OLG Brandenburg: Auseinandersetzung der Gesellschaft
Brandenburgisches OLG, Urteil vom 13.1.2010 - 7 U 32/08
Leitsätze
1. Ist im Gesellschaftsvertrag für die Auseinandersetzung der Gesellschaft der Wert einer Immobilie nach der Höhe der Jahreskaltmieteinnahme zu bemessen, so sind nicht die tatsächlichen Mietzahlungen maßgebend, sondern die entstandene Mietschuld.
2. Der ausscheidende Gesellschafter kann - auch - die Gesellschaft auf die Zahlung der ihm zustehenden Abfindung in Anspruch nehmen.
§§ 738, 739 BGB
Sachverhalt
I. Der Beklagte war einer von 15 Gründungsgesellschaftern der Klägerin. In § 13 des Gesellschaftsvertrags vom 26.4.1995 hieß es:
„Für jeden Fall des Ausscheidens bis zum 31.12.1999 gilt die folgende Abfindungsregelung:
Das Auseinandersetzungsguthaben eines ausscheidenden Gesellschafters richtet sich nach dem Verkehrswert seines Anteils an der Gesellschaft unter Abzug der anteilig auf den Gesellschaftsanteil entfallenden Verbindlichkeiten der Gesellschaft sowie evtl. och nicht aufgerechneter Entnahmen. Der Verkehrswert der Immobilie wird mit dem 11fachen einer Jahreskaltmieteinnahme bestimmt. (...)
Für jeden Fall des Ausscheidens nach dem 31.12.1999 richtet sich das Auseinandersetzungsguthaben nach dem Verkehrswert seines Anteils an der Gesellschaft unter Abzug der anteilig auf den Gesellschaftsanteil entfallenden Verbindlichkeiten der Gesellschaft sowie evtl. noch nicht aufgerechneter Entnahmen. Der Verkehrswert der Immobilie wird mit dem 12fachen einer Jahreskaltmieteinnahme bestimmt. (...)"
Unter dem 29.12.2000 sprach der Beklagte die Kündigung seines Beteiligungsverhältnisses zum 31.12.2001 aus. Ebenso verfuhren die Mitgesellschafter G. E., L. L., U. P. und R. J..
Die Klägerin hat unter Berufung auf eine von ihr gefertigte Auseinandersetzungsbilanz vom 27.1.2005 vorgetragen, dass ihr ein Anspruch gegen den Beklagten auf die Zahlung eines Verlustausgleichs zustehe.
Die Klägerin hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an sie 39.032,46 € nebst 5 % Zinsen über dem
Basiszinssatz ab 10.12.2004 zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat widerklagend beantragt,
die Klägerin zu verurteilen, an ihn 30.212,75 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz ab 25.1.2006 zu zahlen.
Die Klägerin hat beantragt,
die Widerklage abzuweisen.
Der Beklagte hat vorgetragen, dass ihm in Höhe der Widerklageforderung die Auskehrung eines Auseinandersetzungsguthabens zustehe. Gegenüber der Klageforderung hat er hilfsweise die Aufrechnung gegen einen Anspruch auf Auszahlung der Gesellschaftereinlage in Höhe von 30.212,75 € erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.
Das Landgericht hat durch Urteil vom 25.1.2008 die Klage abgewiesen; auf die Widerklage hat es unter Abweisung der Widerklage im Übrigen die Klägerin zur Zahlung von
12.366,15 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz ab 27.1.2006 verurteilt. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Klägerin stehe ein Anspruch auf die Zahlung der Gesellschaftereinlage nicht zu, da der Beklagte seine Einlage erbracht habe. Die Klägerin könne auch nicht die Zahlung eines Verlustausgleichs aus § 739 BGB und dem Gesellschaftsvertrag verlangen. In ihre Auseinandersetzungsbilanz sei die Immobilie mit einem Verkehrswert in Höhe von 1.404.000 € einzustellen, da die Klägerin, wie sie schriftsätzlich vorgetragen habe, 2001 Mietzahlungen in Höhe von 117.000 € vereinnahmt habe. Nach § 13 des Gesellschaftsvertrags sei dieser Zahlbetrag und nicht der vereinbarte Mietzins oder der tatsächliche Verkehrswert der Immobilie maßgebend. Die Regelung verstoße nicht gegen § 723 Abs. 3 BGB. Sie sei auch nicht aus anderen Gründen unwirksam, da sie nicht zu einer unverhältnismäßigen Abweichung zum wirklichen Anteilswert führe. Letzteres ergebe sich aus dem in dem Rechtsstreit des Mitgesellschafters J. gegen die Klägerin eingeholten Gutachten des Sachverständigen A. vom 6.9.2006, das einen tatsächlichen Verkehrswert am 31.12.2001 in Höhe von 1.570.000 € festgestellt habe. Dem Verkehrswert der Immobilie seien hinzuzusetzen Mietforderungen der Klägerin in Höhe von 87.430,91 € sowie ihre Mietnebenkostenforderung in Höhe von 11.201,56 €; diese Ansprüche seien am 31.12.2001 noch realisierbar gewesen, da die Klägerin die Aufhebung des Mietvertrags und den Verzicht auf Zahlungen erst am 28.8.2002 erklärt habe. Damit stellten sich die Aktiva auf insgesamt 1.502.632,40 €. Diesen stünden Passiva in Höhe von 1.094.508,42 € gegenüber; insoweit stehe der Inhalt der Auseinandersetzungsbilanz zwischen den Parteien außer Streit. Aus der Differenz in Höhe von 408.124 € stünden dem Beklagten 3,03 %, mithin 12.366,15 €, als Auseinandersetzungsguthaben zu, weshalb die Klage keinen Erfolg habe, wohl aber die Widerklage in Höhe dieses Betrages. Der Anspruch des Beklagten sei nicht verjährt, da erst im Rechtsstreit die Gesellschafter die Schlussabrechnung festgestellt und über ihren Inhalt Einigkeit erzielt und dadurch die Fälligkeit des Anspruchs herbeigeführt hätten.
Das Urteil ist der Klägerin am 4.2.2008 zugestellt worden. Die Klägerin hat am 25.2.2008 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis 5.5.2008 an diesem Tag begründet.
Die Klägerin trägt vor, dass die Mieteinnahmen 2001 nicht 117.000 €, sondern 117.000 DM betragen hätten. Davon sei die Umsatzsteuer abzusetzen, sodass sich der in der ersten Instanz vorgetragene Verkehrswert der Immobilie in Höhe von 1.322.897,16 DM ergebe. Die Mietforderungen und die Mietnebenkostenforderungen seien uneinbringlich und nicht zu berücksichtigen. Das Gutachten des Sachverständigen A. dürfe nicht herangezogen werden. Den Aktiva stünden Passiva in Höhe von 2.140.672,40 DM entgegen, woraus eine Unterdeckung in Höhe von 817.775,24 DM folge; diese habe der Beklagte in Höhe von 3,03 %, mithin 24.778,59 DM, entsprechend 12.669,09 €, zu tragen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landgerichts Neuruppin vom 25.1.2008 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, an sie 12.669,09 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz ab 10.12.2004 zu zahlen, sowie die Widerklage abzuweisen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er trägt vor, dass bei zutreffender Berechnung ihm ein Anspruch auf die Zahlung eines Auseinandersetzungsguthabens in Höhe von 23.365,81 € zustehe, mit dem er hilfsweise die Aufrechnung gegen die in der Berufung erhobene Klageforderung erkläre.
Der Senat hat Beweis erhoben durch die Vernehmung der Zeugen S., E., Dr. L., W. und G.. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Protokolle der mündlichen Verhandlungen vom 4.2.2009 (Bl. 429 ff. d.A.), 1.4.2009 (Bl. 448 ff. d.A.) und 8.7.2009 (Bl. 474 ff. d.A.) Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und den Akteninhalt im Übrigen verwiesen.
Aus den Gründen
II. Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet.
1. Die Klage ist zulässig; sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
a) Für die Zulässigkeit der Klage kann dahinstehen, ob - wie der Beklagte in der Berufung geltend macht (Bl. 356 d.A.) - in der ersten Instanz auf die Geltendmachung eines Verlustanteils lediglich ein Teil der Klageforderung in Höhe von 9.680,53 € entfallen ist. Denn auch dann hat die Klägerin mit der Erhöhung des Forderungsbetrags in der Berufung lediglich eine nach §§ 264 Nr. 2, 525 ZPO unschädliche Klageerhöhung vorgenommen.
b) Die Klage ist unbegründet. Denn es kann nicht erkannt werden, dass der Klägerin ein Anspruch gegen den Beklagten aus § 739 BGB in Verbindung mit § 13 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrags auf die Zahlung eines Verlustausgleichs erwachsen ist.
aa) Die Regelung über die Bestimmung des Verkehrswerts der Immobilie der Klägerin beim Ausscheiden eines Gesellschafters in § 13 Abs. 3 Satz 2 des Gesellschaftsvertrags ist nach §§ 133, 157 BGB dahingehend auszulegen, dass nicht der Betrag der tatsächlichen Mietzahlungen, sondern die Mietschuld in dem betreffenden Jahr maßgebend ist.
(1)
Schon der Wortlaut der Regelung vermag die gegenteilige Sichtweise der Klägerin nicht zu stützen. Er stellt durch die Verwendung des Wortes „Jahreskaltmieteinnahme" lediglich klar, dass nicht der objektive Verkehrswert der Immobilie oder ein erzielbarer Mietzins, sondern deren Ertrag in Form der konkret erwirtschafteten Miete als Bezugsgröße dienen soll. Der Klägerin kann nicht darin gefolgt, dass die Verwendung des Wortteils „-einnahme" den tatsächlich gezahlten Mietzins und nicht die geschuldete Miete bezeichnet. Denn dieser Begriff bezeichnet - was die Klägerin auch nicht verkennt (Bl. 388 d.A.) - betriebswirtschaftlich eine Erhöhung des Geldvermögensbestandes, die sowohl durch einen Zufluss von Zahlungsmitteln als auch durch einen Erwerb von Forderungen herbeigeführt werden kann (Brockhaus, Enzyklopädie, 21. Aufl., „Einnahmen"). Entgegen der Ansicht der Klägerin (Bl. 388 f. d.A.) ist der Begriff hier nicht in Anlehnung an §§ 2, 8 Abs. 1 EStG zu bestimmen, da durch die in § 13 des Gesellschaftsvertrags geregelte Auseinandersetzung nicht - nur - steuerliche Belange der Klägerin und ihrer Gesellschafter geordnet werden, sondern die vermögensmäßige Trennung im Falle des Ausscheidens eines Gesellschafters herbeigeführt wird.
(2)
Der Gesellschaftsvertrag enthält auch keine anderen Regelungen, die ein Verständnis im Sinne des Vorbringens der Klägerin nahelegen könnten. Das gilt insbesondere für die Regelung in § 13 Abs. 1, 2 des Vertrags, die den Fall des Ausscheidens eines Gesellschafters bis 31.12.1999 zum Gegenstand hat und wortgleich an die „Jahreskaltmieteinnahme" anknüpft.
(3)
Für das Verständnis, dass § 13 Abs. 3 Satz 3 des Gesellschaftsvertrags an die entstandene Mietschuld anknüpft, spricht hingegen, dass nur eine Abrede dieses Inhalts den Interessen der Gesellschafter bei Vertragsschluss entsprochen haben kann. Denn durch die Abfindung soll dem ausscheidenden Gesellschafter der Wert seines Anteils an der Gesellschaft, den er durch sein Ausscheiden verliert, in Geld ersetzt werden (vgl. Palandt/Sprau, BGB, 69. Aufl., § 738, Rn. 4). Es hat also - und zwar ohne dass es dazu eines Sachvortrags der Parteien bedarf - dem ohne weiteres ersichtlichen Interesse aller den Gesellschaftsvertrag unterzeichnenden Gesellschafter entsprochen, dass für den Fall des Ausscheidens eine sowohl die Belange der Gesellschaft als auch die Interessen des ausscheidenden Gesellschafters angemessen berücksichtigende und verlässlich handhabbare Regelung geschaffen wird. Dem würde es widersprechen, wenn man mit der Klägerin den ausscheidenden Gesellschafter auf tatsächlich vereinnahmte Mietzahlungen verweisen wollte; denn dann wäre er den Zufälligkeiten der Durchführung des Mietverhältnisses und dem im voraus nicht kalkulierbaren Risiko, dass ein Mieter den Mietzins möglicherweise erst verspätet oder gar nicht entrichtet, ausgesetzt.
Ungeachtet dessen wird, wie dem Senat aus der Bearbeitung anderer Rechtsstreite bekannt ist, der Ertragswert von Immobilien üblicherweise anhand der nachhaltig erzielbaren Einkünfte und nicht etwa nach Maßgabe tatsächlich geleisteter Mietzahlungen bestimmt. Auch dieser Umstand deutet darauf hin, dass die Gesellschafter bei Abschluss des Gesellschaftsvertrags auf die geschuldete und nicht die tatsächlich gezahlte Miete abheben wollten; denn die Verwendung des Wortes „Jahreskaltmieteinnahme" bringt unmissverständlich zum Ausdruck, dass für die Abfindung eines ausscheidenden Gesellschafters - wie erwähnt - nicht etwa ein erzielbarer Veräußerungserlös, sondern der Ertrag der Immobilie maßgebend sein soll.
Dem kann nicht entgegengehalten werden, dass durch die Abfindungsregelung - auch - sichergestellt werden sollte, dass die zu zahlende Abfindung nicht die Gesellschaft wirtschaftlich in Bedrängnis bringt. Diesem Interesse der in der Gesellschaft verbleibenden Gesellschafter ist dadurch genügt, dass - wie ausgeführt - nicht nach dem wahren Verkehrswert der Immobilie, sondern nach deren Ertrag abgefunden werden soll. Dass die Gesellschafter bei Abschluss des Gesellschaftsvertrags die berechtigten Interessen des ausscheidenden Gesellschafters noch weitergehend hintanstellen und jenem zusätzlich das Risiko der Durchführung eines zur Zeit seines Ausscheidens bestehenden Mietverhältnisses aufbürden wollten, lässt sich den vorgetragenen Umständen des Falles nicht entnehmen.
(4)
Nach dem Ergebnis der vom Senat durchgeführten Beweisaufnahme kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Gesellschafter bei Abschluss des Gesellschaftsvertrags einig darin gewesen sind, dass die Regelung in § 13 Abs. 3 Satz 2 des Vertrags auf einen tatsächlich gezahlten Mietzins abhebt. Eine derartige Übereinkunft der Gesellschafter kann nach den Aussagen der vernommenen Zeugen nicht festgestellt werden.
Der Zeuge S. hat bei seiner Vernehmung (Bl. 429 ff. d.A.) die diesbezügliche Behauptung der Klägerin nicht bestätigt. Er hat sich zunächst auf seine Aussage in dem Rechtsstreit des Mitgesellschafters J. gegen die Klägerin vom 6.12.2005 (Bl. 184 ff., 190 f. d.A.) bezogen. Dort (Bl. 191 d.A.) hat er bekundet, dass nach seiner Erinnerung der Verkehrswert der Immobilie nach der zu zahlenden Miete bemessen werden sollte. Soweit er dort sodann ausgeführt hat, dass nach seinem Dafürhalten alle Gesellschafter von der Maßgeblichkeit der tatsächlich gezahlten Miete ausgegangen seien, hat er davon bei seiner Aussage beim Senat ausdrücklich Abstand genommen. Auch im Weiteren hat er das Vorbringen der Klägerin bereits nicht bestätigt. Danach gefragt, ob darüber gesprochen worden sei, was im Falle des Ausscheidens eines Gesellschafters aus der Gesellschaft passieren solle, hat der Zeuge ausgesagt, dass sein Hauptinteresse nicht dieser Frage gegolten habe, sondern der beabsichtigten Errichtung einer Tennishalle vor Ort; an Gespräche über diese Frage hat er sich nicht erinnern können. Demgemäß fehlt es den Bekundungen des Zeugen bereits an der für einen Beweis erforderlichen inhaltlichen Ergiebigkeit.
Entsprechendes gilt für die Aussage des Zeugen E. (Bl. 432 f. d.A.). Auch der Zeuge E. hat sich nicht daran erinnern können, ob die Auslegung des § 13 des Gesellschaftsvertrags Gegenstand von Gesprächen der Gründungsgesellschafter gewesen ist. Nach seinen Bekundungen hat die Frage, welche Miete hier maßgebend sein soll, seinerzeit keine Rolle gespielt; soweit er überhaupt eine Erinnerung gehabt hat, sind Gespräche darüber nicht geführt worden. Auch der Zeuge E. hat sich sodann auf seine Aussage im Rechtsstreit des Mitgesellschafters J. und der Klägerin vom 6.12.2005 (Bl. 184 ff., 188 ff., d.A.) bezogen. Auch dort hat er bekundet, dass er in den Inhalt von Gesprächen über die einzelnen Regelungen des Gesellschaftsvertrages nicht wiedergeben könne; insbesondere hat er sich nicht daran erinnern können, ob der Begriff der „Jahreskaltmieteinnahme" bereits vor dem Abschluss des Gesellschaftsvertrags erörtert worden ist. An dieser Aussage hat der Zeuge bei seiner Vernehmung durch den Senat ausdrücklich festgehalten (Bl. 433 d.A.). Nachdem auch seine übrigen Bekundungen die Behauptung der Klägerin über die Einigkeit der Gesellschafter bei Vertragsschluss nicht bestätigen, fehlt es auch hier an der für einen Beweis erforderlichen inhaltlichen Ergiebigkeit der Aussage.
Auch der Zeuge Dr. L. hat sich bei seiner Aussage beim Senat (Bl. 448 ff. d.A.) zunächst auf seine Bekundungen im Rechtsstreit des Mitgesellschafters J. und der Klägerin vom 6.12.2005 (Bl. 184 ff., 186 f. d.A.) bezogen. Nach der Protokollierung jener Aussage hat er dort bekundet, dass er sich an die damaligen Geschehnisse nicht genau erinnern könne; nach seiner Erinnerung sei über Einzelheiten der Auseinandersetzung der Gesellschaft nicht gesprochen worden, jedenfalls nicht in seiner Gegenwart. Soweit der Zeuge bei seiner Vernehmung durch den Senat (Bl. 449 d.A.) sodann ausgesagt hat, dass nach seiner Vorstellung der Begriff der „Jahreskaltmieteinnahme" allseits die tatsächlich erzielte Mieteinnahme hat bezeichnen sollen, hat er dazu klargestellt, dass diese Vorstellung auf einer Äußerung des Zeugen G. beruht, wann er die Vorstellung gebildet hat, hat der Zeuge nicht mehr sagen können. Auch der Zeuge Dr. L., dessen weiteren Bekundungen ebenfalls keine tauglichen Anknüpfungspunkte dafür enthalten, hat damit die Behauptung der Klägerin über eine Einigkeit der Gesellschafter zum Zeitpunkt des Abschlusses des Gesellschaftsvertrages nicht in beweisgeeigneter Weise zu bestätigen vermocht.
Der Zeuge W. hat sich bei seiner Aussage (Bl. 450 f. d.A.) ebenfalls nicht daran erinnern können, ob die Gesellschafter im Stadium der Gründung der Klägerin sich mit der Frage des Ausscheidens eines Gesellschafters beschäftigt haben; er hat sich insbesondere nicht entsinnen können, ob über den Begriff der „Jahreskaltmieteinnahme" seinerzeit gesprochen worden ist. Auch der Zeuge hat sich an seiner Aussage in dem Rechtsstreit des Mitgesellschafters J. und der Klägerin vom 6.12.2005 (Bl. 184 ff., 187 f. d.A.) festgehalten. Nach deren Protokollierung hat er sich bereits dort an Gespräche der Gesellschafter über die Frage des Austritts eines Gesellschafters im Rahmen der Gründung der Klägerin nicht erinnern können; nach seiner damaligen Aussage sind Gespräche dazu erst zu später geführt worden. Die weiteren Bekundungen des Zeugen (Bl. 451 d.A.) bestätigen die Behauptung der Klägerin über die Einigkeit der Gesellschafter über das Verständnis des § 13 Abs. 3 Satz 2 des Gesellschaftsvertrags gleichfalls nicht. Demgemäß vermag auch die Aussage des Zeugen W. den der Klägerin obliegenden Beweis nicht zu erbringen.
Dasselbe gilt im Ergebnis für die Aussage des Zeugen G. (Bl. 474 ff. d.A.), der in dem Rechtsstreit des Mitgesellschafters J. und der Klägerin in der mündlichen Verhandlung am 6.12.2005 (Bl. 184 ff. d.A.) nicht gehört worden ist. Der Zeuge hat bei seiner Vernehmung zunächst sein eigenes, aus dem Steuerrecht herrührendes Verständnis des Begriffs „Jahresnettokaltmieteinnahme" erläutert. Gefragt, ob bei der Gründung der Klägerin die Gesellschafter darüber gesprochen hätten, hat er bekundet, dass dazu kein Anlass bestanden habe und der Inhalt der Klausel nicht thematisiert worden sei; nach seiner Erinnerung seien erst später aus Anlass des Ausscheidens von Gesellschaftern darüber Gespräche geführt worden. Sodann hat der Zeuge klargestellt, dass zwar die Regelungen des Gesellschaftsvertrags durchgegangen worden sind, dabei der Inhalt der einzelnen Vorschriften aber nicht mehr diskutiert worden sei. Soweit der Zeuge schließlich erneut sein Verständnis der Vertragsklausel und deren Hintergründe dargestellt hat, lässt sich der Aussage ebenfalls nicht entnehmen, dass die Gesellschafter bei der Gründung der Klägerin ein derartiges Verständnis untereinander zum Ausdruck gebracht haben. Demgemäß ist auch die Aussage des Zeugen G. zur Erbringung eines Beweises für die Behauptung der Klägerin ihrem Inhalte nach nicht geeignet.
Der Vernehmung des Zeugen Dr. S. hat es nicht bedurft, da die Klägerin ihn nicht benannt und der Beklagte auf ihn verzichtet hat (Bl. 425 a d.A.).
bb) Das so gebotene Verständnis der Regelung in § 13 Abs. 3 Satz 2 des Gesellschaftsvertrags führt dazu, dass auch nach der der Klägerin günstigsten Berechnung ein auszugleichender Verlust der Gesellschaft zum 31.12.2001 nicht gegeben gewesen ist.
Es ist unstreitig (Bl. 109, 170 d.A.), dass die Immobilie der Klägerin 2001 für einen monatlichen Mietzins in Höhe von 24.000 DM vermietet gewesen ist. Führt man mit dem Vorbringen der Klägerin in der Berufung (Bl. 333 d.A.) eine Bereinigung um die Umsatzsteuer in Höhe von - damals - 16 % durch, so ergibt sich ein Nettobetrag in Höhe von 20.689,66 DM, der zu einer Jahreskaltmieteinnahme in Höhe von (20.689,66 DM x 12 Monate =) 248.275,92 DM führt. Nach der in § 13 Abs. 3 Satz 2 des Gesellschaftsvertrags vorgesehenen Verzwölffachung der Jahreskaltmieteinnahme ergibt sich daraus ein maßgebender Verkehrwert der Immobilie in Höhe von (248.275,92 DM x 12 =) 2.979.311,04 DM.
Bereits dieser Betrag übersteigt die in der Auseinandersetzungsbilanz zum 31.12.2001 (Bl. 31 d.A.) angeführten Passiva in Höhe von 2.140.672,40 DM. Demzufolge ist für eine Fehlbetragshaftung des Beklagten aus § 739 BGB in Verbindung mit § 13 des Gesellschaftsvertrags kein Raum, und zwar ohne dass es darauf ankommt, ob die Bezifferungen in der Auseinandersetzungsbilanz weiterer Korrekturen bedürfen.
2. Die Widerklage ist, soweit das Landgericht ihr stattgegeben hat, zulässig und begründet.
a) Dem Beklagten steht gegen die Klägerin ein Anspruch auf die Zahlung einer Abfindung in Höhe von - wenigstens - 12.366,15 € aus § 738 Abs. 1 Satz 2 BGB in Verbindung mit § 13 Abs. 3 Satz 2 des Gesellschaftsvertrags zu.
aa) Es steht zwischen den Parteien außer Streit, dass der Beklagte als Gesellschafter zum 31.12.2001 aus der Klägerin ausgeschieden ist.
bb) Die Klägerin ist - was sie nicht in Abrede stellt - auch passivlegitimiert. Denn der Anspruch des ausscheidenden Gesellschafters auf die Zahlung einer Abfindung richtet sich - auch - gegen die verbleibende Gesellschaft (MünchKomm./Ulmer, BGB, 5. Aufl., § 738, Rn. 16; Staudinger/Habermeier, 13. Bearb. 2003, § 738, Rn. 12; Erman/Westermann, BGB, 12. Aufl., § 738, Rn. 4; Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, 4. Aufl., § 738, Rn. 8; Schwerdtfeger, Gesellschaftsrecht, Kap. 2, § 738, Rn. 9).
cc) Der Höhe nach ist auch hier gemäß § 13 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrags auf die 2001 erwirtschaftete Miete in Höhe von monatlich 24.000 DM abzustellen; insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die vorstehenden Ausführungen Bezug genommen. Der sich daraus ergebende Verkehrswert der Immobilie in Höhe von - wie dargestellt -
2.979.311,04 DM führt bereits bei der der Klägerin günstigsten und demzufolge dem Beklagten ungünstigsten Berechnung zu einem auszugleichenden Vermögen der Gesellschaft am 31.12.2001 in Höhe von 838.638,64 DM; diese Differenz ergibt sich nach einer Bereinigung des Verkehrswerts der Immobilie um die in der Auseinandersetzungsbilanz der Klägerin angeführten Passiva in Höhe von 2.140.672,40 DM. Nach Maßgabe der Beteiligung des Beklagten an der Klägerin zu unstreitig 3,03 % ergibt sich daraus ein Zahlbetrag zugunsten des Beklagten in Höhe von (838.638,64 DM x 3,03 % =) 25.410,75 DM, entsprechend 12.992,31 €, der den Betrag der Verurteilung der Klägerin durch das Landgericht geringfügig übersteigt; darauf, ob die in der Auseinandersetzungsbilanz zum 31.12.2001 aufgeführten weiteren Aktiva zu berücksichtigen sind und ob die dort angeführten Passiva einer Berichtigung zugunsten des Beklagten bedürfen könnten, kommt es mithin auch für die Widerklage nicht an.
dd) Der Anspruch des Beklagten gegen die Klägerin ist nicht verjährt. Denn der Anspruch auf die Zahlung des Auseinandersetzungsguthabens ist regelmäßig und frühestens erst mit der Erstellung der Auseinandersetzungsbilanz fällig und einklagbar (BGH NJW-RR 2007, 245, 246; NJW 1995, 188, 189; Palandt/Sprau, a.a.O., § 738, Rn. 6, und § 730, Rn. 5). Nachdem die Auseinandersetzungsbilanz der Klägerin am 27.1.2005 erstellt worden ist (Bl. 31 d.A.), hat nach § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB, für den es auf die Fälligkeit und Einklagbarkeit des Anspruchs ankommt (Palandt/Ellenberger, a.a.O., § 199, Rn. 3, m.w.N.), die dreijährige Regelverjährung gemäß § 195 BGB nicht vor dem Ablauf des 31.12.2005 begonnen. Demzufolge ist die Verjährung mit der Zustellung der Widerklage am 25.1.2006 (Bl. 150 d.A.) jedenfalls rechtzeitig nach § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB gehemmt worden. Für eine frühere Fälligkeit des Anspruchs auf die Zahlung des Auseinandersetzungsguthabens (vgl. BGH a.a.O.; Palandt/Sprau a.a.O.) tragen die Parteien nichts vor.
b) Die Zinsansprüche des Beklagten bestehen aus §§ 288, 291 BGB.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht gemäß §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Zulassung der Revision ist nicht veranlasst, da weder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert, § 543 Abs. 2 ZPO.