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Wirtschaftsrecht
11.11.2010
Wirtschaftsrecht
BGH: Begründung der Zuständigkeit für Verbrauchersachen im Fall der Schadenshaftung

BGH, Urteil vom 5.10.2010 - VI ZR 159/09

Leitsätze

a) Im Sinne von Art. 13 Abs. 1 LugÜ kann auch ein Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 32 Abs. 1 KWG ein Anspruch "aus einem Vertrag" sein und damit der Zuständigkeit für Verbrauchersachen unterliegen.

b) Für die Anknüpfung an einen Vertrag und die Begründung der Zuständigkeit für Verbrauchersachen nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 LugÜ genügt, dass sich die Schadenshaftung allgemein auf einen Vertrag bezieht und eine Klage, die auf einer gesetzlichen Grundlage beruht, eine so enge Verbindung zu dem Vertrag aufweist, dass sie von ihm nicht getrennt werden kann (vgl. EuGH, Urteil vom 11. Juli 2002 - Rs. C-96/00 - Slg. 2002 S. I-6367, Gabriel).

BGB § 823 Bf, LugÜ Art. 13 Abs. 1 Nr. 3

Sachverhalt

Der in Deutschland wohnende Kläger verlangt von der Beklagten, einer in Zürich residierenden Aktiengesellschaft, Schadensersatz im Zusammenhang mit einer Vermögensverwaltung.

Ab Herbst 1997 wurde der Kläger, ein selbständiger Landschaftsgärtner, mehrfach telefonisch auf die Dienste der Beklagten aufmerksam gemacht. Am 17. März 1998 unterschrieb er in seiner Wohnung in L. (Deutschland) einen "Vermögensverwaltungsauftrag" sowie einen "Zeichnungsschein mit Wiederan-lageauftrag" für ein "Schweizer Sicherheitspaket für den Mittelstand". Im Zeich-nungsschein waren eine Zeichnungssumme von 72.000 SFr mit jährlichen Zah-lungen, eine Laufzeit von 20 Jahren und die Bareinzahlung der ersten Jahresra-te in Zürich vorgesehen. Zudem übergab er an den für die Beklagte tätigen Ver-triebsbeauftragten 2000 DM als - im Zeichnungsschein vereinbarte - Auslands-bearbeitungsgebühr. Die Beklagte unterzeichnete den Vermögensverwaltungs-auftrag - ausweislich des Formulars - in Zürich und teilte dem Kläger mit Schrei-ben vom 26. März 1998 mit, sie habe eine Kontoreservierung bei der vertraglich vorgesehenen Bank veranlasst und freue sich, für den Kläger als Vermögens-verwaltung tätig zu sein.

Am 15. Juni 1998 unterschrieb der Kläger in Zürich einen weiteren "Zeichnungsschein mit Wiederanlageauftrag" für einen "Schweizer Vermögens-aufbauplan" über 300.000 SFr und eine Laufzeit von 10 Jahren. Der erste Zeichnungsschein wurde durchgestrichen. Zugleich übergab der Kläger 25.000 DM zur Anlage durch die Beklagte. Im Jahr 2001 kam es anlässlich ei-nes Wechsels des eingeschalteten Kreditinstituts zu einem weiteren Vermö-gensverwaltungsauftrag. In diesem war ebenso wie in dem früheren Vermö-gensverwaltungsauftrag Zürich als Gerichtsort für den Kläger vorgesehen. Der Kläger leistete keine weiteren Zahlungen und kündigte im Jahr 2006 das Ver-tragsverhältnis bei einem Kontostand von 470,49 €.

Die Beklagte verfügte nicht über eine Erlaubnis gemäß § 32 Abs. 1 Satz 1, § 64e Abs. 2 Satz 2 KWG. Mit der insbesondere auf § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 32 KWG gestützten Klage verlangt der Kläger den Differenzbetrag zur aufgebrachten Summe von 27.000 DM ersetzt.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Be-klagten hat das Berufungsgericht sie als unzulässig abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstel-lung des landgerichtlichen Urteils.

Aus den Gründen

6          I. Das Berufungsgericht, dessen Urteil in OLGR Stuttgart 2009, 717 veröf-fentlicht ist, meint, aus dem Luganer Übereinkommen vom 16. September 1988 (BGBl. II 1994 S. 2658 ff., 3772; künftig: LugÜ) ergebe sich keine internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte.

7          Für die auf eine unerlaubte Handlung gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 32 Abs. 1 Satz 1 KWG in der Fassung des Sechsten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über das Kreditwesen (Artikel 1 des Gesetzes zur Umsetzung von EG-Richtlinien zur Harmonisierung bank- und wertpapieraufsichtsrechtli-cher Vorschriften vom 22. Oktober 1997, BGBl. I 1997 S. 2518) und am Rande auf § 826 BGB wegen verschwiegener Kick-back Zahlungen gestützte Klage sei keine Zuständigkeit nach Art. 5 Nr. 3 LugÜ gegeben. Eine Genehmigungspflicht nach dem Kreditwesengesetz unterstellt wäre zwar für den mit der Klage gel-tend gemachten Anspruch aus unerlaubter Handlung in Deutschland grundsätz-lich eine Zuständigkeit nach Art. 5 Nr. 3 LugÜ begründet. Die Parteien hätten aber auch den Gerichtsstand der unerlaubten Handlung durch eine von Amts wegen zu berücksichtigende Gerichtsstandsvereinbarung gemäß Art. 17 Abs. 1 Satz 1 LugÜ wirksam abbedungen. Der gemäß Art. 15 LugÜ nicht wirksam abbedungene Gerichtsstand für Verbraucherklagen nach Art. 13, 14 LugÜ sei für deliktische Ansprüche nicht eröffnet.

8          II. Die zulässige Revision ist begründet. Entgegen der Auffassung des Be-rufungsgerichts besteht eine internationale Zuständigkeit der deutschen Gerich-te, die auch unter der Geltung des § 545 Abs. 2 ZPO in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu prüfen ist (vgl. Senatsurteile vom 2. März 2010 - VI ZR 23/09, VersR 2010, 690 Rn. 7; vom 29. Juni 2010 - VI ZR 122/09, ZIP 2010, 1752 Rn. 10; BGH, Urteile vom 28. November 2002 - III ZR 102/02, BGHZ 153, 82, 84 ff.; vom 28. Juni 2007 - I ZR 49/04, BGHZ 173, 57 Rn. 21; vom 20. No-vember 2008 - I ZR 70/06, VersR 2009, 807 Rn. 17). Eine solche ergibt sich daraus, dass der internationale Gerichtsstand für Verbrauchersachen nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 3, Art. 14 Abs. 1 2. Alt. LugÜ anzuwenden ist. Auf die Frage, ob im Streitfall auch eine internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte nach Art. 18 LugÜ begründet worden ist, kommt es nicht an.

9          1. Die internationale Zuständigkeit bestimmt sich im Streitfall nach dem Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und Vollstreckung gerichtli-cher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, geschlossen in Lugano am 16. September 1988. Dieses ist in Deutschland am 1. März 1995 und in der Schweiz am 1. Januar 1992 in Kraft getreten (BGBl. II 1995 S. 221) und findet gemäß Art. 54b Abs. 2 Buchst. a LugÜ mit Vorrang vor dem nationalen Pro-zessrecht Anwendung (vgl. BGH, Urteil vom 21. November 1996 - IX ZR 264/95, BGHZ 134, 127, 133; Musielak/Weth, ZPO, 7. Aufl., Vorb. EG-Verordnungen, Rn. 13).

10        Die Auslegung des Luganer Übereinkommens obliegt den nationalen Ge-richten (vgl. Senat, Urteil vom 27. Mai 2008 - VI ZR 69/07, BGHZ 176, 342 Rn. 9). Für die Auslegung gelten im Wesentlichen dieselben Auslegungsgrund-sätze wie für die Auslegung des Brüsseler Übereinkommens über die gerichtli-che Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 27. September 1968 (EuGVÜ), da sich die Unter-zeichnerstaaten zu einer möglichst einheitlichen Auslegung der Bestimmungen beider Abkommen verpflichtet haben (vgl. BAG, Urteil vom 20. August 2003 - 5 AZR 45/03, NZA 2004, 58, 61).

11        2. Nach Art. 2 Abs. 1, Art. 53 LugÜ ist eine Gesellschaft oder juristische Person, die ihren Sitz im Hoheitsgebiet eines Vertragsstaates hat, grundsätzlich nur vor den Gerichten dieses Staates - hier der Schweiz - zu verklagen, sofern das Übereinkommen nicht im 2. bis 6. Abschnitt Ausnahmen vorsieht (Art. 3 LugÜ). Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts liegen im Streitfall für den geltend gemachten Schadensersatzanspruch wegen Verstoßes gegen § 32 KWG, auf den das Klagevorbringen und die Revisionsbegründung maßgeblich abstellen, die Voraussetzungen des im 4. Abschnitt des Luganer Übereinkom-mens geregelten internationalen Gerichtsstands für Verbrauchersachen nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 3, Art. 14 Abs. 1 2. Alt. LugÜ vor. Dieser Gerichtsstand ist, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, nicht wirksam abbedungen, weil nach Art. 15 LugÜ von der grundsätzlichen Zuständigkeitsregelung für Verbrauchersachen im Wege der Vereinbarung nur abgewichen werden kann, wenn die Vereinbarung - anders als hier - nach der Entstehung der Streitigkeit getroffen wird. Der nur am Rande erhobene Vorwurf einer sittenwidrigen Schä-digung nach § 826 BGB durch verschwiegene Kick-back Zahlungen beim Ab-schluss von Lebensversicherungen ist demgegenüber für die Prüfung der inter-nationalen Zuständigkeit nicht von Bedeutung, weil die Beklagte nach den Feststellungen des landgerichtlichen Urteils, auf die das Berufungsgericht verweist, keine Lebensversicherung für den Kläger abgeschlossen hat.

12        a) Nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 3, Art. 14 LuGÜ darf ein Verbraucher eine Kla-ge aus einem Vertrag über die Erbringung einer Dienstleistung in seinem Wohnsitzstaat erheben, sofern dem Vertragsabschluss in dem Staat des Wohnsitzes des Verbrauchers ein ausdrückliches Angebot oder eine Werbung vorausgegangen ist (Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a) und der Verbraucher in die-sem Staat die zum Abschluss des Vertrages erforderlichen Rechtshandlungen vorgenommen hat (Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b).

13        Bei der Auslegung dieser Vorschriften ist zu beachten, dass die im Luga-ner Übereinkommen verwendeten Begriffe ebenso wie die im Brüsseler Über-einkommen von 1968 (EuGVÜ) verwendeten grundsätzlich autonom auszule-gen sind, wobei in erster Linie die Systematik und die Zielsetzung des Überein-kommens zu berücksichtigen sind, um dessen volle Wirksamkeit zu sichern (vgl. EuGH, Urteile vom 11. Juli 2002 - Rs. C-96/00 - Slg. 2002 S. I-6367, Gab-riel, Rn. 37; vom 20. Januar 2005 - Rs. C-27/02 - Slg. 2005 S. I-499, Engler, Rn. 33; vom 5. Februar 2004 - Rs. C-265/02 - Slg. 2004 S. I-1543, Frahuil, Rn. 22; Senat, Urteil vom 27. Mai 2008 - VI ZR 69/07, aaO, Rn. 11; BGH, Urteil vom 22. April 2009 - VIII ZR 156/07, NJW 2009, 2606, Rn. 13). Die besonderen Gerichtsstände, die - wie Art. 13 bis 15 LugÜ - eine Klage an einem anderen Ort als dem Wohnsitz des Beklagten erlauben, müssen als Ausnahmevorschrif-ten eine enge Auslegung erfahren, die nicht über die vom Übereinkommen ausdrücklich in Betracht gezogenen Fälle hinausgehen darf (vgl. EuGH, Urteile vom 20. Januar 2005, Engler, Rn. 42 f.; vom 11. Oktober 2007 - Rs. C-98/06 - Slg. 2007 S. I-8319, Freeport, Rn. 35, jeweils m.w.N.). Es ist nicht erheblich, wie die auf den Fall (lex causae) oder am Gerichtsort (lex fori) anzuwendenden nationalen Rechtsordnungen das Rechtsverhältnis einordnen (vgl. EuGH, Urteil vom 27. Oktober 1998 - Rs. C-51/97 - Slg. 1998 S. I-6534, Réunion européen-ne, Rn. 15; Wiezcorek/Schütze/Hausmann, ZPO, 3. Aufl., Art. 5 EuGVÜ Rn. 4). Dies hat zur Folge, dass dem Kläger unter Umständen am Gerichtsstand des Vertrages ein nach nationalem Recht deliktsrechtlicher Anspruch zugesprochen werden kann und umgekehrt (vgl. Schlosser, Europäisches Zivilprozessrecht, 2004, Art. 5 EuGVVO Rn. 3a; zur im Deliktsgerichtsstand einzuklagenden, nach französischem Recht vertraglich ausgestalteten Produzentenhaftung: EuGH, Urteil vom 17. Juni 1992 - Rs. C-26/91 - Slg. 1992 S. I-3967, Handte; Schlos-ser, aaO, Art. 5 EuGVVO Rn. 17).

14        b) Im Zusammenhang mit der Auslegung der dem Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 LuGÜ inhaltsgleichen Vorschrift des Art. 13 Nr. 3 EuGVÜ hat der Europäische Gerichtshof darauf hingewiesen, dass sich der Begriff der unerlaubten Hand-lung oder einer Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, im Sinne von Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ nach ständiger Rechtsprechung auf alle nicht an einen Vertrag im Sinne von Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ anknüpfenden Klagen bezieht, mit denen eine Schadenshaftung des Beklagten geltend gemacht wird (vgl. EuGH, Urteile vom 27. Oktober 1998, Réunion européenne, Rn. 22; vom 11. Juli 2002, Gabriel, Rn. 33; vom 20. Januar 2005, Engler, Rn. 29). Im Hin-blick darauf sei zunächst zu prüfen, ob eine Klage als Klage aus einem Vertrag zu qualifizieren sei, wobei Art. 13 EuGVÜ als lex specialis gegenüber Art. 5 Nr. 1 den Vorrang habe. Art. 13 Nr. 3 EuGVÜ sei nur dann anzuwenden, wenn erstens der Kläger ein privater Endverbraucher sei, zweitens die Klage an einen zwischen diesem Verbraucher und einem gewerbsmäßigen Verkäufer ge-schlossenen Vertrag anknüpfe, der u.a. die Erbringung einer Dienstleistung zum Gegenstand habe und der gegenseitige, voneinander abhängende Pflich-ten zwischen den beiden Parteien des Vertrages habe entstehen lassen, und drittens die beiden spezifischen Voraussetzungen des Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 Buchstaben a und b erfüllt seien (vgl. EuGH, Urteile vom 11. Juli 2002, Gabriel, Rn. 38 bis 40, 47 bis 51; vom 20. Januar 2005, Engler, Rn. 34). Die Begriffe "Werbung" und "ausdrückliches Angebot" in der Formulierung der ersten dieser Voraussetzungen umfassten alle Formen der Werbung in dem Vertragsstaat, in dem der Verbraucher seinen Wohnsitz habe, also auch Angebote, die dem Verbraucher persönlich unterbreitet würden. Bei der zweiten dieser Vorausset-zungen beziehe sich der Ausdruck "zum Abschluss des Vertrages erforderli-chen Rechtshandlungen" auf jede schriftliche Rechtshandlung und jeden ande-ren Schritt des Verbrauchers in seinem Wohnsitzstaat, in denen sein Wille, der Aufforderung des Gewerbetreibenden Folge zu leisten, zum Ausdruck komme (vgl. EuGH, Urteil vom 11. Juli 2002, Gabriel, Rn. 44 f.). Für die Rechtshand-lung als solche genügt also die Abgabe jeder zum Vertragsschluss führenden Erklärung des Verbrauchers (Kleinknecht, Die verbraucherschützenden Ge-richtsstände im deutschen und europäischen Zivilprozessrecht, 2007, S. 153 m.w.N.). Erfolgt der Abschluss einer Anlage über einen inländischen Vermittler, der die Vertragsabschlusserklärung des Anlegers weiterleitet, werden demnach Anleger die zum Abschluss erforderliche Rechtshandlung regelmäßig in ihrem Wohnsitzstaat vornehmen (Benicke, WM 1997, 951).

15        In der Rechtssache Gabriel hat der Europäische Gerichtshof nach diesen Grundsätzen die Anwendung des Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 EuGVÜ bei einer Klage bejaht, mit der ein Verbraucher aus § 5j des österreichischen Konsumenten-schutzgesetzes einen (gesetzlichen) Anspruch gegen einen Unternehmer gel-tend machte, der eine Gewinnzusage gemacht hatte. Maßgebend hierfür war, dass diese untrennbar mit einer Warenbestellung und folglich mit dem Ab-schluss eines Vertrags verbunden war. Art. 13 Abs. 1 EuGVÜ könne nämlich nicht dahin ausgelegt werden, dass nur bestimmte Ansprüche aus einem Verbrauchervertrag unter die Zuständigkeitsvorschriften der Art. 13 bis 15 des Übereinkommens fielen, während andere Klagen, die zu diesem Vertrag eine so enge Verbindung aufwiesen, dass sie von ihm nicht getrennt werden könnten, nach anderen Vorschriften zu beurteilen seien (vgl. EuGH, Urteile vom 11. Juli 2002, Gabriel, Rn. 56; vom 14. Mai 2009 - Rs. C-180/06 - Slg. 2009 I-3961, Ilsinger, Rn. 44). Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts hat der EuGH dies in seinem Urteil vom 20. Januar 2005, Engler (Rn. 36 ff.), nicht rela-tiviert. In diesem ebenfalls österreichischen Fall war nämlich die Gewinnzusage nicht mit einer Warenbestellung verbunden. Der für die Anwendung des Art. 13 LugÜ erforderliche Verbrauchervertrag, dem das Gewinnversprechen hätte zu-geordnet werden können, fehlte demnach (EuGH, Urteil vom 14. Mai 2009, Ilsinger, Rn. 43 ff.).

16        c) Nach diesen Grundsätzen sind im Streitfall alle Voraussetzungen für eine internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 3, Art. 14 LugÜ erfüllt.

17        aa) Zwischen dem Kläger und der Beklagten wurde der nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 LugÜ erforderliche (Verbraucher-)Vertrag abgeschlossen. Die Be-klagte unterbreitete dem Kläger, der sein privates Vermögen anlegen wollte, in seinem Wohnsitzstaat durch ihren Vertriebsbeauftragten ein "Angebot" für ei-nen Vermögensverwaltungsvertrag, der den Verwalter zur Verwaltung des Vermögens eines Kunden in dessen Interesse verpflichtet und ein Dienstleis-tungsvertrag in Form eines Geschäftsbesorgungsvertrages ist (BGH, Urteil vom 28. Oktober 1997 - XI ZR 260/96, BGHZ 137, 69, 73). Für ein "Angebot" im Sin-ne des Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a) LugÜ genügte dabei nach der gebotenen autonomen Auslegung, dass der andere Vertragspartner den Kläger als Verbraucher aufforderte, seinerseits ein Angebot abzugeben (vgl. auch Klein-knecht, aaO, S. 153 m.w.N.), was der Kläger durch Aushändigung der unter-schriebenen Vertragsunterlagen tat. Dieses Angebot hat die Beklagte durch Gegenzeichnung angenommen.

18        bb) Nach den oben dargelegten Kriterien liegt auch die in Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b LugÜ genannte Voraussetzung vor, dass der Verbraucher in seinem Staat die "zum Abschluss des Vertrags erforderlichen Rechtshandlun-gen" vorgenommen hat. Das Berufungsgericht bezweifelt dies zwar, weil inso-weit nicht der Vermögensverwaltungsvertrag als Rahmenvertrag maßgeblich sei, sondern der Zeichnungsschein als Durchführungsvertrag. Der ursprüngli-che "Zeichnungsschein mit Wiederanlageauftrag" sei jedoch durch den später in der Schweiz geschlossenen ersetzt worden und erst dieser habe den einge-klagten Schaden verursacht. Dies wird aber den hier gegebenen Umständen nicht gerecht. Diese sind vielmehr dadurch geprägt, dass der Kläger beim Be-such des Vertriebsbeauftragten der Beklagten am 17. März 1998 bereits alles getan hatte, was von seiner Seite her erforderlich war, um eine auf vertraglicher Grundlage beruhende Vermögensverwaltung durch die Beklagte, den danach erfolgten Vertragsschluss sowie die getätigte Anlage herbeizuführen.

19        Es ist zwar möglich, dass Rahmenverträge - etwa reine Vertriebsrah-menverträge ohne konkrete kaufvertragliche Verpflichtungen - keine Art. 13 Lu-gÜ unterfallenden Verpflichtungen begründen (vgl. Musielak/Stadler, aaO, Art. 5 EuGVVO Rn. 9; Zöller/Geimer, ZPO, 28. Aufl., Art. 5 EuGVVO Rn. 4c). Im Streitfall wurden aber bereits am 17. März 1998 und mit der nachfolgenden Ge-genzeichnung des Verwaltungsauftrags durch die Beklagte gegenseitige ver-tragliche Verpflichtungen begründet. Der streitgegenständliche Vermögensver-waltungsauftrag legte die nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 LugÜ vorausgesetzten dienstvertraglichen Pflichten bereits fest, wonach die Beklagte Geld des Klägers in dessen Interesse aufgrund eigenverantwortlicher Anlageentscheidungen mit einer von der Beklagten herzustellenden Geschäftsbeziehung zur Schweizeri-schen Bankgesellschaft in Zürich gegen Vergütung verwalten sollte. Zudem unterschrieb der Kläger am 17. März 1998 an seinem Wohnort einen Zeich-nungsschein mit einem Wiederanlageauftrag, mit dem er seinerseits verbindliche Verpflichtungen gegenüber der Beklagten eingegangen ist. Dass mit dem von der Beklagten gegengezeichneten Vermögensverwaltungsauftrag und der Unterzeichnung des Zeichnungsscheins bereits die für Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 LugÜ erforderlichen gegenseitigen Verpflichtungen begründet werden sollten, wird auch daran deutlich, dass der Kläger am 17. März 1998 schon die Aus-landsbearbeitungsgebühr an den Vertriebsbeauftragten der Beklagten überge-ben hat, die ihre Grundlage in dem Zeichnungsschein findet.

20        cc) Soweit das Berufungsgericht Zweifel geäußert hat, ob der für den konkreten Schaden ursächliche Anlagevertrag in Deutschland zustande ge-kommen ist, weil der in Deutschland unterschriebene Zeichnungsschein später in Zürich durch einen inhaltlich abweichenden Zeichnungsschein ersetzt worden ist, steht dies den vorstehenden Ausführungen nicht entgegen.

21        Dieser zweite Zeichnungsschein kam bereits seinem Wortlaut nach "auf-grund des Vermögensverwaltungsauftrags" zustande. Zudem ist bei der Ausle-gung die anerkannte Auslegungsregel zu beachten, dass bei der Feststellung des Willens der Parteien, das alte Schuldverhältnis aufzuheben und durch ein neu begründetes Rechtsverhältnis zu ersetzen, große Vorsicht geboten ist und von einer Novation nur ausnahmsweise ausgegangen werden darf, sofern die Parteien einen solchen Willen unzweifelhaft zum Ausdruck bringen (vgl. BGH, Urteile vom 14. November 1985 - III ZR 80/84, NJW 1986, 1490; vom 1. Okto-ber 2002 - IX ZR 443/00, NJW 2003, 59; Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts Bd. I, 13. Aufl., S. 87 f.; Staudinger/Löwisch, BGB (2005), § 311 Rn. 74). Die bloße Streichung des ersten "Zeichnungsscheins" belegt einen solchen Willen nicht (vgl. RGZ 119, 21, 24). Dies war auch dann sinnvoll, wenn der erste "Zeichnungsschein" im zweiten aufgegangen sein soll, um dem Missverständnis entgegenzuwirken, beide würden nebeneinander gelten. Auch dass der Kläger nach Aussage seiner Ehefrau keine jährlichen Zahlungen mehr vereinbaren wollte, ließ sich durch einen Änderungsvertrag erreichen, bei dem alle wechsel-seitigen Verpflichtungen weiterhin auf dem bereits im März 1998 zustande ge-kommenen Schuldverhältnis gründeten. Diese Auslegung kann der Senat selbst vornehmen, weil das Berufungsgericht dies offen gelassen hat und weitere Feststellungen nicht zu erwarten sind (vgl. BGH, Urteil vom 17. Dezember 2008 - VIII ZR 274/06, BGHZ 179, 186 Rn. 14; MünchKommZPO/Wenzel, 3. Aufl., § 546 Rn. 10; Musielak/Ball, aaO, § 546 Rn. 5). Für den im Jahr 2001 verein-barten Austausch der depotführenden Bank erwägt auch das Berufungsgericht zutreffend keine Novation. Selbst wenn man die einzelnen Zeichnungsscheine anders beurteilen würde, käme es für die Annahme einer internationalen Zu-ständigkeit der deutschen Gerichte darauf nicht an. Diese knüpft nämlich daran an, dass der abgeschlossene Verwaltungsvertrag Grundlage für alle nachfol-genden Handlungen des Klägers war und für diesen Vertrag die Voraussetzun-gen des Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 LugÜ erfüllt sind.

22        d) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts wird im Streitfall auch der Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 32 Abs. 1 KWG "aus einem Vertrag" im Sinne von Art. 13 Abs. 1 LugÜ geltend gemacht. Er wird mithin von der internationalen Zuständigkeit nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 3, Art. 14 LugÜ erfasst. Die abweichende Auffassung des Berufungsgerichts wird den im Wege der autonomen Auslegung vom Europäischen Gerichtshof entwickelten Grundsätzen zur Auslegung der dem Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 LugÜ inhaltsgleichen Vorschrift des Art. 13 Nr. 3 EuGVÜ nicht gerecht.

23        aa) Für eine Anknüpfung an einen Vertrag und die Begründung der Zu-ständigkeit für Verbrauchersachen nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 LugÜ genügt, dass sich die Schadenshaftung allgemein auf einen Vertrag bezieht und eine Klage, die auf einer gesetzlichen Grundlage beruht, eine so enge Verbindung zu dem Vertrag aufweist, dass sie von ihm nicht getrennt werden kann (vgl. EuGH, Urteile vom 11. Juli 2002, Gabriel, Rn. 38, 56; vom 14. Mai 2009, Ilsinger, Rn. 44). Dies entspricht dem Zweck der Sonderregelung der Art. 13 ff. LuGÜ, wonach der Verbraucher als der wirtschaftlich schwächere und rechtlich weniger erfah-rene Vertragspartner geschützt werden soll und ihm der Entschluss zur gericht-lichen Wahrnehmung seiner Rechte nicht dadurch erschwert werden darf, dass er bei den Gerichten des Staates klagen muss, in dessen Hoheitsgebiet sein Vertragspartner seine Niederlassung hat (vgl. zum Brüsseler Abkommen EuGH, Urteil vom 19. Januar 1993 - Rs. 89/91 - Slg. 1993 S. 139, Shearson Lehmann Hutton, Rn. 18). Dagegen bezieht sich Art. 5 Nr. 3 LügU nur auf alle nicht an einen Vertrag anknüpfenden Klagen, mit denen eine Schadenshaftung des Be-klagten geltend gemacht wird (vgl. EuGH, Urteile vom 27. Oktober 1998, Réu-nion européenne, Rn. 22; vom 11. Juli 2002, Gabriel, Rn. 33; vom 20. Januar 2005, Engler, Rn. 29; Dasser/Oberhammer/Oberhammer, Kommentar zum Lu-gano - Übereinkommen (LugÜ), 2008, Art. 5 Rn. 20; Rauscher/Leible, Europäi-sches Zivilprozessrecht, 2. Aufl., Art. 5 Brüssel I-VO, Rn. 78).

24        bb) Im Streitfall besteht für den Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 32 KWG die für die Bejahung des Verbrauchergerichtsstands geforderte enge Verbindung zu dem mit der Beklagten abgeschlossenen Vertrag. Der Kläger verlangt nämlich als Verbraucher von seinem Vertragspartner den diesem ver-einbarungsgemäß zur Verwaltung überlassenen Geldbetrag ersetzt, weil jener den Vertrag aufgrund eines gegen ihn gerichteten gesetzlichen Verbots nicht habe abschließen dürfen.

25        Die Erlaubnispflicht des § 32 KWG bezweckt, dass nur Unternehmen Bankgeschäfte betreiben, die personell und finanziell die Gewähr für eine ord-nungsgemäße Geschäftsführung bieten. Das Erlaubnisverfahren ermöglicht es, das Eindringen ungeeigneter Personen und unzulänglich fundierter Unterneh-men in das Kreditgewerbe zu verhindern (Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Fischer, KWG, 3. Aufl., § 32 Rn. 3). Es schützt damit zum einen das Finanzsystem, zum anderen aber auch die Anleger (vgl. Senat, Urteil vom 11. Juli 2006 - VI ZR 339/04, VersR 2006, 1374 Rn. 13 f.; BT-Drucks. 10/1441 S. 20). Bei der Erstre-ckung dieses Erlaubnisvorbehalts auf Finanzdienstleistungen durch Art. 1 Nr. 47 Buchst. a des Gesetzes zur Umsetzung von EG-Richtlinien zur Harmoni-sierung bank- und wertpapieraufsichtsrechtlicher Vorschriften vom 22. Oktober 1997 (BGBl. I S. 2518) wurde eine Vorgabe in Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 93/22/EWG des Rates vom 10. Mai 1993 über Wertpapierdienstleistungen (ABl. EG Nr. L 141 vom 11. Juni 1993 S. 27) umgesetzt (vgl. BT-Drucks. 13/7142 S. 89). Auch diese Richtlinie zielte außer auf die Stabilität des Finanzsystems vor allem auf den Anlegerschutz ab (vgl. Abs. 2 der Erwägungsgründe der Richtlinie 93/22/EWG, aaO, S. 27). Das Verbot richtet sich demnach nicht all-gemein gegen jedermann, sondern gegen den Finanzdienstleister als Vertrags-schließenden, dessen Anleger als Partner eines solchen Vertrages gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 32 KWG geschützt wird.

26        Der Rechtsstreit steht damit in so engem Zusammenhang mit dem Ver-mögensverwaltungsvertrag, dass er von diesem nicht getrennt werden kann, weil alle dem Abschluss dieses Vertrags folgenden Anlagen bei der Beklagten ihre Grundlage in diesem Vertrag haben. Nur bei Einbeziehung des nach deut-schem Recht deliktischen Anspruchs in den Anwendungsbereich des Art. 13 LugÜ wird unter diesen Umständen dessen Normzweck angemessen Rech-nung getragen, der an die besondere Schutzbedürftigkeit des Verbrauchers anknüpft (vgl. EuGH, Urteil vom 11. Juli 2002, Gabriel, Rn. 39; BGH, Urteil vom 22. April 2009 - VIII ZR 156/07, NJW 2009, 2606 Rn. 15). Diese besondere Schutzbedürftigkeit findet ihren Niederschlag auch in den strengen Vorausset-zungen des Art. 15 LugÜ für eine Gerichtsstandsvereinbarung. Würde man im Rahmen des Luganer Übereinkommens Ansprüche, die eine so enge Verbin-dung mit dem Vertragsschluss haben, gemäß der innerstaatlichen Rechtsordnung als deliktisch qualifizieren, umginge dies den durch diese Strenge beab-sichtigten Schutz des Verbrauchers. Die Zurechnung zum Verbrauchergerichts-stand steht nicht in Widerspruch zum Gebot der Vorhersehbarkeit der Gerichts-stände und der Rechtssicherheit (vgl. EuGH, Urteil vom 17. Juni 1992, Handte, Rn. 12, 19; Dasser/Oberhammer/Domej, aaO, Präambel Protokoll Nr. 2 Rn. 32; Geimer/Schütze/Geimer, Europäisches Zivilverfahrensrecht, 2. Aufl., Art. 5 EuGVVO Art. 5 Rn. 2 m.w.N.), weil der verklagte Vermögensverwalter voraus-sehen kann, dass er für solche Klagen seines Vertragspartners, die einen en-gen Zusammenhang mit dem Verbrauchervertrag haben, im Gerichtsstand nach Art. 13 LugÜ in Anspruch genommen werden kann. Dem übereinkom-mensautonom gewonnenem Ergebnis steht mithin nicht entgegen, dass es sich nach deutschem und damit nationalem Recht beim Zahlungsverlangen in Höhe des verlorenen Geldes gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 32 KWG um einen deliktischen Schadensersatzanspruch handelt (vgl. Senat, Urteile vom 11. Juni 2005 - VI ZR 339/04, aaO; - VI ZR 340/04, WM 2006, 1896, 1897; - VI ZR 341/04, juris).

27        III. Das Urteil ist nach allem aufzuheben und die Sache zur neuen Verhand-lung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, weil sie nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Das Berufungsgericht hat bisher nur die für eine Prüfung der internationalen Zuständigkeit erheblichen Tatsachen festgestellt und im Übrigen auf die Feststellungen des Landgerichts verwiesen, die den Sachverhalt nicht ausschöpfen. Es hat nunmehr Gelegen-heit, ausgehend von dem Geschehen im März 1998 unter Berücksichtigung der zu diesem Zeitpunkt geltenden kollisionsrechtlichen Rechtslage zur Sache zu entscheiden.

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