BGH: Auslistungsbegehren gegen Google – Voraussetzungen des Auslistungsanspruchs gem. Art. 17 Abs. 1 DSGVO
BGH, Urteil vom 23.5.2023 – VI ZR 476/18
ECLI:DE:BGH:2023:230523UVIZR476.18.0
Volltext: BB-Online BBL2023-1666-1
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Amtliche Leitsätze
a) Begehrt ein Betroffener von dem Betreiber einer Internet-Suchmaschine wegen der (behaupteten) Unrichtigkeit eines gelisteten Inhalts dessen Auslistung, obliegt ihm grundsätzlich der Nachweis, dass die in diesem Inhalt enthaltenen Informationen offensichtlich unrichtig sind oder dass zumindest ein für diesen gesamten Inhalt nicht unbedeutender Teil dieser Informationen offensichtlich unrichtig ist. Dabei hat der Betroffene die Nachweise beizubringen, die unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls von ihm vernünftigerweise verlangt werden können, um diese offensichtliche Unrichtigkeit festzustellen. Der Betroffene ist insoweit nicht verpflichtet, bereits im Vorfeld seines Auslistungsantrags eine gerichtliche Entscheidung gegen den Inhalteanbieter zu erwirken.
b) Vom Betreiber einer Internet-Suchmaschine angezeigte Vorschaubilder einer natürlichen Person sind immer dann zu löschen, wenn dem Auslistungsantrag hin- sichtlich des ursprünglichen Kontextes der gelisteten Bilder stattzugeben ist. Im Übrigen ist die Rechtmäßigkeit der Anzeige von Bildern durch die Bildersuche einer Suchmaschine eigenständig zu beurteilen. Dem Informationswert der Fotos ist dann unabhängig vom Kontext ihrer Veröffentlichung auf der Internetseite, der sie entnommen sind, aber unter Berücksichtigung jedes Textelements, das mit der Anzeige dieser Fotos in den Suchergebnissen unmittelbar einhergeht und Aufschluss über den Informationswert dieser Fotos geben kann, Rechnung zu tragen.
DS-GVO Art. 17
Sachverhalt
Die Kläger nehmen die Beklagte als Betreiberin der Internetsuchmaschine "Google" auf Auslistung bestimmter Ergebnislinks, die auf sie identifizierende und teilweise mit Fotos von ihnen bebilderte Onlineveröffentlichungen Dritter hinführten, sowie auf Unterlassung der Anzeige dieser Fotos in Gestalt von Vorschaubildern in Anspruch.
Der Kläger ist für verschiedene Gesellschaften, die Finanzdienstleistungen anbieten, in verantwortlicher Position tätig oder an ihnen beteiligt. So ist der Kläger Mitglied des Verwaltungsrats und Alleinaktionär der I-SA und Präsident von deren Tochtergesellschaft, der I-AG, welche gemeinsam mit anderen Gesellschaften die I-Group bilden. Daneben ist der Kläger Alleingesellschafter der V. Ltd. welche Alleingesellschafterin der P-Direkt GmbH (in der Folge: P-Direkt) ist. Die P-Direkt wiederum hält 60 % der Anteile der P-Emission GmbH (in der Folge: P-Emission), welche u.a. Alleingesellschafterin der P1 GmbH und der P2 GmbH (in der Folge: P1 und P2) ist. Bis Ende 2015 warben P1 und P2 insgesamt rund 6,95 Millionen Euro an Anlegergeldern ein. Die Klägerin war die Lebensgefährtin des Klägers und war bis Mai 2015 Prokuristin der P-Direkt. Bei der I-Group wurden im Juni 2015 von der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (FINMA) Untersuchungsbeauftragte eingesetzt, die ermächtigt sind, anstelle der Organe der Gesellschaften allein zu handeln. Gleichzeitig wurde den Organen der Gesellschaften untersagt, weitere Rechtshandlungen vorzunehmen.
Auf der Webseite www.g...net (in der Folge: g-net) erschienen im Jahr 2015 unter anderem die nachfolgend auszugsweise wiedergegebenen Berichte, die sich kritisch mit den Geschäften der genannten Unternehmen befassten (Unterstreichungen nur hier).
Artikel vom 27. April 2015:
P-Emission: Nachrangdarlehen ins Anlageuniversum
Im Fact Sheet für die Ausgabe von 20 Millionen Euro Nachrangdarlehen bringt es der Münchener Bankbetriebswirt E. (50) selbst auf den Punkt: Das Hauptrisiko der hier angebotenen Kapitalanlage liegt in der wirtschaftlichen Entwicklung der Emittentin.
Genau: Die Emittentin heißt P-Emission und wurde erst im September 2012 gegründet (…) Das Gründungskapital von 50.000 Euro stammt von der Alleingesellschafterin V. Ltd. aus London (…)
Mit der Berliner Pflanze P-Emission will die V. Ltd. endlich eigenes Vermögen verwalten. Weil die V. aber gar keine Millionen hat, nimmt sie bei Kleinanlegern Kapital in Gestalt von Nachrangdarlehen und neuerdings auch durch den Verkauf von Anteilsscheinen an einer Unternehmensanleihe im Volumen von noch einmal 20 Millionen Euro auf. (…)
Im Oktober 2014 kam noch eine P2 dazu. Die möchte 20 Millionen Euro als Unternehmens-Anleihe herausgeben und bietet darauf einen Jahreszins von 5,25 Prozent an.
Aussagen von Geschäftsführer E. gibt es bislang nur zu den Nachrangdarlehen der P1 (…)
Artikel vom 4. Juni 2015:
P-Direkt/I-Group: Wo ist das Geld der Anleger?
Es geht um bis zu 500 Millionen Euro, die Investoren in Produkte der P-Direkt und I-Group investiert haben. Nach heftigen Personalrochaden im Topmanagement, einer Liquidierung und der Rückgabe einer Lizenz als Vermögensverwalter fragen sich Kunden, Mitarbeiter und Vertrieb, ob die Investments noch sicher sind. Währenddessen schwelgen Hintermänner und Initiatoren in Luxus - inklusive Learjets und Luxus-Karossen.
Die Geschäfte der Berliner P-Direkt, die seit der Gründung des Emissionshauses P-Emission Anlegergelder in Form von Nachrangdarlehen einwirbt, sind eng mit der I-Group, die Gesellschaften in Steueroasen wie Liechtenstein oder der Schweiz betreibt, verwoben. Die Aufgabenverteilung sieht vor, dass die P-Direkt Vertriebstruppen unter Regie des Münchener Bankbetriebswirts E. (51) jährlich zweistellige Vertriebsumsätze generiert (…)
Aus Vertriebskreisen erfuhr g-net, dass mittlerweile mehrere Hundert Millionen Euro über verschiedene Gesellschaften aus dem Umfeld der I-Group eingesammelt und an gruppeneigene Vermögensverwaltungen weitergeleitet wurden. Hintermann und Kopf des Systems soll Dr. K [voller Name des Klägers] sein. Dr. K […] ist Mitglied im Verwaltungsrat der I-SA und CEO der I-AG.
Die Kontrolle über die Geschäfte der P-Direkt übte K[…] hingegen nicht direkt aus, sondern agierte über seine Lebensgefährtin T [voller Name der Klägerin]. (…)
Artikel vom 16. Juni 2015:
FINMA übernimmt Kontrolle über I-Group
Am 4. Juni 2015 stellten sich g-net und die Schweizer Finanzmarktaufsicht die selbe Frage über die Teilschuldverschreibungen der P-Direkt aus dem Hause der I-Group: "Wo ist das Geld der Anleger?"
120 Millionen Euro wollten die Chefs der I-Group (…) einsammeln. (…)
Mit der zweiten P-Direkt-Anleihe planten die Hintermänner der I-Group den Sprung in die Champions League des Grauen Marktes. Bis zum Zeitpunkt der Prospektherstellung konnte die Truppe, um den deutschen Kopf K. [voller Name des Klägers], erst 3,22 Millionen Euro innerhalb von sechs Monaten, mit den ersten Tranchen der P-Direkt-Anleihe, einsammeln (…)
Ein Blick in die Bilanzen der V. Ltd. bringt wenig Vertrauenserweckendes ans Licht. Am Stichtag 31. Dezember 2014 wies die V. Ltd. einen Kontostand von nur einem britischen Pfund aus. Dem stehen rund 886.000 Pfund Schulden gegenüber. Eine Insolvenz wurde nur durch auf dem Papier existierende Forderungen abgewendet. (…)
Die eigentliche Macht über die V. Ltd. wird allerdings seit mittlerweile zehn Jahren von der C. Ltd. ausgeübt. (…)
Der Artikel vom 4. Juni 2015 ist zudem mit drei Fotos des Klägers (am Steuer eines Autos, im Innenraum eines Hubschraubers und vor einem Flugzeug) und einem Foto der Klägerin (in einem Cabrio) bebildert. Betreiber der Webseite g-net ist laut Impressum die G-LLC mit Sitz in New York (USA). Unternehmensziel der G-LLC ist nach eigenen Angaben, "durch aktive Aufklärung und permanente Transparenz nachhaltig zur Betrugsprävention in Wirtschaft und Gesellschaft beizutragen". In verschiedenen Veröffentlichungen wird kritisch über das Geschäftsmodell der G-LLC berichtet, unter anderem mit dem Vorwurf, sie versuche, Unternehmen zu erpressen, indem sie zunächst negative Berichte veröffentliche und danach anbiete, gegen ein sogenanntes Schutzgeld die Berichte zu löschen bzw. die negative Berichterstattung zu verhindern. Die Kläger behaupten, dass auch sie von der G-LLC erpresst würden. Die Artikel enthielten unrichtige Tatsachenbehauptungen und unzulässige Meinungsäußerungen, die auf einem unrichtigen Tatsachenkern beruhten (im zuletzt noch beanstandeten Umfang oben im Text jeweils durch Unterstreichung gekennzeichnet).
Die Beklagte wies die Artikel vom 4. Juni 2015 und vom 16. Juni 2015 bei einer Eingabe von Vor- und Familiennamen des Klägers - sowohl isoliert als auch in Verbindung mit bestimmten Unternehmensnamen -, den Artikel vom 4. Juni 2015 auch bei Eingabe von Vor- und Familienname der Klägerin und den Artikel vom 27. April 2015 bei einer Eingabe von bestimmten Unternehmensnamen in ihre Suchmaschine in ihrer Suchergebnisliste aus und verlinkte auf sie. Die im Artikel vom 4. Juni 2015 enthaltenen Fotos der Kläger zeigte die Beklagte zudem in der Ergebnisübersicht ihrer Bildersuche als Vorschaubilder ("thumbnails") an. Zum Zeitpunkt des Schlusses der Berufungsverhandlung waren die verlinkten Artikel auf g-net nicht mehr abrufbar. Die Fotos der Kläger wurden auch nicht mehr als Vorschaubilder in der Ergebnisübersicht der Bildersuche der Beklagten angezeigt.
Das Landgericht hat der auf Auslistung der Suchergebnisse gerichteten Klage hinsichtlich eines weiteren, den Kläger betreffenden Artikels von g-net stattgegeben und die Klage im Übrigen abgewiesen. Die Berufung der Kläger blieb vor dem Oberlandesgericht ohne Erfolg. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihr Auslistungsbegehren weiter.
Der Senat hat mit Beschluss vom 27. Juli 2020 (AfP 2020, 496) dem Gerichtshof der Europäischen Union folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
1. Ist es mit dem Recht des Betroffenen auf Achtung seines Privatlebens (Art. 7 Charta der Grundrechte der Europäischen Union, GRCh, ABl. EU C 202 vom 7. Juni 2016, S. 389) und auf Schutz der ihn betreffenden personenbezogenen Daten (Art. 8 GRCh) vereinbar, bei der im Rahmen der Prüfung seines Auslistungsbegehrens gegen den Verantwortlichen eines Internet-Suchdienstes gemäß Art. 17 Abs. 3 Buchst. a der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung, DS-GVO, ABl. EU L 119 vom 4. Mai 2016, S. 1) vorzunehmenden Abwägung der widerstreitenden Rechte und Interessen aus Art. 7, 8, 11 und 16 GRCh dann, wenn der Link, dessen Auslistung beantragt wird, zu einem Inhalt führt, der Tatsachenbehauptungen und auf Tatsachenbehauptungen beruhende Werturteile enthält, deren Wahrheit der Betroffene in Abrede stellt, und dessen Rechtmäßigkeit mit der Frage der Wahrheitsgemäßheit der in ihm enthaltenen Tatsachenbehauptungen steht und fällt, maßgeblich auch darauf abzustellen, ob der Betroffene in zumutbarer Weise - z.B. durch eine einstweilige Verfügung - Rechtsschutz gegen den Inhalteanbieter erlangen und damit die Frage der Wahrheit des vom Suchmaschinenverantwortlichen nachgewiesenen Inhalts einer zumindest vorläufigen Klärung zuführen könnte?
2. Ist im Falle eines Auslistungsbegehrens gegen den Verantwortlichen eines Internet-Suchdienstes, der bei einer Namenssuche nach Fotos von natürlichen Personen sucht, die Dritte im Zusammenhang mit dem Namen der Person ins Internet eingestellt haben, und der die von ihm aufgefundenen Fotos in seiner Ergebnisübersicht als Vorschaubilder ("thumbnails") zeigt, im Rahmen der nach Art. 12 Buchst. b und Art. 14 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (Datenschutz-Richtlinie, DS-RL, ABl. EU L 281 vom 23. November 1995, S. 31) / Art. 17 Abs. 3 Buchst. a DS-GVO vorzunehmenden Abwägung der widerstreitenden Rechte und Interessen aus Art. 7, 8, 11 und 16 GRCh der Kontext der ursprünglichen Veröffentlichung des Dritten maßgeblich zu berücksichtigen, auch wenn die Webseite des Dritten bei Anzeige des Vorschaubildes durch die Suchmaschine zwar verlinkt, aber nicht konkret benannt und der sich hieraus ergebende Kontext vom Internet-Suchdienst nicht mit angezeigt wird?
Der Gerichtshof der Europäischen Union hat diese Fragen wie folgt beantwortet (EuGH, Urteil vom 8. Dezember 2022 - C-460/20, AfP 2023, 42):
1. Art. 17 Abs. 3 Buchst. a der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) ist dahin auszulegen, dass im Rahmen der Abwägung, die zwischen den Rechten aus den Art. 7 und 8 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und den Rechten aus Art. 11 der Charta der Grundrechte vorzunehmen ist, um einen an den Betreiber einer Suchmaschine gerichteten Auslistungsantrag zu prüfen, der darauf abzielt, dass in der Übersicht der Ergebnisse einer Suche der Link zu einem Inhalt, der Behauptungen enthält, die von der die Auslistung begehrenden Person für unrichtig gehalten werden, gelöscht wird, diese Auslistung nicht davon abhängt, dass die Frage der Richtigkeit des aufgelisteten Inhalts im Rahmen eines von dieser Person gegen den Inhalteanbieter eingelegten Rechtsbehelfs einer zumindest vorläufigen Klärung zugeführt worden ist.
2. Art. 12 Buchst. b und Art. 14 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr und Art. 17 Abs. 3 Buchst. a der Verordnung 2016/679 sind dahin auszulegen, dass im Rahmen der Abwägung, die zwischen den Rechten aus den Art. 7 und 8 der Charta der Grundrechte und den Rechten aus Art. 11 der Charta der Grundrechte vorzunehmen ist, um einen an den Betreiber einer Suchmaschine gerichteten Auslistungsantrag zu prüfen, der darauf abzielt, dass in den Ergebnissen einer anhand des Namens einer natürlichen Person durchgeführten Bildersuche Fotos, die in Gestalt von Vorschaubildern angezeigt werden und diese Person darstellen, gelöscht werden, dem Informationswert dieser Fotos - unabhängig vom Kontext ihrer Veröffentlichung auf der Internetseite, der sie entnommen sind, aber unter Berücksichtigung jedes Textelements, das mit der Anzeige dieser Fotos in den Suchergebnissen unmittelbar einhergeht und Aufschluss über den Informationswert dieser Fotos geben kann - Rechnung zu tragen ist.
Aus den Gründen
12 Die Revision hat teilweise Erfolg.
I.
13 Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse, im Wesentlichen wie folgt begründet (GRUR-RS 2018, 53040):
14 Dem Unterlassungsanspruch der Kläger (§§ 823, 1004 BGB i.V.m. Art. 6 DS-GVO) fehle es nicht bereits an der Wiederholungsgefahr. Zwar seien die als Suchergebnis nachgewiesenen Artikel auf den verlinkten URL nicht mehr abrufbar. Doch sei dies nach dem dort hinterlegten Hinweis von g-net nur "augenblicklich" nicht der Fall, weshalb eine sichere Gewähr gegen weitere Eingriffe nicht geboten sei. Einer Haftung der Beklagten stehe auch nicht der Umstand entgegen, dass die Kläger vorrangig den Betreiber der Webseite g-net hätten in Anspruch nehmen müssen. Die Haftung eines Suchmaschinenbetreibers sei nicht subsidiär.
15 In der Sache bestehe eine Haftung eines Suchmaschinenbetreibers als mittelbarer Störer jedoch nur, wenn er durch einen konkreten Hinweis des Betroffenen Kenntnis von einer offensichtlichen und auf den ersten Blick klar erkennbaren Rechtsverletzung erlange (unter Bezugnahme auf Senat, Urteil vom 27. Februar 2018 - VI ZR 489/16, BGHZ 217, 350 Rn. 36). Danach sei hier eine Haftung der Beklagten zu verneinen, da im Hinblick auf die Inhalte der in den streitgegenständlichen Links nachgewiesenen Seiten bzw. auf die dort enthaltenen Äußerungen von einer für die Beklagte in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht offensichtlichen Rechtsverletzung der Kläger nicht ausgegangen werden könne.
16 Im Hinblick auf den Artikel vom 27. April 2015 gelte dies schon wegen fehlender Betroffenheit des Klägers. Der Kläger werde in dem Artikel weder genannt noch sonst identifiziert. Eine Identifizierung erfolge auch nicht in der Gesamtschau mit den weiteren streitgegenständlichen Artikeln, die den Kläger namentlich benennen. Denn der Artikel vom 27. April 2015 sei der zeitlich erste Beitrag gewesen.
17 Im Hinblick auf die Artikel vom 4. Juni 2015 und vom 16. Juni 2015 sei zwar von einer persönlichen Betroffenheit auszugehen. Soweit insoweit maßgeblich auf den Wahrheitsgehalt der behaupteten Tatsache abzustellen sei, treffe die Darlegungs- und Beweislast aber in jedem Fall den Anspruchsteller. Da die Kläger die Wahrheitswidrigkeit der über sie berichteten Tatsachen nicht belegt hätten, sei der Beklagten die abschließende Bewertung der von ihr verlinkten Inhalte nicht möglich, weshalb sie nach dem Maßstab der "offensichtlichen und auf den ersten Blick klar erkennbaren Rechtsverletzung" nicht zur Auslistung der entsprechenden Suchergebnisse verpflichtet gewesen sei.
18 Diese Grundsätze gälten auch, wenn sich der Einsatz der Suchmaschine auf die Bildersuche beschränke, da die maßgebliche Interessenlage hier vergleichbar sei. Auch hinsichtlich der als Vorschaubilder angezeigten Fotos sei eine offensichtliche und für die Beklagte auf der Hand liegende Rechtsverletzung nicht ersichtlich, da die Bilder im Hinblick auf die veröffentlichten Artikel Bildnisse aus dem Bereich des Zeitgeschehens jedenfalls sein könnten. Zwar würden die Vorschaubilder in der Bildersuche kontextlos angezeigt. Gleichwohl sei auf den Kontext des dahinterstehenden Artikels abzustellen, da der Durchschnittsrezipient davon ausgehe, dass der Kontext bei der Bildersuche der Beklagten berücksichtigt werde, und weil er diesen Kontext bei Interesse durch einen weiteren Klick aufrufen werde.
II.
19 Diese Erwägungen halten der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht in jeder Hinsicht stand. Im Ergebnis zu Recht hat das Berufungsgericht allerdings einen Auslistungsanspruch der Kläger hinsichtlich der drei noch streitgegenständlichen Artikel verneint (II.1 und II.2). Hinsichtlich der Vorschaubilder ist der Auslistungsanspruch jedoch gegeben und hat die Revision der Kläger Erfolg (II. 3).
20 1. Hinsichtlich des Artikels vom 27. April 2015 scheitert das Auslistungsbegehren des Klägers schon an dem Fehlen personenbezogener Daten bzw. persönlicher Betroffenheit des Klägers.
21 a) Der Artikel vom 27. April 2015 ("P-Emission: Nachrangdarlehen ins Anlageuniversum") wurde von der Beklagten nicht im Rahmen einer Suche mit dem Namen des Klägers, sondern bei der Suche nach verschiedenen Unternehmensnamen (P-Direkt, P1, P2, P-Emission), die den Namen des Klägers auch nicht als Bestandteil der eigenen Firma beinhalten (vgl. hierzu EuGH, EuZW 2010, 939 Rn. 54), gelistet. Der Artikel selbst nennt den Kläger in dem hier angegriffenen, ohne vorherige Registrierung zugänglichen Teil weder namentlich noch geht er in irgendeiner Weise auf dessen Position, Tätigkeit oder Funktion ein. Namentlich genannt wird lediglich der Geschäftsführer E. der P-Emission, von dem der Artikel auch ein Foto enthält. Inhaltlich beschäftigt sich der Artikel mit dem Risiko der wirtschaftlichen Entwicklung der P-Emission, das nach der Ausgabe von Nachrangdarlehen für die Kapitalanleger bestehe.
22 b) Bei dieser Sachlage kann der Kläger sein Auslistungsbegehren nicht auf Art. 17 Abs. 1 DS-GVO stützen. Der sachliche Anwendungsbereich der Datenschutz-Grundverordnung ist nicht eröffnet, da personenbezogene Daten des Klägers (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 4 Nr. 1 DS-GVO) nicht verwendet werden. Es fehlt an dem notwendigen Bezug zu einer natürlichen Person (vgl. hierzu EuGH, NJW 2018, 767 Rn. 35; Ziebarth in Sydow/Marsch, DS-GVO/BDSG, 3. Aufl., Art. 4 DS-GVO Rn. 13; Klar/Kühling in Kühling/Buchner, DS-GVO, 3. Aufl., Art. 4 Nr. 1 Rn. 12 f.; Schwartmann/Mühlenbeck in Schwartmann/Jaspers/Thüsing/Kugelmann, DS-GVO/BDSG, 2. Aufl., Art. 4 DS-GVO Rn. 29 f.). Die in dem verlinkten Artikel enthaltenen Sachinformationen über die Tätigkeit der P-Emission und die personenbezogenen Informationen über deren Geschäftsführer E. sind nicht aufgrund ihres Inhalts, ihres Zwecks oder ihrer Auswirkungen mit dem Kläger verknüpft und auf diesen bezogen.
23 Der Personenbezug zum Kläger wird auch nicht über die Anzeige in der Suchergebnisliste der Beklagten hergestellt. Denn die Beklagte hat das beanstandete Suchergebnis nicht auf eine Suche mit dem Namen des Klägers angezeigt, sondern auf die Suche mit den oben genannten Unternehmensnamen. Entgegen der Auffassung der Revision ergibt sich der notwendige Bezug des Ergebnislinks zur Person des Klägers daher auch nicht dadurch, dass der Artikel vom 27. April 2015 in einer Reihe von auf der Webseite g-net erschienenen Beiträgen über die wirtschaftlichen Tätigkeiten des Klägers und seiner Unternehmen stehe, in denen der Kläger namentlich benannt und als "Kopf" bzw. "Hintermann" der Gesellschaftsgruppe bezeichnet werde. Zwar ist insofern, anders als das Berufungsgericht meint, nicht entscheidend, dass es sich bei dem Artikel vom 27. April 2015 um den zeitlich ersten Artikel dieser Reihe handelte. Maßgeblich für das Auslistungsbegehren ist insoweit die - zeitlich ohnehin nachgelagerte - Datenverarbeitung durch die Beklagte, mithin die Anzeige in deren Suchergebnisliste. Doch ist auch insoweit eine Gesamtschau der von der Beklagten erbrachten Verlinkungen auf die hier streitgegenständlichen Artikel nicht veranlasst, da die Beklagte den Artikel vom 27. April 2015 - im Unterschied zu den beiden anderen Artikeln - gerade nicht auf eine Suche mit dem Namen des Klägers angezeigt und auf diese Weise mit ihm verknüpft hat. Es handelte sich vielmehr um unterschiedliche Suchaufträge und -vorgänge.
24 c) Ein Auslistungsanspruch des Klägers besteht bezüglich des streitgegenständlichen Verweises auf den Artikel vom 27. April 2015 auch nicht als - außerhalb des Anwendungsbereichs der Datenschutz-Grundverordnung grundsätzlich weiter anwendbarer - Unterlassungsanspruch wegen Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts (§ 823 Abs. 1, § 824 Abs. 1, § 1004 Abs. 1 BGB analog i.V.m. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG). Denn der Kläger ist durch die Berichterstattung in dem genannten Artikel aus den unter a) und b) bereits näher ausgeführten Gründen weder identifizierbar noch anderweitig individuell in seinem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht betroffen (vgl. zur bloßen Reflexwirkung einer Berichterstattung zuletzt Senat, Urteil vom 6. Dezember 2022 - VI ZR 237/21, AfP 2023, 54 Rn. 17 mwN; speziell zur Wirtschaftsberichterstattung Korte, Praxis des Presserechts, 2. Aufl., § 2 Rn. 159 f.).
25 d) Selbst wenn - wie nicht - der Artikel vom 27. April 2015 personenbezogene Daten des Klägers enthielte, wäre der Auslistungsanspruch aus den nachfolgend unter 2. ausgeführten Gründen nicht gegeben.
26 2. Hinsichtlich der Verlinkungen auf die Artikel vom 4. Juni 2015 ("P-Direkt/I-Group: Wo ist das Geld der Anleger?") und vom 16. Juni 2015 ("FINMA übernimmt Kontrolle über die I-Group") ist zwar der Anwendungsbereich der Datenschutz-Grundverordnung eröffnet. Doch sind die materiellen Voraussetzungen des Auslistungsanspruchs aus Art. 17 Abs. 1 DS-GVO (vgl. hierzu allgemein Senat, Urteile vom 27. Juli 2020 - VI ZR 405/18, BGHZ 226, 285 Rn. 18 ff.; vom 3. Mai 2022 - VI ZR 832/20, AfP 2022, 341 Rn. 11 ff.) nicht erfüllt.
27 a) Die Datenschutz-Grundverordnung ist zeitlich, räumlich und, da die Ergebnislinks insoweit auch auf die Suche mit den Namen der Kläger angezeigt wurden und die verlinkten Artikel ohne Weiteres personenbezogene Daten der Kläger enthalten, auch sachlich anwendbar (vgl. dazu Senat, Urteil vom 27. Juli 2020 - VI ZR 405/18, BGHZ 226, 285 Rn. 12 ff.). Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte folgt insoweit aus Art. 79 Abs. 2 DS-GVO (vgl. dazu Senat, Urteil vom 27. Juli 2020 - VI ZR 405/18, BGHZ 226, 285 Rn. 16).
28 Das auf dauerhafte Auslistung gerichtete Rechtsschutzbegehren der Kläger ist grundsätzlich von Art. 17 Abs. 1 DS-GVO erfasst. Das in Art. 17 Abs. 1 DS-GVO niedergelegte "Recht auf Löschung" ist schon aufgrund der für den Betroffenen letztlich unwägbaren und zudem stetem Entwicklungsfortschritt unterworfenen technischen Voraussetzungen der beanstandeten Datenverarbeitung nicht auf das schlichte Löschen von Daten zu verengen (Senat, Urteil vom 27. Juli 2020 - VI ZR 405/18, BGHZ 226, 285 Rn. 17), sondern umfasst unabhängig von der technischen Umsetzung auch das Begehren, eine erneute Listung zu unterlassen (vgl. Senat, Urteile vom 27. Juli 2020 - VI ZR 405/18, BGHZ 226, 285 Rn. 1, 17, 35; vom 12. Oktober 2021 - VI ZR 489/19, BGHZ 231, 263 Rn. 10; vom 13. Dezember 2022 - VI ZR 54/21, K&R 2023, 197 Rn. 40; s. auch EuGH, AfP 2023, 42 Rn. 83).
29 Schließlich haben die Kläger die Beklagte bereits vor Klageerhebung durch Benennung der konkret beanstandeten Ergebnislinks und eine im Zusammenhang erfolgte Darstellung des zugrunde liegenden Sachverhalts und seiner rechtlichen Erwägungen in formeller Hinsicht hinreichend deutlich auf die aus ihrer Sicht vorliegende Rechtswidrigkeit der Datenverarbeitung hingewiesen und die Beklagte insoweit zur Auslistung aufgefordert (zum Antragserfordernis s. Senat, Urteil vom 27. Juli 2020 - VI ZR 405/18, BGHZ 226, 285 Rn. 19; EuGH, AfP 2023, 42 Rn. 53; NJW 2019 3503 Rn. 47 f., 66, 68, 77 i.V.m. 33; jeweils mwN).
30 b) Wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, steht dem Auslistungsbegehren der Kläger nicht schon der Umstand entgegen, dass die verlinkten Artikel zum Schluss der letzten Tatsachenverhandlung auf der Webseite g-net nicht mehr angezeigt wurden. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist hierzu auf der Webseite g-net der Hinweis des Inhalteanbieters G-LLC hinterlegt, dass der Abruf lediglich "augenblicklich" nicht möglich sei. Daher kann nicht ausgeschlossen werden, dass die genannten Artikel künftig wieder online gestellt und von der von der Beklagten betriebenen Suchmaschine erneut aufgelistet werden, zumal die Beklagte den Auslistungsantrag nach wie vor für unberechtigt hält und an ihrer Weigerung, ihm stattzugeben, festhält (vgl. EuGH, AfP 2023, 42 Rn. 83).
31 c) Das Auslistungsverlangen der Kläger hinsichtlich des Artikels vom 4. Juni 2015 und des Klägers zudem hinsichtlich des Artikels vom 16. Juni 2015 ist jedoch in der Sache nicht berechtigt, weil die von der Beklagten vorgenommene Datenverarbeitung nach den relevanten Umständen des Streitfalls zur Ausübung des Rechts auf freie Meinungsäußerung und Information erforderlich ist (Art. 17 Abs. 3 Buchst. a i.V.m. Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 Buchst. f, Art. 21 Abs. 1 Satz 2 DS-GVO).
32 aa) Die von der Beklagten als Suchergebnisse nachgewiesenen Artikel vom 4. Juni 2015 und vom 16. Juni 2015 befassen sich mit dem Anlagemodell der Gesellschaften um die I-Group und die P-Direkt, mit den insoweit bestehenden Risiken für Kapitalanleger und mit der Rolle der Kläger innerhalb der genannten Gesellschaften. Entsprechen die in den Artikeln enthaltenen Informationen der Wahrheit, ist der Nachweis der Artikel durch eine Suchmaschine von den Klägern als Information über eine - kritische - Berichterstattung über ihre berufliche Tätigkeit, die gerade auch auf die öffentliche Einwerbung von Kapitalanlagen Dritter ausgerichtet ist, ohne Weiteres hinzunehmen. Dies hat der Senat in dieser Sache im Rahmen seines Vorlagebeschlusses in Abwägung der wechselseitigen Interessen bereits ausgeführt (Beschluss vom 27. Juni 2020 - VI ZR 476/18, AfP 2020, 496 Rn. 24 f.). Nichts anderes gilt für die Bebilderung des Artikels vom 4. Juni 2015 mit Fotos des Klägers am Steuer eines Autos, in einem Hubschrauber und vor einem Flugzeug sowie mit einem Foto der Klägerin am Steuer eines Cabrios. Insoweit handelte es sich dann um eine kontextgerechte Bebilderung der in diesem Artikel getätigten Aussage, dass die Hintermänner und Initiatoren des Geschäftsmodells in Luxus schwelgten, inklusive Learjets und Luxus-Karossen. Sind die in den Artikeln enthaltenen, von den Klägern beanstandeten Informationen hingegen unwahr, besteht keine Rechtfertigung für eine weitere Verbreitung dieser Artikel durch eine Suchmaschine (vgl. EuGH, AfP 2023, 42 Rn. 65). Der Auslistungsanspruch der Kläger besteht folglich nur, wenn für seine Prüfung davon auszugehen ist, dass in den Artikeln enthaltene, für das Gesamtverständnis der Artikel bedeutsame Informationen tatsächlich unwahr sind.
33 bb) Der Gerichtshof der Europäischen Union hat auf Vorlage des Senats entschieden, dass grundsätzlich der Person, die wegen der Unrichtigkeit eines aufgelisteten Inhalts die Auslistung begehrt, der Nachweis obliegt, dass die in diesem Inhalt enthaltenen Informationen offensichtlich unrichtig sind oder zumindest ein für diesen gesamten Inhalt nicht unbedeutender Teil dieser Informationen offensichtlich unrichtig ist. Allerdings hat der Betroffene dabei lediglich die Nachweise beizubringen, die unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls von ihm vernünftigerweise verlangt werden können, um diese offensichtliche Unrichtigkeit festzustellen (EuGH, AfP 2023, 42 Rn. 68). Ein solcher Nachweis gilt als erbracht, wenn der Betroffene eine gegenüber dem Herausgeber der Webseite, d.h. dem Inhalteanbieter, ergangene gerichtliche Entscheidung vorlegt, die auf der Feststellung beruht, dass in dem aufgelisteten Inhalt enthaltene Informationen, die im Hinblick auf den gesamten Inhalt nicht unbedeutend sind, zumindest auf den ersten Blick unrichtig sind (aaO Rn. 72). Der Betroffene ist jedoch nicht verpflichtet, bereits im Vorfeld seines Auslistungsantrags eine gerichtliche Entscheidung gegen den Inhalteanbieter zu erwirken (aaO Rn. 68). Er kann den ihm obliegenden Nachweis vielmehr auch durch Vorlage von sonstigen relevanten und hinreichenden Belegen erbringen (aaO Rn. 72), wobei die Umstände des Einzelfalls entscheidend sind und die Anforderungen an den Antragsteller zumutbar sein müssen (aaO Rn. 68).
34 Dagegen ist der Betreiber der Suchmaschine nicht verpflichtet, aktiv bei der Sachverhaltsaufklärung mitzuwirken, den Sachverhalt selbst zu ermitteln und hierfür mit dem Inhalteanbieter in Kontakt zu treten. Eine solche Verpflichtung brächte die Gefahr mit sich, dass der Suchmaschinenbetreiber Inhalte, die einem schutzwürdigen und überwiegenden Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit dienen, auslistete, um sich von der Last der Ermittlungen zu befreien (aaO Rn. 71). Gelingt es dem Betroffenen folglich nicht, einen Nachweis vorzulegen, aus dem sich die Unrichtigkeit der in dem gelisteten Inhalt enthaltenen Informationen offensichtlich ergibt, ist der Suchmaschinenbetreiber nicht verpflichtet, dem Auslistungsantrag stattzugeben. Wenn die fraglichen Informationen zu einer Debatte von allgemeinem Interesse beitragen können, ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls dabei dem Recht auf freie Meinungsäußerung und Information besondere Bedeutung beizumessen (aaO Rn. 73).
35 cc) Das Berufungsgericht hat diesen Maßstab seiner Prüfung des Streitfalles der Sache nach zutreffend zugrunde gelegt.
36 Zwar ist das Berufungsgericht im Ausgangspunkt im Anschluss an das Urteil des Senats vom 27. Februar 2018 (VI ZR 489/16, BGHZ 217, 350 Rn. 36, 52) zu Unrecht davon ausgegangen, dass der Betreiber einer Suchmaschine grundsätzlich erst dann zur Auslistung verpflichtet sei, wenn er durch einen konkreten Hinweis Kenntnis von einer offensichtlichen und auf den ersten Blick klar erkennbaren Rechtsverletzung erlangt habe. Diesen Maßstab hat der Senat - zeitlich nach Erlass der hier angegriffenen Berufungsentscheidung - im Anschluss an den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 6. November 2019 (BVerfGE152, 216 Rn. 119 ff. - Recht auf Vergessen II) - in seiner Allgemeinheit für den Auslistungsanspruch nach Art. 17 Abs. 1 DS-GVO zugunsten einer grundsätzlich gleichberechtigten Abwägung der sich gegenüberstehenden Grundrechte aufgegeben (Urteil vom 27. Juli 2020 - VI ZR 405/18, BGHZ 226, 285 Rn. 41), wobei er die hier zu entscheidende Frage nach dem Maßstab bei ungewissem Wahrheitsgehalt der beanstandeten Information ausdrücklich offengelassen hat (aaO Rn. 44).
37 Doch entspricht die Voraussetzung eines Hinweises auf eine offensichtliche und auf den ersten Blick klar erkennbare Rechtsverletzung für die hier streitgegenständliche Fallgruppe der nach Darstellung eines Betroffenen bestehenden Unwahrheit der vom Suchmaschinenbetreiber nachgewiesenen Informationen letztlich der hierzu vom Gerichtshof der Europäischen Union aufgestellten Voraussetzung eines relevanten und hinreichenden Nachweises, dass die in den gelisteten Inhalten enthaltenen Informationen offensichtlich unrichtig sind. Es entspricht daher der nunmehr vom Gerichtshof der Europäischen Union gemachten Vorgabe, wenn das Berufungsgericht eine Haftung der Beklagten mit der Begründung verneint hat, dass "im Hinblick auf die Inhalte der in den streitgegenständlichen Links nachgewiesenen Seiten bzw. auf die dort enthaltenen Äußerungen von einer für die Beklagte in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht offensichtlichen Rechtsverletzung der Kläger nicht ausgegangen werden [könne], die sie nach dem Vorhergesagten darzulegen haben."
38 dd) Auch die Anwendung dieses im Ergebnis zutreffenden Maßstabs auf den Streitfall durch das Berufungsgericht ist nicht zu beanstanden.
39 Zwar sind die von den Klägern als unwahr bezeichneten Informationen nicht nur von untergeordneter Bedeutung für den Inhalt der verlinkten Artikel insgesamt. Insbesondere die folgenden Passagen sind durchaus prägend für das Gesamtverständnis der Artikel:
• "Es geht um bis zu 500 Millionen Euro, die Investoren in Produkte der P-Direkt und der I-Group investiert haben."
• "Währenddessen schwelgen Hintermänner und Initiatoren in Luxus - inklusive Learjets und Luxus-Karossen."
• "Aus Vertriebskreisen erfuhr g-net, dass mittlerweile mehrere Hundert Millionen Euro über verschiedene Gesellschaften aus dem Umfeld der I-Group eingesammelt und an gruppeneigene Vermögensverwaltungen weitergeleitet wurden. Hintermann und Kopf des Systems soll [Kläger] sein."
• "Die Kontrolle über die Geschäfte der P-Direkt übte [Kläger] hingegen nicht direkt aus, sondern agierte über seine Lebensgefährtin [Klägerin]." (jeweils Artikel vom 4. Juni 2015)
• "Am 4. Juni 2015 stellten sich (…) die Schweizer Finanzmarktaufsicht dieselbe Frage über die Teilschuldverschreibungen der P-Direkt aus dem Hause der I-Group: ‚Wo ist das Geld der Anleger?‘"
• "Am Stichtag 31. Dezember 2014 wies die V. Ltd. einen Kontostand von nur einem britischen Pfund aus. Dem stehen rund 886.000 Pfund Schulden gegenüber. Eine Insolvenz wurde nur durch auf dem Papier existierende Forderungen abgewendet." (jeweils Artikel vom 16. Juni 2015)
40 Doch haben die Kläger nach der revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Würdigung des Berufungsgerichts nicht den erforderlichen Nachweis für eine offensichtliche Unrichtigkeit der verlinkten Informationen erbracht. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, warum es die nur auszugsweise Vorlage der jeweiligen Jahresabschlüsse von P1 und P2 (jeweils nur eine Seite des Bilanzberichts vom 31. Dezember 2015) schon angesichts der sonstigen Feststellungen zum Geschäftsmodell und zu den Verflechtungen der Unternehmensgruppe, zum Volumen ihrer Geschäfte, zu Funktionen und wirtschaftlicher Beteiligung des Klägers an den verschiedenen Gesellschaften, zur Prokura der Klägerin für die P-Direkt, zur Einsetzung von Untersuchungsbeauftragten durch die Schweizer Finanzmarktaufsicht im Juni 2015 und zur privaten Nutzung eines Helikopters und von Autos für unzureichend gehalten hat, um den Nachweis der offensichtlichen Unrichtigkeit der verlinkten Behauptungen zu erbringen, soweit es sich insoweit nicht ohnehin um - auf einer hinreichenden Tatsachengrundlage beruhende - zulässige Werturteile ("Schwelgen in Luxus") handele.
41 Die Revision zeigt nicht auf, dass das Berufungsgericht insoweit Instanzvortrag der Kläger unberücksichtigt gelassen hätte. Letztlich behauptet auch die Revision nicht, die Kläger hätten den Nachweis der offensichtlichen Unrichtigkeit erbracht, sondern stellt sich lediglich auf den - im Lichte der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union unzutreffenden - Rechtsstandpunkt, es genüge insofern eine überwiegende Wahrscheinlichkeit. Es ist auch nicht ersichtlich, inwiefern eine substantiellere Nachweisführung die Kläger übermäßig belastet hätte (vgl. hierzu EuGH, AfP 2023, 42 Rn. 68). Ergänzend ist zu Lasten der Kläger zu berücksichtigen, dass die fraglichen Informationen über das Geschäftsgebaren einer Gesellschaftsgruppe, die Anlagegelder möglicher Kapitalanleger einwirbt und jedenfalls teilweise der Beobachtung durch die Schweizer Finanzmarktaufsicht unterliegt, zu einer Debatte von allgemeinem Interesse beitragen kann, weshalb dem Recht auf freie Meinungsäußerung und Information hier besondere Bedeutung zukommt (vgl. EuGH, AfP 2023, 42 Rn. 73).
42 d) Der Auslistungsanspruch der Kläger ergibt sich auch nicht auf anderer Grundlage. Im Hinblick auf den Anwendungsvorrang des vorliegend unionsweit abschließend vereinheitlichten Datenschutzrechts und die bei Prüfung eines Auslistungsbegehrens nach Art. 17 DS-GVO vorzunehmende umfassende Grundrechtsabwägung können die Kläger ihren Anspruch nicht auf Vorschriften des nationalen deutschen Rechts stützen (vgl. dazu Senat, Urteil vom 27. Juli 2020 - VI ZR 405/18, BGHZ 226, 285 Rn. 64).
43 3. Demgegenüber ist der Auslistungsanspruch der Kläger hinsichtlich der Vorschaubilder gegeben.
44 a) Die Kläger begehren mit ihrem in der Revisionsverhandlung klargestellten Antrag von der Beklagten, die in dem Artikel vom 4. Juni 2015 enthaltenen und unter den bereits in der Klageschrift bezeichneten URL abrufbaren Bilder nicht länger in der im Klagantrag näher bezeichneten Form als Vorschaubilder anzuzeigen.
45 b) Die Beklagte zeigt diese Vorschaubilder nach den Feststellungen des Berufungsgerichts jedenfalls bereits seit September 2017 und damit seit einem noch vor Inkrafttreten der Datenschutz-Grundverordnung liegenden Zeitpunkt nicht mehr an. Gleichwohl kann offenbleiben, ob sich das Auslistungsbegehren der Kläger als in die Zukunft gerichteter Anspruch nach dem zum Schluss der letzten Tatsachenverhandlung geltenden Recht richtet und damit auf Art. 17 Abs. 1 DS-GVO zu stützen ist, der entgegen der Auffassung der Beklagten auch eine Unterlassungskomponente beinhaltet (vgl. hierzu oben II.2.a mwN), oder ob das zum Zeitpunkt der letzten Verletzungshandlung geltende Recht maßgeblich ist und sich die Anspruchsgrundlage aus § 1004 Abs. 1 Satz 2, § 823 Abs. 1, Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 22, 23 KUG, Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG, § 4, § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2 BDSG aF ergibt. Denn in letzterem Fall wäre die Auslegung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Richtlinie) für die Abwägung maßgeblich (vgl. den Vorlagebeschluss des Senats in dieser Sache vom 27. Juli 2020, AfP 2020, 496 Rn. 16), die für die hier inmitten stehende Fragestellung zu demselben Ergebnis wie die Datenschutz-Grundverordnung führt (vgl. EuGH, AfP 2023, 42 Rn. 79, 108).
46 c) Die Voraussetzungen für das Auslistungsbegehren der Kläger sind nicht bereits deshalb entfallen, weil die Beklagte die streitgegenständlichen Fotos nicht mehr als Vorschaubilder anzeigt und weil der ursprünglich von der Beklagten in ihrer Ergebnisliste nachgewiesene Artikel vom 4. Juni 2015, dem die Bilder entnommen wurden, ebenfalls nicht mehr abrufbar ist. Wie oben bereits unter II. 2. b ausgeführt, ist hierzu auf der Webseite g-net der Hinweis des Inhalteanbieters G-LLC hinterlegt, dass der Abruf lediglich "augenblicklich" nicht möglich sei. Daher kann nicht ausgeschlossen werden, dass die genannten Artikel künftig wieder online gestellt und von der von der Beklagten betriebenen Suchmaschine erneut aufgelistet werden, zumal die Beklagte den Auslistungsantrag nach wie vor für unberechtigt hält und an ihrer Weigerung, ihm stattzugeben, festhält (vgl. EuGH, AfP 2023, 42 Rn. 83).
47 Soweit die Beklagte ergänzend einwendet, sie habe die Gestaltung ihrer Bildersuche geändert und zeige die Vorschaubilder in geänderter Form und nicht mehr ohne jeden Kontext an, ist dies hier schon deshalb nicht relevant, weil es sich um im Revisionsverfahren nicht zu berücksichtigenden neuen Tatsachenvortrag handelt (§ 559 Abs. 1 ZPO).
48 d) Die Anzeige der Vorschaubilder in der von den Klägern beanstandeten Form verletzt die Kläger in ihrem Recht am eigenen Bild und auf Schutz ihrer personenbezogenen Daten und ist nicht durch die hiergegen abzuwägenden Rechte der Beklagten und ihrer Nutzer gerechtfertigt.
49 aa) Die Beklagte hat die in dem Artikel vom 4. Juni 2015 enthaltenen drei Bilder des Klägers (in einem Auto, in einem Hubschrauber und vor einem Flugzeug) sowie das Bild der Klägerin (in einem Cabrio) auf eine namensbezogene Suche als Vorschaubilder ("Thumbnails") in der Ergebnisliste ihrer Bildersuche angezeigt. In der von den Klägern beanstandeten Verletzungsform hat die Beklagte dabei auf die Anzeige des ursprünglichen Kontextes der Bilder verzichtet. Dieser Kontext ließ sich zwar durch das Anklicken des jeweiligen Vorschaubildes ebenfalls aufrufen, in der Ergebnisvorschau selbst ist er jedoch nicht ersichtlich. Auch den Bildern selbst ist der Kontext ihrer Aufnahme nicht zu entnehmen.
50 bb) Das Bild eines Einzelnen ist eines der Hauptmerkmale seiner Persönlichkeit, da es seine Einmaligkeit zum Ausdruck bringt und es erlaubt, ihn von anderen Personen zu unterscheiden. Das Recht der Person auf Schutz am eigenen Bild stellt somit eine der wesentlichen Voraussetzungen für ihre persönliche Verwirklichung dar und setzt in erster Linie die Kontrolle der Person über ihr eigenes Bild und insbesondere die Möglichkeit voraus, dessen Verbreitung zu untersagen. Daraus folgt, dass die Freiheit der Meinungsäußerung und die Informationsfreiheit zwar zweifellos die Veröffentlichung von Fotos umfassen, doch ist der Schutz des Rechts der Person auf Vertraulichkeit in diesem Kontext von besonderer Bedeutung, da Fotos besonders persönliche oder gar intime Informationen über eine Person oder ihre Familie vermitteln können (EuGH, AfP 2023, 42 Rn. 95) und ihre Anzeige zu einem besonders schwerwiegenden Eingriff in das Recht der betroffenen Person auf Schutz am eigenen Bild führen kann (aaO Rn. 100).
51 Daher muss der Betreiber einer Suchmaschine, wenn er mit einem Auslistungsantrag befasst wird, der darauf abzielt, dass aus den Ergebnissen einer anhand des Namens einer Person durchgeführten Bildersuche Fotos gelöscht werden, die in Gestalt von diese Person darstellenden Vorschaubildern angezeigt werden, prüfen, ob die Anzeige der fraglichen Fotos erforderlich ist, um das Recht auf freie Information auszuüben, das den Internetnutzern zusteht, die potentiell Interesse an einem Zugang zu diesen Fotos mittels einer solchen Suche haben (aaO Rn. 96). Insoweit stellt der Beitrag zu einer Debatte von allgemeinem Interesse einen entscheidenden Gesichtspunkt dar, der bei der Abwägung der widerstreitenden Grundrechte zu berücksichtigen ist, um die Frage beurteilen zu können, ob die Rechte der betroffenen Person auf Achtung ihres Privatlebens und auf Schutz ihrer personenbezogenen Daten oder vielmehr die Rechte auf freie Meinungsäußerung und Information Vorrang haben müssen (aaO Rn. 97). Da die Bilder, wie der Senat bereits im Rahmen seines Vorlagebeschlusses ausgeführt hat (Beschluss vom 27. Juli 2020 - VI ZR 476/18, AfP 2020, 496 Rn. 48) für sich genommen nicht aussagekräftig sind, steht und fällt die Entscheidung daher im Streitfall mit der Antwort auf die Frage, ob der ursprüngliche Kontext der Bilder, hier also der Artikel vom 4. Juni 2015, zu berücksichtigen ist.
52 cc) Der Gerichtshof der Europäischen Union hat auf Vorlage des Senats entschieden, dass die Vorschaubilder zwar immer dann zu löschen sind, wenn dem Auslistungsantrag hinsichtlich ihres ursprünglichen Kontextes stattzugeben ist, weil andernfalls die praktische Wirksamkeit der Auslistung des Verweises auf den ursprünglichen Inhalt untergraben würde. Denn die Internetnutzer könnten durch den Link, den die Vorschaubilder zu der Internetseite enthalten, auf der der Artikel, aus dem sie stammen, veröffentlicht ist, weiterhin auf diesen vollständigen Artikel zugreifen (EuGH, aaO Rn. 107). Im Übrigen - also wenn die Auslistung hinsichtlich des ursprünglichen Inhalts abzulehnen ist - ist die Rechtmäßigkeit der Anzeige von Bildern durch die Bildersuche einer Suchmaschine jedoch eigenständig zu beurteilen (aaO Rn. 104). Dem Informationswert der Fotos ist dann unabhängig vom Kontext ihrer Veröffentlichung auf der Internetseite, der sie entnommen sind, aber unter Berücksichtigung jedes Textelements, das mit der Anzeige dieser Fotos in den Suchergebnissen unmittelbar einhergeht und Aufschluss über den Informationswert dieser Fotos geben kann, Rechnung zu tragen (aaO Rn. 108).
53 dd) Nach diesem Maßstab ist das Auslistungsbegehren der Kläger hinsichtlich der Vorschaubilder berechtigt. Zwar ist nicht bereits der Verweis auf den Artikel vom 4. Juni 2015 auszulisten (vgl. oben II. 2.). Doch kommt der streitgegenständlichen kontextlosen Anzeige der aus diesem Artikel entnommenen Fotos der Kläger als - für sich genommen nicht aussagekräftige - Vorschaubilder unter den Umständen des Streitfalles keine entscheidende, das Recht der Kläger am eigenen Bild überwiegende Informationsfunktion zu.
III.
54 Soweit die Revision der Kläger begründet ist (Klagantrag Ziff. 3: Vorschaubilder), ist das Urteil des Berufungsgerichts aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Senat entscheidet insoweit in der Sache selbst, da es weiterer Feststellungen nicht bedarf und die Sache zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO).