BGH: Berechtigung eines GbR-Gesellschafters zur außerordentlichen Kündigung der Gesellschaft
BGH, Urteil vom 22.5.2012 - II ZR 2/11
Leitsätze
a) Ein Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist zur außerordentlichen Kündigung der Gesellschaft berechtigt, wenn ihm eine Fortsetzung der Gesellschaft bis zum Vertragsende oder zum nächsten ordentlichen Kündigungstermin nicht zugemutet werden kann, weil das Vertrauens-verhältnis zwischen den Gesellschaftern grundlegend gestört oder ein gedeihliches Zusammenwir-ken aus sonstigen, namentlich auch wirtschaftlichen Gründen, nicht mehr möglich ist.
b) Ob ein wichtiger Grund für die Kündigung vorgelegen hat, ist auch in der Revisionsinstanz in vol-lem Umfang darauf nachprüfbar, ob die Anwendung des Begriffs des wichtigen Grundes von einem zutreffenden Verständnis der darin zusammengefassten normativen Wertungen ausgeht, d.h., ob alle zur Beurteilung wichtigen Gesichtspunkte herangezogen worden sind und ob das Gewicht der Gründe für den Maßstab der Unzumutbarkeit des weiteren Festhaltens am Vertrag ausreicht.
c) Sieht der Gesellschaftsvertrag einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts vor, dass die Insolvenz ei-nes Gesellschafters zu dessen Ausscheiden und zur Fortsetzung der Gesellschaft unter den ver-bleibenden Gesellschaftern führt, stellt die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Gesellschafters (hier: der geschäftsführenden Gründungsgesellschafterin) für einen anderen Gesellschafter nur bei Darlegung besonderer Umstände einen wichtigen Grund für die (außeror-dentliche) Kündigung des Gesellschaftsverhältnisses dar.
BGB § 723 Abs. 1 Satz 3
Sachverhalt
Die Beklagte trat der Klägerin, einem geschlossenen Fonds in der Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, mit Beitrittserklärung vom 30. Dezember 2005, die am 17. Januar 2006 angenommen wurde, bei. Sie wählte unter den verschiedenen im Beitrittsformular angebotenen Beteili-gungsmöglichkeiten das Programm Multi B und verpflichtete sich, eine Einmal-einlage in Höhe von 4.600 € zuzüglich 5 % Agio sowie monatlich über 30 Jahre Raten in Höhe von 63 € zuzüglich 5 % Agio (Vertragssumme: 28.644 €) zu leis-ten. Die Einmalzahlung sowie die erste Rate waren am 1. Februar 2006 fällig.
Das Beitrittsformular enthält folgende, von der Beklagten unterschriebe-ne Widerrufsbelehrung:
Widerrufsbelehrung
Ich bin an meine auf den Abschluss der oben genannten Beitrittserklärung ge-richtete Willenserklärung nicht mehr gebunden, wenn ich sie binnen zwei Wo-chen widerrufe. Die M. GbR verzichtet auf ein etwaiges vor-zeitiges Erlöschen des Widerrufsrechts nach den gesetzlichen Bestimmungen (§§ 312 d Abs. 3, 355 Abs. 3 BGB). Mit dem Widerruf meiner Willenserklärung kommt auch meine Beteiligung an der M. GbR nicht wirksam zustande.
Form des Widerrufs
Der Widerruf muss in Textform (z.B. Brief, Fax) erfolgen. Der Widerruf muss keine Begründung enthalten.
Fristablauf
Der Lauf der Frist für den Widerruf beginnt einen Tag, nachdem ich diese Wi-derrufsbelehrung unterschrieben habe und mir
ein Exemplar dieser Widerrufsbelehrung und
mein schriftlicher Vertragsantrag oder eine Abschrift der Vertragsurkun-de bzw. meines Vertragsantrages zur Verfügung gestellt wurden.
Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.
Adressat des Widerrufs
Der Widerruf ist zu senden an die M. GbR c/o Privatbank R. GmbH & Co. KG, G. str. , M. , Telefon: (0 ) 6 , Fax: (0 ) 6
Widerruf bei bereits erhaltener Leistung
Habe ich vor Ablauf der Widerrufsfrist bereits Leistungen von der M. GbR und/oder der Privatbank R. GmbH & Co. KG erhalten, so kann ich mein Widerrufsrecht dennoch ausüben. Widerrufe ich in diesem Fall, so muss ich empfangene Leistungen jedoch binnen 30 Tagen an die M. GbR bzw. Privatbank R. GmbH & Co. KG zurückgewäh-ren und der M. GbR bzw. Privatbank R. GmbH & Co. KG die von mir aus den Leistungen gezogenen Nutzungen her-ausgeben. Die Frist beginnt mit Absendung des Widerrufs.
Kann ich die von der M. GbR bzw. Privatbank R. GmbH & Co. KG mir gegenüber erbrachten Leistungen ganz oder teilweise nicht zurückgewähren - beispielsweise weil dies nach dem Inhalt der erbrach-ten Leistungen ausgeschlossen ist -, so bin ich verpflichtet, insoweit Werter-satz zu leisten. Dies gilt auch für den Fall, dass ich die von der M. GbR bzw. Privatbank R. GmbH & Co. KG erbrachten Leistungen bestimmungsgemäß genutzt habe. Die Verpflichtung zum Wertersatz kann ich vermeiden, wenn ich die Leistungen vor Ablauf der Widerrufsfrist nicht in Anspruch nehme.
Die Beklagte zahlte den Einmalbetrag am 3. Februar 2006 und leistete bis einschließlich Juni 2006 Ratenzahlungen. Mit Schreiben ihres Prozessbe-vollmächtigten vom 30. September 2009 hat sie die Beitrittserklärung angefoch-ten und widerrufen sowie die Kündigung des Beteiligungsvertrags erklärt.
Über das Vermögen der Gründungsgesellschafterin und ersten Ge-schäftsführerin der Beklagten, der Privatbank R. & Co GmbH und Co. KG (im Folgenden: R.-Bank), ist am 1. November 2006 und über das Vermögen der zweiten Gründungsgesellschafterin und nachfolgenden Geschäftsführerin, der S. GmbH Wertpapierhandelsbank (im Fol-genden: S.-Bank), ist am 11. Januar 2010 das Insolvenzverfahren eröffnet wor-den.
Die Klägerin hat mit ihrer mit Schriftsatz vom 22. Oktober 2009, beim Amtsgericht eingegangen am 26. Oktober 2009, im Urkundenprozess einge-reichten Klage Zahlung rückständiger Monatsraten von Juli 2006 bis Oktober 2009 in Höhe von insgesamt 2.712,15 € zuzüglich Zinsen sowie vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 316,18 € verlangt.
Das Amtsgericht hat der Klage hinsichtlich der Hauptforderung stattge-geben und sie hinsichtlich der vorgerichtlichen Kosten abgewiesen. Auf die Be-rufung der Beklagten hat das Berufungsgericht die Klage insgesamt abgewie-sen. Hiergegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Klägerin.
Aus den Gründen
8 Die Revision der Klägerin hat Erfolg und führt unter Aufhebung des ange-fochtenen Urteils zur Zurückverweisung an das Berufungsgericht.
9 I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im We-sentlichen ausgeführt:
Der Beteiligungsvertrag der Parteien sei wirksam zustande gekommen, der Vertragstext weise eine ausreichende Schriftgröße aus. Die Beitrittserklä-rung einschließlich der Allgemeinen Geschäftsbedingungen sei ohne Zuhilfe- nahme fremder Hilfsmittel lesbar. Der Vertrag sei nicht durch den von der Be-klagten erklärten Widerruf beendet worden. Ein gesetzliches Widerrufsrecht stehe der Beklagten nicht zu. Ihre Behauptung, der Beitritt sei in einer soge-nannten Haustürsituation erfolgt, sei von der Klägerin bestritten worden. Mit den im Urkundenverfahren zulässigen Beweismitteln habe die Beklagte den ihr ob-liegenden Nachweis der Haustürsituation nicht führen können. Der Beklagten habe zwar aufgrund der Belehrung in dem Beitrittsformular ein vertragliches Widerrufsrecht zugestanden. Dieses habe sie jedoch nicht fristgerecht ausge-übt. Aus dem Inhalt der Widerrufsbelehrung ergäben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass der beitretenden Beklagten ein Widerrufsrecht nach § 355 Abs. 1 BGB habe zugebilligt werden sollen. Die Beklagte habe den Beteiligungsvertrag jedoch wirksam gekündigt. Ihr habe aufgrund der Insolvenzen der geschäftsfüh-renden Gründungsgesellschafterinnen ein außerordentliches Kündigungsrecht nach § 723 Abs. 1 Satz 3 BGB zugestanden. Infolge der Kündigung könne die Klägerin die rückständigen Ratenzahlungen nicht mehr isoliert geltend machen. Im Hinblick auf die anzuwendenden Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft sei diese Forderung nur noch ein unselbständiger Rechnungsposten in der auf den Zeitpunkt des Austritts zu erstellenden Auseinandersetzungsrechnung.
10 II. Das hält revisionsrechtlicher Nachprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand.
11 1. Rechtsfehlerfrei ist die Ansicht des Berufungsgerichts, das Beitritts-formular weise eine ausreichende Schriftgröße aus. Das Formular ist ohne Hilfsmittel ausreichend lesbar.
12 2. Ebenfalls frei von Rechtsfehlern ist die Ansicht des Berufungsgerichts, die Beklagte habe ihre Beitrittserklärung nicht wirksam widerrufen.
13 a) Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht das Bestehen eines gesetz-lichen Widerrufsrechts verneint.
14 Zwar hatte die Beklagte unter Hinweis darauf, dass sie die Beitrittserklä-rung an ihrem Wohnort unterschrieben habe, behauptet, die Abgabe ihrer Bei-trittserklärung sei in einer sogenannten Haustürsituation (§ 312 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB in der hier anzuwendenden Fassung des Gesetzes zur Modernisie-rung des Schuldrechts vom 20. November 2001, BGBl. I S. 3138) erfolgt. Diese Vorschrift findet auf Verträge über den Beitritt zu einer Gesellschaft, die wie die Klägerin der Kapitalanlage dienen soll, nach der vom Gerichtshof der Europäi-schen Union bestätigten (Urteil vom 15. April 2010 - C 215/08, ZIP 2010, 772) ständigen Rechtsprechung des Senats Anwendung (siehe hierzu nur BGH, Ur-teil vom 12. Juli 2010 - II ZR 292/06, BGHZ 186, 167 Rn. 12 - FRIZ II).
15 Nachdem die Klägerin das Vorliegen einer Haustürsituation bestritten hatte, oblag es der Beklagten, die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 312 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB sowie deren Kausalität für den Vertragsschluss darzu-legen und zu beweisen (vgl. BGH, Urteil vom 16. Januar 1996 - XI ZR 116/95, BGHZ 131, 385, 392 zu § 1 Abs. 1 HWiG; Beschluss vom 22. September 2008 - II ZR 257/07, ZIP 2008, 2359 Rn. 5 m.w.N.). Diesen Beweis hat die Beklagte mit den im Urkundenprozess zulässigen Beweismitteln nicht führen können (§ 598 ZPO).
16 b) Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung hat das Berufungsge-richt weiter rechtsfehlerfrei angenommen, die Beklagte habe ein - vom Beru-fungsgericht angenommenes - vertragliches Widerrufsrecht jedenfalls nicht fristgerecht ausgeübt.
17 aa) Nach herrschender Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum kann ein Widerrufsrecht nicht nur von Gesetzes wegen bestehen, sondern grundsätzlich auch im Vereinbarungswege festgelegt werden. Danach können Vertragspartner - als Ausprägung der Vertragsfreiheit - ein Widerrufsrecht ver-traglich vereinbaren und für die nähere Ausgestaltung sowie die Rechtsfolgen auf die §§ 355, 357 BGB verweisen (vgl. Staudinger/Kaiser, BGB [2004], § 355 Rn. 11; Palandt/Grüneberg, BGB, 71. Aufl., Vorb v § 355 Rn. 5; Bamber-ger/Roth/Grothe, BGB, 2. Aufl., § 355 Rn. 4; NK-BGB/Ring, 2. Aufl., § 355 Rn. 26; zur vertraglichen Vereinbarung einer Verlängerung der Widerrufsfrist vgl. BGH, Urteil vom 13. Januar 2009 - XI ZR 118/08, WM 2009, 350 Rn. 16 f.).
18 bb) Ob einer Widerrufsbelehrung, die keine Beschränkung darauf enthält, dass sie nur in gesetzlich vorgesehenen Fällen gelten soll, die Vereinbarung eines vertraglichen Widerrufsrecht entnommen werden kann, wovon das Beru-fungsgericht - von der Revision unbeanstandet - ausgegangen ist, kann hier dahingestellt bleiben (vgl. zu dieser Problematik BGH, Urteil vom 15. Oktober 1980 - VIII ZR 192/79, WM 1980, 1386, 1387, insoweit in BGHZ 78, 248 nicht abgedruckt; Urteil vom 30. Juni 1982 - VIII ZR 115/81, WM 1982, 1027; Urteile vom 6. Dezember 2011 - XI ZR 401/10, ZIP 2012, 262 Rn. 17 und - XI ZR 442/10, juris Rn. 24; OLG Hamburg, Urteil vom 19. Juni 2009 - 11 U 210/06, juris Rn. 121; OLG Köln, Urteil vom 22. Juli 2009 - 27 U 5/09, juris Rn. 22 f.; MünchKommBGB/Masuch, 6. Aufl., § 360 Rn. 15; Ebnet, NJW 2011, 1029, 1030 f.; Godefroid, Verbraucherkreditverträge, 3. Aufl., Rn. 486 f.; Münscher, WuB I G 1.5.03; Corzelius, EWiR 2009, 243, 244; Tetzlaff, GWR 2012, 88). Denn die Beklagte hätte ein ihr vertraglich eingeräum-tes Widerrufsrecht jedenfalls nicht fristgemäß ausgeübt, wie das Berufungsge-richt rechtsfehlerfrei angenommen hat.
19 cc) Die Beklagte war - ein vertraglich eingeräumtes Widerrufsrecht unter-stellt - nach der Widerrufsbelehrung berechtigt, ihre Beitrittserklärung binnen zwei Wochen zu widerrufen. Der Lauf der Frist hätte danach einen Tag, nach-dem sie die Widerrufsbelehrung unterschrieben hatte und ihr ein Exemplar der Belehrung sowie ihr schriftlicher Vertragsantrag oder eine Abschrift der Ver-tragsurkunde bzw. ihres Vertragsantrags zur Verfügung gestellt worden waren, begonnen. Diese Zweiwochenfrist, die demnach am 31. Dezember 2005 zu lau-fen begonnen hätte, wäre am 30. September 2009, als ihr Prozessbevollmäch-tigter den Widerruf erklärte, längst abgelaufen gewesen.
20 dd) Für den Beginn der Widerrufsfrist kommt es nicht darauf an, ob die Widerrufsbelehrung den Anforderungen an eine Belehrung über ein gesetzli-ches Widerrufsrecht entspricht. Wie das Berufungsgericht ohne Rechtsfehler angenommen hat, lässt sich - wenn man der Widerrufsbelehrung überhaupt die Einräumung eines vertraglichen Widerrufsrechts entnehmen wollte - den For-mulierungen des Beitrittsformulars im Wege der Auslegung jedenfalls nicht ent-nehmen, die Klägerin habe der Beklagten nicht nur ein vertragliches Widerrufs-recht mit der in der Widerrufsbelehrung beschriebenen Ausgestaltung einräu-men wollen, sondern sich darüber hinaus auch verpflichtet, ihr gegenüber alle im Falle eines gesetzlichen Widerrufsrechts einzuhaltenden gesetzlichen Belehrungspflichten erfüllen zu wollen und ihr bei deren Nichteinhaltung ein unbefris-tetes Widerrufsrecht einzuräumen.
21 (1) Bei der Auslegung der Vertragserklärung ist der Hintergrund der ge-setzlichen Widerrufsvorschriften in den Blick zu nehmen:
22 Die Fälle des gesetzlichen Widerrufsrechts, die eine Durchbrechung des Grundsatzes "pacta sunt servanda" darstellen, sind enumerativ und abschlie-ßend geregelt (§ 355 Abs. 1 Satz 1 BGB) und knüpfen an bestimmte gesetzli-che Merkmale an (siehe insoweit auch BGH, Urteile vom 6. Dezember 2011 - XI ZR 401/10, ZIP 2012, 262 Rn. 17 und - XI ZR 442/10, juris Rn. 24). Wird einem Vertragspartner vertraglich ein Widerrufsrecht eingeräumt, das ihm nach dem Gesetz nicht zusteht, z.B. weil der Vertragsschluss außerhalb einer „Haus-türsituation" erfolgt und es daher an der vom Gesetz typisierten Situation eines strukturellen Ungleichgewichts fehlt, kann nicht ohne weiteres davon ausge-gangen werden, dass sich die Vertragspartner gleichwohl in einer solchen Situ-ation begegnen. Sie sind vielmehr grundsätzlich als vom Gesetz gleichgewich-tig eingeschätzte Vertragspartner anzusehen. Dann bestimmt sich der Inhalt des Widerrufsrechts aber auch ausschließlich durch Auslegung ihrer vertragli-chen Vereinbarung.
23 (2) Vor diesem Hintergrund bedarf es dann, wenn ein Unternehmer ei-nem Verbraucher, ohne dazu gesetzlich verpflichtet zu sein, ein Widerrufsrecht eingeräumt hat, konkreter Anhaltspunkte in der getroffenen Vereinbarung dafür, dass zwar das Widerrufsrecht als solches von den gesetzlichen Voraussetzun-gen (z.B. einer Haustürsituation) unabhängig sein soll, gleichwohl die für die Ausübung des Widerrufsrechts vereinbarte Frist nur dann in Gang gesetzt wer-den soll, wenn der Unternehmer dem Anleger zusätzlich eine Belehrung erteilt hat, die den Anforderungen für ein gesetzliches Widerrufsrecht (hier: §§ 312, 355 BGB in der Fassung des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 20. November 2001, BGBl. I S. 3138) entspricht.
24 Derartige Anhaltspunkte bestehen vorliegend nicht. Ein vernünftiger Empfänger der Erklärung der Klägerin konnte den Formulierungen der Wider-rufsbelehrung nicht entnehmen, dass die Klägerin sich für den Fall, dass ein gesetzliches Widerrufsrecht nicht besteht, verpflichten wollte, dem Anleger ver-traglich ein unbefristetes Widerrufsrecht einräumen zu wollen, wenn die von ihr in der Widerrufsbelehrung genannten Voraussetzungen des Widerrufsrechts nicht den vom Gesetz für ein gesetzliches Widerrufsrecht aufgestellten Anforde-rungen genügten.
25 Für die gegenteilige Auslegung reicht es nicht aus, dass sich die Klägerin bei den Formulierungen an den Vorgaben des gesetzlichen Widerrufsrechts orientiert hat. Dies ist ersichtlich lediglich dem Umstand geschuldet, dass die Widerrufsbelehrung für den Fall des Eingreifens einer gesetzlichen Verpflich-tung zur Belehrung in das Formular aufgenommen wurde, und besagt deshalb nichts für einen Willen der Klägerin, nicht bestehende Belehrungspflichten übernehmen und erfüllen zu wollen. Ebenso wenig folgt aus der Tatsache, dass die Klägerin selbstverständlich beabsichtigte, im Falle des Eingreifens eines gesetzlichen Widerrufsrechts mit der Belehrung die gesetzlichen Anforderungen zu erfüllen, aus der Sicht eines verständigen Empfängers ein Anhaltspunkt da-für, dass er sein (möglicherweise vertragliches) Widerrufsrecht unter anderen als unter den formulierten Voraussetzungen werde ausüben können.
26 Auch aus dem Umstand, dass die Klägerin unter Hinweis auf § 312d Abs. 3 BGB, § 355 Abs. 3 BGB auf ein "etwaiges vorzeitiges Erlöschen" des Widerrufsrechts nach diesen Vorschriften verzichtet hat, folgt aus der maßgeb-lichen Sicht des Anlegers nicht, dass die Klägerin die gesetzlichen Belehrungspflichten auch in dem Fall erfüllen wollte, dass der Vertragsschluss nicht in ei-ner Haustürsituation erfolgte. Es kann dahinstehen, ob der in der Widerrufsbe-lehrung erklärte Verzicht auf ein vorzeitiges Erlöschen des Widerrufsrechts nach den gesetzlichen Bestimmungen überhaupt dahin ausgelegt werden kann, er solle gegebenenfalls auch dann gelten, wenn die gesetzlichen Bestimmun-gen mangels Vorliegens eines gesetzlichen Widerrufsrechts schon nicht an-wendbar sind und allenfalls ein vertraglich eingeräumtes Widerrufsrecht in Rede steht. Jedenfalls kommt in diesem Verzicht nicht zum Ausdruck, dem Anleger sämtliche Rechte, die das Gesetz dem Verbraucher in der besonders schutz-würdigen Situation eines Geschäftsabschlusses in einer Haustürsituation ge-währt, selbst dann einräumen zu wollen, wenn eine solche Situation nicht ge-geben ist. Der Verbraucher kann der Erklärung allenfalls entnehmen, dass der Unternehmer ihm damit ein Widerrufsrecht unter den in der Belehrung formu-lierten Voraussetzungen einräumt. Die Bezugnahme auf die gesetzlichen Best-immungen ist für ihn nur insoweit von Bedeutung, als das ihm gegenüber for-mulierte Widerrufsrecht (dadurch) nicht eingeschränkt wird.
27 3. Zu Recht rügt die Revision jedoch die Ansicht des Berufungsgerichts als fehlerhaft, der Beklagten habe aufgrund der Insolvenz der beiden geschäfts-führenden Gesellschafterinnen ein außerordentliches Kündigungsrecht nach § 723 Abs. 1 Satz 3 BGB zugestanden.
28 a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats setzt das - unentziehbare - Recht zur außerordentlichen Kündigung voraus, dass dem Kündigenden nach Lage des Falles eine Fortsetzung der Gesellschaft bis zum Vertragsende oder zum nächsten ordentlichen Kündigungstermin nicht zugemu-tet werden kann, weil das Vertrauensverhältnis zwischen den Gesellschaftern grundlegend gestört oder ein gedeihliches Zusammenwirken aus sonstigen, namentlich auch wirtschaftlichen Gründen, nicht mehr möglich ist (siehe nur BGH, Urteil vom 30. November 1951 - II ZR 109/51, BGHZ 4, 108, 113; Urteil vom 12. Juli 1982 - II ZR 157/81, BGHZ 84, 379, 382 f.; Urteil vom 24. Juli 2000 - II ZR 320/98, ZIP 2000, 1772 m.w.N.). Dabei muss das auf dem wichtigen Grund beruhende Individualinteresse des Kündigenden an der sofortigen Been-digung seiner Mitgliedschaft in der Gesellschaft höher zu bewerten sein als das Interesse seiner Mitgesellschafter an der unveränderten Fortsetzung der Ge-sellschaft (BGH, Urteil vom 12. Juli 1982 - II ZR 157/81, BGHZ 84, 379, 383; Urteil vom 23. Oktober 2006 - II ZR 162/05, BGHZ 169, 270 Rn. 13, 15). Hie-raus folgt, dass die Feststellung des wichtigen Grundes zur Kündigung die ein-gehende Würdigung der Gesamtumstände des Einzelfalls erfordert.
29 Der wichtige Grund als Voraussetzung der außerordentlichen Kündigung muss weiter bereits im Zeitpunkt der Kündigung vorliegen (siehe nur BGH, Ur-teil vom 24. Juli 2000 - II ZR 320/98, ZIP 2000, 1772, 1773). Ein Nachschieben von in der Kündigungserklärung nicht angegebenen Gründen ist zulässig, wenn die Gründe im Zeitpunkt der Kündigung objektiv bereits vorlagen, d.h. nicht erst später eingetreten sind, und die Mitgesellschafter mit ihrer nachträglichen Gel-tendmachung rechnen mussten (vgl. BGH, Urteil vom 5. Mai 1958 - II ZR 245/56, BGHZ 27, 220, 225 f.; MünchKommBGB/Ulmer/Schäfer, 5. Aufl., § 723 Rn. 24 m.w.N.).
30 Auch wenn das außerordentliche Kündigungsrecht unverzichtbar ist, kann seine verzögerte Ausübung für die Wirksamkeit der Kündigung Bedeutung erlangen. Wird das Kündigungsrecht in Kenntnis des Bestehens seines Grun-des über einen längeren Zeitraum nicht ausgeübt, so kann eine tatsächliche Vermutung dafür sprechen, dass der Kündigungsgrund nicht so schwer wiegt, dass dem Kündigenden die Fortsetzung der Gesellschaft unzumutbar ist oder dass der Grund dieses Gewicht jedenfalls in der Zwischenzeit verloren hat (siehe nunmehr § 314 Abs. 3 BGB sowie BGH, Urteil vom 11. Juli 1966 - II ZR 215/64, WM 1966, 857, 858; MünchKommBGB/Ulmer/Schäfer, 5. Aufl., § 723 Rn. 48 m.w.N.).
31 b) Ob ein wichtiger Grund für die Kündigung vorgelegen hat, ist auch in der Revisionsinstanz in vollem Umfang darauf nachprüfbar, ob die Anwendung des Begriffs des wichtigen Grundes von einem zutreffenden Verständnis der darin zusammengefassten normativen Wertungen ausgeht. Somit kann geprüft werden, ob alle zur Beurteilung wichtigen Gesichtspunkte herangezogen wor-den sind und ob das Gewicht der Gründe für den Maßstab der Unzumutbarkeit des weiteren Festhaltens am Vertrag ausreicht (vgl. BGH, Urteil vom 23. Januar 1967 - II ZR 166/65, BGHZ 46, 392, 396; Urteil vom 8. Juli 1976 - II ZR 34/75, WM 1976, 1030 ff.; Urteil vom 28. Januar 2002 - II ZR 239/00, WM 2002, 597 f.; Urteil vom 21. November 2005 - II ZR 367/03, ZIP 2006, 127 Rn. 13 ff.).
32 Gemessen hieran hat das Berufungsgericht das Vorliegen eines wichti-gen Grundes nicht rechtsfehlerfrei festgestellt.
33 aa) Das Berufungsgericht hat in seine Abwägung schon nicht einbezo-gen, dass im Zeitpunkt der Kündigungserklärung vom 30. September 2009 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der ersten geschäfts-führenden Gesellschafterin, der R.-Bank, fast drei Jahre zurücklag, ohne dass sich die Beklagte veranlasst gesehen hätte, ihre Beitrittserklärung deshalb zu kündigen. Ebenso wenig hat es berücksichtigt, dass das Insolvenzverfahren über das Vermögen der nachfolgenden geschäftsführenden Gesellschafterin S.-Bank erst am 11. Januar 2010 eröffnet wurde, so dass sich daraus nicht ohne weiteres das Vorliegen eines Kündigungsgrundes bereits im Zeitpunkt der Kün-digungserklärung vom 30. September 2009 herleiten lässt. Feststellungen da-hingehend, dass die Gründe für die Insolvenz der S.-Bank objektiv schon am 30. September 2009 vorgelegen hätten, hat das Berufungsgericht nicht getrof-fen.
34 bb) Selbst wenn man sich auf den Standpunkt stellt, die Gründe für die Insolvenz der S.-Bank hätten am 30. September 2009 objektiv schon vorgele-gen, und im Rahmen der gebotenen Gesamtabwägung auf den an sich "verfris-teten" Kündigungsgrund der Insolvenz der R.-Bank wegen der Gleichartigkeit der Vertragsstörungen im Rahmen der gebotenen Gesamtabwägung zurück-greift (in diesem Sinne OLG Köln, WM 1993, 325, 328; siehe auch Erman/ H.P.Westermann, BGB, 13. Aufl., § 723 Rn. 14), ist die Entscheidung des Beru-fungsgerichts rechtsfehlerhaft, weil es allein die Interessen der Beklagten in den Blick genommen und diesen gegenüber dem grundsätzlichen Interesse der Mit-gesellschafter an einem Fortbestand des Gesellschaftsverhältnisses auch mit der Beklagten ein ihnen nicht zukommendes Gewicht beigemessen hat.
35 (1) Das Berufungsgericht hat schon nicht berücksichtigt, dass die Insol-venz eines Gesellschafters in einer Publikumsgesellschaft regelmäßig (so auch hier nach § 24 des Gesellschaftsvertrages) zum Ausscheiden des Gesellschaf-ters und zur Fortsetzung der Gesellschaft unter den verbleibenden Gesellschaf-tern führt. Ist dieser Gesellschafter zugleich Geschäftsführer, führt dies in der Regel zu seiner Abberufung und zur Einsetzung eines neuen Geschäftsführers. Angesichts dieser während des Bestehens einer Gesellschaft jederzeit mögli-chen Ereignisse in der Person des geschäftsführenden Gesellschafters, die nach dem Willen der Gesellschafter auf den Fortbestand der Gesellschaft kei-nen Einfluss haben sollen, bedarf es der Feststellung besonderer Umstände, die es rechtfertigen, dass ein Gesellschafter gleichwohl in diesem Fall die Ge-sellschaft aus wichtigem Grund kündigen kann.
36 Dafür reicht es entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht aus, dass die Beklagte möglicherweise einer Bank als Geschäftsführerin besonderes Vertrauen entgegengebracht hat. Aus dem Umstand, dass die Bank als Ge-schäftsführerin ausgeschieden ist, folgt nicht, dass das Erreichen des Gesell-schaftszwecks in einem solchen Ausmaß gefährdet war, dass der Beklagten ein Festhalten an der Gesellschaft unzumutbar war. Dazu hat das Berufungsgericht nichts festgestellt. Seine durch keine Tatsachen oder Erfahrungssätze unterleg-te, allein auf die Insolvenz der beiden geschäftsführenden Gesellschafterinnen gestützte Vermutung, dass deshalb wirtschaftliche Schwierigkeiten auch für die Klägerin eintreten würden, reicht dafür ersichtlich nicht aus.
37 (2) Dass die Beklagte gerade der R.-Bank und der S.-Bank ein derart be-sonderes Vertrauen entgegengebracht hat, dass nur deren Stellung als Ge-schäftsführerinnen sie zum Beitritt veranlasst hat, hat das Berufungsgericht ebenfalls nicht festgestellt. Die Beklage hat auch nicht vorgetragen, dass die ordnungsgemäße Erfüllung der der Geschäftsführung der Klägerin obliegenden Aufgaben nur durch die R.-Bank und die S.-Bank, nicht jedoch durch einen an-deren Geschäftsführer gewährleistet war.
38 III. Der Senat kann in der Sache nicht abschließend selbst entscheiden, da das Berufungsgericht - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - zu den weiteren von der Beklagten vorgetragenen Umständen, die sie ihrer An-sicht nach zur außerordentlichen Kündigung berechtigt haben (Sonderkündi-gungsrecht, Prospektfehler, arglistige Täuschung) keine Feststellungen getrof-fen hat. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
39 1. In einem zur Altersvorsorge gedachten Fonds sind nach der Recht-sprechung des Senats rechtsgeschäftliche Bindungen über einen langen Zeit-raum nicht schlechthin unzulässig. Eine Grenze bilden §§ 138, 242, 723 Abs. 3 BGB, gegebenenfalls auch § 307 BGB. Eine langfristige Bindung ist dann sit-tenwidrig, wenn durch sie die persönliche und wirtschaftliche Handlungsfreiheit so beschränkt wird, dass die eine Seite der anderen in einem nicht mehr hin-nehmbaren Übermaß "auf Gedeih und Verderb" ausgeliefert ist. Maßgebend ist eine Abwägung der jeweiligen vertragstypischen und durch die Besonderheiten des Einzelfalls geprägten Umstände (vgl. BGH, Urteil vom 22. Mai 2012 - II ZR 205/10, Umdruck S. 6 ff., z.V.b).
40 2. Sollte das Berufungsgericht in der wiedereröffneten Berufungsver-handlung erneut zu dem Ergebnis kommen, dass die Beklagte ihre Beteiligung wirksam gekündigt hat, führt dies, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, nach der ständigen Rechtsprechung des Senats zur Anwendung der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft und zur Ermittlung des Wertes des Geschäftsanteils des fehlerhaft beigetretenen Gesellschafters im Zeitpunkt sei-nes Ausscheidens. Dies würde zur Abweisung der Klage führen.
41 a) Zwar wäre die Beklagte mit Zugang der außerordentlichen Kündigung mit Wirkung "ex nunc" aus der Klägerin ausgeschieden, mit (u.a.) der Folge, dass sie zur Zahlung rückständiger, noch nicht erbrachter (Einlage-)Leistungen an die Gesellschaft verpflichtet bliebe (st.Rspr., siehe nur BGH, Beschluss vom 5. Mai 2008 - II ZR 292/06, ZIP 2008, 1018 Rn. 9 m.w.N. - FRIZ I). Diesen An-spruch kann die Klägerin jedoch nicht mehr isoliert geltend machen. Nach der - vom Berufungsgericht zutreffend gesehenen - ständigen Rechtsprechung des Senats unterliegen sowohl die Ansprüche des Gesellschafters gegen die Ge-sellschaft als auch die der Gesellschaft gegen die Gesellschafter zum Stichtag des Ausscheidens einer Durchsetzungssperre; die gegenseitigen Ansprüche werden zu unselbständigen Rechnungsposten der Auseinandersetzungsrech-nung (siehe nur BGH, Urteil vom 15. Mai 2000 - II ZR 6/99, ZIP 2000, 1208, 1209; Urteil vom 2. Juli 2001 - II ZR 304/00, BGHZ 148, 201, 207 f.; Urteil vom 12. Juli 2010 - II ZR 492/06, BGHZ 186, 167 Rn. 12 - FRIZ II; Urteil vom 17. Mai 2011 - II ZR 285/09, ZIP 2011, 1359 Rn. 14, 17). Der Senatsentscheidung vom 16. Dezember 2002 (II ZR 109/01, BGHZ 153, 214 ff.) ist nichts Abweichendes zu entnehmen.
42 b) Die Revision weist zwar zutreffend darauf hin, dass nach der Recht-sprechung des Senats eine Klage im ordentlichen Verfahren, die unter Verken-nung der Durchsetzungssperre auf Zahlung gerichtet ist, ohne weiteres ein Feststellungsbegehren enthält, das darauf gerichtet ist, dass die entsprechende Forderung in die Auseinandersetzungsrechnung eingestellt wird; eines entspre-chenden (ausdrücklichen) Hilfsantrags der klagenden Partei bedarf es nicht (siehe nur BGH, Urteil vom 9. März 1992 - II ZR 195/90, NJW 1992, 2757, 2758; Urteil vom 15. Mai 2000 - II ZR 6/99, ZIP 2000, 1208, 1210; Urteil vom 18. März 2002 - II ZR 103/01, NZG 2002, 519). Im Urkundenprozess vermag diese Auslegung der Klage jedoch nicht zum Erfolg zu verhelfen; sie wäre in-soweit als im Urkundenprozess unstatthaft abzuweisen.
43 aa) Nach § 592 ZPO kann im Urkundenprozess (nur) ein Anspruch gel-tend gemacht werden, "welcher die Zahlung einer bestimmten Geldsumme" zum Gegenstand hat. Zweck des Urkundenprozesses ist es, dem durch Urkun-den legitimierten Gläubiger möglichst schnell einen vollstreckbaren (§ 708 Nr. 4 ZPO), wenn auch vielleicht nur vorläufigen Titel zu verschaffen. Nur wo dieser Zweck - einen Geldanspruch schnell durchsetzen zu können - wirklich erreich-bar ist, kann der beklagten Partei zugemutet werden, sich mit etwaigen Ein-wendungen auf das Nachverfahren verweisen zu lassen. Kann dagegen der Beschleunigungszweck nicht oder nur unvollkommen erreicht werden, dann besteht kein hinreichender Grund, die beklagte Partei der Gefahr eines - möglicherweise falschen - Vorbehaltsurteils auszusetzen (BGH, Urteil vom 21. März 1979 - II ZR 91/78, WM 1979, 614).
44 bb) Aus diesem Grund ist die Erhebung einer Feststellungsklage im Ur-kundenprozess unstatthaft (BGH, Urteil vom 31. Januar 1955 - II ZR 136/54, BGHZ 16, 207, 213; Urteil vom 21. März 1979 - II ZR 91/78, WM 1979, 614; Musielak/Voit, ZPO, 9. Aufl., § 592 Rn. 3; Zöller/Greger, ZPO, 29. Aufl., § 592 Rn. 3). Ein Feststellungsurteil führt nicht zur schnellen (vorläufigen) Befriedi-gung des Gläubigers; die Vollstreckung eines Feststellungstitels - mit Ausnah-me des Kostenausspruchs - scheidet aus (Zöller/Greger, ZPO, 29. Aufl., § 704 Rn. 2; § 708 Rn. 13).
45 cc) Dies gilt im selben Maße in einem Fall wie dem vorliegenden, in dem zu prüfen ist, ob ein zunächst klageweise geltend gemachter Zahlungsantrag im Urkundenprozess ein Feststellungsbegehren dahingehend enthält, die mit dem Zahlungsantrag geltend gemachte Forderung sei in eine Auseinandersetzungs-rechnung der Parteien einzustellen. Dass die mit dem (falschen) Ziel auf Zah-lung einer Geldforderung erhobene Klage zunächst als im Urkundenprozess statthaft bewertet wurde, führt entgegen der Ansicht der Revision nicht dazu, dass ein solches Feststellungsbegehren, wenn es durch Auslegung dem Zah-lungsantrag auch in diesem Fall zu entnehmen sein sollte, deshalb ebenfalls statthaft wäre (vgl. Musielak/Voit, ZPO, 9. Aufl., § 597 Rn. 2). Die Beschneidung der Rechte der beklagten Partei eines Urkundenprozesses lässt sich, wie aus-geführt, nur rechtfertigen, wenn die mit dem Urkundenprozess bezweckte be-schleunigte Befriedigungsmöglichkeit des Gläubigers erreicht werden kann. Dies ist bei der begehrten Feststellung, eine Forderung mit einem bestimmten Betrag in eine Auseinandersetzungsrechnung einzustellen, nicht der Fall. Der Streit geht es diesem Fall nicht mehr darum, ob ein bestimmter Geldbetrag zu zahlen ist.