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Wirtschaftsrecht
26.11.2020
Wirtschaftsrecht
BGH: Berechtigung des Liquidators einer GbR zur Geltendmachung eines Nachschussanspruchs zwecks Ausgleichs unter den Gesellschafter

BGH, Urteil vom 27.10.2020 – II ZR 150/19

ECLI:DE:BGH:2020:271020UIIZR150.19.0

Volltext: BB-Online BBL2020-2753-1

Amtlicher Leitsatz

Auch eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die keine Publikumsgesellschaft ist, kann nach ihrer Auflösung, vertreten durch den Liquidator, Nachschüsse zum Zweck des Ausgleichs unter den Gesellschaftern einfordern.

Sachverhalt

Die Klägerin, eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, wurde von dem Beklagten und Rechtsanwalt G.          1992 zur Errichtung und Bewirtschaftung eines Wohn- und Geschäftshauses gegründet. Im September 2001 wurde die K.                    GmbH als alleinvertretungsberechtigte Gesellschafterin ohne Kapitalbeteiligung aufgenommen. Seit dem Verkauf der gesellschaftseigenen Immobilie im März 2008 befindet sich die Klägerin in Liquidation.

Unter dem 9. November 2011 erstellte die K.   Vermögensverwaltungs- und Steuerberatungsgesellschaft für die Klägerin eine Auseinandersetzungsbilanz, die zum 16. September 2010 eine Auseinandersetzungsforderung des G.        in Höhe von 11.846,14 € sowie eine Auseinandersetzungsverbindlichkeit des Beklagten in gleicher Höhe ausweist. Die Ausgleichsforderung beruht rechnerisch darauf, dass unter den sonstigen Verbindlichkeiten der Klägerin ein Betrag in Höhe von 24.261,38 € als Darlehen des G.           ausgewiesen ist. Der abschließend genannte Ausgleichsbetrag entspricht der Hälfte des Darlehensbetrags abzüglich anderweitiger Entnahmen des G.         . Die Auseinandersetzungsbilanz ist nicht durch Gesellschafterbeschluss festgestellt worden, da der Beklagte seine Zustimmung verweigert hat.

Die Klägerin hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen, der Auseinandersetzungsbilanz "zum 30.6.2008" zuzustimmen und an die Klägerin 11.846,14 € zuzüglich Darlehenszinsen für den Zeitraum von 2008 bis 2011 in Höhe von 2.001,57 € zu zahlen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, weil die Klägerin die rechtswirksame Vereinbarung des Darlehens über 24.261,38 € und damit die inhaltliche Richtigkeit der Auseinandersetzungsbilanz nicht dargelegt habe. Die Berufung der Klägerin ist erfolglos geblieben. Hiergegen wendet sie sich mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, mit der sie ihr Klagebegehren weiterverfolgt.

Aus den Gründen

5          Die Revision hat hinsichtlich des Zahlungsantrags Erfolg und führt insoweit zur Aufhebung des Berufungsurteils sowie zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

6          I. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

7          Die Klägerin werde durch die K.    GmbH als Liquidatorin ordnungsgemäß vertreten. Aus dem Gesellschaftsvertrag ergebe sich, dass der Geschäftsführer der Gesellschaft auch der Liquidator der Gesellschaft nach ihrer Auflösung sein solle. Dass sich neben der K.   GmbH mit deren Billigung auch der Gesellschafter G.    als Liquidator geriere, sei unschädlich.

8          Die Klägerin sei aber nicht berechtigt, den Ausgleichsanspruch des G.   gegen den Beklagten geltend zu machen, und könne daher weder die Zustimmung zu einer den Ausgleichsanspruch ausweisenden Auseinandersetzungsbilanz noch entsprechende Zahlung verlangen.

9          Ob und unter welchen Voraussetzungen eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts zur Geltendmachung von Nachschussansprüchen gemäß § 735 BGB berechtigt sei, wenn der Nachschuss wie im Streitfall nur noch zum Ausgleich unter den Gesellschaftern benötigt werde, sei nicht abschließend geklärt. Der Bundesgerichtshof habe eine solche Befugnis für Liquidatoren einer Publikumsgesellschaft bejaht, aber offengelassen, ob die Liquidatoren von Personengesellschaften generell, auch ohne gesellschaftsvertragliche Ermächtigung, zur Durchführung des Ausgleichs unter den Gesellschaftern berechtigt seien.

10        Die Frage sei jedenfalls für den hier vorliegenden Fall, in dem nur zwei Personen am Gesellschaftskapital beteiligt seien, zu verneinen. Dies entspreche dem Wortlaut des § 730 Abs. 1 BGB, der nach Auflösung der Gesellschaft in Ansehung des Gesellschaftsvermögens eine Auseinandersetzung "unter den Gesellschaftern" vorsehe. Anders als bei kapitalistisch strukturierten Publikumsgesellschaften sprächen bei Gesellschaften bürgerlichen Rechts, in denen lediglich die Kapitalkonten zweier Gesellschafter auszugleichen seien, auch keine Zweckmäßigkeitserwägungen für einen vom Liquidator vorzunehmenden Innenausgleich. Eine mögliche Einmischung der Gesellschaft als Prozesspartei würde den Innenausgleich vielmehr unnötig erschweren. Bei Zweipersonengesellschaften sei zudem nicht einsichtig, warum der Gesellschafter, der Ausgleichsforderungen erhebe, die Möglichkeit haben sollte, das Prozesskostenrisiko auf die Gesellschaft zu verlagern.

11        II. Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Nachprüfung in einem wesentlichen Punkt nicht stand. Eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts kann nach ihrer Auflösung gemäß § 735 BGB Nachschüsse einfordern, auch wenn dies nur noch dem Ausgleich unter den Gesellschaftern dient.

12        1. Die Klage ist zulässig. Die Klägerin wird allerdings nicht, wie vom Berufungsgericht angenommen, nur von der K.   GmbH vertreten, sondern durch diese und       G.   .

13        Es kann offenbleiben, ob dem Gesellschaftsvertrag in Übereinstimmung mit dem Berufungsurteil entnommen werden kann, dass ein Geschäftsführer der Klägerin abweichend von § 730 Abs. 2 Satz 2 BGB nach Auflösung der Gesellschaft Liquidator sein und als solcher vertretungsberechtigt bleiben soll. Denn zur Geschäftsführung und Vertretung waren ohnehin sämtliche Gesellschafter der Klägerin befugt. Für die Gründungsgesellschafter folgt dies aus § 5 (1) des Gesellschaftsvertrags, der für beide Gesellschafter Einzelvertretungsbefugnis vorsieht. Der K.    GmbH ist bei ihrer Aufnahme in die Gesellschaft gleichfalls Alleinvertretungsberechtigung eingeräumt worden. Dieser Vorgang ließ die aus § 5 (1) des Gesellschaftsvertrags folgenden Befugnisse der beiden anderen Gesellschafter aber nicht entfallen.

14        Der Beklagte ist von der Vertretung der Klägerin im vorliegenden Rechtsstreit ausgeschlossen, da der Prozess gegen ihn geführt wird (vgl. MünchKommBGB/Schäfer, 8. Aufl., § 705 Rn. 207). Mithin wird die Klägerin von den beiden anderen Liquidatoren vertreten. Hiermit stimmen die Vertretungsangaben in der Klageschrift und der Revisionseinlegungsschrift überein.

15        2. Die Abweisung des Zahlungsantrags ist von Rechtsfehlern beeinflusst.

16        a) Das Berufungsgericht hat allerdings zu Recht und im Revisionsverfahren unbeanstandet angenommen, dass im Zuge der Abwicklung der Klägerin nur noch der unter den kapitalbeteiligten Gesellschaftern vorzunehmende Innenausgleich ansteht. Insbesondere ist es zutreffend davon ausgegangen, dass es sich bei dem möglichen Anspruch des G.         auf Darlehensrückzahlung nicht um einen Drittgläubigeranspruch handelt.

17        Drittgläubigeransprüche eines Gesellschafters sind Ansprüche, die ihre Grundlage nicht im Gesellschaftsvertrag, sondern in einem davon unabhängig mit der Gesellschaft abgeschlossenen Rechtsgeschäft haben (BGH, Urteil vom 3. April 2006 - II ZR 40/05, ZIP 2006, 994 Rn. 18; MünchKommBGB/Schäfer, 8. Aufl., § 705 Rn. 193, 208). In der Liquidation betreffen sie nicht den internen Ausgleich und unterliegen dementsprechend keiner Durchsetzungssperre (BGH, Urteil vom 3. April 2006 - II ZR 40/05, ZIP 2006, 994 Rn. 16 ff.; Urteil vom 12. November 2007 - II ZR 183/06, ZIP 2008, 24 Rn. 14).

18        Ein solcher Anspruch ist hier nicht gegeben. Nach dem Vortrag der Klägerin ergab sich der in die Schlussrechnung aufgenommene Darlehensbetrag aus der Umwandlung einer zuvor entstandenen Differenz der Kapitalkonten. Der Verbuchung des so bezeichneten Darlehens liegt damit kein vom Gesellschaftsverhältnis unabhängiges Rechtsgeschäft zugrunde.

19        b) Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht angenommen, die Klägerin könne die Zahlung des Ausgleichsbetrags nicht fordern, da ihr hierzu die Anspruchsberechtigung fehle.

20        aa) Der Senat hat, wie das Berufungsgericht nicht verkennt, bereits entschieden, dass bei einer Publikumsgesellschaft der Liquidator auch ohne entsprechende gesellschaftsvertragliche Ermächtigung befugt ist, namens der Gesellschaft rückständige Einlagen oder Nachschüsse nach § 735 BGB zum Zweck des internen Gesellschafterausgleichs einzufordern (BGH, Urteil vom 30. Januar 2018 - II ZR 95/16, BGHZ 217, 237 Rn. 67 ff. mwN). Ob diese Befugnis auch bei anderen Personengesellschaften besteht, ist in der jüngeren Rechtsprechung des Senats hingegen offengeblieben (BGH, Urteil vom 30. Januar 2018 - II ZR 95/16, BGHZ 217, 237 Rn. 80; siehe auch zur Gesellschaft bürgerlichen Rechts: BGH, Urteil vom 15. November 2011 - II ZR 266/09, BGHZ 191, 293 Rn. 34; Urteil vom 20. November 2012 - II ZR 148/10, juris Rn. 34).

21        In der Literatur ist die Frage umstritten. Einige vertreten in Anlehnung an frühere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH, Urteil vom 14. April 1966 - II ZR 34/64, WM 1966, 706; Urteil vom 21. November 1983 - II ZR 19/83, ZIP 1984, 49, 54) weiterhin die Auffassung, der Liquidator sei ohne besondere Ermächtigung durch die Gesellschafter nicht befugt, Nachschüsse gemäß § 735 BGB zum Zweck der Ausgleichung unter den Gesellschaftern geltend zu machen (Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 4. Aufl., § 149 Rn. 15; Oetker/Kamanabrou, HGB, 6. Aufl., § 149 Rn. 11; Kindler in Koller/Kindler/Roth/Drüen, HGB, 9. Aufl., § 155 Rn. 4). Die inzwischen wohl überwiegende Ansicht bejaht hingegen einen vom Liquidator geltend zu machenden Nachschussanspruch der Gesellschaft auch zum Zweck des Innenausgleichs (MünchKommBGB/Schäfer, 8. Aufl., § 735 Rn. 5; Kilian in Henssler/Strohn, GesR, 4. Aufl., § 735 BGB Rn. 3; MünchKommHGB/K. Schmidt, 4. Aufl., § 149 Rn. 29; ders. ZHR 153 [1989], 270, 294 ff.; Staub/Habersack, HGB, 5. Aufl., § 149 Rn. 23 ff., 31; Roth in Baumbach/Hopt, HGB, 39. Aufl., § 149 Rn. 3, § 155 Rn. 4; Klöhn in Henssler/Strohn, GesR, 4. Aufl., § 149 HGB Rn. 12, § 155 HGB Rn. 8; ders. ZGR 2020, 154, 170 f.; Anissimov in Heidel/Schall, HGB, 3. Aufl., § 149 Rn. 6; Rock/Contius, ZIP 2017, 1889, 1891; Bochmann/Becker, EWiR 2018, 229). Soweit im Schrifttum ein Anspruch der Gesellschaft auf Beträge, die zur Rückerstattung von Einlagen benötigt werden, deshalb verneint wird, weil die Rückerstattung der Einlagen in einer Personenhandelsgesellschaft nicht vorgesehen sei (vgl. Haas in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, HGB, 5. Aufl., § 149 Rn. 11), lässt sich diese Argumentation nicht auf die Gesellschaft bürgerlichen Rechts übertragen. § 733 Abs. 2 Satz 1 BGB sieht die Rückerstattung der Einlagen ausdrücklich vor.

22        bb) Der Senat schließt sich der im Vordringen begriffenen Meinung an. Eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts kann, auch wenn sie keine Publikumsgesellschaft ist, durch ihren Liquidator Nachschüsse gemäß § 735 BGB einfordern, selbst wenn dies nur noch dem Ausgleich unter den Gesellschaftern dient.

23        (1) Nach Anerkennung der Rechtsfähigkeit der Außengesellschaft bürgerlichen Rechts (BGH, Urteil vom 29. Januar 2001 - II ZR 331/00, BGHZ 146, 341) sind Ausgleichsansprüche der Gesellschafter nicht mehr als reine Ansprüche der Gesellschafter untereinander anzusehen, sondern als Sozialansprüche bzw. Sozialverbindlichkeiten der Gesellschaft (BGH, Urteil vom 30. Januar 2018 - II ZR 95/16, BGHZ 217, 237 Rn. 77). Gläubigerin des Anspruchs auf Nachschuss gemäß § 735 BGB ist die Gesellschaft (BGH, Urteil vom 15. November 2011 - II ZR 266/09, BGHZ 191, 293 Rn. 30; Urteil vom 20. November 2012 - II ZR 148/10, juris Rn. 28; MünchKommBGB/Schäfer, 8. Aufl., § 735 Rn. 5; Kilian in Henssler/Strohn, GesR, 4. Aufl., § 735 BGB Rn. 3; MünchKommHGB/K. Schmidt, 4. Aufl., § 149 Rn. 27; Staub/Habersack, HGB, 5. Aufl., § 149 Rn. 24, 32, § 155 Rn. 9; Klöhn in Henssler/Strohn, GesR, 4. Aufl., § 155 HGB Rn. 8). Dieser Anspruch umfasst auch den Ausgleich eines durch die Rückerstattung von Einlagen entstehenden Fehlbetrags (§ 733 Abs. 2, § 735 Satz 1 Fall 2 BGB). Solange der Gesellschaft noch ein Anspruch auf Nachschuss gemäß § 735 BGB zusteht, ist ihre Vollbeendigung nicht eingetreten. Sie besteht als Rechtssubjekt fort und wird vorbehaltlich einer anderweitigen gesellschaftsvertraglichen Regelung durch ihre Liquidatoren vertreten.

24        Die abweichende Auffassung der früheren Senatsrechtsprechung (BGH, Urteil vom 14. April 1966 - II ZR 34/64, WM 1966, 706; Urteil vom 21. November 1983 - II ZR 19/83, ZIP 1984, 49, 54) beruhte - in Übereinstimmung mit den Vorstellungen des historischen Gesetzgebers - noch auf einem Gesamthandsverständnis der Personengesellschaften, das keine Rechtspersönlichkeit der Gesellschaft kannte; dieses Verständnis ist inzwischen überholt (BGH, Urteil vom 30. Januar 2018 - II ZR 95/16, BGHZ 217, 237 Rn. 77).

25        (2) Zweckmäßigkeitserwägungen rechtfertigen kein anderes Ergebnis.

26        Dem Berufungsgericht ist zwar darin zuzustimmen, dass bei überschaubaren Verhältnissen ein unmittelbarer Ausgleich unter den Gesellschaftern einfacher umsetzbar sein kann als ein den Sozialansprüchen auf Einlagenrückgewähr und Nachschuss folgender Ausgleich "über die Gesellschaft". Dem praktischen Bedürfnis nach einer erleichterten Verfahrensweise in Liquidationsfällen, die ohne weiteres unter den Gesellschaftern unmittelbar abgewickelt werden können, wird aber bereits dadurch Rechnung getragen, dass in geeigneten Fällen die Ausgleichung unmittelbar unter den Gesellschaftern auf der Grundlage einer vereinfachten Auseinandersetzungsrechnung vorgenommen werden kann.

27        Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats bedarf es zur Geltendmachung des Auseinandersetzungsguthabens nach der Auflösung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts keiner - von den Gesellschaftern festgestellten - Auseinandersetzungsbilanz, wenn kein zu liquidierendes Gesellschaftsvermögen mehr vorhanden ist. In diesem Fall kann der Gesellschafter, der für sich ein Guthaben beansprucht, dieses aufgrund einer vereinfachten Auseinandersetzungsrechnung unmittelbar gegen den ausgleichspflichtigen Gesellschafter geltend machen; Streitpunkte über die Richtigkeit der Schlussrechnung sind in diesem Prozess zu entscheiden (BGH, Urteil vom 5. Juli 1993 - II ZR 234/92, ZIP 1993, 1307, 1309; Urteil vom 21. November 2005 - II ZR 17/04, ZIP 2006, 232 Rn. 10 f.; Urteil vom 23. Oktober 2006 - II ZR 192/05, ZIP 2006, 2271 Rn. 10; Urteil vom 13. Oktober 2015 - II ZR 214/13, ZIP 2016, 216 Rn. 15 mwN). Dieser Möglichkeit, bei überschaubaren Verhältnissen, namentlich in einer Zweipersonengesellschaft, den internen Ausgleich auf der Grundlage einer vereinfachten Auseinandersetzungsrechnung unmittelbar unter den Gesellschaftern vornehmen zu können, steht die Existenz zum internen Ausgleich benötigter Nachschussansprüche nicht entgegen; es genügt die vorherige Abwicklung des übrigen Gesellschaftsvermögens (BGH, Urteil vom 13. Oktober 2015 - II ZR 214/13, ZIP 2016, 216 Rn. 16 a.E.).

28        (3) Wählt ein ausgleichsberechtigter Gesellschafter bei Vorliegen der diesbezüglichen Voraussetzungen den eben beschriebenen einfacheren Weg des unmittelbaren Ausgleichs, entfällt sein gegen die Gesellschaft gerichteter Anspruch auf Einlagenrückgewähr und damit zugleich der korrespondierende Nachschussanspruch der Gesellschaft gegen den anderen Gesellschafter.

29        Die bloße Möglichkeit einer vereinfachten Abwicklung schließt den auf Einlagenrückgewähr gerichteten Anspruch gegen die Gesellschaft aber noch nicht aus. Es kann im Einzelfall zweifelhaft sein, ob die Voraussetzungen eines Direktausgleichs aufgrund einer vereinfachten Auseinandersetzungsrechnung vorliegen. Zudem können diese Voraussetzungen gegebenenfalls auch erst im Verlauf der Abwicklung und Auseinandersetzung eintreten. Würde es dem anspruchsberechtigten Gesellschafter in einem solchen Fall verwehrt, den "sicheren Weg" zu gehen und die Anspruchsabwicklung über die Gesellschaft zu betreiben, würde die mit dem Mittel der vereinfachten Auseinandersetzungsrechnung angestrebte Erleichterung in ihr Gegenteil verkehrt.

30        Unbeschadet dessen kann allerdings in Fällen, in denen die Voraussetzungen eines unmittelbaren Ausgleichsanspruchs eindeutig gegeben sind, eine auf Erstattung der Mehrkosten gerichtete Ersatzforderung gegen denjenigen Gesellschafter bzw. Liquidator in Betracht zu ziehen sein, der den Ausgleich unnötigerweise über die Gesellschaft betreibt und hierdurch treupflichtwidrig handelt.

31        c) Die Abweisung des Zahlungsanspruchs erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 561 ZPO).

32        aa) Dem von der Revisionserwiderung mit der Gegenrüge vorgebrachten Einwand, die Erhebung der Klage habe der Zustimmung des Beklagten bedurft, kann nicht gefolgt werden. Zwar wird in § 7 des Gesellschaftsvertrags unter den Geschäften und Handlungen, die der Zustimmung "beider Gesellschafter" bedürfen, auch die "Einleitung von Aktivprozessen" aufgeführt. Vorbehaltlich weiterer Feststellungen zu diesem von den Parteien bislang nicht näher erörterten Punkt ist indes davon auszugehen, dass diese Regelung nur Prozesse gegen Dritte betrifft. Gälte sie auch für Sozialansprüche, wäre deren gerichtliche Geltendmachung namens der Gesellschaft praktisch ausgeschlossen. Es liegt fern, dass die Gründungsgesellschafter dies bedacht und gewollt haben.

33        bb) Das Berufungsurteil kann auch nicht mit der Begründung des Landgerichts aufrechterhalten werden. Das Landgericht hat darauf abgestellt, dass die Klägerin eine rechtswirksame Darlehensvereinbarung nicht dargelegt habe. Die Revisionserwiderung teilt diese Auffassung, da jedenfalls der Beklagte die nach dem Gesellschaftsvertrag erforderliche Zustimmung zur Darlehensgewährung nicht erteilt habe.

34        Zu Recht hat sich das Berufungsgericht diese Begründung nicht zu eigen gemacht. Der geltend gemachte Nachschussanspruch setzt den wirksamen Abschluss eines Darlehensvertrags nicht voraus. Es genügt ein Anspruch des G.           auf Einlagenrückgewähr oder gegebenenfalls auch aus ungerechtfertigter Bereicherung, um eine korrespondierende Nachschusspflicht des Beklagten gemäß § 735 BGB zu begründen. Ein solcher Anspruch kann nach den bisherigen Feststellungen nicht ausgeschlossen werden.

35        cc) Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung ist die Zahlungsklage auch nicht deswegen abzuweisen, weil die Auseinandersetzungsrechnung noch nicht durch Gesellschafterbeschluss festgestellt wurde und der Klägerin die Berechtigung fehle, den Beklagten auf Zustimmung in Anspruch zu nehmen.

36        Nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats ist der Streit darüber, ob ein Gesellschafter der Feststellung einer Schlussrechnung zustimmen muss, unter den Gesellschaftern auszutragen (BGH, Urteil vom 9. November 1998 - II ZR 213/97, ZIP 1999, 68, 69; siehe auch MünchKommBGB/Schäfer, 8. Aufl., § 721 Rn. 7, 11 mwN). Ob hieran festzuhalten ist oder ob die Gesellschaft auf Zustimmung klagen kann, wenn sie den aus der betreffenden Schlussrechnung folgenden Nachschussanspruch geltend macht, kann im Streitfall offenbleiben. Denn unter den hier gegebenen Umständen bedarf es keiner Feststellung der Schlussrechnung, um die Fälligkeit der Nachschussforderung zu begründen.

37        Die Fälligkeit des Anspruchs auf Nachschuss (§ 735 BGB) hängt zwar grundsätzlich von der Feststellung der Schlussrechnung ab (BGH, Urteil vom 15. November 2011 - II ZR 266/09, BGHZ 191, 293 Rn. 20; Urteil vom20. November 2012 - II ZR 99/10, juris Rn. 25; MünchKommBGB/Schäfer, 8. Aufl., § 735 Rn. 5; Kilian in Henssler/Strohn, GesR, 4. Aufl., § 735 BGB Rn. 3). Allerdings ergibt sich der Nachschussanspruch als solcher bereits aus dem Gesetz (§ 735 BGB) und besteht unabhängig von der Zustimmung des einzelnen Gesellschafters (BGH, Urteil vom 15. November 2011 - II ZR 266/09, BGHZ 191, 293 Rn. 20; Urteil vom 20. November 2012 - II ZR 99/10, juris Rn. 25). Die Feststellung der zugrundeliegenden Schlussrechnung bildet lediglich eine im Regelfall notwendige Voraussetzung für die Geltendmachung des Anspruchs (BGH, Urteil vom 15. November 2011 - II ZR 266/09, BGHZ 191, 293 Rn. 20; Urteil vom 20. November 2012 - II ZR 99/10, juris Rn. 25). Liegen die Voraussetzungen für einen unmittelbaren Ausgleich auf der Grundlage einer vereinfachten Auseinandersetzungsrechnung vor, bedarf es nach der ständigen Rechtsprechung des Senats keiner vorherigen Bilanzfeststellung (BGH, Urteil vom 13. Oktober 2015 - II ZR 214/13, ZIP 2016, 216 Rn. 15 mwN).

38        Im Streitfall ist die vorherige Feststellung der Schlussrechnung ebenfalls entbehrlich. Wie das Berufungsgericht, wenn auch in anderem Zusammenhang, zutreffend ausgeführt hat, kommt die Klägerin hinsichtlich ihrer Liquidation einer Zweipersonengesellschaft gleich, da die dritte Gesellschafterin nicht am Kapital beteiligt ist. Des Weiteren ist auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen davon auszugehen, dass nur noch der interne Ausgleich und insoweit auch nur noch die als Darlehensforderung des G.   bezeichnete Abrechnungsposition im Streit steht. Abgesehen von der hier geltend gemachten Nachschussforderung ist kein weiteres noch zu liquidierendes Gesellschaftsvermögen erkennbar.

39        Bei dieser Sachlage, die bereits ein vereinfachtes Vorgehen auf der Grundlage einer vereinfachten Auseinandersetzungsrechnung ermöglicht hätte, ist die Feststellung der Schlussbilanz keine Voraussetzung für die Geltendmachung des Nachschussanspruchs. Der Umstand, dass hier von der Möglichkeit eines erleichterten Direktausgleichs kein Gebrauch gemacht und statt einer vereinfachten Auseinandersetzungsrechnung eine Schlussbilanz aufgestellt worden ist, gibt keine hinreichende Rechtfertigung dafür, die Erfüllung zusätzlicher Anforderungen zu verlangen, deren es der Sache nach nicht bedarf. Liegen die Voraussetzungen für eine Abrechnung auf der Grundlage einer vereinfachten Auseinandersetzungsrechnung vor, kann die Klärung streitiger Abrechnungspositionen auch dann dem Rechtsstreit überlassen werden, wenn von den übrigen Verfahrenserleichterungen kein Gebrauch gemacht wird.

40        3. Die Abweisung des auf Zustimmung zur Auseinandersetzungsbilanz gerichteten Klageantrags erweist sich aus anderen Gründen als richtig (§ 561 ZPO). Für diesen Antrag besteht neben dem gleichzeitig verfolgten Zahlungsantrag kein Rechtsschutzinteresse.

41        Der auf Zustimmung gerichtete Antrag dient allein dazu, den Erfolg des auf die Auseinandersetzungsbilanz gestützten Zahlungsantrags sicherzustellen, indem ein gegen die Fälligkeit des Zahlungsanspruchs gerichteter Einwand ausgeräumt wird. Dessen bedarf es jedoch nicht, da die Fälligkeit des Anspruchs auf Nachschuss - wie ausgeführt - unter den hier gegebenen Umständen ohnehin nicht von einer vorherigen Feststellung der Schlussrechnung abhängt.

42        III. Die Revision bleibt damit ohne Erfolg, soweit die Klägerin den Klageantrag auf Zustimmung zur Auseinandersetzungsbilanz weiterverfolgt hat. Im Übrigen, hinsichtlich des Zahlungsanspruchs, ist das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, zurückzuverweisen (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 und 3 ZPO).

43        Die Sache ist insoweit noch nicht zur Endentscheidung reif. Das Berufungsgericht hat zwar ausgeführt, dass der Beklagte die von der Klägerin erstinstanzlich im Einzelnen dargelegte Entwicklung der Kapitalkonten nicht substantiiert bestritten habe. Auf dieser Grundlage allein kann aber nicht revisionsrechtlich überprüft werden, ob die zwischen den Parteien im Streit stehende Schlussrechnung inhaltlich zutrifft. Hierzu hat das Berufungsgericht, von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig, keine weiteren Ausführungen gemacht.

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