfall. Selbst wenn man - wie es die Beklagte geltend gemacht habe - nicht von auf psychische oder Verhaltensfunktionen bezogenen Angaben und daher von der Anwendung der nicht auf den Anmeldungsstichtag 19. Januar 2008 abstellenden Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 5 HCVO ausgehen wollte, wären die streitgegenständlichen Angaben unzulässig. In Bezug auf Melonensaft-Extrakt und Safran-Extrakt fehle es bereits an Angaben, die Gegenstand eines Antrags seien. Selbst wenn man auf die "on hold" gesetzten Angaben für Safran abstellen wollte, seien die von der Beklagten gemachten Angaben weder identisch noch gleichbedeutend mit diesen beantragten Angaben.
13 II. Der Erfolg der Revision hängt davon ab, ob eine Auslegung der Art. 10 Abs. 1 und 3, Art. 28 Abs. 5 und 6 HCVO, der Erwägungsgründe 10 und 11 der Verordnung (EU) Nr. 432/2012 sowie der Erwägungsgründe 4 und 5 der Verordnung (EU) Nr. 536/2013 ergibt, dass für pflanzliche Stoffe ("Botanicals") mit gesundheitsbezogenen Angaben (Art. 10 Abs. 1 HCVO) bzw. mit Verweisen auf allgemeine, nichtspezifische Vorteile des Nährstoffs oder Lebensmittels für die Gesundheit im Allgemeinen oder das gesundheitsbezogene Wohlbefinden (Art. 10 Abs. 3 HCVO) geworben werden darf, ohne dass diese Angaben gemäß dieser Verordnung zugelassen und in die Liste der zugelassenen Angaben gemäß den Art. 13 und 14 aufgenommen sind (Art. 10 Abs. 1 HCVO) bzw. ohne dass diesen Verweisen eine in einer der Listen nach Art. 13 oder 14 HCVO enthaltene spezielle gesundheitsbezogene Angabe beigefügt ist (Art. 10 Abs. 3 HCVO), solange die Bewertung der Behörde und die Prüfung der Kommission über die Aufnahme der zu "Botanicals" angemeldeten Angaben in die Gemeinschaftslisten gemäß Art. 13 und 14 HCVO noch nicht abgeschlossen sind.
14 1. Die Klageanträge können aus § 8 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Nr. 2, § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG aF, §§ 3, 3a UWG in Verbindung mit Art. 10 Abs. 1 oder 3 HCVO begründet sein.
15 Das Berufungsgericht ist mit Recht davon ausgegangen, dass die vom Kläger beanstandete Bewerbung des Mittels " Adapto-Genie ANTISTRESS-KOMPLEX" durch die Beklagte eine geschäftliche Handlung im Sinne von § 3 UWG darstellt, es sich bei Art. 10 Abs. 1 und 3 HCVO um Marktverhaltensregelungen im Sinne von § 3a UWG handelt, deren Missachtung geeignet ist, den Wettbewerb zum Nachteil von Mitbewerbern und Verbrauchern spürbar zu beeinträchtigen (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 9. Oktober 2014 - I ZR 162/13, GRUR 2015, 498 [juris Rn. 15] = WRP 2015, 569 - Combiotik; Urteil vom 19. September 2019 - I ZR 91/18, GRUR 2019, 1299 [juris Rn. 13] = WRP 2019, 1570 - Gelenknahrung III; Urteil vom 25. Juni 2020 - I ZR 162/16, GRUR 2020, 1007 [juris Rn. 17] = WRP 2020, 1306 - B-Vitamine II, mwN) und der Kläger gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG aF klage- und anspruchsbefugt ist. Es hat weiter zutreffend angenommen, dass die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung nach § 8 Abs. 1 Satz 1 UWG und Erstattung der Abmahnkosten nach § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG aF im Falle eines Verstoßes gegen Art. 10 Abs. 1 oder 3 HCVO begründet sind.
16 2. Gemäß Art. 10 Abs. 1 HCVO sind gesundheitsbezogene Angaben verboten, sofern sie nicht den allgemeinen Anforderungen in Kapitel II und den speziellen Anforderungen in Kapitel IV entsprechen, gemäß dieser Verordnung zugelassen und in die Liste der zugelassenen Angaben gemäß den Art. 13 und 14 HCVO aufgenommen sind. Gemäß Art. 10 Abs. 3 HCVO sind Verweise auf allgemeine, nichtspezifische Vorteile des Nährstoffs oder Lebensmittels für die Gesundheit im Allgemeinen oder das gesundheitsbezogene Wohlbefinden nur zulässig, wenn ihnen eine in einer der Listen nach Art. 13 oder 14 HCVO enthaltene spezielle gesundheitsbezogene Angabe beigefügt ist.
17 3. Art. 10 Abs. 3 HCVO setzt ebenso wie Art. 10 Abs. 1 HCVO eine gesundheitsbezogene Angabe voraus; Verweise auf allgemeine, nichtspezifische Vorteile des Nährstoffs oder Lebensmittels für die Gesundheit im Allgemeinen oder das gesundheitsbezogene Wohlbefinden stellen eine besondere Form von gesundheitsbezogenen Angaben dar (BGH, Urteil vom 7. April 2016 - I ZR 81/15, GRUR 2016, 1200 [juris Rn. 24] = WRP 2016, 1359 - Repair-Kapseln).
18 Das Berufungsgericht ist rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass die beanstandeten Angaben "stimmungsaufhellend(es)", "Verbesserung des emotionalen Gleichgewichts", "fühlten sich optimistischer und glücklicher", "fühlten sich (...) entspannter und dynamischer", "verbesserte sich (...) die Schlafqualität", "Stressgefühle und Erschöpfung (nahmen) ab (...)", "die Reizbarkeit und Erschöpfung (wurde) um 63 % reduziert" und "deutliche(n) Verbesserung der Lebensqualität" gesundheitsbezogene Angaben im Sinne von Art. 1 Abs. 2 Nr. 1 und 5, Art. 10 Abs. 1 und 3 HCVO sind.
19 4. Für die Abgrenzung zwischen Art. 10 Abs. 1 HCVO einerseits und Art. 10 Abs. 3 HCVO andererseits kommt es nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. BGH, GRUR 2020, 1007 [juris Rn. 23] - B-Vitamine II, mwN) darauf an, ob mit der Angabe ein unmittelbarer Wirkungszusammenhang zwischen einer Lebensmittelkategorie, einem Lebensmittel oder einem seiner Bestandteile und einer Funktion des menschlichen Organismus hergestellt wird, dessen wissenschaftliche Absicherung (vgl. Art. 5 Abs. 1 Buchst. a, Art. 6 Abs. 1 HCVO) in einem Zulassungsverfahren nach Art. 13 Abs. 3 HCVO (für Angaben nach Art. 13 Abs. 1 HCVO) oder nach Art. 15 bis Art. 17 HCVO (für Angaben nach Art. 14 Abs. 1 HCVO) überprüft werden kann (dann handelt es sich um eine spezielle gesundheitsbezogene Angabe im Sinne von Art. 10 Abs. 1 HCVO) oder ob eine solche Überprüfung nicht möglich ist (dann liegt eine nichtspezifische gesundheitsbezogene Angabe im Sinne von Art. 10 Abs. 3 HCVO vor).
20 Das Berufungsgericht hat angenommen, bei den vom Kläger beanstandeten Angaben handele es sich um Verweise auf allgemeine, nichtspezifische Vorteile des Nährstoffs oder Lebensmittels für die Gesundheit im Allgemeinen oder das gesundheitsbezogene Wohlbefinden im Sinne von Art. 10 Abs. 3 HCVO, weil durch die Angaben kein unmittelbarer Wirkungszusammenhang zwischen dem Verzehr des in den beworbenen Produkten enthaltenen Safran-Extrakts bzw. Melonensaft-Extrakts und einer bestimmten Körperfunktion behauptet werde, der einem wissenschaftlichen Nachweis zugänglich wäre. Ob diese Beurteilung zutrifft, kann offenbleiben.
21 5. Im Streitfall kommt es entscheidend darauf an, ob Art. 10 Abs. 1 und 3 HCVO anwendbar sind, wenn für pflanzliche Stoffe ("Botanicals") mit gesundheitsbezogenen Angaben (Art. 10 Abs. 1 HCVO) bzw. mit Verweisen auf allgemeine, nichtspezifische Vorteile des Nährstoffs oder Lebensmittels für die Gesundheit im Allgemeinen oder das gesundheitsbezogene Wohlbefinden (Art. 10 Abs. 3 HCVO) geworben wird, solange die Bewertung der Behörde und die Prüfung der Kommission über die Aufnahme der zu "Botanicals" angemeldeten Angaben in die Gemeinschaftslisten gemäß Art. 13 und 14 HCVO noch nicht abgeschlossen sind (dazu II 6). Sind Art. 10 Abs. 1 und 3 HCVO nicht anwendbar, scheidet ein Verstoß gegen diese Bestimmungen von vornherein aus und sind die geltend gemachten Ansprüche unbegründet; sind Art. 10 Abs. 1 und 3 HCVO dagegen anwendbar, sind die geltend gemachten Ansprüche begründet, weil die beanstandeten Angaben gegen diese Bestimmungen verstoßen (dazu II 7).
22 6. Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass es sich bei den in Rede stehenden Extrakten aus Safran und Melonensaft um sogenannte "Botanicals" handelt. Mit diesem Begriff werden gemeinhin pflanzliche Stoffe bezeichnet (vgl. Erwägungsgrund 10 der Verordnung (EU) Nr. 432/2012; Erwägungsgrund 4 der Verordnung (EU) Nr. 536/2013). Über die Aufnahme der auf "Botanicals" bezogenen gesundheitsbezogenen Angaben in die Gemeinschaftsliste zulässiger Angaben im Sinne von Art. 13 Abs. 3 HCVO hat die Kommission der Europäischen Union bislang nicht entschieden, sondern hält weitere Prüfung und Konsultation für erforderlich (vgl. Erwägungsgrund 10 der Verordnung (EU) Nr. 432/2012; Erwägungsgrund 4 und 5 der Verordnung (EU) Nr. 536/2013). Es ist ungeklärt, ob Art. 10 Abs. 1 und 3 HCVO auf gesundheitsbezogene Angaben zu pflanzlichen Stoffen anwendbar sind, bevor die Bewertung der Behörde und die Prüfung der Kommission über die Aufnahme der zu "Botanicals" angemeldeten Angaben in die Gemeinschaftslisten gemäß Art. 13 und 14 HCVO abgeschlossen sind (vgl. BGH, GRUR 2019, 1299 [juris Rn. 19] - Gelenknahrung III, mwN).
23 a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs steht der Anwendung von Art. 10 Abs. 3 HCVO allerdings grundsätzlich nicht entgegen, dass die Listen gemäß Art. 13 und 14 der Verordnung noch nicht vollständig erstellt sind (BGH, GRUR 2019, 1299 [juris Rn. 18] - Gelenknahrung III). Die abweichende Auffassung ist mit dem Wortlaut von Art. 10 Abs. 3 HCVO sowie dem Sinn und Zweck dieser Bestimmung kaum zu vereinbaren. Der Vorstellung abschließend zu erstellender Listen steht darüber hinaus die aus Art. 13 Abs. 5 HCVO folgende Zulässigkeit von Ergänzungen entgegen (vgl. Schlussanträge des Generalanwalts vom 22. Juni 2016 in der Rechtssache C-177/15, juris Rn. 75 f.). Für die Anwendung von Art. 10 Abs. 1 HCVO gilt nichts Anderes.
24 b) Es ist aber fraglich, ob Art. 10 Abs. 1 und 3 HCVO auf Angaben anwendbar sind, deren Bewertung durch die Behörde oder deren Prüfung durch die Kommission zurückgestellt und noch nicht abgeschlossen ist, wie Angaben, die sich auf die Wirkung pflanzlicher Stoffe beziehen und die gemeinhin als "Botanicals" bezeichnet werden, und bestimmte andere gesundheitsbezogene Angaben, über deren Aufnahme in die Liste zulässiger Angaben die Kommission noch nicht abschließend befunden hat (zu bereits überprüften Angaben in Bezug auf "Botanicals" vgl. BGH, Beschluss vom 29. September 2016 - I ZR 232/15, juris Rn. 8 f.; Beschluss vom 29. September 2016 - I ZR 233/15, juris Rn. 13 f.). Diese Frage lässt sich nicht eindeutig beantworten.
25 aa) Nach einer Ansicht ist Art. 10 Abs. 3 HCVO nicht anwendbar, solange die auf "Botanicals" bezogenen spezifischen Angaben durch die Behörde nicht bewertet und durch die Kommission nicht geprüft worden sind (OLG Karlsruhe, Urteil vom 27. Februar 2019 - 6 U 87/18, MD 2019, 594 [juris Rn. 32 und 34]).
26 Zur Begründung dieser Ansicht wird ausgeführt, der Verordnungsgeber habe ein generelles Verbot allgemeiner, nichtspezifischer gesundheitsbezogener Angaben als zu weitgehend empfunden. Er habe daher lediglich ein eingeschränktes Verbot geregelt. Danach seien allgemeine gesundheitsbezogene Verweise nur dann untersagt, wenn sie ohne die Beifügung von in einer Liste nach Art. 13 oder 14 HCVO enthaltenen speziellen Angaben erfolgten. Dieses eingeschränkte Verbot setze allerdings voraus, dass diese Listen erstellt würden (OLG Karlsruhe, MD 2019, 594 [juris Rn. 37]). Anderenfalls enthielte die Verordnung entgegen dem Willen des Verordnungsgebers, der auch in der Übergangsregelung des Art. 28 HCVO eindeutig zum Ausdruck komme, zunächst eine strengere Regelung als später (OLG Karlsruhe, MD 2019, 594 [juris Rn. 37]). Aufgrund der Aussetzung der Bewertung der Angaben für "Botanicals" durch die Behörde und die Kommission sei es dem Werbenden derzeit unmöglich, eine Entscheidung über spezifische gesundheitsbezogene Angaben zu erlangen; es könnten deshalb auch keine solchen Angaben einer unspezifischen Angabe im Sinne von Art. 10 Abs. 3 HCVO beigefügt werden (OLG Karlsruhe, MD 2019, 594 [juris Rn. 34]). Der bewussten Entscheidung des Verordnungsgebers, kein generelles Verbot unspezifischer Gesundheitsangaben anzuordnen, sondern diese lediglich an die Beifügung gelisteter spezifischer Angaben zu koppeln, würde durch die bloße Entschließung der Kommission zur Untätigkeit bei der Erstellung der Listen für eine ganze Stoffklasse in ihr Gegenteil verkehrt. Denn dann wäre durch die bloße Nichterstellung der Listen und die Nichtbehandlung von Eintragungsanträgen in Bezug auf pflanzliche Stoffe der Rechtszustand erreicht, den der Verordnungsgeber gerade nicht zum Gesetz habe machen wollen (OLG Karlsruhe, MD 2019, 594 [juris Rn. 38]). Daher könne nicht allein der Wortlaut des Art. 10 Abs. 3 HCVO maßgeblich sein. Es sei vielmehr davon auszugehen, dass die Verwendung allgemeiner gesundheitsbezogener Verweise durch die Verordnung für "Botanicals" nicht reglementiert sei, solange die Untätigkeit der Kommission andauere (OLG Karlsruhe, MD 2019, 594 [juris Rn. 32]). Diese Grundsätze gölten auch dann, wenn von dem auf Unterlassung Inanspruchgenommenen kein Antrag auf Eintragung spezifischer Angaben gestellt worden sei. Ein solcher Antrag wäre in absehbarer Zukunft ohne jede Aussicht auf Erfolg, weil die Behandlung von gesundheitsbezogenen Angaben über "Botanicals" von den dafür zuständigen Stellen "on hold" gesetzt worden seien (OLG Karlsruhe, MD 2019, 594 [juris Rn. 39]).
27 Für eine Unanwendbarkeit der Zulässigkeitsvoraussetzungen gemäß Art. 10 Abs. 1 und 3 HCVO könnte darüber hinaus sprechen, dass in der jahrelangen Untätigkeit der Kommission für die betroffenen Unternehmen eine unverhältnismäßige Einschränkung ihrer unternehmerischen Freiheit im Sinne von Art. 16 EU-Grundrechtecharta sowie eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung zu den Werbemöglichkeiten von Wettbewerbern gesehen werden könnte, deren Anträge auf Aufnahme von gesundheitsbezogenen Angaben in die Gemeinschaftsliste Stoffe betreffen, die von der Behörde bewertet und von der Kommission geprüft werden. Das mehrjährige Vollzugsdefizit der Kommission könnte dazu führen, dass in der Aufrechterhaltung der Zulässigkeitsvoraussetzungen des Art. 10 Abs. 1 und 3 HCVO eine unverhältnismäßige Beeinträchtigung der rechtlich geschützten Interessen der betroffenen Unternehmen gesehen werden könnte (vgl. EuGH, Urteil vom 23. November 2017 - C-596/15, C-597/15, ZLR 2018, 32 Rn. 91 f. - Bionorica und Diapharm).
28 bb) Überwiegend wird dagegen vertreten, dass Art. 10 Abs. 3 HCVO auch auf "Botanicals" angewendet werden muss, allerdings mit der Maßgabe, dass seinen Vorgaben auch dann genügt sei, wenn einem allgemeinen, nichtspezifischen Verweis im Sinne dieser Bestimmung eine spezielle gesundheitsbezogene Angabe beigefügt werde, die nach Angabe der Kommission "on hold" gehalten werde und nach den Voraussetzungen von Art. 28 Abs. 5 und 6 HCVO weiter verwendet werden dürfe (OLG Celle, Beschluss vom 26. Oktober 2020 - 13 U 44/20, juris Rn. 41; OLG Dresden, GRUR-RR 2022, 248 [juris Rn. 33]; Spickhoff/Fritsche, Medizinrecht, 4. Aufl., § 3a UWG Rn. 9; Feuerhake/Ortgies in Streinz/Kraus, Lebensmittelrechts-Handbuch, 44. Ergänzungslieferung [Stand: November 2022], II Rn. 141y; Meisterernst/Haber, WRP 2019, 413 Rn. 17; Hiller, WRP 2020, 16 Rn. 6 f.).
29 Für diese Ansicht spricht, dass der Wortlaut des Art. 10 Abs. 1 und 3 HCVO unspezifische gesundheitsbezogene Angaben erfasst, ohne danach zu differenzieren, ob sich die Angaben auf "Botanicals" beziehen oder nicht.
30 Außerdem dürfte der Zweck des Art. 10 Abs. 1 und 3 HCVO dagegen sprechen, die Werbung mit unspezifischen gesundheitsbezogenen Angaben in Bezug auf "Botanicals" ohne eine abgeschlossene wissenschaftliche Bewertung der (beizufügenden) speziellen gesundheitsbezogenen Angaben vollständig von den Einschränkungen dieser Bestimmungen freizustellen. Nach dem Erwägungsgrund 23 der Verordnung sollen gesundheitsbezogene Angaben für die Verwendung in der Gemeinschaft nur nach einer wissenschaftlichen Bewertung auf höchstmöglichem Niveau zugelassen werden, die zur Gewährleistung einer einheitlichen Handhabung von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit vorzunehmen ist. Dabei dürfte zu berücksichtigen sein, dass die Gefahr besteht, dass insbesondere Nahrungsergänzungsmittel und pflanzliche Arzneimittel von den Verbraucherinnen und Verbrauchern nicht auseinandergehalten werden können und es so - entgegen der Intention des Verordnungsgebers - durch die Anwendung von Nahrungsergänzungsmitteln mit ungeprüften gesundheitsbezogenen Angaben weiterhin zu einer gesundheitlichen Gefährdung der Patientinnen und Patienten kommen kann (vgl. den Beschluss des Bundesrates vom 12. Februar 2021, BR-Drucks. 36/21, S. 2 f.).
31 Überdies hat die Kommission in Erwägungsgrund 9 der Verordnung (EU) Nr. 536/2013 und in Erwägungsgrund 11 der Verordnung (EU) Nr. 432/2012 darauf hingewiesen, dass Angaben, deren Bewertung durch die Behörde oder deren Prüfung durch die Kommission noch nicht abgeschlossen ist, auf der Kommissions-Website veröffentlicht werden und gemäß Art. 28 Abs. 5 und 6 HCVO weiterverwendet werden dürfen. Damit könnte den berechtigten Interessen des werbenden Unternehmens an der Verwendung gesundheitsbezogener Angaben für "Botanicals" hinreichend Rechnung getragen worden sein.
32 7. Die Frage ist entscheidungserheblich.
33 a) Folgt man der zuerst genannten Ansicht, sind Art. 10 Abs. 1 und 3 HCVO im Streitfall nicht anwendbar und steht der beanstandeten Verwendung der hier in Rede stehenden Angaben nicht entgegen, dass diese nicht gemäß dieser Verordnung zugelassen und in die Liste der zugelassenen Angaben gemäß den Art. 13 und 14 HCVO aufgenommen sind (Art. 10 Abs. 1 HCVO) bzw. dass ihnen keine in einer der Listen nach Art. 13 oder 14 HCVO enthaltenen speziellen gesundheitsbezogenen Angaben beigefügt sind (Art. 10 Abs. 3 HCVO).
34 b) Folgt man der zuletzt genannten Ansicht, sind Art. 10 Abs. 1 und 3 HCVO im vorliegenden Fall anwendbar und stehen der beanstandeten Verwendung der hier in Rede stehenden Angaben entgegen.
35 aa) Falls die beanstandeten Angaben als Verweise auf allgemeine, nichtspezifische Vorteile des Nährstoffs oder Lebensmittels für die Gesundheit im Allgemeinen oder das gesundheitsbezogene Wohlbefinden einzustufen sind, verstoßen sie nach der rechtsfehlerfreien Beurteilung des Berufungsgerichts gegen Art. 10 Abs. 3 HCVO, weil ihnen keine spezielle gesundheitsbezogene Angabe beigefügt ist und zwar weder eine in einer der Listen nach Art. 13 oder 14 HCVO enthaltene Angabe noch eine Angabe, die von der Kommission "on hold" gehalten wird und nach Art. 28 Abs. 5 oder 6 HCVO weiterverwendet werden darf.
36 bb) Falls die beanstandeten Angaben als gesundheitsbezogene Angaben im Sinne von Art. 10 Abs. 1 HCVO anzusehen sind, verstoßen sie nach der auch insoweit rechtsfehlerfreien Beurteilung des Berufungsgerichts schon deshalb gegen diese Bestimmung, weil sie weder gemäß dieser Verordnung zugelassen und in die Liste der zugelassenen Angaben gemäß den Art. 13 und 14 HCVO aufgenommen sind noch es sich um Angaben handelt, die von der Kommission "on hold" gehalten werden und nach Art. 28 Abs. 5 oder 6 HCVO weiterverwendet werden dürfen. Es kommt danach nicht mehr darauf an, ob diese Angaben - wie von Art. 10 Abs. 1 HCVO weiter gefordert - den allgemeinen Anforderungen in Kapitel II der Verordnung entsprechen und sie insbesondere gemäß Art. 5 Abs. 1 Buchst. a, Art. 6 Abs. 1 HCVO hinreichend wissenschaftlich abgesichert sind.
37 (1) Gemäß Art. 28 Abs. 5 HCVO dürfen gesundheitsbezogene Angaben im Sinne des Art. 13 Abs. 1 Buchst. a HCVO (Angaben über die Bedeutung eines Nährstoffs oder einer anderen Substanz für Wachstum, Entwicklung und Körperfunktionen) ab Inkrafttreten dieser Verordnung bis zur Annahme der in Art. 13 Abs. 3 HCVO genannten Liste unter der Verantwortung von Lebensmittelunternehmern verwendet werden, sofern die Angaben dieser Verordnung und den einschlägigen einzelstaatlichen Vorschriften entsprechen.
38 Gemäß Art. 28 Abs. 6 Buchst. b HCVO dürfen gesundheitsbezogene Angaben, die nicht unter Art. 13 Abs. 1 Buchst. a HCVO (Angaben über die Bedeutung eines Nährstoffs oder einer anderen Substanz für Wachstum, Entwicklung und Körperfunktionen) und Art. 14 HCVO (Angaben über die Verringerung eines Krankheitsrisikos sowie Angaben über die Entwicklung und die Gesundheit von Kindern) fallen (wie etwa Angaben über die psychischen Funktionen oder Verhaltensfunktionen nach Art. 13 Abs. 1 Buchst. b HCVO) und unter Beachtung der nationalen Rechtsvorschriften vor dem Inkrafttreten dieser Verordnung verwendet wurden sowie keiner Bewertung in einem Mitgliedstaat unterzogen und nicht zugelassen wurden, bis zu sechs Monate nach einer Entscheidung im Sinne des Art. 17 Abs. 3 HCVO weiterverwendet werden, sofern vor dem 19. Januar 2008 ein Antrag nach dieser Verordnung gestellt wurde.
39 (2) Entgegen der Ansicht der Revision handelt es sich bei den beworbenen Funktionen nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts nicht um körperliche Funktionen im Sinne des Art. 13 Abs. 1 Buchst. a HCVO, sondern vielmehr um psychische Funktionen im Sinne des Art. 13 Abs. 1 Buchst. b HCVO. Einschlägig ist daher die Übergangsvorschrift des Art. 28 Abs. 6 HCVO. Allen im Streitfall beworbenen Funktionen ist gemeinsam, dass sie die Gefühlswelt betreffen. Diese zählt nicht zu den Körperfunktionen, sondern vielmehr zu den psychischen Funktionen (vgl. Guidance on the scientific requirements for health claims related to functions of the nervous system, including psychological functions, EFSA Journal 2012;10(7):2816 S. 9 unter 4.2.; zu "seelischem Gleichgewicht" vgl. BGH, Urteil vom 24. Juli 2014 - I ZR 221/12, GRUR 2014, 1013 [juris Rn. 23] = WRP 2014, 1184 - Original Bach-Blüten; OLG Hamm, GRUR-RR 2015, 169 [juris Rn. 61]; zu "seelischem Wohlbefinden" und "emotionaler Balance" vgl. OLG Celle, LMuR 2021, 270 [juris Rn. 59]; zu "Stimmung" und "Entspannung" vgl. Meisterernst/Haber, Praxiskommentar Health & Nutrition Claims, 10. Lieferung April 2010, Art. 13 der Verordnung [EG] Nr. 1924/2006 Rn. 8). Dass möglicherweise auch gewisse Körperfunktionen zu solchen Gefühlen führen oder Gefühle sich auf Körperfunktionen auswirken können, ist unerheblich; die Beklagte hat nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts in ihrer Werbung gerade nicht auf Körperfunktionen verwiesen.
40 (3) Mit dem Antrag nach der Verordnung im Sinne von Art. 28 Abs. 6 Buchst. b HCVO kann nur ein Antrag nach Art. 13 Abs. 5 in Verbindung mit Art. 18 Abs. 1 HCVO gemeint sein (vgl. Hagenmeyer, StoffR 2007, 201, 206; Conte-Salinas in Holle/Hüttebräuker, HCVO, 1. Aufl., Art. 28 Rn. 35; Meisterernst/Haber, WRP 2007, 363, 388). Danach kann jeder Lebensmittelunternehmer, der eine gesundheitsbezogene Angabe zu verwenden beabsichtigt, die nicht in der in Art. 13 Abs. 3 HCVO genannten Gemeinschaftsliste zulässiger Angaben aufgeführt ist, die Aufnahme der Angabe in diese Liste beantragen. Über diesen Antrag wird gemäß Art. 18 Abs. 4 HCVO nach Stellungnahme der Behörde durch die Kommission entschieden. Bei dem Hinweis in Art. 28 Abs. 6 Buchst. b HCVO auf Art. 17 Abs. 3 HCVO dürfte es sich um ein Versehen des Verordnungsgebers handeln (vgl. Meisterernst/Haber aaO 38. Lieferung Juni 2021, Art. 28 der Verordnung [EG] Nr. 1924/2006 Rn. 27a; dies., WRP 2007, 363, 388; Meisterernst, WRP 2008, 755, 760).
41 (4) Im Streitfall hat die Beklagte bereits keinen Antrag vor dem 19. Januar 2008 gestellt. Das Berufungsgericht hat von der Revision nicht angegriffen festgestellt, dass die Beklagte für Melonensaft-Extrakt gar keinen Antrag gestellt hat und der für Safran gestellte Antrag vom 13. Januar 2009 datiert.
42 Es kann dahinstehen, ob Art. 28 Abs. 6 Buchst. b HCVO dahingehend auszulegen ist, dass ein Antrag eines Lebensmittelunternehmers dann nicht erforderlich ist, wenn die Angabe in der von einem Mitgliedstaat übermittelten Liste gemäß Art. 13 Abs. 2 HCVO enthalten ist (vgl. Conte-Salinas in Holle/Hüttebräuker aaO Art. 28 Rn. 35; Epping/Greifeneder, WRP 2006, 830, 840 f.; Greifeneder, Nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben bei Lebensmitteln in Deutschland und Europa, 2009, S. 210; Meisterernst/Haber aaO 38. Lieferung Juni 2021, Art. 28 der Verordnung [EG] Nr. 1924/2006 Rn. 27b und 28g; Meisterernst, WRP 2008, 755, 760; Seehafer, Von der Missbrauchskontrolle zum generellen Verbot, 2012, S. 151; Teufer in Festschrift Welsch, 2010, S. 1, 8; im Ergebnis ebenso Loosen in Festschrift Welsch, 2010, S. 279, 289). Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass es an solchen noch zur Prüfung anstehenden Angaben fehlt. Auch hiergegen erhebt die Revision keine Rügen.
43 (5) Da der den Safran betreffende Antrag nicht vor dem 19. Januar 2008 gestellt worden ist, kann offenbleiben, ob die beanstandeten Angaben mit den angemeldeten Angaben - wie erforderlich - inhaltlich übereinstimmen.