OLG Stuttgart: Belehrung über das Widerspruchsrecht nach Abschluss eines Versicherungsvertrags
OLG Stuttgart, Urteil vom 23.10.2014 – 7 U 256/13
Amtlicher Leitsatz
Eine Hervorhebung der Belehrung über das Widerspruchsrecht nach Abschluss eines Versicherungsvertrags durch Kursivdruck kann den gesetzlichen Anforderungen des § 5a VVG a.F. genügen.
§ 5a aF VVG
Sachverhalt
I.
Die Klägerin wendet sich mit ihrer Berufung gegen ein Urteil des Landgerichts Stuttgart, mit dem ihre Klage auf Rückzahlung von geleisteten Versicherungsbeiträgen nebst entgangener Zinsen, Zahlung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten und einer Stufenklage auf Auskunft sowie etwaiger Rückzahlung eines weitergehenden Rückkaufswerts abgewiesen wurde.
Die Klägerin schloss bei der Beklagten eine Rentenversicherung für den Erlebensfall bis 01.10.2029 ab (Anlage K 1, Bl. 23 ff.: Versicherungsschein vom 04.10.2002). Sie kündigte den Versicherungsvertrag zum 01.12.2012, woraufhin die Beklagte mit Schreiben vom 10.12.2012 (Anlage K 2, Bl. 41) abrechnete und einen Rückkaufswert (einschließlich Überschussbeteiligung) in Höhe von 27.036,92 €, unter Anrechnung eines Policendarlehens u. a., auskehrte.
Mit Schreiben vom 23.05.2013 (Anlage K 4, Bl. 46 ff.) erklärte die Klägerin gegenüber der Beklagten den Widerspruch gem. § 5 a VVG a.F.
Die Klägerin hat im Zeitraum zwischen dem 01.07.2002 und 01.11.2012 Prämien in der Gesamthöhe von 24.593,80 € an die Beklagte geleistet.
Die Klägerin hat im ersten Rechtszug behauptet, die Widerspruchsbelehrung sei nicht ordnungsgemäß erfolgt, weil die Gestaltung nicht den Anforderungen für eine drucktechnische Hervorhebung genüge. Die Widerspruchsbelehrung kläre zudem über den Widerspruchsadressaten nicht ausreichend auf. Das Policenmodell gem. § 5 a Abs. 1, Abs. 2 S. 1 VVG a.F. sei insgesamt europarechtswidrig.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils wird Bezug genommen.
Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihre erstinstanzlichen Anträge teilweise weiter. Die Klägerin macht mit der Berufung geltend, dass § 5 a Abs. 2 S. 4 VVG a.F. europarechtswidrig sei und die Belehrung hinsichtlich des Widerspruchsrechts zu § 5 a VVG a.F. drucktechnisch nicht ausreichend hervorgehoben worden sei. Wegen der Einzelheiten wird auf die Berufungsbegründung Bezug genommen.
Die Klägerin beantragt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die klägerische Partei einen Betrag in Höhe von 7.798,45 EUR zu bezahlen, zzgl. Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an die klägerische Partei außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 797,30 EUR zu bezahlen, zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit.
3. Die Beklagte wird verurteilt, die klägerische Partei von Rechtsanwaltskosten in Höhe von 928,20 EUR freizustellen, die die Rechtsanwaltskanzlei, St. Straße 19, … B. gegenüber der klägerischen Partei hat, die aufgrund der außergerichtlichen Rechtsanwaltstätigkeit in Bezug auf die streitgegenständlichen Forderungen entstanden sind.
Hilfsweise wird beantragt:
4. Die Beklagte wird verurteilt der klägerischen Partei Auskunft über den zum Zeitpunkt der Kündigung bestehenden Rückkaufswert ohne Abzug von Stornokosten und Verrechnung von Abschlusskosten zum Vertrag mit der Versicherungsnummer ...343 zu erteilen, hilfsweise, dem Kläger zum Vertrag mit der Versicherungsnummer ...343 Auskunft zu erteilen über die Hälfte des mit den Rechnungsgrundlagen der Prämienkalkulation berechneten ungezillmerten Deckungskapitals.
5. Die Beklagte wird verurteilt, an die klägerische Partei einen weitergehenden Rückkaufswert in einer Nacherteilung der Auskunft noch zu bestimmenden Höhe (Mindestrückkaufswert) zzgl. Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit.
Höchst hilfsweise wird beantragt:
6. Hilfsweise zum Klageantrag Ziffer 1 wird die Beklagte dazu verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 7.593,78 EUR zu bezahlen zzgl. Zinsen hieraus in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit.
Die Beklagte beantragt:
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Die Beklagte verteidigt das landgerichtliche Urteil. Auf die Frage einer etwaigen Europarechtswidrigkeit von § 5 a Abs. 2 S. 4 VVG a.F. komme es nicht an, weil der Vertragsschluss im Rahmen des sog. „Policenmodells“ gem. § 5 a Abs. 1, Abs. 2 S. 1 VVG a.F. zu Stande gekommen sei. Ein Bereicherungsanspruch gem. § 812 BGB bestehe nicht. Die Klägerin sei in drucktechnisch deutlicher Form über das Widerspruchsrecht ausreichend belehrt worden. Der von der Beklagten verwendete Policenbegleitbrief vom 04.10.2002 (Anlage K 1, Bl. 29) sei, wie alle Policenbegleitbriefe 2002, ohne jede Ausnahme so gestaltet gewesen (Kursivdruck), dass von einer ausreichenden drucktechnischen Hervorhebung auszugehen sei. Andere individuelle Gestaltungen von Policenbegleitbriefen habe es bei der Beklagten 2002 deshalb nicht gegeben, weil Abweichungen für die Sachbearbeiter schon technisch nicht möglich gewesen seien. Die Belehrung sei wie in dem vorgelegten Muster (Anlage B 1, Bl. 55) gestaltet gewesen. Sie habe sich auf einem nur einseitigen Schreiben befunden, wie es sich aus den vorgelegten Anlagen ergebe (Anlage K 1 und B 1, Bl. 29, 55).
Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin B-F (Protokoll vom 20.10.2014).
Aus den Gründen
II.
Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet.
Das Landgericht hat die Klage auf Rückzahlung von weiteren 14.298,45 € nebst Nebenforderungen aus der gekündigten Kapitallebensversicherung und die hilfsweise geltend gemachte Stufenklage (Auskunft und Zahlung) zu Recht abgewiesen. Insbesondere war die Belehrung der Beklagten zum Widerspruch hinsichtlich § 5 a Abs. 1 VVG a.F. („Policenmodell“) drucktechnisch ausreichend hervorgehoben.
Der Senat geht in Übereinstimmung mit der Klägerin davon aus, dass der Vertrag nach dem sog. „Policenmodell“ zustande gekommen ist. Anwendbar ist § 5 a Abs. 1, Abs. 2 S. 1 VVG a.F. und die Ausführungen zu § 5 a Abs. 2 S. 4 VVG a.F. sind nicht maßgeblich.
1. Die Klägerin hat keinen mit der Teilberufung geltend gemachten Anspruch gegen die Beklagte auf Herausgabe der Beiträge in Höhe von weiteren 7.798,45 € nach § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB sowie auf Nutzungsersatz nach § 818 Abs. 1 Alt. 1 BGB, weil sie dem Versicherungsvertrag wirksam gem. § 5 a Abs. 1 VVG a.F. widersprochen und aus diesem Grund die Beiträge ohne rechtlichen Grund gezahlt hätte.
a) Die Klägerin hat kein Widerspruchsrecht gem. § 5 a Abs. 1 VVG a.F. für den Versicherungsvertrag aus dem Jahr 2002, weil ihr unstreitig (LGU S. 3) alle erforderlichen Unterlagen samt Widerspruchsbelehrung mit dem Versicherungsschein vollständig übersandt worden sind, § 314 S. 1 ZPO.
Der Fristbeginn ist weder unzutreffend bezeichnet, weil der Fristlauf ab Zugang des Schreibens ausreichend ist, noch kann die Klägerin Rechte herleiten, weil die Belehrung drucktechnisch nicht ausreichend gewesen sei. Die Belehrung in dem Versicherungsübersendungsschreiben vom 04.10.2002 (Anlage K 1, Bl. 29 und Anlage B 1, Bl. 55) war ausreichend. Die in Kursivdruck gehaltene Widerspruchsbelehrung war in der optischen Gestaltung ausreichend (Anlage K 1, Bl. 29 mit Original-Muster in der Anlage B 1, Bl. 55).
Entgegen der Auffassung der Berufung ist es eine Frage der Umstände des Einzelfalles, ob eine Belehrung gem. § 5 a VVG a.F. optisch drucktechnisch ausreichend gestaltet war. Zwar kann auch eine inmitten eines 8-seitigen Konvoluts aus Versicherungsschein, Allgemeinen Versicherungsbedingungen, Besonderen Versicherungsbedingungen, Verbraucherinformationen und sonstigen diversen Hinweisen „versteckte“ Belehrung lediglich mit der Gestaltung in Form eines - in umfangreichen Versicherungsunterlagen auch an vielen anderen Stellen häufig verwendeten - Kursivdrucks nicht ausreichend drucktechnisch hervorgehoben sein (BGH, Urteil vom 09.01.2013 - IV ZR 197/11; BGH VersR 2004, 497 unter 3 d zu § 5 a Abs. 2 S. 1 VVG a.F.; BGH, Urteil vom 08.05.1967 - II ZR 17/65; BGHZ 48, 7, 9; OLG Karlsruhe, VersR 2010, 1448 ff.). Dieser Fall, in dem eine hervorgehobene Belehrung beim Durchblättern bei einer Vielzahl von gleichen Hervorhebungen optisch untergeht, ist mit dem vorliegenden Sachverhalt nicht vergleichbar. Zu Recht weist die Beklagte darauf hin, dass im Vertrag aus dem Jahr 2002 die Belehrung sofort im für einen Versicherungsnehmer zentralen Dokument, der Übersendung des Versicherungsscheins mit Policenübersendungsschreiben (Anlage K 1, Bl. 29), abgedruckt war. Das Versicherungspolicenübersendungsschreiben aus dem Jahr 2002 umfasst, neben der Versicherungspolice selbst, lediglich 1 Seite, und der einzige im Fließtext komplett durchgehende Kursivdruck wird für die Widerspruchsbelehrung verwendet. Die Widerspruchsbelehrung ist leicht sichtbar und im unteren Drittel des einseitigen Versicherungsübersendungsschreibens, das mit der Versicherungspolice jeweils versandt und verbunden war, gut aufzufinden.
Die drucktechnisch gut sichtbare Belehrung im Vertrag aus dem Jahr 2002 ist mit den Entscheidungen in der Rechtsprechung nicht vergleichbar, in denen Belehrungen inmitten von 8- oder 20-seitigem Kleingedruckten (Versicherungsbedingungen, Verbraucherinformationen, sonstigen Hinweisen u.Ä.) zwar mit in den Unterlagen häufig verwendetem Sonderdruck hervorgehoben, indes durch die Platzierung oder die sonstige Gestaltung unauffällig angeordnet und versteckt wurden. Unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles kann in der hier im Rechtsstreit vorgelegten Belehrung nur von einer drucktechnischen Widerspruchsbelehrung gesprochen werden, die im Vergleich zu sonstigen Widerspruchsbelehrungen ausreichend ins Auge springt. Die Widerspruchsbelehrung war somit drucktechnisch ausreichend gestaltet und auch der Fristbeginn und die aufgeworfene Frage zum Adressaten waren für einen Versicherungsnehmer ausreichend ersichtlich (vgl. auch OLG Stuttgart, Urteil vom 17.12.2012 - 7 U 194/12; LG Stuttgart, Urteil vom 15.06.2012 - 22 O 597/11).
Der Senat ist nach durchgeführter Beweisaufnahme durch Vernehmung der Zeugin B-F davon überzeugt, dass das von der Beklagten vorgelegte Policenbegleitschreiben vom 04.10.2002 (Anlage K 1 und B 1) drucktechnisch wie das Muster zum Schriftsatz vom 30.10.2013 (Anlage B 1, Bl. 55) gestaltet war, § 286 ZPO.
Die Zeugin B-F hat bei ihrer Vernehmung überzeugend, widerspruchsfrei und stringent angegeben, dass der von der Beklagten verwendete Policenbegleitbrief im maßgeblichen Zeitraum im Jahr 2002 und auch später entsprechend dem Kursivdruck, wie aus der Anlage B 1 (Bl. 55) ersichtlich, einheitlich bei der Beklagten verwendet worden ist. Dies ergibt sich daraus, dass solche Schreiben EDV-technisch mit Programmen automatisch erstellt wurden. Eine andere grafische Gestaltung ist aufgrund der technischen Voreinstellungen, von welchen hinsichtlich der grafischen und drucktechnischen Hervorhebung bezüglich der Widerspruchsbelehrung durch die jeweiligen Sachbearbeiter nicht abgewichen werden konnte, nicht möglich. Die jeweiligen Sachbearbeiter konnten heute wie auch früher, insbesondere auch im Jahr 2002, keinerlei Einfluss auf die drucktechnische Hervorhebung („Layout“) nehmen. Diese verfügten weder damals noch heute über notwendige Administrativrechte für das EDV-System, um die fest vorgegebenen Textbausteine zur Widerspruchsbelehrung inhaltlich oder auch grafisch abzuändern. Andere individuelle Gestaltungen für den maßgeblichen Zeitraum habe es nicht gegeben. Die Sachbearbeiter bei der Beklagten konnten hinsichtlich des vorgegebenen Prozesses für die Widerspruchsbelehrung bei der Erstellung eines Policenübersendungsschreibens nicht eingreifen. Zudem habe es bereits im Jahr 2002 eine Qualitätssicherung bei der Beklagten gegeben, die etwa Schreiben von der automatischen Druckstraße aussortiert habe, falls der Druckvorgang aus irgendwelchen Gründen nicht ordnungsgemäß abgelaufen war. Dies habe indes lediglich Fälle betroffen, in denen das Papier auf der Druckstraße eingerissen gewesen war und der Sachbearbeiter in Einzelfällen entscheiden musste, ob ein solches Schreiben in dieser schlechten äußerlichen Form an den Versicherungskunden versendet werden konnte.
Nach § 5 a Abs. 1 VVG a.F. („Policenmodell“) wurde folglich der schwebend unwirksame Vertrag mit Ablauf der Widerspruchsfrist endgültig rückwirkend wirksam. Die Klägerin hat die Widerspruchsbelehrung zu dem Lebensversicherungsvertrag, die inhaltlich ausreichend war, erhalten und versucht über eine behauptete unzureichende textliche Hervorhebung, die sich nach durchgeführter Beweisaufnahme zur Überzeugung des Senats nicht ergeben hat, ein „ewiges Widerspruchsrecht“ zu erlangen. Der Senat ist insbesondere nach dem persönlichen Eindruck der Zeugin der Überzeugung, dass die drucktechnische Hervorhebung für den Versicherungsvertrag der Klägerin aus dem Jahr 2002 so gestaltet war wie in dem vorgelegten Muster (Anlage B 1, Bl. 55). Die Reproduktion des klägerischen Policenübersendungsschreibens (Anlage K 1, Bl. 29) zu dem Versicherungsschein ist im nachträglichen (Reproduktions-) Ausdruck lediglich ohne drucktechnische Hervorhebung, was auf die EDV-technische und nicht originalgetreue Archivierung von Textdokumenten bei der Beklagten zurückzuführen ist.
b) Kein Verstoß des sog. „Policenmodells“ gem. § 5 a Abs. 1 VVG a.F. gegen Europarecht
Die Regelung des § 5 a Abs. 1 VVG a.F. ist unter Berücksichtigung des europäischen Rechts nicht zu beanstanden.
Die Berufung verkennt - soweit sie Ausführungen zu § 5 a Abs. 2 S. 4 VVG a.F. macht - grundlegend, dass es sich hier um keinen Fall des Anwendungsbereichs des § 5 a Abs. 2 S. 4 VVG a.F. handelt, bei dem der BGH Anlass für eine Vorlage an den EuGH gesehen hat (BGH, Beschluss vom 28.03.2012 - IV ZR 76/11), sondern um einen Fall des § 5 a Abs. 1 S. 1 VVG a.F. („Policenmodell“).
Ein Verstoß gegen EU-Richtlinien wurde bislang von den „Konstrukteuren“ eines „ewigen Widerspruchsrechts“ auch nur für die Fallgruppe des § 5 a Abs. 2 S. 4 VVG a.F. behauptet.
Auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 16.07.2014 - IV ZR 73/13) zur Vereinbarkeit des sog. Policenmodells mit Europarecht wird vollumfänglich Bezug genommen.
c) Im Übrigen scheiterte die Rechtsausübung hinsichtlich eines etwaigen Anspruchs der Klägerin wegen rechtsmissbräuchlichen Verhaltens aus Treu und Glauben, § 242 BGB.
aa) Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung liegt rechtsmissbräuchliches Verhalten als Fallgruppe treuwidrigen Verhaltens gem. § 242 BGB vor, wenn für den anderen Teil ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden ist oder wenn besondere Umstände die Rechtsausübung als treuwidrig erscheinen lassen. Eine Rechtsausübung kann unzulässig sein, wenn sich objektiv das Gesamtbild eines widersprüchlichen Verhaltens ergibt, weil das frühere Verhalten mit dem späteren sachlich unvereinbar ist und die Interessen der Gegenpartei im Hinblick hierauf vorrangig schutzwürdig erscheinen (BGH, Urteil vom 16.07.2014 - IV ZR 73/13 Rn. 32 ff.; BGH, Urteil vom 16.07.2014 - IV ZR 88/13; BGH, Urteil vom 12.11.2008 - XII ZR 134/04, Rn. 41 - jeweils m.w.N.).
bb) So liegt der Fall hier. Die Klägerin verhielt sich treuwidrig, indem sie nach ordnungsgemäßer Belehrung über die Möglichkeit, den Vertrag ohne Nachteile nicht zustande kommen zu lassen, diesen jahrelang durchführte und erst dann von der Beklagten, die auf den Bestand des Vertrags vertrauen durfte, unter Berufung auf die behauptete Unwirksamkeit des Vertrages unter anderem Rückzahlung aller Prämien verlangte.
2. Die Klägerin hat auch keinen im Wege des Hilfsanspruchs und mit der Stufenklage gem. § 254 ZPO geltend gemachten Anspruch auf Auskunft und Zahlung weiterer Auszahlungsbeträge.
Die Beklagte hat unstreitig bereits mehr als die Hälfte des Rückkaufswertes des auf Grundlage der Prämienkalkulation berechneten ungezillmerten Deckungskapitals aus dem Versicherungsvertrag bezahlt.
Die Klägerin hat insgesamt Prämien in Höhe von 24.593,80 € während der gesamten Versicherungszeit an die Beklagte geleistet. Die Beklagte hat der Klägerin einen Rückkaufswert, einschließlich Überschussbeteiligung, in Höhe von 27.036,92 € gewährt. Stornokosten wurden entgegen der Auffassung der Klägerin nicht einbehalten. Ein weitergehender Auskunfts-, Rechnungslegungs- und Zahlungsanspruch, den die Klägerin hilfsweise weiterverfolgt (Hilfsanträge), besteht aus Rechtsgründen nicht.
Spätestens nach Zahlung des Rückkaufswertes einschließlich Überschussbeteiligung in Höhe von 27.036,92 € im Jahr 2012 hat die Berufung auch bezüglich des Hilfsantrags keine Aussicht auf Erfolg. Der Klägerin steht der mit der Stufenklage verfolgte Auskunftsanspruch sowie der Anspruch auf Zahlung eines weiteren Rückkaufswertes aus folgenden Gründen nicht zu:
a) Eine Stufenklage ist insgesamt abzuweisen, wenn sich bereits aus der Auskunftsstufe ergibt, dass ein Zahlungsanspruch, den die Auskunft vorbereiten sollte, nicht begründet ist (BGH, NJW 2012, 1042, Rn. 20).
b) Die Klägerin trägt keine Umstände vor, die dafür sprechen, dass der Rückkaufswert von der Beklagten falsch berechnet wurde. Die Beklagte hat nach der Kündigung als Rückkaufswert mit Überschussbeteiligung auf den Versicherungsvertrag mehr als die Hälfte des ungezillmerten Deckungskapitals bezahlt, nämlich einen Rückkaufswert einschließlich Überschussbeteiligung in Höhe von 27.036,92 €. Die bezahlten Prämien in der gesamten Versicherungszeit haben insgesamt nur 24.593,80 € betragen. Die Mindestansprüche der Klägerin sind insgesamt mehr als erfüllt. Ein weitergehender Anspruch besteht deshalb nicht.
3. Mangels Hauptanspruchs hat die Klägerin auch keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Ersatz vorgerichtlich entstandener Rechtsanwaltskosten und Zinsen gem. §§ 280 Abs. 1 und 2, 286, 288 BGB. Die Berufung macht solche Ansprüche mit der Berufungsbegründung inhaltlich auch nicht mehr geltend.
III.
1. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97 Abs. 1, 516 Abs. 3 S. 1 ZPO.
2. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO, § 26 Nr. 8 EGZPO.
3. Gründe für die Zulassung der Revision nach § 543 ZPO liegen nicht vor. Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung, und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern die Entscheidung des Revisionsgerichts.
Die Ausführungen der Berufung in der Berufungsbegründung haben sich durch die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 16.07.2014 - IV ZR 73/13; BGH, Urteil vom 16.07.2014 - IV ZR 88/13) überholt, weil der Bundesgerichtshof zur Vereinbarkeit des sog. „Policenmodells“ mit Europarecht mittlerweile durch Urteile vom 16.07.2014 mehrmals, eingehend und abschließend entschieden hat. An der kurzzeitig vertretenen Rechtsauffassung, die Revision zur Überprüfung zu europarechtlichen Fragestellungen zum sog. Policenmodell zuzulassen (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 31.10.2013 - 7 U 129/13), hält der Senat nicht fest, weil diese Rechtsfrage durch die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 16.07.2014 entschieden wurde (BGH, Urteil vom 16.07.2014 - IV ZR 73/13; BGH, Urteil vom 16.07.2014 - IV ZR 88/13).