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Wirtschaftsrecht
13.10.2022
Wirtschaftsrecht
EuGH: Auslegung des Begriffs „Hersteller“ i. S. von Art. 3 Abs. 1 Produkthaftungsrichtlinie

EuGH, Urteil vom 7.7.2022 – C-264/21, Keskinäinen Vakuutusyhtiö Fennia gegen Koninklijke Philips NV

ECLI:EU:C:2022:536

Volltext des Urteils://BB-ONLINE BBL2022-2382-1

unter www.betriebs-berater.de

Tenor

Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 85/374/EWG des Rates vom 25. Juli 1985 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Haftung für fehlerhafte Produkte in der durch die Richtlinie 1999/34/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. Mai 1999 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass der Begriff „Hersteller“ im Sinne dieser Bestimmung nicht erfordert, dass sich eine Person, die ihren Namen, ihr Warenzeichen oder ein anderes Erkennungszeichen auf dem Produkt angebracht oder deren Anbringen zugelassen hat, auch auf andere Weise als Hersteller des Produkts ausgibt.

 

Aus den Gründen

1        Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 85/374/EWG des Rates vom 25. Juli 1985 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Haftung für fehlerhafte Produkte (ABl. 1985, L 210, S. 29) in der durch die Richtlinie 1999/34/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. Mai 1999 (ABl. 1999, L 141, S. 20) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 85/374).

2        Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Keskinäinen Vakuutusyhtiö Fennia (im Folgenden: Fennia), einer Versicherungsgesellschaft, und der Koninklijke Philips NV über den Ersatz von Schäden, die durch einen Brand verursacht wurden, der von einer Kaffeemaschine ausgelöst wurde.

 Rechtlicher Rahmen

 Unionsrecht

3        In den Erwägungsgründen 4 und 5 der Richtlinie 85/374 heißt es:

„Der Schutz des Verbrauchers erfordert es, dass alle am Produktionsprozess Beteiligten haften, wenn das Endprodukt oder der von ihnen gelieferte Bestandteil oder Grundstoff fehlerhaft war. Aus demselben Grunde hat die Person, die Produkte in die Gemeinschaft einführt, sowie jede Person zu haften, die sich als Hersteller ausgibt, indem sie ihren Namen, ihr Warenzeichen oder ein anderes Erkennungszeichen anbringt, oder die ein Produkt liefert, dessen Hersteller nicht festgestellt werden kann.

Haften mehrere Personen für denselben Schaden, so erfordert der Schutz des Verbrauchers, dass der Geschädigte eine jede für den vollen Ersatz des Schadens in Anspruch nehmen kann.“

4        Art. 1 dieser Richtlinie bestimmt:

„Der Hersteller eines Produkts haftet für den Schaden, der durch einen Fehler dieses Produkts verursacht worden ist.“

5        Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie lautet:

„‚Hersteller‘ ist der Hersteller des Endprodukts, eines Grundstoffs oder eines Teilprodukts sowie jede Person, die sich als Hersteller ausgibt, indem sie ihren Namen, ihr Warenzeichen oder ein anderes Erkennungszeichen auf dem Produkt anbringt.“

6        Art. 5 der Richtlinie sieht vor:

„Haften aufgrund dieser Richtlinie mehrere Personen für denselben Schaden, so haften sie unbeschadet des einzelstaatlichen Rückgriffsrechts gesamtschuldnerisch.“

 Finnisches Recht

7        § 5 Abs. 1 des Tuotevastuulaki (694/1990) (Gesetz über die Haftung für fehlerhafte Produkte [694/1990]), mit dem Art. 3 der Richtlinie 85/374 in finnisches Recht umgesetzt wird, sieht in seiner auf den Sachverhalt des Ausgangsverfahrens anwendbaren Fassung vor, dass die Ersatzpflicht zunächst denjenigen trifft, der das den Schaden verursachende Produkt hergestellt hat, und dann denjenigen, der das den Schaden verursachende Produkt als sein eigenes vertrieben hat, wenn es mit seinem Namen, Warenzeichen oder einem anderen Erkennungszeichen versehen ist.

 Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

8        Fennia ersetzte einem Verbraucher den durch einen Brand entstandenen Schaden in Höhe von 58 879,10 Euro aus der Wohngebäudeversicherung. Am Vortag des Brandes hatte der Verbraucher von einem Händler eine Kaffeemaschine der Marke Philips Saeco Xsmall HD 8743/11 gekauft. In dem von der Feuerwehr erstellten Unfallbericht wurde die Ansicht vertreten, dass diese Kaffeemaschine den Brand verursacht habe.

9        Diese Kaffeemaschine wurde in Rumänien von der Saeco International Group SpA, einer Tochtergesellschaft von Koninklijke Philips, hergestellt. Auf der Kaffeemaschine und ihrer Verpackung waren die Zeichen Philips und Saeco angebracht, bei denen es sich um für Koninklijke Philips eingetragene Marken handelt. Außerdem war die Kaffeemaschine mit der CE‑Kennzeichnung mit dem Zeichen Saeco, einer Adresse in Italien und dem Aufdruck „Made in Romania“ versehen. Koninklijke Philips hat in Finnland eine Tochtergesellschaft, die Philips Oy, die dort mit der Marke Philips versehene Haushaltsgeräte, u. a. die in Rede stehende Kaffeemaschine, vertreibt.

10      Fennia, die in die Rechte des Verbrauchers eintrat, nachdem sie ihm den entstandenen Schaden ersetzt hatte, erhob gegen Koninklijke Philips Klage auf Schadensersatz wegen Produkthaftung. Koninklijke Philips beantragte, die Klage abzuweisen, da sie nicht die Herstellerin der in Rede stehenden Kaffeemaschine sei.

11      Das Käräjäoikeus (Gericht erster Instanz, Finnland) stellte fest, dass Koninklijke Philips die mit ihrer Marke versehene Kaffeemaschine in Finnland vertrieben habe und dass sie für den Schaden hafte, der durch einen Fehler dieses Produkts verursacht worden sei.

12      Der Hovioikeus (Gerichtshof, Finnland), bei dem Koninklijke Philips Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil einlegte, stellte fest, es sei nicht nachgewiesen worden, dass Koninklijke Philips die Kaffeemaschine in Finnland als ihre eigene vertrieben habe. Er war der Ansicht, dass Koninklijke Philips für den durch das fragliche Produkt verursachten Schaden nicht hafte, und wies die Klage ab.

13      Das mit einer Klage von Fennia gegen die Entscheidung des Hovioikeus (Gerichtshof) befasste vorlegende Gericht, der Korkein oikeus (Oberster Gerichtshof, Finnland), ließ das Rechtsmittel in Bezug auf die Frage zu, ob Koninklijke Philips nach dem Produkthaftungsgesetz für den Schaden haftet, der durch eine mit ihrer Marke versehene und von ihrer Tochtergesellschaft hergestellte Kaffeemaschine verursacht wurde.

14      Nach Ansicht des vorlegenden Gerichts ist unklar, was unter „jede Person, die sich als Hersteller ausgibt, indem sie ihren Namen, ihr Warenzeichen oder ein anderes Erkennungszeichen auf dem Produkt anbringt“ im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 85/374 zu verstehen ist. Insbesondere stellt es sich die Frage, ob neben dem Anbringen der Marke sonstige Kriterien erforderlich sind, damit der Markeninhaber als derjenige anzusehen ist, der sich als Hersteller des fraglichen Produkts ausgibt, oder ob bestimmte Faktoren, die für einen Haftungsausschluss sprechen, in Betracht gezogen werden können, wie etwa der Umstand, dass die Angaben auf diesem Produkt deutlich zeigen, dass der Hersteller ein anderes Unternehmen als der Markeninhaber ist. Der Hersteller sei „am besten in der Lage“, das Entstehen ähnlicher Schäden durch ein Produkt zu verhindern.

15      Unter diesen Umständen hat der Korkein oikeus (Oberster Gerichtshof) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.      Setzt der Begriff des Herstellers im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 85/374 voraus, dass sich eine Person, die ihren Namen, ihr Warenzeichen oder ein anderes Erkennungszeichen auf dem Produkt angebracht oder deren Anbringen zugelassen hat, auch auf andere Weise als Hersteller des Produkts ausgibt?

2.      Falls die erste Frage bejaht wird: Anhand welcher Gesichtspunkte ist das Ausgeben als Hersteller des Produkts zu beurteilen? Ist es für diese Beurteilung von Bedeutung, dass das Produkt von einer Tochtergesellschaft des Markeninhabers hergestellt wurde und von einer anderen Tochtergesellschaft vertrieben wurde?

 Zu den Vorlagefragen

 Zur Zulässigkeit

16      Koninklijke Philips trägt im Wesentlichen vor, die Vorlagefragen seien unzulässig, weil sie aus dem Grund für die Entscheidung des Ausgangsrechtsstreits unerheblich seien, dass die Entschädigung wegen Produkthaftung nach § 5 Abs. 1 des Produkthaftungsgesetzes den Vertrieb des Produkts durch den Markeninhaber oder den Inhaber eines anderen Kennzeichens erfordere. Dieser Vertrieb sei aber im Rahmen des Ausgangsverfahrens in keiner Weise nachgewiesen worden.

17      Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung in einem Verfahren nach Art. 267 AEUV, das auf einer klaren Aufgabentrennung zwischen den nationalen Gerichten und dem Gerichtshof beruht, allein das nationale Gericht für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts des Ausgangsrechtsstreits sowie die Auslegung und Anwendung des nationalen Rechts zuständig ist. Ebenso hat nur das nationale Gericht, das mit dem Rechtsstreit befasst ist und in dessen Verantwortungsbereich die zu erlassende Entscheidung fällt, im Hinblick auf die Besonderheiten der Rechtssache sowohl die Erforderlichkeit als auch die Erheblichkeit der dem Gerichtshof vorzulegenden Fragen zu beurteilen. Daher ist der Gerichtshof grundsätzlich gehalten, über ihm vorgelegte Fragen zu befinden, wenn diese die Auslegung des Unionsrechts betreffen (Urteil vom 26. Mai 2011, Stichting Natuur en Milieu u. a., C‑165/09 bis C‑167/09, EU:C:2011:348, Rn. 47 und die dort angeführte Rechtsprechung).

18      Da allein das vorlegende Gericht für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts des ihm vorliegenden Rechtsstreits zuständig ist, hat der Gerichtshof seine Prüfung grundsätzlich auf die Beurteilungsfaktoren zu beschränken, die ihm das innerstaatliche Gericht vorgelegt hat, und sich somit an die Lage zu halten, die dieses Gericht als feststehend ansieht, und kann nicht an Annahmen gebunden sein, die von einer der Parteien des Ausgangsverfahrens vertreten werden (Urteil vom 2. April 2020, Coty Germany, C‑567/18, EU:C:2020:267, Rn. 22 und die dort angeführte Rechtsprechung).

19      Der Gerichtshof ist u. a. dann nicht zur Entscheidung verpflichtet, wenn offensichtlich ist, dass die erbetene Auslegung des Unionsrechts in keinem Zusammenhang mit den Gegebenheiten oder dem Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits steht oder auch wenn das Problem hypothetischer Natur ist (Urteil vom 26. Mai 2011, Stichting Natuur en Milieu u. a., C‑165/09 bis C‑167/09, EU:C:2011:348, Rn. 48 und die dort angeführte Rechtsprechung).

20      Das ist vorliegend indessen nicht der Fall.

21      Wie nämlich aus der Vorlageentscheidung hervorgeht und wie in den Rn. 11 und 12 des vorliegenden Urteils ausgeführt wurde, ging das Käräjäoikeus (Gericht erster Instanz) davon aus, dass Koninklijke Philips die mit ihrer Marke versehene Kaffeemaschine in Finnland vertrieben hat, während der Hovioikeus (Gerichtshof) entschieden hat, dass nicht nachgewiesen wurde, dass Koninklijke Philips diese Kaffeemaschine in Finnland als ihre eigene vertrieben hat. Da es in Bezug auf die Würdigung des Sachverhalts nach nationalem Recht zwischen den zuständigen gerichtlichen Instanzen keinen Konsens gibt und das vorlegende Gericht der Ansicht ist, dass die Haftung von Koninklijke Philips für das fragliche fehlerhafte Produkt nicht ausgeschlossen ist, ist jedoch zumindest nicht offensichtlich, dass die Vorlagefragen im Hinblick auf die Beurteilung, die das nationale Gericht im Rahmen des Ausgangsrechtsstreits vorzunehmen hat, hypothetischer Natur sind.

22      Das Vorabentscheidungsersuchen ist somit zulässig.

 Zur Begründetheit

 Zur ersten Frage

23      Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 85/374 dahin auszulegen ist, dass der Begriff „Hersteller“ im Sinne dieser Bestimmung erfordert, dass sich eine Person, die ihren Namen, ihr Warenzeichen oder ein anderes Erkennungszeichen auf dem Produkt angebracht oder deren Anbringen zugelassen hat, auch auf andere Weise als Hersteller des Produkts ausgibt.

24      Nach ständiger Rechtsprechung sind bei der Auslegung einer Unionsvorschrift nicht nur ihr Wortlaut, sondern auch ihr Kontext und die Ziele zu berücksichtigen, die mit der Regelung, zu der sie gehört, verfolgt werden (Urteil vom 17. Dezember 2020, CLCV u. a. [Abschalteinrichtung für Dieselmotoren], C‑693/18, EU:C:2020:1040, Rn. 94 und die dort angeführte Rechtsprechung).

25      Erstens ist festzustellen, dass nach dem Wortlaut von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 85/374 „‚Hersteller‘ … der Hersteller des Endprodukts, eines Grundstoffs oder eines Teilprodukts sowie jede Person [ist], die sich als Hersteller ausgibt, indem sie ihren Namen, ihr Warenzeichen oder ein anderes Erkennungszeichen auf dem Produkt anbringt“.

26      So enthält Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 85/374 im Wesentlichen eine Alternative und nur der erste Teil betrifft die Person, die zumindest teilweise am Herstellungsprozess des Produkts beteiligt ist. Der zweite Teil der Alternative bezeichnet hingegen eine Person, die sich als Hersteller ausgibt, indem sie ihren Namen, ihr Warenzeichen oder ein anderes Erkennungszeichen auf dem Produkt anbringt.

27      Aus dem klaren und eindeutigen Wortlaut dieser Bestimmung ergibt sich somit, dass eine Beteiligung der Person, die sich als Hersteller ausgibt, am Herstellungsprozess des Produkts für deren Einstufung als „Hersteller“ im Sinne dieser Bestimmung nicht erforderlich ist.

28      Im Übrigen geht aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs hervor, dass der Kreis der haftenden Personen, gegen die der Geschädigte eine Klage im Rahmen des in der Richtlinie 85/374 vorgesehenen Haftungssystems erheben kann, in den Art. 1 und 3 der Richtlinie festgelegt ist und dass, da diese Richtlinie für die darin geregelten Punkte eine vollständige Harmonisierung bezweckt, die in den Art. 1 und 3 vorgenommene Festlegung des Kreises der haftenden Personen als erschöpfend anzusehen ist (Urteil vom 10. Januar 2006, Skov und Bilka, C‑402/03, EU:C:2006:6, Rn. 32 und 33).

29      Daher kann diese Festlegung des Kreises der haftenden Personen nicht von der Festsetzung zusätzlicher Kriterien abhängig gemacht werden, die sich nicht aus dem Wortlaut der Art. 1 und 3 der Richtlinie 85/374 ergeben.

30      Da aber die Definition, die in Art. 3 Abs. 1 zweiter Teil der Alternative der Richtlinie 85/374 enthalten ist, kein zusätzliches Kriterium enthält, ergibt sich aus dem Wortlaut dieser Bestimmung, dass das Anbringen von Erkennungszeichen durch die von diesen bezeichnete Person oder durch eine ermächtigte Person die Eigenschaft eines „Herstellers“ im Sinne dieser Bestimmung begründet.

31      Was zweitens den Kontext von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 85/374 und das mit ihr verfolgte Ziel betrifft, geht aus den Erwägungsgründen 4 und 5 dieser Richtlinie sowie aus ihrem Art. 5 hervor, dass der Unionsgesetzgeber wollte, dass der Begriff „Hersteller“ zum Schutz des Verbrauchers weit verstanden wird.

32      Nach dem vierten Erwägungsgrund der Richtlinie 85/374 erfordert der Verbraucherschutz nämlich, dass die Haftung jeder Person, die sich als Hersteller ausgibt, indem sie ihren Namen, ihr Warenzeichen oder ein anderes Erkennungszeichen auf dem Produkt anbringt, in gleicher Weise wie die Haftung des tatsächlichen Herstellers ausgelöst wird. Außerdem ergibt sich sowohl aus Art. 5 als auch aus dem fünften Erwägungsgrund dieser Richtlinie, dass sich die Haftung der Person, die sich als Hersteller ausgibt, auf der gleichen Ebene wie diejenige des tatsächlichen Herstellers befindet und dass der Verbraucher die freie Wahl hat, jeden von ihnen unterschiedslos für den vollen Ersatz des Schadens in Anspruch zu nehmen, da es sich um eine gesamtschuldnerische Haftung handelt.

33      Somit zeigt sich, dass mit Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 85/374 das Ziel verfolgt wird, die Last, den tatsächlichen Hersteller des fraglichen fehlerhaften Produkts ermitteln zu müssen, zu lindern. Insoweit geht aus der Begründung zu Art. 2 des der Richtlinie 85/374 zugrunde liegenden Richtlinienvorschlags der Kommission vom 9. September 1976, aus dem ohne inhaltliche Änderung Art. 3 dieser Richtlinie geworden ist, hervor, dass nach Ansicht des Unionsgesetzgebers der Verbraucherschutz nicht ausreichend wäre, wenn der Händler den Verbraucher auf den Hersteller „verweisen“ könnte, der dem Verbraucher möglicherweise nicht bekannt ist.

34      Außerdem ist festzustellen, dass die Person, die sich als Hersteller ausgibt, dadurch, dass sie auf dem fraglichen Produkt ihren Namen, ihr Warenzeichen oder ein anderes Erkennungszeichen anbringt, den Eindruck erweckt, am Herstellungsprozess beteiligt zu sein oder dafür verantwortlich zu sein. Demnach läuft die Verwendung dieser Angaben darauf hinaus, dass diese Person ihre Bekanntheit nutzt, um das fragliche Produkt in den Augen der Verbraucher attraktiver zu machen. Das rechtfertigt es, dass sie als Gegenleistung wegen dieser Verwendung haftbar gemacht werden kann.

35      Im Übrigen ist, wie die tschechische Regierung zutreffend ausführt, die Suche nach einer einzigen verantwortlichen Person – der „am besten geeigneten“ –, der gegenüber der Verbraucher seine Rechte geltend machen müsste, entgegen dem Vorbringen des vorlegenden Gerichts nicht relevant, da zum einen mehrere Personen als Hersteller angesehen werden können und zum anderen der Verbraucher seinen Anspruch gegen jede beliebige dieser Personen geltend machen kann.

36      Folglich kann nicht verlangt werden, dass sich eine Person, die ihren Namen, ihr Warenzeichen oder ein anderes Erkennungszeichen auf dem Produkt angebracht oder deren Anbringen zugelassen hat, auch auf andere Weise als Hersteller des Produkts ausgibt, um als „Hersteller“ im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 85/374 angesehen zu werden.

37      Daher ist entgegen dem Vorbringen von Koninklijke Philips festzustellen, dass im Ausgangsverfahren eine Aufteilung der Haftung zwischen ihr und Saeco International Group keine Wirkungen gegenüber dem Verbraucher entfaltet, der gerade von der Last befreit werden soll, den tatsächlichen Hersteller ermitteln zu müssen, um seinen Antrag auf Schadensersatz gegen jemanden richten zu können.

38      Nach alledem ist auf die erste Frage zu antworten, dass Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 85/374 dahin auszulegen ist, dass der Begriff „Hersteller“ im Sinne dieser Bestimmung nicht erfordert, dass sich eine Person, die ihren Namen, ihr Warenzeichen oder ein anderes Erkennungszeichen auf dem Produkt angebracht oder deren Anbringen zugelassen hat, auch auf andere Weise als Hersteller des Produkts ausgibt.

 Zur zweiten Frage

39      In Anbetracht der Antwort auf die erste Frage ist die zweite Frage nicht zu beantworten.

 Kosten

40      Für die Beteiligten des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren Teil des bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Verfahrens; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

 

 

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