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Wirtschaftsrecht
25.04.2024
Wirtschaftsrecht
BGH: Beschwerderecht bei Anregung eines Firmenmissbrauchsverfahrens

BGH, Beschluss vom 5.3.2024 – II ZB 13/23

ECLI:DE:BGH:2024:050324BIIZB23.23.0

Volltext: BB-Online BBL2024-961-3

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Amtlicher Leitsatz

Der ein Firmenmissbrauchsverfahren Anregende hat weder ein Beschwerderecht gegen die eine Verfahrenseinleitung ablehnende Entscheidung des Registergerichts noch gegen die Beendigung eines auf seine Anregung hin eingeleiteten Verfahrens.

FamFG § 392 Abs. 1, 2; HGB § 37 Abs. 1; PartGG § 2 Abs. 2

Aus den Gründen

    I.

1          Aufgrund der Anmeldung vom 18. April 2018 ist für die Beteiligte zu 1 als neuer, geänderter Name der Gesellschaft in ihrem Registerblatt eingetragen worden: "A.                             Rechtsanwälte Steuerberater Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung", wie im Verschmelzungsvertrag mit der übertragenden D.        & P.      Rechtsanwälte PartGmbB vom 18. April 2018 vereinbart.

 

2          Die Beteiligte zu 2 ist Alleinerbin von Dr. H.   D.       , der zum 31. Dezember 1980 aus der Rechtsvorgängerin der übertragenden Rechtsanwaltssozietät unter der Einwilligung zur Fortführung seines im Sozietätsnamen enthaltenen Namens ausgeschieden ist.

 

3          Mit Schriftsatz an das Registergericht vom 25. März 2019 hat die Beteiligte zu 2 beantragt, die Beteiligte zu 1 zur sofortigen Unterlassung des Namensgebrauchs "D.       " durch Festsetzung von Ordnungsgeld anzuhalten. Mit Schreiben vom 27. März 2019 hat das Registergericht mitgeteilt, dass auf diesen Schriftsatz nichts zu veranlassen sei. Mit Schriftsatz vom 25. März 2021 hat die Beteiligte zu 2 um eine rechtsmittelfähige Entscheidung gebeten. Daraufhin hat das Registergericht mit Schreiben vom 1. April 2021 mitgeteilt, dass keine rechtsmittelfähige Entscheidung erfolge. Mit Schriftsatz an das Registergericht vom 14. April 2021 hat die Beteiligte zu 2 ausgeführt, im Unterschied zum Schreiben des Rechtspflegers vom 27. März 2019 müsse dessen Schreiben vom 1. April 2021 so verstanden werden, dass er nunmehr ein Verfahren eingeleitet habe, jedoch zu dem Ergebnis gekommen sei, dass der Name der Gesellschaft rechtmäßig sei. Mit Schreiben vom 21. April 2021 hat das Registergericht ausgeführt, nach entsprechender Würdigung der rechtlichen Aspekte lägen keine registerrechtlichen Anhaltspunkte vor, das Firmenverbotsverfahren fortzuführen. Mit Schriftsatz vom 7. Mai 2021 hat die Beteiligte zu 2 eine erste, hier nicht verfahrensgegenständliche, Beschwerde eingelegt, gerichtet gegen die "Endentscheidung" des Registergerichts mit Schreiben vom 1. April 2021, gegen den Gebrauch des Namens "D.       " durch die Beteiligte zu 1 nicht vorzugehen. Unter dem 27. Mai 2021 hat das Registergericht die Beteiligte zu 1 um Stellungnahme zu der Anregung, ein Firmenmissbrauchsverfahren durchzuführen, gebeten. Am 14. Juni 2021 hat das Registergericht beschlossen, dass der Beschwerde vom 7. Mai 2021 stattgegeben und ein amtswegiges Firmenmissbrauchsverfahren gemäß § 37 Abs. 1 HGB i.V.m. § 392 FamFG eingeleitet wird. Mit Beschluss vom 16. Mai 2022 hat das Registergericht den Antrag vom 25. März 2019 auf Einleitung eines Firmenmissbrauchsverfahrens zurückgewiesen.

 

4          Die dagegen gerichtete Beschwerde der Beteiligten zu 2 hat das Beschwerdegericht als unzulässig verworfen. Der Beteiligten zu 2 fehle die Beschwerdebefugnis gemäß § 59 Abs. 1 FamFG. Das Beschwerdegericht hat die Rechtsbeschwerde zugelassen zur Klärung der Frage, ob gegen eine auf eine Anregung hin ergangene Entscheidung des Registergerichts, ein Verfahren bei unbefugtem Firmen-/Namensgebrauch gemäß § 392 Abs. 1, 2 FamFG i.V.m. § 2 Abs. 2 PartGG und § 37 Abs. 1 HGB nicht durchzuführen, der Anregende ein Beschwerderecht habe.

 

II.

5          Die Rechtsbeschwerde ist zulässig, aber unbegründet.

 

6          1. Die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde ist gemäß § 70 Abs. 1 FamFG statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Rechtsbeschwerdebefugnis der Beteiligten zu 2 folgt aus der Verwerfung ihrer Beschwerde gegen den Beschluss des Registergerichts (BGH, Beschluss vom 20. September 2011 - II ZB 17/10, BGHZ 191, 84 Rn. 5; Beschluss vom 26. Juni 2018 - II ZB 12/16, ZIP 2018, 1591 Rn. 7; Beschluss vom 3. Dezember 2019 - II ZB 18/19, ZIP 2020, 73 Rn. 7; Beschluss vom 20. Juni 2023 - II ZB 18/22, ZIP 2023, 1744 Rn. 6 mwN).

 

7          2. Die Rechtsbeschwerde ist jedoch nicht begründet. Das Beschwerdegericht hat die Beschwerde zu Recht als unzulässig verworfen, weil der Beteiligten zu 2 die Beschwerdebefugnis gemäß § 59 Abs. 1 FamFG fehlt.

 

8          a) Zutreffend hat das Beschwerdegericht das Rechtsmittel der Beteiligten zu 2 als gemäß § 58 Abs. 1 FamFG statthafte Beschwerde behandelt. Das Registergericht hat nicht bereits die Einleitung eines Verfahrens wegen unbefugten Firmen-/Namensgebrauchs abgelehnt, sondern ein solches mit dem Beschluss vom 14. Juni 2021 eröffnet. Mit dem Beschluss vom 16. Mai 2022 hat das Registergericht entschieden, das bereits eingeleitete Verfahren nicht weiterzuführen, indem es den als Anregung ausgelegten Antrag der Beteiligten zu 2 vom 25. März 2019 auf Einleitung eines Firmenmissbrauchsverfahrens zurückgewiesen hat. Zur Begründung hat es nicht nur auf die fehlende Antragsbefugnis der Beteiligten zu 2 abgestellt, sondern auch darauf, dass die Prüfung keine Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen firmenrechtliche Vorschriftenergeben habe. Damit hat das Registergericht in dem bereits eingeleiteten Firmenmissbrauchsverfahren, wie für § 58 Abs. 1, § 38 Abs. 1 Satz 1 FamFG erforderlich, aber auch ausreichend, eine den Verfahrensgegenstand erledigende ablehnende Sachentscheidung getroffen (vgl. BGH, Beschluss vom 24. April 2012 - II ZB 8/10, ZIP 2012, 1097 Rn. 12; Beschluss vom 20. Juni 2023 - II ZB 18/22, ZIP 2023, 1744 Rn. 8).

 

9          b) Das Beschwerdegericht ist ebenfalls zutreffend davon ausgegangen, dass die Beteiligte zu 2 nicht beschwerdebefugt ist.

 

10        aa) Gemäß § 59 Abs. 1 FamFG steht die Beschwerde nur demjenigen zu, der durch den Beschluss in seinen Rechten beeinträchtigt ist. Erforderlich ist ein unmittelbarer, nachteiliger Eingriff in ein dem Beschwerdeführer zustehendes subjektives Recht. Die angefochtene Entscheidung muss ein bestehendes Recht des Beschwerdeführers aufheben, beschränken, mindern, ungünstig beeinflussen oder gefährden, die Ausübung dieses Rechts stören oder dem Beschwerdeführer die mögliche Verbesserung seiner Rechtsstellung vorenthalten oder erschweren. Die tatsächlichen Grundlagen der Rechtsbeeinträchtigung, bei denen es sich um doppelrelevante Tatsachen handelt, die sowohl für die Zulässigkeit als auch für die Begründetheit der Beschwerde entscheidend sind, sind schlüssig vorzutragen (BGH, Beschluss vom 20. Juni 2023 - II ZB 18/22, ZIP 2023, 1744 Rn. 10 mwN).

 

11        bb) Die Beteiligte zu 2 hat nicht schlüssig dargelegt, dass sie durch die Entscheidung des Registergerichts, das auf ihre Anregung eingeleitete Firmenmissbrauchsverfahren nicht fortzuführen, in einem eigenen Recht beeinträchtigt ist. Der ein Firmenmissbrauchsverfahren gemäß § 392 Abs. 1, 2FamFG i.V.m. § 2 Abs. 2 PartGG und § 37 Abs. 1 HGB Anregende hat weder ein Beschwerderecht gegen die eine Verfahrenseinleitung ablehnende Entscheidung des Registergerichts noch gegen die Beendigung eines auf seine Anregung hin eingeleiteten Verfahrens.

 

12        (1) Teilweise wird allerdings ein Beschwerderecht des ein Firmenmissbrauchsverfahren Anregenden angenommen (Bahrenfuss/Steup, FamFG, 3. Aufl., § 392 Rn. 40; Sternal/Eickelberg, FamFG, 21. Aufl., § 392 Rn. 34; Sternal/Göbel, FamFG, 21. Aufl., § 58 Rn. 65; Sternal/Jokisch, FamFG, 21. Aufl., § 59 Rn. 90; Krafka, Registerrecht, 12. Aufl., Rn. 2460; Müther in Dutta/Jacoby/Schwab, FamFG, 4. Aufl., § 59 Rn. 34), wofür die Beeinträchtigung des eigenen Firmen- oder Namenrechts ausreichend sein soll. Dagegen verneint eine andere Ansicht ein solches Beschwerderecht (RGZ 132, 314, 317 f.; BeckOK FamFG/Ahr, Stand: 1.2.2024, § 392 Rn. 51; Nedden-Boeger in Schulte-Bunert/Weinreich, FamFG, 7. Aufl., § 392 Rn. 71; Reuschle in Ebenroth/Boujong, HGB, 5. Aufl., § 37 Rn. 15).

 

13        (2) Der Senat schließt sich der zuletzt genannten Ansicht an.

 

14        (a) Es besteht bereits kein subjektives Recht für den das Firmenmissbrauchsverfahren Anregenden auf ein Einschreiten des Registergerichts, so dass es für ihn auch kein Beschwerderecht gegen eine das Tätigwerden ablehnende Entscheidung des Registergerichts geben kann, selbst wenn ein Verfahren auf seine Anregung hin zunächst eingeleitet wurde.

 

15        Der Bundesgerichtshof hat bereits in seinem Urteil vom 10. November 1969 entschieden, dass der Anwendungsbereich des § 37 Abs. 2 HGB sich nicht nur auf die Verletzung absoluter Rechte beschränke, da anderenfalls ein großer Teil der durch eine unzulässige Firmierung in Mitleidenschaft gezogenen Betroffenen lediglich auf das Einschreiten des Registergerichts - gemeint nach § 37 Abs. 1 HGB i.V.m. § 140 FGG - angewiesen bleibe, das sie zwar anregen könnten, auf das sie aber keinen Anspruch hätten (BGH, Urteil vom10. November 1969 - II ZR 273/67, BGHZ 53, 65, 70). Das Verfahren bei unbefugtem Firmen-/Namensgebrauch gemäß § 392 Abs. 1, 2 FamFG i.V.m. § 2 Abs. 2 PartGG und § 37 Abs. 1 HGB, in dem das Registergericht von Amtswegen tätig wird, dient nicht dem Schutz von Individualinteressen. § 37 Abs. 1 HGB vermittelt kein subjektives Recht auf Einschreiten des Registergerichts. Das gilt auch für einen gemäß § 37 Abs. 2 HGB in seinen Rechten Verletzten (OLG Hamm, ZIP 1983, 1198, 1202; Heymann/Förster, HGB, 3. Aufl., § 37 Rn. 25; Holzer in Prütting/Helms, FamFG, 6. Aufl., § 392 Rn. 11a; Hopt/Merkt, HGB, 43. Aufl., § 37 Rn. 6; BeckOGK HGB/Maierhofer, Stand: 1.11.2023, § 37 Rn. 54; Ries in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas/Mock/Wöstmann, HGB, 6. Aufl., § 37 Rn. 15; Roth/Stelmaszczyk in Koller/Kindler/Drüen, HGB, 10. Aufl., § 37 Rn. 6; Wamser in Henssler/Strohn, 6. Aufl., § 37 HGB Rn. 5).

 

16        Zweck des § 37 Abs. 1 HGB ist es, den Gebrauch einer dem Verwender nach formellen firmenrechtlichen Grundsätzen nicht zustehenden Firma zu unterbinden. Das vom Registergericht nach § 37 Abs. 1 HGB unter den dort genannten Voraussetzungen einzuleitende Missbrauchsverfahren wird allein zur Wahrung öffentlicher Interessen geführt; die Vorschrift hat ordnungsrechtlichen Charakter (BeckOK HGB/Bömeke, Stand: 1.1.2024, § 37 Rn. 1; Ries in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas/Mock/Wöstmann, HGB, 6. Aufl., § 37 Rn. 1; Reuschle in Ebenroth/Boujong, HGB, 5. Aufl., § 37 Rn. 1). Mit der Möglichkeit zur Festsetzung eines Ordnungsgeldes wegen der unzulässigen Verwendung einer Firma gemäß § 392 FamFG wird die privatrechtliche Möglichkeit nach § 37 Abs. 2 HGB, aus wettbewerbsrechtlichen Gründen oder wegen des Bestehens von Ausschließlichkeitsrechten Unterlassung zu verlangen, um eine öffentlich-rechtliche Sanktionsmöglichkeit durch das Registergericht ergänzt (BeckOK FamFG/Ahr, Stand: 1.2.2024, § 392 Rn. 3; Müther in Dutta/Jacoby/ Schwab, FamFG, 4. Aufl., § 392 Rn. 2). Das Verfahren gemäß § 392 FamFG hat keinen unmittelbar drittschützenden Charakter (BeckOK FamFG/Ahr, Stand: 1.2.2024, § 392 Rn. 3; Nedden-Boeger in Schulte-Bunert/Weinreich, FamFG, 7. Aufl., § 392 Rn. 71), weshalb der Verletzte nicht von dem für ihn kostenintensiven Zivilprozess auf das Firmenmissbrauchsverfahren gemäß § 37 Abs. 1 HGB bei dem Registergericht ausweichen kann (vgl. K. Schmidt, Handelsrecht, 6. Aufl., § 12 IV Rn. 141). Nur die in § 37 Abs. 2 HGB enthaltene Anspruchsgrundlage hat darüber hinaus zur Verwirklichung desselben Normzwecks drittschützende Funktion (BeckOK FamFG/Ahr, Stand: 1.2.2024, § 392 Rn. 3; Hopt/Merkt, HGB, 43. Aufl., § 37 Rn. 1, 9). Die Streitigkeiten, die mit einem Unterlassungsverfahren nach § 37 Abs. 2 HGB zusammenhängen, können somit auch nicht durch ein Beschwerderecht in das Amtsverfahren des Registergerichts, dessen Aufgabenkreis auf der Registerführung liegt, verlagert werden (vgl. RGZ 132, 311, 317 f.).

 

17        (b) Der einzelne Betroffene ist hierdurch nicht schutzlos gestellt, denn § 37 Abs. 2 HGB gewährt ihm einen eigenen, privatrechtlichen Unterlassungsanspruch. Die Befugnis, bei unberechtigtem Firmen-/Namensgebrauch Unterlassung zu verlangen, steht nach § 37 Abs. 2 HGB - hier i.V.m. § 2 Abs. 2 PartGG - jedem zu, der dadurch in seinen Rechten verletzt wird. Dafür reicht es aus, dass der auf Unterlassung Klagende unmittelbar in rechtlichen Interessen wirtschaftlicher Art verletzt ist. Der Anspruch setzt, wie bereits ausgeführt, keine Verletzung eines eigenen Firmenrechts oder sonstigen absoluten Rechts voraus (BGH, Urteil vom 10. November 1969 - II ZR 273/67, BGHZ 53, 65, 70; Urteil vom 8. April 1991 - II ZR 259/90, NJW 1991, 2023; Staub/Burghard, HGB, 6. Aufl., § 37 Rn. 55 mwN).

 

18        Der Weg, einen das Firmen-/Namensrecht Missbrauchenden aus privatem Interesse zur Unterlassung anzuhalten, führt somit, wie das Beschwerdegericht zutreffend ausgeführt hat, nicht über § 392 Abs. 1, 2FamFG i.V.m. § 2 Abs. 2 PartGG und § 37 Abs. 1 HGB und das der Amtsermittlung unterliegende Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit, sondern übereinen in einem Zivilprozess mit dessen Parteimaxime und Beibringungsgrundsatz zu erstreitenden Rechtstitel und dessen anschließender Vollstreckung nach dem 8. Buch der Zivilprozessordnung (Nedden-Boeger in Schulte-Bunert/ Weinreich, FamFG, 7. Aufl., § 392 Rn. 71).

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