BGH: Ausgleichsanspruch des Ausfallbürgens gegen den Regelbürgen
BGH, Versäumnisurteil vom 20.3.2012 - XI ZR 234/11
Leitsatz
Befriedigt der im Verhältnis zum Regelbürgen nur subsidiär haftende Ausfallbürge den Gläubiger der Hauptforderung, so steht ihm ein interner Ausgleichsanspruch gegen den Regelbürgen zu, der selbständig neben die kraft Gesetzes mit der Hauptforderung auf den Ausfallbürgen übergehende Bürgschaftsforderung gegen den Regelbürgen tritt.
BGB §§ 401, 412, § 426 Abs. 1 und 2, § 769, § 774 Abs. 1 und 2
Sachverhalt
Die klagende Bank begehrt als Ausfallbürgin vom Beklagten als Regel-bürgen Ersatz des von ihr auf die Ausfallbürgschaft an die Gläubigerin gezahl-ten Betrages.
Die Sparkasse D. (im Folgenden: Sparkasse) gewährte der Ehefrau des Beklagten (Hauptschuldnerin) gemäß Vertrag vom 20. Dezember 1979 ein Existenzgründungs-Darlehen über 105.000 DM, für das der Beklagte sich selbstschuldnerisch verbürgte. Daneben übernahm eine Rechtsvorgängerin der Klägerin (im Folgenden: Klägerin), die als Selbsthilfeeinrichtung der hessischen Wirtschaft Ausfallbürgschaften für Kredite gewährt, die nach bankmäßigen Grundsätzen nicht gesichert werden können, eine Ausfallbürgschaft bis zum Höchstbetrag von 80.000 DM. Im Jahre 1981 kündigte die Sparkasse den Dar-lehensvertrag mit der Hauptschuldnerin wegen Zahlungsrückstands und nahm die Klägerin aus der Ausfallbürgschaft in Anspruch. Von einer Inanspruchnah-me des Beklagten aus dessen selbstschuldnerischer Bürgschaft sah die Spar-kasse seinerzeit ab, weil - wie sie der Klägerin mit Schreiben vom 17. Februar 1982 mitteilte - die Eheleute in der Liste der Insolvenzen und Schuldnerver-zeichnisse 12/81 aufgeführt seien. Die Klägerin überwies der Sparkasse einen Betrag von 78.000 DM als Abschlagszahlung auf den voraussichtlich eintreten-den Kreditausfall. Mit an die Sparkasse gerichtetem Schreiben vom 16. Juli 1982 bezifferte sie den endgültigen Kreditausfall mit 77.425,89 DM. Durch rechtskräftiges Urteil des Amtsgerichts O. vom 2. Juni 1993 ( ) wurde der Beklagte, der im März 1985 notariell seine Vermö- genslosigkeit erklärt hatte, aufgrund einer entsprechenden Teilklage verurteilt, gesamtschuldnerisch mit der Hauptschuldnerin 6.000 DM an die Klägerin zu zahlen.
Mit der vorliegenden Klage nimmt die Klägerin den Beklagten erneut aus dessen selbstschuldnerischer Bürgschaft in Anspruch, wobei sie ihre Regress-forderung unter Berücksichtigung der Ergebnisse aus der Verwertung anderwei-tiger Sicherheiten sowie sonstiger Zahlungen, unter anderem der Urteilssumme aus dem vorgenannten amtsgerichtlichen Urteil, zuletzt mit 30.763,16 € beziffert hat.
Das Landgericht hat der Klage zum überwiegenden Teil stattgegeben. Es hat den Beklagten verurteilt, an die Klägerin 30.038,76 € nebst Zinsen zu zahlen, festgestellt, dass der Rechtsstreit sich in Höhe eines Teilbetrags von 1.029,01 € in der Hauptsache erledigt hat, und die Klage im Übrigen abgewie-sen. Auf die hiergegen gerichtete Berufung des Beklagten hat das Berufungs-gericht unter Aufrechterhaltung der Feststellung einer Teilerledigung die Klage hinsichtlich des vom Landgericht zuerkannten Zahlungsantrags auf die vom Beklagten in zweiter Instanz erhobene Verjährungseinrede abgewiesen.
Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren zweitinstanzlich erfolglos gebliebenen Antrag auf Zurückweisung der Berufung des Beklagten weiter.
Aus den Gründen
6 Die Revision ist begründet. Sie führt unter Aufhebung des Berufungsur-teils zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
7 I. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Berufungsgericht im We-sentlichen ausgeführt:
8 Die Klage sei, soweit der Zahlungsanspruch noch geltend gemacht wer-de, abzuweisen, da die Forderung der Sparkasse gegen die Hauptschuldnerin aus dem Darlehensvertrag vom 20. Dezember 1979 verjährt sei. Die Verjährung sei gemäß § 195 BGB nF i. V. m. Art. 229 § 6 Abs. 4 EGBGB mit Ablauf des 31. Dezember 2004 eingetreten. Damit sei nicht nur die Hauptschuldnerin be-rechtigt, die Leistung zu verweigern (§ 214 BGB nF), sondern im Hinblick auf die Akzessorietät der Bürgschaft auch der Beklagte als Bürge.
9 Gemäß § 768 Abs. 1 Satz 1 BGB könne der Bürge sich auf die Verjäh-rung der Hauptforderung berufen. Die Berufung hierauf sei dem Beklagten im Streitfall nicht schon deshalb versagt, weil Verjährung erst nach seiner gerichtli-chen Inanspruchnahme aus der Bürgschaft eingetreten sei. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs unterbreche eine Klage gegen den Bürgen die Verjährung des gesicherten Anspruchs gegen den Hauptschuldner nicht. Der Bürge könne sich daher auch dann noch auf die Einrede der Verjäh-rung der Hauptforderung berufen, wenn die Verjährung erst nach Erhebung der Bürgschaftsklage eintrete; dies könne sogar noch nach rechtskräftiger Verurtei-lung im Wege der Vollstreckungsgegenklage geschehen.
10 Die Bürgschaft begründe eine von der Verbindlichkeit des Hauptschuld-ners verschiedene, einseitig übernommene Verbindlichkeit des Bürgen. Ihr Rechtscharakter bestimme sich nicht aus der Natur der Hauptschuld. Ihre Ab-hängigkeit von der gesicherten Hauptschuld (Akzessorietät) solle nur sicherstel-len, dass der Gläubiger vom Bürgen das bekomme, was er vom Hauptschuld-ner nach dem jeweiligen Bestand der Hauptschuld zu bekommen habe. Eine Verschlechterung seiner Rechtsstellung durch eine Erweiterung der Haupt-schuld, die nicht auf die Zahlungsunfähigkeit oder -unwilligkeit des Haupt-schuldners zurückzuführen sei, müsse der Bürge sich nicht zurechnen lassen.
11 Im Hinblick auf die erhobene Einrede der Verjährung seien die weiteren vom Beklagten mit der Berufung vorgebrachten Einwände gegen die Klagefor-derung nicht mehr entscheidungserheblich.
12 II. Über die Revision der Klägerin ist, da der Beklagte trotz ordnungsgemä-ßer Ladung im Termin nicht vertreten war, durch Versäumnisurteil zu entschei-den, das aber inhaltlich nicht auf der Säumnis, sondern auf einer sachlichen Prüfung des Antrags beruht (vgl. BGH, Urteil vom 4. April 1962 - V ZR 110/60, BGHZ 37, 79, 81).
13 Die Ausführungen des Berufungsgerichts halten einer revisionsrechtli-chen Überprüfung nicht stand. Die von der Klägerin geltend gemachte Regress-forderung ist nicht verjährt.
14 1. Mit Recht und von der Revision jedenfalls im Ergebnis unbeanstandet ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, dass der Beklagte sei-ner Inanspruchnahme aus der auf die Klägerin übergegangenen Bürgschafts-forderung aus der selbstschuldnerischen Bürgschaft die Einrede der Verjährung der Hauptforderung entgegenhalten kann.
15 a) Bestehen - wie hier - zur Sicherung der Hauptforderung des Gläubi-gers gegen den Hauptschuldner sowohl eine selbstschuldnerische (Regel-) Bürgschaft als auch eine Ausfallbürgschaft und befriedigt der Ausfallbürge den Gläubiger, so erwirbt er nach § 774 Abs. 1, §§ 412, 401 BGB mit der Forderung des Gläubigers gegen den Hauptschuldner als Nebenrecht die (Bürgschafts-) Forderung des Gläubigers gegen den Regelbürgen (allg. Meinung, vgl. OLG Hamburg, OLGR 1997, 1, 2; OLG Hamm, NZM 2002, 563, 564; OLG Branden-burg, Urteil vom 26. November 2005 - 4 U 31/05, juris Rn. 38; Staudinger/Horn, BGB (1997), § 771 Rn. 17; MünchKommBGB/Habersack, 5. Aufl., § 774 Rn. 22; Soergel/Häuser, BGB, 12. Aufl., Vor § 765 Rn. 38; Soergel/Pecher, BGB, 12. Aufl., § 769 Rn. 11; Erman/Herrmann, BGB, 13. Aufl., § 769 Rn. 3). Gegen-über seiner auf diesen Forderungsübergang gestützten Inanspruchnahme aus der Bürgschaftsforderung kann sich der Regelbürge freilich, auch wenn ihm - wie im Streitfall - die Einrede der Vorausklage nicht zusteht, gemäß § 768 Abs. 1 Satz 1 BGB auf die Verjährung der Hauptforderung berufen; insofern kann im Verhältnis des Regel- zum Ausfallbürgen nichts anderes gelten als in der Beziehung des Regelbürgen zum Gläubiger der Hauptforderung (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 9. Juli 1998 - IX ZR 272/96, BGHZ 139, 214, 216 mwN).
16 b) Gegen diese rechtliche Bewertung als solche wendet sich auch die Revision nicht. Sie beanstandet insoweit lediglich, das Berufungsgericht habe übersehen, dass vorliegend die Klägerin einen Ausgleich vom Beklagten als "Mitbürgen" verlange und die vorstehenden Grundsätze auf dieses Verhältnis (dazu sogleich unter 2.) "nicht schlicht übertragen werden" könnten. Damit greift die Revision die Feststellung des Berufungsgerichts, hinsichtlich der Hauptfor-derung der Sparkasse gegen die Hauptschuldnerin aus dem Darlehensvertrag vom 20. Dezember 1979 sei mangels diesbezüglicher verjährungsunterbre-chender Maßnahmen mit Ablauf des 31. Dezember 2004 Verjährung eingetre-ten, als solche ebenfalls nicht an. Revisionsrechtlich beachtliche Rechtsfehler sind insoweit auch nicht ersichtlich.
17 Zwar enthält der vom Beklagten als Bürge mit unterzeichnete Darlehens-vertrag zwischen der Sparkasse und der Hauptschuldnerin vom 20. Dezember 1979 hinsichtlich der Bürgenhaftung eine formularmäßige Ausschlussklausel, wonach der Bürge auf die Einreden der Anfechtbarkeit und der Aufrechenbar-keit gemäß § 770 BGB sowie auf die Einrede der Verjährung der Hauptschuld verzichtet und auf die sonstigen Einreden nach § 768 BGB insoweit verzichtet wird, als sie nicht unbestritten oder nicht rechtskräftig festgestellt sind.
18 Hierauf kommt es aber im Ergebnis nicht an. Denn ein derart weitgehen-der klauselmäßiger Ausschluss des § 768 BGB durchbricht den Akzessorietätsgrundsatz, wonach die Bürgschaft vom jeweiligen Bestand der Hauptschuld abhängig ist, und den damit verbundenen Bürgenschutz so nachhaltig, dass er einem umfassenden Ausschluss gleichkommt. Eine solche Allgemeine Ge-schäftsbedingung ist daher gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB (§ 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG) unwirksam (vgl. BGH, Urteile vom 5. April 2001 - IX ZR 276/98, WM 2001, 1060, 1062 für eine inhaltsgleiche Klausel, vom 1. Oktober 2002 - IX ZR 443/00, WM 2002, 2278, 2280 und vom 16. Juni 2009 - XI ZR 145/08, BGHZ 181, 278 Rn. 29).
19 2. Im Ergebnis zu Recht beanstandet die Revision dagegen, das Beru-fungsgericht habe sich allein mit der auf die Klägerin übergegangenen Darle-hensforderung der Sparkasse als der Hauptschuld und der insoweit bestehen-den Bürgschaftsverpflichtung des Beklagten, nicht aber mit dem Ausgleichsver-hältnis der Parteien als Bürgen untereinander befasst. Aus diesem Rechtsver-hältnis steht der Klägerin nämlich ein eigenständiger, vom Berufungsgericht in der angefochtenen Entscheidung außer Acht gelassener Rückgriffsanspruch gegen den Beklagten entsprechend § 774 Abs. 2, § 426 Abs. 1 BGB zu, der nicht verjährt ist.
20 a) Gemäß § 769 BGB haften mehrere Bürgen, die sich für dieselbe Ver-bindlichkeit verbürgt haben, als Gesamtschuldner, auch wenn sie die Bürg-schaft nicht gemeinschaftlich übernehmen. Nach § 774 Abs. 2 BGB haften Mit-bürgen einander nur nach § 426 BGB. Der im Gemeinschaftsverhältnis der mehreren Bürgen wurzelnde originäre Ausgleichsanspruch nach § 426 Abs. 1 BGB tritt selbständig neben den übergeleiteten Anspruch des Gläubigers (§ 426 Abs. 2 BGB) und ist daher von diesem zu unterscheiden (vgl. BGH, Urteile vom 11. Juni 1992 - IX ZR 161/91, WM 1992, 1312, 1313 und vom 13. Januar 2000 IX ZR 11/99, WM 2000, 408, 409; allgemein s. BGH, Urteil vom 30. Oktober 1980 - III ZR 132/79, NJW 1981, 681).
21 b) Allerdings setzt der bereits mit Begründung der Gesamtschuld entste-hende (BGH, Urteil vom 11. Juni 1992 - IX ZR 161/91, WM 1992, 1312, 1313 mwN) Anspruch auf internen Verlustausgleich zwischen mehreren Bürgen de-ren Stellung als Mitbürgen voraus. Ausfallbürge und Regelbürge sind jedoch nach einhelliger Auffassung in Rechtsprechung (BGH, Urteile vom 15. Mai 1986 IX ZR 96/85, WM 1986, 961, 963 und vom 14. Juli 1983 - IX ZR 40/82, BGHZ 88, 185, 188, 190) und Schrifttum (MünchKommBGB/Habersack, 5. Aufl., § 769 Rn. 3; Erman/Herrmann, BGB, 13. Aufl., § 769 Rn. 3; Bamberger/Roth/Rohe, BGB, 3. Aufl., § 774 Rn. 15; Jauernig/Stadler, BGB, 14. Aufl., § 769 Rn. 2) kei-ne Mitbürgen im Sinne von § 769 BGB.
22 Bei einer Ausfallbürgschaft hat der Ausfallbürge dem Gläubiger im Re-gelfall von vornherein nur für den Fehlbetrag einzustehen, mit dem der Gläubi-ger bei der Zwangsvollstreckung in das gesamte Vermögen des Hauptschuld-ners und der Verwertung etwaiger anderer Sicherheiten trotz Anwendung gehö-riger Sorgfalt endgültig ausfällt (BGH, Urteile vom 12. Januar 1972 - VIII ZR 26/71, WM 1972, 335, 337, vom 18. Oktober 1978 - VIII ZR 278/77, WM 1978, 1267 f., vom 2. Februar 1989 - IX ZR 99/88, NJW 1989, 1484, 1485, vom 25. Juni 1992 - IX ZR 24/92, WM 1992, 1444, 1445, vom 19. März 1998 - IX ZR 120/97, WM 1998, 976, 979 und vom 10. Dezember 1998 - IX ZR 156/98, WM 1999, 173, 177). Im Gegensatz zur gewöhnlichen Bürgschaft ist der Ausfallbür-ge daher nicht auf die Einrede der Vorausklage angewiesen (BGH, Urteil vom 2. Februar 1989 - IX ZR 99/88, NJW 1989, 1484, 1485; s. auch Senatsurteil vom 18. September 2007 - XI ZR 447/06, WM 2007, 2230 Rn. 11). Seine Haf-tung ist vielmehr schon wesensmäßig subsidiär (BGH, Urteil vom 25. Juni 1992 - IX ZR 24/92, WM 1992, 1444, 1445) und stellt im Allgemeinen das Gegenteil der selbstschuldnerischen Bürgschaft dar (BGH, Urteil vom 19. März 1998 IX ZR 120/97, WM 1998, 976, 979). Dass im Streitfall eine grundsätzlich mögliche (vgl. BGH, Urteil vom 25. Juni 1992 - IX ZR 24/92, WM 1992, 1444, 1445) - Vereinbarung über einen vom Regelfall abweichenden Umfang der Aus-fallhaftung der Klägerin getroffen wurde, ist weder vorgetragen noch sonst er-sichtlich.
23 Mit Rücksicht auf die bloß subsidiäre Haftung des Ausfallbürgen fehlt es deshalb an dem für die Gesamtschuld konstitutiven (vgl. nur Palandt/ Grüneberg, BGB, 71. Aufl., § 421 Rn. 7) Merkmal der Gleichstufigkeit seiner Eintrittspflicht mit derjenigen des Regelbürgen.
24 c) Die im Verhältnis zum Regelbürgen bestehende Subsidiarität der Ein-trittspflicht des Ausfallbürgen schließt gleichwohl einen internen Ausgleichsan-spruch des Ausfall- gegenüber dem Regelbürgen entsprechend der Rechtslage unter Mitbürgen nicht aus. Im Gegenteil gebietet sie sogar die Zuerkennung eines solchen Anspruchs in entsprechender Anwendung von § 774 Abs. 2, § 426 Abs. 1 BGB. Denn andernfalls würde die bei der Ausfallbürgschaft beab-sichtigte Privilegierung des Ausfallbürgen geradezu in ihr Gegenteil verkehrt und der Ausfallbürge eben wegen dieser Privilegierung im Ergebnis deutlich schlechter als ein Regelbürge behandelt, obwohl er aufgrund seiner bloß sub-sidiären Haftung besonderen Schutz genießen soll.
25 aa) Die Vereinbarung einer Ausfallbürgschaft verstärkt, wie vorstehend unter b) dargestellt, lediglich die in § 771 BGB bereits angelegte Subsidiariät der Bürgenhaftung. Die Ausfallbürgschaft soll nicht den Regelbürgen, der für den dem Hauptschuldner gewährten Kredit ohnehin stets einzustehen hat, be-günstigen, sondern vielmehr den Kreditgeber gegen das Risiko der Leistungs-unfähigkeit des vorrangig haftenden Regelbürgen absichern. Wollte man ange-sichts dessen dem Ausfallbürgen den eigenständigen Ausgleichsanspruch ent-sprechend § 774 Abs. 2, § 426 Abs. 1 BGB gegen den Regelbürgen versagen, würde dies zu dem sachwidrigen Ergebnis führen, dass der - im Verhältnis zum Regelbürgen gerade privilegierte - Ausfallbürge hinsichtlich seiner Regressmög-lichkeiten schlechter stünde als der Regelbürge. Während nämlich der Ausfall-bürge dann insoweit ausschließlich auf die mit der Befriedigung des Gläubigers kraft Gesetzes (§ 774 Abs. 1 Satz 1 BGB) auf ihn übergehende Hauptforderung nebst den diesbezüglichen Sicherungsrechten (§§ 412, 401 BGB), insbesonde-re also die - ggf. Einreden und Einwendungen aus diesem Rechtsverhältnis ausgesetzte - Bürgschaftsforderung gegen den Regelbürgen zurückgreifen könnte, stünde Regelbürgen untereinander daneben noch der originäre, von dem aufgrund der Legalzession übergeleiteten Anspruch zu trennende selb-ständige Ausgleichsanspruch gemäß § 426 Abs. 1 BGB zur Verfügung. Sind aber mehrere Regelbürgen untereinander nach § 426 Abs. 1 BGB ausgleichs-pflichtig, muss das zu Gunsten des im Verhältnis zu einem Regelbürgen ledig-lich nachrangig haftenden Ausfallbürgen daher erst recht gelten. Dass der den Gläubiger befriedigende Ausfallbürge beim vorrangig haftenden Regelbürgen dabei nicht nur anteilig, sondern in vollem Umfang Rückgriff nehmen kann, folgt daraus, dass insoweit im Verhältnis von Regel- und Ausfallbürge wegen der vorrangigen Haftung des Ersteren im Sinne von § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB "ein anderes bestimmt ist".
26 bb) Soweit Rechtsprechung und Literatur sich mit dem Verhältnis von Ausfall- und Regelbürgen befassen, werden keine rechtlichen Gesichtspunkte aufgezeigt, die für die hier in Rede stehende Konstellation der Befriedigung des Gläubigers durch den Ausfallbürgen einem auf vollständigen Ersatz gerichteten internen Rückgriffsanspruch gegen den Regelbürgen in entsprechender An-wendung von § 774 Abs. 2, § 426 Abs. 1 BGB entgegen stehen.
27 (1) Das gilt zunächst insoweit, als hierbei lediglich für den umgekehrten - Fall der Befriedigung des Gläubigers durch den Regelbürgen eine gemäß § 774 Abs. 1, §§ 401, 412 BGB mit dem Übergang der Hauptforderung erfolgende Übertragung der Bürgschaftsforderung gegen den Ausfallbür-gen auf den Regelbürgen verneint (vgl. hierzu Erman/Herrmann, BGB, 13. Aufl., § 769 Rn. 3; Soergel/Pecher, BGB, 12. Aufl., § 769 Rn. 11; Lwowski, Das Recht der Kreditsicherung, 8. Aufl., Rn. 387; Auernhammer, BB 1958, 973) oder auch ein davon zu trennender eigener Ausgleichsanspruch des Regelbürgen nach § 774 Abs. 2, § 426 Abs. 1 BGB abgelehnt wird (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 15. Mai 1986 - IX ZR 96/85, WM 1986, 961 ff.; Staudinger/Horn, BGB (1997), § 774 Rn. 59; Janssen, BB 1953, 1039; Weber, BB 1971, 333, 336).
28 Dass der vorrangig haftende Regelbürge im Falle seiner Inanspruch-nahme durch den Gläubiger nicht bei dem von vornherein nur subsidiär ein-trittspflichtigen Ausfallbürgen Rückgriff nehmen kann, liegt ohne weiteres auf der Hand. Einem internen Rückgriff in umgekehrter Richtung steht dies indes nicht entgegen.
29 (2) Für diese hier vorliegende Sachverhaltskonstellation wird demgegen-über ein selbständiger Ausgleichsanspruch des leistenden Ausfallbürgen gegen den Regelbürgen aus § 774 Abs. 2, § 426 Abs. 1 BGB vereinzelt sogar aus-drücklich bejaht (OLG Naumburg, OLGR 2001, 60, 62 unter insoweit unzutref-fendem Verweis auf BGH, Urteil vom 15. Mai 1986 - IX ZR 96/85, WM 1986, 961, 963; s. auch Staudinger/Horn, BGB (1997), § 774 Rn. 59).
30 (3) Soweit schließlich der Bundesgerichtshof in seinen Entscheidungen vom 14. Juli 1983 (IX ZR 40/82, BGHZ 88, 185, 188, 190) und 15. Mai 1986 (IX ZR 96/85, WM 1986, 961, 963) von einem mangels Gleichstufigkeit der je-weiligen Verpflichtungen fehlenden Gesamtschuldverhältnis zwischen dem Re-gel- und dem Ausfallbürgen ausgegangen ist, war diese Erwägung im erstge-nannten Urteil nicht tragend und in der späteren Entscheidung ersichtlich auf den dort allein zu beurteilenden Fall eines etwaigen Rückgriffs des Regel- gegen den Ausfallbürgen bezogen. Sie kann deshalb einem internen Ausgleichs-anspruch der Klägerin als Ausfallbürgin gegen den Beklagten als Regelbürgen entsprechend § 774 Abs. 2, § 426 Abs. 1 BGB von vornherein nicht entgegen-stehen.
31 d) Gegenüber diesem Anspruch greift die vom Beklagten erhobene Ver-jährungseinrede nicht durch. Hinsichtlich dieses Regressanspruchs konnte schon deshalb nicht gemäß § 195 BGB nF i. V. m. Art. 229 § 6 Abs. 4 EGBGB mit Ablauf des 31. Dezember 2004 Verjährung eintreten, weil er bereits zuvor rechtshängig geworden war. Der auf der Stellung des Beklagten als vorrangig haftender Regelbürge beruhende interne Ausgleichsanspruch ist Gegenstand der vorliegenden Klage, mit der die Klägerin ausweislich der Anspruchsbegrün-dung vom 21. Oktober 2002 den Beklagten "aus der von ihm übernommenen selbstschuldnerischen Bürgschaft" in Anspruch nimmt.
32 3. Die Revision wendet sich gegen das angefochtene Urteil darüber hin-aus mit der weiteren Erwägung, die Klägerin müsse mit ihrem Anspruch gegen den Beklagten selbst dann durchdringen, wenn man ihr nur den nach § 774 Abs. 1 BGB übergegangenen Anspruch der Sparkasse gegen die Hauptschuld-nerin zubillige und demgegenüber einen eigenständigen Ausgleichsanspruch verneine. Dem Beklagten sei gegenüber einem Bürgenregress die Berufung auf den zwischenzeitlichen Eintritt der Verjährung der Hauptforderung verwehrt, weil die bloß subsidiär haftende Klägerin im Jahre 1982, d. h. in unverjährter Zeit, nur wegen der damaligen Zahlungsunfähigkeit des vorrangig eintrittspflich-tigen Beklagten aus der Ausfallbürgschaft in Anspruch genommen worden sei. Ob dieser Argumentation gefolgt werden könnte, bedarf mit Rücksicht auf die Ausführungen unter 2. keiner Entscheidung.
33 III. Das angefochtene Urteil ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, ist sie zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
34 Das Berufungsgericht hat sich - von seinem Standpunkt aus zu Recht - in der angefochtenen Entscheidung ausschließlich mit der Verjährungsfrage be-fasst und zu den vom Beklagten im Berufungsverfahren gegen die Klageforde-rung im Übrigen erhobenen Einwänden keine Feststellungen getroffen. Es hatte ausweislich seines Hinweisbeschlusses vom 25. November 2005 zunächst be-absichtigt, die Berufung des Beklagten gemäß § 522 Abs. 2 ZPO (in der damals geltenden Fassung) zurückzuweisen, hat sich hieran aber durch die daraufhin vom Beklagten erhobene Verjährungseinrede letztlich gehindert gesehen. Dem Hinweisbeschluss ist zwar zu entnehmen, dass und aus welchen Gründen das Berufungsgericht seinerzeit dem Rechtsmittel des Beklagten ursprünglich keine Erfolgsaussicht beimaß. Bindende tatrichterliche Feststellungen, die im Sinne von § 559 ZPO Grundlage einer abschließenden Entscheidung des Revisions-gerichts sein könnten, liegen damit aber insoweit noch nicht vor.