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Wirtschaftsrecht
01.10.2009
Wirtschaftsrecht
OLG München: Aufschiebend bedingte Geschäftsanteilsabtretung; Keine Sicherung durch Eintragung eines Vermerks bzgl. der aufschiebend bedingten Abtretung in der Gesellschafterliste

OLG München, Beschluss vom 8.9.2009 - 31 Wx 082/09

Leitsatz

Das Registergericht ist nicht verpflichtet, Gesellschafterlisten in den Registerordner aufzunehmen, die lediglich einen Vermerk über eine aufschiebend bedingte Abtretung von Geschäftsanteilen enthalten.

GmbHG § 16 Abs. 3, 40 Abs. 2; BGB § 161 Abs. 1, Abs. 3

Aus den Gründen

Sachverhalt

Zur Aufnahme in den Registerordner des Registerblatts der beteiligten Gesellschaft mit beschränkter Haftung wurde eine notarbescheinigte Gesellschafterliste vom 8.4.2009 eingereicht. Hinsichtlich der Gesellschafter und deren Geschäftsanteilen entspricht die Liste der vorhergehenden Gesellschafterliste vorm 23.7.2008; zu dem Geschäftsanteil Nr. 2 enthält sie folgenden Zusatz:

„Der unter Ziffer 2 aufgeführte Geschäftsanteil wurde mit Urkunde vom 27.3.2009 aufschiebend bedingt an Herrn D. B. abgetreten."

Mit Schreiben vorn 15.4.2009 wies das Registergericht darauf hin, die Liste könne nicht entgegengenommen und freigegeben werden, da die Bedingung noch nicht eingetreten und die Veränderung noch nicht wirksam geworden sei. Mit der Beschwerde machte der beurkundende Notar geltend, § 40 Abs. 1 GmbHG gebe nur den Mindestinhalt der einzureichenden Gesellschafterliste vor und verwehre nicht die Aufnahme weiterer Angaben. Das Gesetz hindere den Geschäftsführer bzw. den Notar nicht, eine neue Liste auch dann einzureichen, wenn sich keine Veränderung in Bezug auf die gesetzlichen Mindestinhalte ergeben habe. Durch Einreichung einer neuen unveränderten Liste könne der Geschäftsführer den Fristenlauf gemäß § 16 Abs. 3 S. 2 GmbHG beeinflussen und einen gutgläubigen Erwerb verhindern. Das Registergericht habe jede eingereichte Gesellschafterliste, sofern sie nicht offensichtlich dem Gesetz widerspreche oder irreführend sei, in das Handelsregister aufzunehmen; ein weitergehendes Prüfungsrecht stehe ihm nicht zu. Das LG wies mit Beschluss vom 18.5.2009 die Beschwerde zurück mit der Begründung, eine zur allgemeinen Einsichtnahme freigegebene Liste müsse aktuell und eindeutig ausweisen, wer welchen Anteil an der Gesellschaft halte. Dieser Anforderung widerspreche der Hinweis auf eine aufschiebend bedingte Abtretung, weil nicht erkennbar sei, wann und ob überhaupt die Bedingung und damit die Veränderung im Gesellschafterbestand eintreten werde. Gegen die Entscheidung des LG richtet sich die weitere Beschwerde.

Aus den Gründen

             

II. Das zulässige Rechtsmittel ist nicht begründet.

             

1. Entgegen der Auffassung des Notars ist das Registergericht nicht gehalten, jede eingereichte Liste in den Registerordner aufzunehmen und zur Einsicht freizugeben. Das Registergericht hat zu prüfen, ob die für eine Gesellschafterliste geltenden formalen Voraussetzungen vorliegen (vgl. Krafka/Willer Registerrecht 7. Aufl. Rn. 1105 zu § 40 Abs. 1 GmbHG a. F.). Eine Gesellschafterliste, die nicht den Anforderungen des § 40 Abs. 1, Abs. 2 GmbHG entspricht, hat das Registergericht deshalb zurückzuweisen (OLG München NZG 2009, 797). Zu einer weitergehenden Prüfung, insbesondere hinsichtlich der materiellen Richtigkeit, ist das Registergericht nicht verpflichtet. Es kann jedoch ausnahmsweise die Gesellschafterliste zurückweisen, wenn die enthaltenen Angaben offenkundig falsch sind oder auf einem offenkundigen Irrtum beruhen (vgl. Schneider, GmbHR 2009, 393/394 f.).

             

2. Das Registergericht hat zu Recht die Aufnahme der Gesellschafterliste vom 8.4.2009 abgelehnt, weil diese keine bereits eingetretene Veränderung im Gesellschafterbestand ausweist.

             

a) § 40 Abs. 1 GmbHG legt fest, dass aus der Liste der Gesellschafter deren Namen, Vornamen, Geburtsdatum und Wohnort sowie die Nennbeträge und die laufenden Nummern der von einem jeden derselben übernommenen Geschäftsanteile zu entnehmen sein müssen. Ferner wird bestimmt, dass die Geschäftsführer unverzüglich „nach Wirksamwerden jeder Veränderung" in den Personen der Gesellschafter oder des Umfangs ihrer Beteiligung eine von ihnen unterschriebene Liste zum Handelsregister einzureichen haben. Hat ein Notar an Veränderungen nach § 40 Abs. 1 S. 1 GmbHG mitgewirkt, hat er unverzüglich nach deren Wirksamwerden ohne Rücksicht auf etwaige später eintretende Unwirksamkeitsgründe die Liste anstelle der Geschäftsführer zu unterschreiben, zum Handelsregister einzureichen und eine Abschrift der geänderten Liste an die Gesellschaft zu übermitteln (§ 40 Abs. 2 S. 1 GmbHG). Steht die Abtretung unter einer aufschiebenden Bedingung oder bedarf sie einer Genehmigung, trifft den Notar eine Überwachungspflicht; die Einreichung der bescheinigten Gesellschafterliste darf erst nach Verwirklichung der Änderung erfolgen (Wicke GmbHG § 40 Rn. 15; Kort GmbHR 2009, 169/172). Hat der Notar Zweifel, ob die von ihm beurkundete Veränderung wirksam ist, darf er die Liste erst nach Beseitigung seiner Zweifel zum Handelsregister einreichen (vgl. Bt-Dr. 16/6140 zu Nr. 27).

             

b) Entgegen der Auffassung des Notars ist das Registergericht deshalb nicht verpflichtet, Gesellschafterlisten aufzunehmen, die keine (bereits wirksamen) Veränderungen hinsichtlich der Personen der Gesellschafter oder des Umfangs ihrer Beteiligungen ausweisen. Der Hinweis auf die Eintragungsfähigkeit einer aufschiebend bedingten Erbanteilsabtretung bzw. einer aufschiebend bedingten Abtretung eines durch Vormerkung gesicherten Auflassungsanspruchs im Grundbuch geht fehl, denn § 40 GmbHG legt ausdrücklich fest, dass eine geänderte Gesellschafterliste erst nach Wirksamwerden einer Veränderung einzureichen ist. Überdies bestehen wesentliche Unterschiede zwischen dem einer strengen, objektiven und vorgelagerten Richtigkeitskontrolle unterzogenen Inhalt des Grundbuchs und dem daran anknüpfenden guten Glauben und der privat geführten Gesellschafterliste, so dass ein Gleichlauf ausscheidet (vgl. Bt-Dr. 16/6140 zu Nr. 15). Der Inhalt der Gesellschafterliste ermöglicht zwar den Erwerb eines Geschäftsanteils vom Nichtberechtigten, schützt aber nicht den guten Glauben in Bezug auf die Existenz des Geschäftsanteils oder seine Lastenfreiheit (Bt-Dr. 16/6140 zu Nr. 15; Wicke § 16 Rn. 15, 16) und eine möglicherweise bestehende Vinkulierung (vgl. Rodewald GmbHR 2009, 169/197).

c) Soweit die weitere Beschwerde meint, mit der Einreichung einer „neuen" unveränderten Liste die Dreijahresfrist für den gutgläubigen Erwerb neu in Gang setzen zu können, trifft dies ohnehin nicht zu. Für die Frist des § 16 Abs. 3 S. 2 GmbHG kommt es nämlich nicht darauf an, wann überhaupt zuletzt eine Gesellschafterliste zum Handelsregister eingereicht worden ist. Die Dreijahresfrist beginnt vielmehr mit Aufnahme der Liste in das Handelsregister, die erstmalig einen Nichtberechtigten als Inhaber des Geschäftsanteils ausweist. Werden weitere Listen eingereicht, die durchgehend nicht die wahren Berechtigten als Inhaber des Geschäftsanteils ausweisen, werden sie insoweit als eine fortgeschriebene Liste behandelt (vgl. Bt-Dr. 16/6140 zu Nr. 15; Wicke § 16 Rn. 21). Es steht auch nicht im Belieben der Beteiligten, den Inhalt der von ihnen eingereichten Gesellschafterliste abweichend von den gesetzlichen Vorgaben um weitere, ihnen sinnvoll erscheinende Bestandteile zu ergänzen. Dem steht der Grundsatz der Registerklarheit entgegen (vgl. Wicke § 16 Rn. 10 zu Belastungen des Geschäftsanteils).

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