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Wirtschaftsrecht
05.05.2011
Wirtschaftsrecht
OLG Frankfurt: Aufklärungspflicht der Banken

OLG Frankfurt, Urteil vom 16.3.2011 - 23 U 55/10

Orientierungssatz

Kalkulatorische Preisbestandteile müssen von der beratenden Bank nur erwähnt werden, falls sie ungewöhnlich hoch sind und die Werthaltigkeit der Anlage in Frage stellen. Die häufig vertretene Auffassung, zwischen Rückvergütung und Innenprovision bestehe kein wesentlicher Unterschied, ist unzutreffend. Der Grund für die Offenbarungspflicht von Rückvergütungen liegt in der dem Schmiergeld ähnlichen Funktion, auf Innenprovisionen trifft dies nicht zu. Die Differenzierung zwischen Rückvergütungen und Provisionen ist erforderlich, da eine Ausweitung der Aufklärungspflichten auf Handelsspannen und Gewinnmargen dem hiesigen Wirtschaftssystem widerspricht.

§ 280 Abs 1 BGB

sachverhalt

I. Auf den zutreffenden Tatbestand des angefochtenen Urteils wird Bezug genommen. Ergänzt sei, dass unstreitig der Ehemann der Klägerin den Bankberater, den Zeugen Z1, am ....2008 angerufen und ihn gefragt hat, ob das streitgegenständliche Zertifikat veräußert werden solle. Im Ergebnis kam es nicht dazu, wobei der genaue Inhalt der Äußerung des Zeugen Z1 streitig ist. Auch auf diesen Umstand ist die Klage gestützt.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Es hat dabei versehentlich über zuletzt so nicht gestellte Anträge zu 1. und 2. entschieden. Eine Berichtigung des Tenors ist nicht erfolgt.

Das Landgericht bezeichnet die Klage als begründet, weil die Beklagte den von den Parteien geschlossenen Anlageberatungsvertrag verletzt habe. Es könne dabei dahingestellt bleiben, ob die Empfehlung der Beklagten anlegergerecht gewesen sei. Sie sei jedenfalls fehlerhaft gewesen, weil die Beklagte den bei ihr bestehenden Interessenskonflikt wegen ihres Vergütungsinteresses nicht offen gelegt habe. Eine solche Pflicht bestehe auch bei Veräußerungen im Wege des Eigenhandels und beziehe sich auch auf die Höhe, die unstreitig nicht mitgeteilt worden sei. Zu berücksichtigen sei, dass Kunden vielfach durch Kontobeziehungen emotional gebunden seien.

Von der Kausalität sei auszugehen. Es greife die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens ein. Es könne nicht angenommen werden, dass der Klägerin die Zahlung einer Vertriebsvergütung in Höhe von 3,5 % zzgl. ggf. weiterer zu zahlender Folgeprovisionen gleichgültig gewesen wäre. Es erscheine auch lebensnah, dass die Klägerin sich für eine andere Anlage entschieden hätte, weil sie beabsichtigte, die für das Jahr 2013 erwartete Rückzahlung ihrem Sohn nach Abschluss von dessen Studium zur Verfügung zu stellen, und deswegen Kapitalsicherheit erwartet habe.

Auch das Verschulden liege vor. Die Pflicht zur Mitteilung von Rückvergütungen habe sich damals bereits ergeben durch die Urteile des XI. Zivilsenats des BGH vom 19.12.2000 und vom 19.12.2006.

Gegen dieses Urteil wendet sich die form- und fristgerechte Berufung der Beklagten, die wie folgt begründet wird:

Das Urteil des Landgerichts enthalte unrichtige Tatsachenfeststellungen und beruhe auch auf der fehlerhaften Anwendung materiellen Rechts.

Auf Grund der Zeugenaussagen habe das Landgericht zumindest zu dem Ergebnis kommen müssen, dass hinsichtlich der Frage, ob eine Aufklärung über die konkrete Höhe der Erträge der Beklagten durch den Verkauf des Zertifikats erfolgt sei, ein non liquet vorliege.

Eine Pflicht zur Aufklärung über Erträge im Rahmen von Festpreisgeschäften bestehe nach einhelliger obergerichtlicher Rechtsprechung nicht. Es fehle auch an der Kausalität. Eine Vermutung greife nicht ein, weil die Praxis zeige, dass Bankkunden durch den Hinweis auf Erträge der Bank nicht vom Kauf von Zertifikaten abgehalten würden. Es fehle auch der Schutzzweckzusammenhang. Zwischen dem Hinweis auf Erträge der Bank und dem durch die Insolvenz entstandenen Schaden bestehe kein Zusammenhang. Es fehle schließlich an einem Verschulden. Sie habe sich zumindest in einem unverschuldeten Rechtsirrtum befunden.

Die sehr anlageerfahrene Klägerin sei auch objektgerecht beraten worden. Der Zeuge Z1 habe der Klägerin und ihrem Ehemann die mit dieser Investition verbundenen Risiken deutlich vor Augen geführt. Eher theoretische Risiken müssten bei der Anlageberatung nicht in den Vordergrund gestellt werden.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 7. Juli 2010 (2/19 O 46/09) aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Sie regt im Hinblick darauf, dass höchstrichterlich weder entschieden sei, ob eine Bank beim Verkauf von Zertifikaten eine Pflicht zur Aufklärung über ihre Erträge habe, noch, ob eine Halteempfehlung einer Bank kurz vor Insolvenzantragstellung seitens der zum Lehmann-Konzern gehörenden Firmen haftungsbegründend sei, an, die Revision zuzulassen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen,

hinsichtlich des Antrags zu 1. mit der Maßgabe, dass die Beklagte verurteilt wird, an die Klägerin 18.045,16 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 7.2.2009 Zug um Zug gegen Übereignung der 17 Zertifikate „LEHMAN BROTHERS ... NIKKEI225" mit der Wertpapierkennnummer ... sowie der ... sowie Abtretung der Ansprüche der Klägerin gegen die Garantiegeberin Lehmann Brothers Holding Inc., deren Rechtsnachfolgerin oder die Insolvenzmasse, zu zahlen,

 hinsichtlich des Antrags zu 2. mit der Maßgabe, dass festgestellt wird, dass sich die Beklagte mit der Annahme der 17 Zertifikate „LEHMAN BROTHERS ... NIKKEI225" mit der Wertpapierkennnummer ... sowie der ... in Verzug befindet.

Sie ist der Auffassung, das Urteil des Landgerichts beruhe auf zutreffender Sachverhaltsfeststellung und richtiger Rechtsanwendung und bedürfe deshalb nur der Korrektur des Tenors.

Auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts zur Offenbarungspflicht hinsichtlich des vereinnahmten Zwischengewinns komme es im Ergebnis nicht an, da keine anlegergerechte Beratung erfolgt sei und bereits deswegen ein Schadensersatzanspruch der Klägerin bestehe. Die Beklagte habe, worauf das Landgericht auch hingewiesen habe, bei ihrer Anlageempfehlung außer Acht gelassen, dass der im Jahre 2013 zurückzuzahlende Betrag als Startkapital für den Sohn der Klägerin habe dienen sollen, weswegen nur eine Empfehlung mit höchster Kapitalsicherheit in Betracht gekommen sei, wozu auch die Sicherung durch einen Einlagesicherungsfonds gehört hätte.

Die Beklagte habe auch die Klägerin darüber aufklären müssen, dass die Rückzahlung von der Leistungsfähigkeit der Emittentin bzw. der Garantin abhänge. Es gehe nicht um die Frage, ob die Klägerin über das Risiko einer Insolvenz von Lehmann-Brothers aufzuklären gewesen wäre, sondern um die Pflicht, über das allgemeine Emittentenrisiko ohne konkreten Bezug auf die Emittentin dieses Zertifikats aufzuklären. Die Aufklärung über das Kapitalverlustrisiko sei in jedem Fall nicht präzise genug gewesen.

Aber auch die Begründung des Landgerichts treffe zu. Es entspreche der langjährigen Rechtsprechung, dass Bankkunden über die bei einer Bank bestehenden Interessengegensätze aufzuklären seien. Dementsprechend seien Banken auch verpflichtet, auf das Vorliegen eines Festpreisgeschäftes hinzuweisen, damit der Kunde erfahre, dass die Bank im Falle eines Verkaufs des empfohlenen Zertifikats einen Ertrag erzielen werde. Nur so könne eine Übervorteilung des Kunden unterbunden werden. Die Kausalität sei nach der Rechtsprechung zu vermuten. Auch am Verschulden der Beklagten könnten keine Zweifel bestehen.

Wegen des weitergehenden Parteivorbringens zweiter Instanz wird auf die in dieser gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

aus den gründen

II. Die Berufung ist zulässig, stellt sich aber als nicht begründet dar. Das Landgericht hat im Ergebnis (abgesehen von der nicht exakten Formulierung des Tenors) zutreffend entschieden.

Es unterliegt keinem Zweifel, dass zwischen den Parteien ein Beratungsvertrag abgeschlossen worden ist. Tritt eine Anlageinteressentin an eine Bank heran, um über die Anlage eines Geldbetrages beraten zu werden, so wird nach allgemeiner Auffassung das darin liegende Angebot auf Abschluss eines Beratungsvertrages konkludent durch die Aufnahme des Beratungsgesprächs angenommen (Ellenberger/Schäfer, Fehlgeschlagene Wertpapieranlagen, 2006, S. 62). Genau so war es im vorliegenden Fall.

Inhalt und Umfang der geschuldeten Beratung sind von einer Reihe von Faktoren abhängig, die sich einerseits auf die Person der Kundin (anlegergerechte Beratung) und andererseits auf das Anlageobjekt (objektgerechte Beratung) beziehen (Ellenberger/Schäfer, aaO, S. 65). Der Pflichtumfang eines Anlageberaters kann dabei nicht allein anhand allgemeiner Kriterien bestimmt werden, sondern bedarf der Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls. Den Anlageberater trifft aber zumindest die Pflicht zur richtigen und vollständigen Information über diejenigen tatsächlichen Umstände, die für den Anlageentschluss der Interessentin von besonderer Bedeutung sind. Dazu gehört auch die Frage, welcher Sicherheitsgrad der Anlage angestrebt wird.

Die Parteien streiten bereits über die Frage, als welcher Anlegertyp die Klägerin anzusehen ist. Ein WpHG-Bogen, der üblicher Weise vor einer Beratung zum Zwecke der Dokumentation erstellt wird, existiert im vorliegenden Fall nicht. Die Beklagte trägt vor, statt dessen seien die Kundenangaben nach den Beratungsgesprächen computertechnisch erfasst worden. Die Klägerin und ihr Ehemann seien als in Fragen der Wertpapieranlage sehr erfahren und gut informiert und überaus chancenorientiert eingeschätzt worden.

Die Beklagte verweist in diesem Zusammenhang nicht zu Unrecht darauf, dass sich in dem Depot der Klägerin damals ein sehr hoher Anteil an Aktien und Aktienfonds befand und dies auf den ersten Blick nicht für ein gesteigertes Sicherheitsbedürfnis der Klägerin spricht. Dem ist jedoch nicht nur der Umstand entgegenzuhalten, dass die früheren Investitionsempfehlungen von der Beklagten kamen, sondern insbesondere auch, dass, wie die Beweisaufnahme ergeben hat, das Beratungsgespräch zu einer Zeit stattfand, als dem Berater und zumindest auch dem Ehemann der Klägerin klar war, dass das Depot einen spekulativen Charakter aufwies und im Falle eines Einbruchs an den Aktienmärkten kräftig in Mitleidenschaft gezogen würde, weswegen es umgeschichtet werden sollte. Zu dieser Situation passt aber die Empfehlung eines gleichfalls risikoreichen Zertifikats auf den stark schwankenden NIKKEI225 ohne Kapitalerhaltungsgarantie nicht.

Die Klägerin hat überdies vorgetragen, dass sie der Anlageempfehlung zugestimmt habe, weil die Rückzahlung und die Zahlung des eventuellen Bonusbetrages im Jahr 2013 erfolgen soll und sie bereits damals beabsichtigte, diesen Betrag ihrem Sohn zur Verfügung zu stellen, der dann sein Studium beendet haben dürfte und dem das Startkapital für das Berufsleben zur Verfügung gestellt werden solle. Dies habe sie auch Herrn Z1 gesagt. Der Zeuge Z1 hat insoweit eingeräumt, dass ihm die generelle Aussage, dass die Kunden A Geld für die Ausbildung ihrer Kinder vorhalten möchten, bekannt gewesen sei. Der Kundenwunsch enthält aber implizit den Wunsch nach Kapitalsicherheit, und zwar insbesondere bezüglich der streitgegenständlichen Anlage, da das im Jahre 2013 zur Rückzahlung fällig werdende Kapital voraussichtlich gerade in diesem Jahr als Startkapital für den Sohn zu Verfügung gestellt werden sollte. Die Empfehlung beachtete diesen Wunsch nach Kapitalsicherheit gerade bezüglich des anzulegenden Betrages nicht.

Unter diesen Umständen kommt es auf die Frage, ob die Beratung nicht nur nicht anlegergerecht, sondern auch nicht anlagegerecht war, letztlich nicht an. Unter dem Gesichtspunkt fehlender Bonität von Lehmann Brothers kommt eine Pflichtverletzung ohnehin nicht in Betracht, weil die Klage (zu Recht) in Anbetracht des Kaufzeitpunkts (Januar 2007) darauf ausdrücklich nicht gestützt wird. Dies gilt auch für die Frage, ob es eines Hinweises bedurfte, dass die Zertifikate nicht der Deutschen Anlagensicherung unterliegen, die im vorliegenden Fall zu verneinen ist, da der Klägerin und ihr als Zeuge gehörter Ehemann wussten, dass Lehmann Brothers keine deutsche Bank ist. Auf Grund der Beweisaufnahme ist auch davon auszugehen, dass die allgemeine Darstellung des Emittentenrisikos bei Zertifikaten durch den Berater in ausreichend deutlicher Art und Weise erfolgt ist. Ob die zentrale Bedeutung der Barriere in Höhe von 70 % und der Folgen eines etwaigen Unterschreitens in dem Beratungsgespräch vermittelt wurde, kann der Senat in Anbetracht der in der Beweisaufnahme erfolgten konträren Angaben und der nicht erfolgten Gegenüberstellung mangels persönlichen Eindrucks nicht verlässlich beurteilen. Es kann auch dahingestellt bleiben, ob, wie das OLG Bamberg meint (BKR 2010, 283, 286), der falschen Aussage, Emittentin sei eine amerikanische Bank - obwohl es tatsächlich die holländische Tochtergesellschaft einer amerikanischen Bank war - wegen der abgegebenen Garantieerklärung die Relevanz fehlt

Da dass Landgericht sein Urteil in den tragenden Erwägungen auf die kick-back-Rechtsprechung des BGHs, so wie das Landgericht sie versteht, stützt, hält der Senat es aber für erforderlich darzulegen, dass er dieser Auffassung aus prinzipiellen Gründen nicht zustimmen kann.

Man wird ohne Weiteres davon ausgehen können, dass eine Offenlegungspflicht aus einem Beratungsvertrag, wenn sie denn bei der beabsichtigten Investition in einen Fonds besteht, auch bei der Beratung über den Kauf eines Zertifikates bestehen muss (Zingel/Rieck, BKR 2009, 353, 355, LG Heidelberg, Urteil vom 15.2.2009, 2 U 141/09, bei Juris). Die Probleme, die für eine Offenlegungspflicht sprechen, liegen bei einer Vielzahl von Finanzmarktprodukten vor und damit auch bei Zertifikaten. Nicht das Produkt selbst ist in diesem Zusammenhang von ausschlaggebender Bedeutung, sondern die Gefährdungssituation für den Kunden (BGH, Beschluss vom 20.1.2009, XI ZR 510/07, bei Juris).

Die Rechtsprechung hat bekanntlich für den Fall der Rückvergütung den Grundsatz entwickelt, dass der Anleger auch darüber aufzuklären sei, ob und in welchem Umfang die Bank an dieser bestimmten Anlage verdiene. Daraus ist in der Folgezeit vielfach die Schlussfolgerung gezogen worden, dass die Anlegerin die exakte Höhe der Provisionen erfahren müsse (OLG Celle, Urteil vom 21.10.2009, 3 U 86/09, bei Juris, Nittel/Knöpfel, BKR 2009, 411, 414, anderer Ansicht OLG Frankfurt, Urteil vom 24.6.2009, 17 U 307/08, bei Juris) und die Aufklärungspflicht auch bestehe, wenn im wörtlichen Sinne keine Rückvergütung erfolge, sondern die Bank von vornherein auf Grund einer Vereinbarung mit der Emittentin einen Teil des Kaufpreises einbehalte, ohne dies gegenüber der Anlegerin auszuweisen (vgl. LG Hamburg, WM 2009, 1363, OLG Frankfurt, Urt. vom 20.10.2009, 14 U 98/08, bei Juris). Die Frage des Zahlungsweges ist nach dem Urteil des BGHs vom 27.10.2009 (BB 2010, 15 ff) von ausschlaggebender Bedeutung. Aufklärungspflichtige Rückvergütungen werden nach dieser Entscheidung definiert als Teile der Ausgabeaufschläge oder Verwaltungsgebühren, die der Kunde über die Bank an die Gesellschaft zahlt und die hinter seinem Rücken an die beratende Bank umsatzabhängig zurückfließen. Eine Rückvergütung liegt auf Basis des zitierten Urteils des BGHs vom 27.10.2009 nur vor bei einem Zahlungsfluss im Drei-Personen-Verhältnis zwischen Anleger, beratender Bank und Emittentin. Es wird dort begrifflich vorausgesetzt, dass Ausgabeaufschlag und Verwaltungsgebühren zunächst zumindest teilweise an die Emittentin weitergegeben werden und danach ein Teil „hinter dem Rücken des Anlegers" an das Finanzdienstleistungsinstitut zurückgezahlt wird. Nur dann liegt der erforderliche Interessenkonflikt im Dreieck vor (Lang BB 2010, 15 ff). Innenprovisionen, auch als Vertriebsprovisionen bezeichnet, sind demgegenüber Kostenbestandteile, die Verkäufer und Emittent nicht nur bei Kapitalanlagen, sondern auch bei sonstigen Produkten in den Preis bzw. das Nominalkapital für den Vertrieb einpreisen müssen (Nobbe WUB IG 1.-5.10 S. 3). Nur eine klare Grenzziehung in dieser Hinsicht verhindert es, dass ausufernde, der Marktwirtschaft völlig fremde Aufklärungspflichten geschaffen werden. Zumindest, wenn es sich, wie im vorliegenden Fall, um Zahlungen in moderater Höhe handelt, ist ein Grund für eine Aufklärungspflicht (vgl. Schnauder Juris PR-WKR 2/2010 Anm. 2) nicht ersichtlich. Kalkulatorische Preisbestandteile müssen von der beratenden Bank nur erwähnt werden, falls sie ungewöhnlich hoch sind und die Werthaltigkeit der Anlage in Frage stellen (Nobbe aaO). Die häufig vertretene Auffassung, zwischen Rückvergütung und Innenprovision bestehe (wenn man vom Ziel des Verbraucherschutzes ausgehe) kein wesentlicher Unterschied, ist letztlich unzutreffend. Der Grund für die Offenbarungspflicht von Rückvergütungen liegt in der dem Schmiergeld ähnlichen Funktion, auf Innenprovisionen trifft dies nicht zu. Die anfangs selten vorgenommene Differenzierung zwischen Rückvergütungen und Provisionen (vgl. Buck-Heeb, BKR 2010, 309, 311, Wiechers WM 2011, 145, 153) ist erforderlich, da eine Ausweitung der Aufklärungspflichten auf Handelsspannen und Gewinnmargen dem hiesigen Wirtschaftssystem widerspricht, für das das Gewinnstreben von Unternehmen, die Geheimhaltung von betrieblichen Kalkulationen und ein ungestörter Wettbewerb von Bedeutung sind (OLG Frankfurt, BKR 2009, 378 ff).

Das Landgericht setzt sich im Übrigen gar nicht mit dem Umstand auseinander, dass nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung (BGH BB 2010, 15 ff) die Aufklärungspflicht Umsatzabhängigkeit voraussetzt. Diesen Begriff hat der BGH bislang nicht weiter erläutert. In weitem Sinne ist „umsatzabhängig" so gut wie jede Provision, da sie im Normalfall von der Höhe der Investitionssumme abhängt. Es ist aber auch denkbar, „umsatzabhängig" so zu verstehen, dass gemäß der Vereinbarung der Bank mit der Emittentin von einer bestimmten Umsatzzahl ab eine erhöhte Provision gezahlt wird. Entscheidend kommt es auf diesen Gesichtspunkt jedoch nicht an.

III. Der Senat hat darauf hingewiesen, dass als Anspruchsgrundlage auch das Telefongespräch am ...2008 in Betracht kommt, in dem die beiden Zeugen darüber sprachen, ob es sinnvoll sei, das Zertifikat zu verkaufen, und der Zeuge Z1 davon abgeraten haben soll. Der Senat hat auch darauf hingewiesen, dass mit dieser Begründung wohl nur ein Teil des Schadens geltend gemacht werden kann, da davon auszugehen ist, dass auf Grund der Bonitätsentwicklung von Lehmann O1 und auf Grund des Sinkens des NIKKEI225 ein Verkauf am 10.9.2008 nur zu deutlich reduzierten Kursen möglich gewesen wäre. Dem ist die Klägerin nicht entgegen getreten, hat aber auch nicht dargelegt, welchen Erlös sie im Falle eines Verkaufs am 10.9.2008 erzielt hätte. In Anbetracht der Unmöglichkeit der Schadensberechnung erübrigt sich eine weitere Auseinandersetzung mit diesem Punkt.

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr.10 und 713 ZPO.

Eine Zulassung der Revision hat gemäß § 543 II ZPO nicht zu erfolgen, da dieses Urteil auf der neueren Rechtsprechung des BGH beruht.

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