OLG Düsseldorf: Aufklärungsbedürftigkeit eines Anlegers wegen des mit einem Zertifikat verbundenen allgemeinen Emittentenrisikos
OLG Düsseldorf, Urteil vom 10.4.2014 – I-6 U 129/13
Leitsätze
1. Die Aufklärungsbedürftigkeit eines Anlegers wegen des mit einem Zertifikat verbundenen allgemeinen Emittentenrisikos entfällt nicht durch eine ihm zuvor ausgehändigte Broschüre „Basisinformationen über Vermögensanlagen in Wertpapieren“, wenn der Anlass für die Aushändigung der Broschüre allein der Umstand war, dass der Anleger ein Wertpapierdepot eröffnen wollte, da es dann für ihn keinen Grund gab, diese Broschüre gezielt auf rechtliche Hinweise für den Erwerb von Zertifikaten durchzulesen.
2. Wurde der Anleger bei dem Erwerb eines Zertifikats durch die anlageberatende Bank pflichtwidrig nicht über das mit dem Zertifikat einhergehende allgemeine Emittentenrisiko aufgeklärt, trägt aufgrund der Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens die anlageberatende Bank die Beweislast dafür, dass dieser Beratungsfehler für die Anlageentscheidung nicht ursächlich geworden ist. Ein Indiz für die Widerlegung der Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens kann sein, dass sich der Anleger von einem anderen, ebenfalls dem allgemeinen Emittentenrisiko unterworfenen, jedoch gewinnbringenden Zertifikat nicht getrennt hat, nachdem er durch die Insolvenz der Emittentin des streitgegenständlichen Zertifikats leidvoll erfahren hatte, dass das mit Zertifikaten verbundene allgemeine Emittentenrisiko zum weitgehenden Verlust seines eingesetzten Kapitals führen kann.
3. Die anlageberatende Bank ist nur dazu verpflichtet, den Anleger über alle für seine Anlageentscheidung wesentlichen Umstände richtig und vollständig zu informieren. Wesentlich für die Anlageentscheidung sind jedoch nur die Chancen und Risiken derjenigen Anlageprodukte, auf die sich die Beratung bezieht. Demnach ist die anlageberatende Bank nicht verpflichtet, den Anleger über möglicherweise bessere Gewinnchancen zu unterrichten, die das empfohlene Zertifikat haben würde, wenn ihm ein anderer Basiswert zugrunde läge.
Sachverhalt
I Der Kläger nimmt die Beklagte als anlageberatende Bank wegen des Erwerbs von Zertifikaten verschiedener Emittenten auf Schadensersatz in Anspruch.
Der Kläger, ein Rentner und ehemaliger Müllwerker, eröffnete am 13.02.2006 ein Wertpapierdepot mit der Nr. ... bei der Beklagten. Hinsichtlich des von ihm an diesem Tage unterzeichneten Risikoprofils wird auf den Inhalt der Anlage B9 verwiesen. Im Rahmen der Depoteröffnung transferierte er verschiedene Wertpapiere auf das vorgenannte Depot, u.a. auch 10 Stücke des von der A. Bank PLC emittierten Zertifikats „A. Zertifikat“ (im Folgenden: „A. Zertifikat“) mit der WKN ... zu einem Kurswert pro Stück per 15.02.2006 von € 950,83 sowie 167 Stück des offenen Immobilienfonds B-Fonds zu einem Kurswert pro Stück per 15.02.2006 von € 56,61. Bei diesem am 02.09.2011 fälligen Zertifikat war eine Rückzahlung des Nominalwerts garantiert, während die Höhe der Verzinsung von der Wertentwicklung eines bestimmten Aktienkorbes abhing. Der Kläger überließ es seiner Ehefrau und Zeugin C., die Beratungsgespräche mit der Beklagten zu führen und die jeweilige Anlageentscheidung zu treffen. Er beschränkte sich darauf, die aufgrund dieser Gespräche auf seinen Namen vorbereiteten Unterlagen zu unterzeichnen. So führten die Zeugin C. und die seinerzeitige Mitarbeiterin der Beklagten und Zeugin D. am 09.07.2007 ein Gespräch, in dem ein Risikoprofil sowie diverse Order zu Umschichtung seiner Kapitalanlagen vorbereitet wurden, die der Kläger im Anschluss an das Gespräch zu Hause von seiner Ehefrau präsentiert bekam und unterschrieb. Nach dem von ihm am 09.07.2007 unterzeichneten Risikoprofil betrug an diesem Tag sein bei der Beklagten befindliches Vermögen insgesamt € 73.063,-. Wegen des übrigen Inhalts des Risikoprofils wird auf die Anlage B10 verwiesen. Mit gleichfalls von ihm am 09.07.2007 unterzeichneten Ordern verkaufte der Kläger die bis dahin in seinem Wertpapierdepot befindlichen 433,978 Stück H. – (WKN ….) und 343, 601 Stück I. (WKN …). Den Verkaufserlös von € 37.400,- legte er bis zur Fälligkeit der Kaufpreise am 05.08.2007 für die nachfolgend genannten beiden Wertpapiere als Festgeld bei der Beklagten an. Des Weiteren unterzeichnete er die Order zum Kauf von 20 Stück des von der F-plc. emittierten „J. Zertifikats“ mit der WKN …, das die Beklagte in die Risikoklasse „3“ einstufte und mit dem die Emittentin dem Anleger versprach, die Zeichnungssumme mit einer Verzinsung von 7,5 % p.a. zurückzuzahlen, sobald und sofern der Wert des Indexes Dow Jones EURO STOXX 50 an einem der fünf Feststellungstage während der gesamten fünfjährigen Laufzeit auf oder über von 90 % des Werts des Indexes Dow Jones EURO STOXX 50 am 31.07.2007 lag. Trat diese Bedingung nicht ein, schuldete die Emittentin die unverzinste Rückzahlung des vollen Nominalbetrags nur, wenn während der gesamten Laufzeit des Zertifikats der Indexes Dow Jones EURO STOXX 50 nur einen Verlust von weniger als 50 % erlitt. Andernfalls schuldete die Emittentin eine anteilige Rückzahlung des Nominalbetrags, die dem Verhältnis des Wertes des Indexes Dow Jones EURO STOXX 50 am Schlusstag, dem 31.07.2012, zu dem Wert am Anfangstag, dem 31.07.2007, entsprach. Unter dem 03.08.2007 stellte die Beklagte dem Kläger hierfür einen Gesamtkurswert von € 20.400,- in Rechnung. Ferner unterzeichnete der Kläger die Order zum Kauf von 10 Stück des von K-Bank emittierten und von der Garantin garantierten „G. Zertifikat“ mit der Wertpapierkennnummer .... Nach dem Zertifikat, das die Beklagte in die „Risikoklasse 3“ einstufte, war K-Bank verpflichtet, den Nominalbetrag zuzüglich jeweils € 130,- pro Jahr der Haltedauer zurückzuzahlen, wenn an einem der fünf Beobachtungstage während der maximal fünfjährigen Laufzeit des Zertifikats die relative Wertentwicklung des Indexes DivDAX gegenüber der Wertentwicklung des Indexes DAX über einer Grenze lag, die für das erste Jahr auf - 3 % und für die folgenden Jahre auf - 6 %, - 9 % , - 12 % und - 15 % festgelegt war. Entsprach die relative Wertentwicklung des Indexes DivDAX gegenüber dem Index DAX an allen 5 Beobachtungstagen - 15 % oder war sie noch schlechter, schuldete K-Bank die Rückzahlung des Nominalbetrags nur abzüglich der Underperformance des Indexes DivDAX gegenüber dem Index DAX. Am 03.08.2007 rechnete die Beklagte dem Kläger diesen Wertpapiererwerb zu einem Gesamtkurswert von € 15.300,- ab.
Die Garantin beantragte am 15.09.2008 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Infolgedessen wurde auch über das Vermögen der K-Bank das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Kläger erhielt aus den Insolvenzverfahren der K-Bank-Bankengruppe wegen des „G. Zertifikats“ am 14.05.2012 € 674,13, am 17.10.2012 € 465,91, am 22.04.2013 € 580,25, am 10.05.2013 € 2.190,45, am 17.10.2013 € 663,91 und am 30.10.2013 € 858,15 ausgezahlt. Das „J. Zertifikat“ wurde dem Kläger am 07.08.2012 entsprechend den Bedingungen des Zertifikats aufgrund der für ihn ungünstigen Entwicklung des Dow Jones EURO STOXX 50 nur mit einem Betrag von € 10.778,- zurückgezahlt.
Der Kläger hat behauptet, die Risikoprofile seien ohne Rücksprache mit ihm erstellt worden. Diese und die Order habe er in dem Glauben, es handele sich nur um einen formalen Akt, ungelesen unterschrieben. Die Produktinformationen (Anlage B4 und B5) seien nicht Gegenstand des Beratungsgesprächs am 09.07.2007 gewesen. Davon abgesehen sei die Produktinformation zu dem G. Zertifikat auch fehlerhaft (auf Bl. 148 ff GA wird verwiesen). Die Zeugin C. habe gegenüber der Zeugin D. erklärt, er suche eine substanzsichere Kapitalanlage und wolle in Festgeld oder etwas Vergleichbares investieren. Die Zeugin D. habe der Zeugin C. die streitgegenständlichen Zertifikate mit der Bemerkung empfohlen, das Kapital würde in jedem Fall erhalten bleiben, nur die Zinsen würden hoch oder runter gehen. Hätte die Zeugin D. die Funktionsweise und die Risiken der streitgegenständlichen Zertifikate und die damit einhergehenden Provisionen zutreffend erklärt, hätte er beide Zertifikate nie gezeichnet. Da das A. Zertifikat über einen Kapitalschutz verfüge, sei es mit den streitgegenständlichen Zertifikaten nicht vergleichbar.
Die Beklagte hat behauptet, dem Kläger bei der Eröffnung des Wertpapierdepots am 13.02.2006 die „Basisinformationen über Vermögensanlagen in Wertpapieren“ (im Folgenden: „Basisinformationen“ - Anlage B20) ausgehändigt zu haben.
Die Klage ist der Beklagten am 12.08.2010 zugestellt worden. Ergänzend wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen des landgerichtlichen Urteils insoweit Bezug genommen, als diese den vorgenannten Feststellungen nicht widersprechen.
Das Landgericht hat die Klage, die ursprünglich auf die Zahlung von insgesamt € 35.700,- nebst Zinsen Zug um Zug gegen Rückübertragung der streitgegenständlichen 15 Stücke des „G. Zertifikats“ und 20 Stücke des „J. Zertifikats“ gerichtet gewesen ist, abgewiesen und dem Kläger auch hinsichtlich des Teils des Rechtsstreits, den die Parteien wegen der von K-Bank bis zum 04.06.2013 geleisteten Zahlungen übereinstimmend für erledigt erklärt haben, die Kosten auferlegt. Der Kläger habe gegen die Beklagte wegen der streitgegenständlichen Beratung keinen Schadensersatzanspruch. Es sei nicht festzustellen, dass die Empfehlungen des „G. Zertifikats“ und des „J. Zertifikats“ nicht anlegergerecht gewesen seien. Die von ihm am 13.02.2006 und am 09.07.2007 unterzeichneten Risikoprofile, deren Inhalt er sich nach § 416 ZPO zurechnen lassen müsse, zeigten ihn als einen Anleger, der nicht gänzlich auf Sicherheit bedacht sei, sondern die Investition in Wertpapieren bis zur Risikoklasse „4“ ebenso für zulässig erachte, wie einen Risikoanteil in seinem Wertpapierdepot von zuletzt bis zu 55 %. Die von der Beklagten empfohlenen Wertpapiere gehörten nur der Risikoklasse „3“ an. Wäre er außerdem ausschließlich an einer sicheren Anlage interessiert gewesen, hätte er nicht nur einen Teilbetrag in Festgeld investieren können. Es könne auch nicht festgestellt werden, dass die Beklagte den Kläger nicht objektgerecht beraten habe. Ausweislich des von ihm unterzeichneten Depoteröffnungsantrags vom 13.02.2006 habe er die „Basisinformationen über Vermögensanlagen in Wertpapieren“ ausgehändigt erhalten, in denen die Risiken und die Funktionsweisen von Zertifikaten erklärt seien. Zudem müsse der Kläger gegen sich gelten lassen, dass er in den von ihm unterzeichneten streitgegenständlichen Ordern vom 09.07.2007 jeweils bestätigt habe, über die Risiken und Funktionsweise der Zertifikate aufgeklärt worden zu sein. Schon aufgrund dieser Unterlagen sei davon auszugehen, dass die konkreten Produktinformationen [Anlagen B4 und B5] Gegenstand des Beratungsgesprächs gewesen seien und dem Kläger, vertreten durch die Zeugin C., die wesentlichen Aspekte der Zertifikate durch die Zeugin D. mündlich erläutert worden seien. Der Kläger habe den ihm obliegenden Beweis, dass dem nicht so gewesen sei, nicht erbracht. Die Aussage der Tochter des Klägers, der Zeugin E. sei unergiebig gewesen, weil sie sich an das Gespräch vom 09.07.2007 nicht mehr habe erinnern können. Die Zeugin C. habe zwar bekundet, die Zeugin D. habe ihr den Substanzerhalt als sicher dargestellt und sie auf keinerlei Risiken hingewiesen. Es gebe aber keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass diese Aussage der Aussage der Zeugin D. vorzugswürdig sei. Die Zeugin D. habe sich zwar wegen der Vielzahl der von ihr geführten Beratungsgespräche nicht mehr in allen Einzelheiten an das Gespräch vom 09.07.2007 erinnern können. Dies stehe aber der Annahme, dass sie die Zeugin C. so beraten habe wie üblich nicht entgegen. Nach der von der Zeugin D. detailliert geschilderten üblichen Beratungspraxis wäre aber die Zeugin C. über die wesentlichen Aspekte der Funktionsweise und der Risiken aufgeklärt worden. Unerheblich sei, dass danach allerdings eine Aufklärung über das allgemeine Emittentenrisiko unterblieben sei. Über dieses Risiko sei der Kläger bereits durch die „Basisinformationen“ hinlänglich aufgeklärt worden. Darüber hinaus habe der Kläger durch das „A. Zertifikat“ Kenntnis von dem mit einem Zertifikat verbundenen allgemeinen Emittentenrisiko gehabt, da die Aussage der Zeugin C., sie könne sich insoweit an keine Beratung erinnern, zu vage gewesen sei. Im Übrigen habe der Kläger auch nicht hinreichend dargetan, dass er im Falle einer Aufklärung über das allgemeine Emittentenrisiko von dem Erwerb der Zertifikate Abstand genommen hätte, da im Sommer 2007 das Insolvenzrisiko von K-Bank gering gewesen sei. Dasselbe gelte für die F-plc., die laut Prospekt ein Rating von AAA zu erwarten gehabt habe. Zudem habe der Kläger bis heute das A. Zertifikat in seinem Depot gehalten, obwohl es auch ein Emittentenrisiko aufweise. Entgegen der Meinung des Klägers sei die Produktinformation des G. Zertifikats nicht zu beanstanden, wie u.a. der Senat durch Urteil vom 18.07.2013 – I-6 U 146/12 entschieden habe. Die Beklagte habe den Kläger auch nicht über den Empfang von Rückvergütungen aufklären müssen. Wie sich aus den Ordern vom 09.07.2007 und den Rechnungen vom 03.08.2007 ergebe, habe der Kläger mit der Beklagten Festpreisgeschäfte geschlossen, bei denen nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung keine Aufklärung über die Rückvergütung geschuldet sei. Letztlich könne es auch auf sich beruhen, ob die Parteien ein Kommissionsgeschäft geschlossen hätten, da sich die Abwicklung des Geschäfts für den Kläger wie ein Eigengeschäft der Beklagten dargestellt habe, weil diese von ihm weder eine Kommissionsgebühr noch sonstige Aufschläge verlangt habe. Da die Klage von Anfang an unbegründet gewesen sei, müsse der Kläger auch die Kosten tragen, soweit sie den erledigten Rechtsstreit beträfen.
Gegen diese rechtliche Würdigung richtet sich der Kläger mit dem Rechtsmittel der Berufung. Das Landgericht habe seinen erstinstanzlichen Vortrag zu weiten Teilen übergangen und auch die Beweisaufnahme falsch gewürdigt. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei die Beratung der Beklagten nicht objektgerecht gewesen, weil die Zeugin D. nur über ein einziges und zudem unwesentliches Risiko aufgeklärt habe. Schon durch die Aussage der Zeugin D. sei der Vortrag der Beklagten widerlegt worden, da die Zeugin D. eingeräumt habe, weder bei dem „J. Zertifikat“ noch bei dem „G. Zertifikat“ mit Ausnahme des Totalverlusts auf deren Risiken noch auf die von der Beklagten vereinnahmten Zuwendungen hingewiesen zu haben. Zu Unrecht habe das Landgericht die danach fehlende Aufklärung der Zeugin D. über das Emittentenrisiko wegen der angeblichen Aushändigung der „Basisinformationen“ als unschädlich angesehen. Zum einen sei ein Anleger nicht verpflichtet, Broschüren auf Vorrat zu lesen. Zum anderen sei von ihm unter Beweis gestellt worden, dass ihm die „Basisinformationen“ nicht ausgehändigt worden seien. Es widerspreche auch der Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens, dass das Landgericht angenommen habe, er hätte sich durch einen Hinweis auf das Emittentenrisiko nicht abschrecken lassen. Da die Beklagte trotz ihrer Beweislast für die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens keinen Beweis angeboten habe, sei entgegen der Feststellung des Landgerichts von einem kausalen Aufklärungsdefizit auszugehen. Auch habe sich das Landgericht mit keinem Wort mit den von ihm gerügten Fehlern der Produktinformation des „G. Zertifikats“ auseinandergesetzt. Zudem sei diese Produktinformation aus den von dem OLG Celle in seinem Urteil vom 15.05.2013 angeführten Gründen fehlerhaft. Abgesehen davon habe die Zeugin D. die Produktinformationen erst nach dem Beratungsgespräch und damit zu spät ausgehändigt. Des Weiteren habe das Landgericht seine Beweisangebote zum Nachweis dafür, dass es sich bei den streitgegenständlichen Ordern um Kommissionsgeschäfte gehandelt habe, übergangen. Die vom Landgericht getroffene Feststellung eines Festpreisgeschäfts sei daher nicht haltbar. Schließlich sei die Beratung der Beklagten auch unter Berücksichtigung des Risikoprofils vom 09.07.2007 nicht anlegergerecht gewesen, weil allein die auf S. 2 angegebene zukünftige Anlagestrategie maßgeblich sei und diese zeige mit + 0,70 % bis 15,45 % gerade keine Verlustrisiken auf.
Der Kläger hat den Rechtsstreit auch wegen der Zahlungen vom 17.10.2013 und vom 30.10.2013 teilweise für erledigt erklärt. Im Übrigen beantragt er abändernd die Beklagte zur verurteilen,
1. an ihn € 19.489,20,- zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.05.2009 zu zahlen, Zug um Zug gegen Übertragung von folgenden Zertifikaten aus dem Depot-Nummer ... des Klägers an die Beklagte: 15 Stück L. , WKN: ..., ... und
2. es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme der folgenden Zertifikate aus dem Depot-Nummer ... des Klägers in Verzug befindet: 15 Stück L. , WKN: ..., ....
Die Beklagte hat sich der teilweisen Erledigungserklärung des Klägers angeschlossen. Im Übrigen beantragt sie,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil, indem sie ihren erstinstanzlichen Vortrag weiter vertieft. Es sei auch zu berücksichtigen, dass die der Zeugin C. am Ende des Beratungsgesprächs ausgehändigten Produktinformationen dem Kläger noch rechtzeitig übergeben worden seien, weil er nach seinem eigenen Vortrag die Order erst danach zu Hause unterzeichnet habe. Zutreffend sei das Landgericht davon ausgegangen, dass sich die angebliche Nichtaufklärung über das Emittentenrisiko jedenfalls nicht kausal auf die streitgegenständlichen Anlageentscheidungen ausgewirkt habe, weil der Kläger durch das Halten des „A. Zertifikat“ gezeigt habe, dass das Bestehen eines allgemeinen Emittentenrisikos mit seiner Anlagestrategie durchaus vereinbar sei. Die Produktinformation des „G. Zertifikats“ sei entgegen der Meinung des Klägers nicht fehlerhaft, weil der Anleger nur über die für seine Anlageentscheidung wesentlichen Umstände aufgeklärt werden müsse. Entgegen der Meinung des OLG Celle sei es für die Anlageentscheidung irrelevant, ob sich ein von dem Zertifikat gar nicht in Bezug genommener Index besser oder schlechter entwickeln würde als der tatsächliche Basiswert. Schließlich interpretiere der Kläger das Risikoprofil fehl. Die auf S. 2 angegebene „historische 10-Jahres-Performance“ lasse gerade keine Rückschlüsse auf die Zukunft zu.
Ergänzend wird auf die in beiden Instanzen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Der Senat hat den Parteien mit Beschluss vom 05.03.2014 ausführliche Hinweise zur Sach- und Rechtslage erteilt.
Aus den Gründen
II. Die Berufung ist zulässig, jedoch unbegründet. Das Landgericht hat zu Recht eine Schadensersatzhaftung der Beklagten ausgeschlossen. Ohne Erfolg greift die Berufung die rechtliche Würdigung des Landgerichts an, dass nicht festgestellt werden könne, dass die Beklagte ihre Verpflichtung zur anlegergerechten Beratung durch die Empfehlung der streitgegenständlichen Zertifikate G. Zertifikat und J. Zertifikat verletzt hat (s. I.1.). Auch wenn die Berufung die Hauptbegründung des landgerichtlichen Urteils insoweit zu Recht angreift, als die Beklagte nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ihre Verpflichtung zur objektgerechten Beratung hinsichtlich des allgemeinen Emittentenrisikos nicht erfüllt hat, führt dies letztlich nicht zu einem Erfolg der Berufung, weil für den Senat trotz seiner anderen Meinung zu der Beweislast wie für das Landgericht feststeht, dass diese Pflichtverletzung der Beklagten für die Anlageentscheidungen des Klägers nicht kausal geworden ist (s. I.2). Andere Verstöße der Beklagten gegen ihre Verpflichtung zur objektgerechten Beratung können entgegen der Meinung der Berufung nicht festgestellt werden (s. I.3.). Auch soweit das Landgericht die Beklagte nicht als verpflichtet angesehen hat, den Kläger ungefragt über etwaige Rückvergütungen aufzuklären, bleibt die Berufung ohne Erfolg (s. I.4.).
1. Es kann nicht festgestellt werden, dass die Beklagte den Kläger nicht anlegergerecht beraten hat. Der Anlageberater ist dazu verpflichtet, das Anlageziel seines Kunden zu erforschen und unter Berücksichtigung dieses Anlageziels eine den persönlichen Verhältnissen entsprechende Anlageempfehlung abzugeben (z.B. BGH, Urteil vom 06.07.1993 – XI ZR 12/93, Rz. 17; Urteil vom 08.07.2010 – III ZR 249/09, Rz. 18). Die Beweislast für die angeblich nicht pflichtgemäße Anlageberatung des Klägers trägt dieser selbst. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung trägt derjenige, der eine Aufklärungs- oder Beratungspflichtverletzung behauptet, dafür die Beweislast. Die mit dem Nachweis einer negativen Tatsache verbundenen Schwierigkeiten werden nur dadurch ausgeglichen, dass der Anspruchsgegner die vom Anspruchsteller zunächst nur pauschal behauptete Fehlberatung substantiiert bestreiten und darlegen muss, wie im Einzelnen beraten bzw. aufgeklärt worden sein soll (s. hierzu a). Dem Anspruchsteller obliegt es dann jedoch gemäß §§ 138 Abs. 2 und 3 ZPO, sich zu dieser Gegendarstellung qualifiziert zu erklären und nachzuweisen, dass diese Gegendarstellung nicht zutrifft (vgl. BGH, Urteil vom 24.01.2006 – XI ZR 320/04, Rz. 15 – s. hierzu b).
a) Die Beklagte hat eine anlegergerechte Beratung des Klägers dargelegt.
aa) Der Senat hat bereits in anderer Sache entschieden, dass die von der Beklagten praktizierte Befragungstechnik, mit der sie das Risikoprofil des Anlegers ermittelt, nicht zu beanstanden ist (Urteil des Senats vom 16.12.2010 – I- 6 U 200/09). Anders als der Kläger meint, ist dieses Befragungsmuster nicht als irreführend anzusehen. Während die in dem Risikoprofil auf der ersten Seite und in der ersten Tabelle auf der zweiten Seite gestellten Fragen der Anleger selbst beantwortet, also auch die Frage nach der von ihm bevorzugten Rendite, wird in dem Risikoprofil auf der zweiten Seite unter der Überschrift „Ihre zukünftige Anlagestrategie“ das Beratungsergebnis der Beklagten dargestellt. Soweit dort die Beklagte eine Einschätzung unternimmt, die von der Renditeerwartung des Anlegers abweicht, ist das für den Anleger nicht irreführend, weil es in der Natur einer Beratung liegt, dass der Berater aufgrund seiner fachlichen Kenntnisse auch zu einem Ergebnis gelangen kann, dass von den nur laienhaft geäußerten Erwartungen des Kunden abweicht. Entgegen der Meinung des Klägers wird auch der Anleger nicht künstlich in Sicherheit gewogen, wenn die Beklagte zu einer Performanceeinschätzung kommt, die keinen Verlust ausweist. Wie sich schon aus der Überschrift ergibt, handelt es sich dabei um eine aufgrund von Daten aus der Vergangenheit ermittelte „historische“ 10-Jahres-Performance“. Es liegt daher auf der Hand, dass damit die Beklagte nicht die zuvor im Rahmen der Befragung gegebenen Hinweise auf Verlustszenarien relativieren will.
bb) Nach dem Vortrag der Beklagten hat die Zeugin D. die in dem Risikoprofil aufgelisteten Fragen an die den Kläger in dem Beratungsgespräch insoweit vertretende Zeugin C. gestellt und so die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse, die Risikoeinstellung, die Renditeerwartungen und die Vorerfahrungen des Klägers ermittelt und in dem dann von dem Kläger am 09.07.2007 unterschriebenen Risikoprofil dokumentiert. Ausgehend hiervon sei sie, so die Beklagte, zu dem Ergebnis gelangt, dass dem Kläger eine „ausgewogene“ Portfoliostrategie zu empfehlen sei, die einen maximalen Risikoanteil von 55 % und eine maximale Risikoklasse von „4“ erlaube. Dieses Beratungsergebnis ist, wenn man die Richtigkeit des Beklagtenvortrags unterstellt, nicht zu beanstanden, weil dann die Zeugin C. durch die Antworten, die sie in Vertretung des Klägers der Beklagten auf die Fragen insbesondere nach seiner Risikoeinstellung gegeben haben soll, der Beklagten gezeigt hätte, dass der Kläger nur in der Tendenz ein sicherheitsorientierter Anleger ist, der zur Erzielung höherer Rendite jedoch auch bereit ist, höhere Risiken in Kauf zu nehmen.
cc) Die von der Beklagten ausgesprochenen Anlageempfehlungen haben sich auch an der von ihr empfohlenen Anlagestrategie orientiert. Es ist unstreitig, dass die beiden streitgegenständlichen Wertpapiere nur der Risikoklasse „3“ angehören und damit unterhalb der maximal zulässigen Risikoklasse „4“ geblieben sind. Ferner hat die Beklagte mit ihren Empfehlungen vom 09.07.2007 auch den Risikoanteil von 55 % beachtet, da mit den streitgegenständlichen Zertifikaten nur € 35.700,- des insgesamt € 73.063,- betragenden Vermögens, das der Kläger bei der Beklagten hielt, in entsprechenden Wertpapieren investiert gewesen sind. Die außerdem noch in seinem Wertpapierdepot befindlichen Wertpapiere, das „A. Zertifikat“ und die Anteile an dem Fonds „B-Fonds“, gehörten unstreitig nur der Risikoklasse „1“ an.
b) Der Kläger hat nicht bewiesen, dass der Vortrag der Beklagten zu der anlegergerechten Beratung nicht zutrifft.
aa) Der Kläger hat den Vortrag der Beklagten insoweit in erheblicher Weise bestritten, als er behauptet hat, das Risikoprofil sei der Zeugin C. und damit auch ihm von der Zeugin D. „untergeschoben“ worden. Den entsprechend den obigen Ausführungen ohnehin beweisbelasteten Kläger trifft für dieses Bestreiten auch deshalb die Beweislast, weil er damit gemäß § 440 Abs. 2 ZPO zugleich nachweisen würde, dass die von ihm in dem Risikoprofil vom 09.07.2007 festgehaltenen und unterschriebenen Antworten zu seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen, seiner Risikoeinstellung und zu seinen Renditeerwartungen unecht wären. Zwar haben sowohl seine Ehefrau und Zeugin C. als auch seine Tochter und Zeugin E. bekundet, die seinerzeitige Mitarbeiterin der Beklagten und Zeugin D. habe das schon vorformulierte Risikoprofil nur zur Unterschrift ausgehändigt, ohne es mit ihnen im Einzelnen zu besprechen. Dem steht jedoch die Aussage der Zeugin D. entgegen, dass sie die den Kläger vertretende Zeugin C. wie üblich beraten habe und dass sie üblicherweise zunächst die Antworten des Kunden zu den Fragen des Risikoprofils im Computer festhalte und danach anhand des Ausdrucks die festgehaltenen Antworten noch einmal im Einzelnen mit dem Kunden durchgehe. Der Senat ist nicht gemäß § 286 ZPO zu der Überzeugung gelangt, dass die Bekundungen der Zeuginnen C. und E. zutreffend und die diesbezügliche Aussage der Zeugin D. falsch ist. Einer entsprechenden Überzeugungskraft der Aussagen der Zeuginnen C. und E. steht schon entgegen, dass ihr Erinnerungsvermögen deutliche Schwächen gezeigt hat. So hat die Zeugin E. erklärt, an das Gespräch der Zeugin C. mit der Zeugin D. vom 09.07.2007 keine konkrete Erinnerung mehr zu haben. Die Zeugin C. hat zwar erklärt, sich noch an das Gespräch vom 09.07.2007 erinnern zu können. Der Senat kann jedoch nicht ausschließen, dass sie bei ihrer Schilderung des Gesprächs vom 09.07.2007 unbewusst Erinnerungsfehlern unterliegt. So hat sie erklärt, sich an das, vom Zeitpunkt ihrer Vernehmung im Juni 2013 aus betrachtet nicht wesentlich länger zurückliegende, Gespräch vom 13.02.2006 nicht mehr erinnern zu können. Ferner schließt sich der Senat der Beweiswürdigung des Landgerichts an, dass die Bekundungen der Zeugin C. deutlich interessengeleitet sind. Auf die entsprechenden Ausführungen des Landgerichts wird zunächst verwiesen (LGU, S. 15). Sie beziehen sich zwar auf andere Inhalte ihrer Aussage, gelten aber für ihre hier in Rede stehende Bekundung entsprechend. Ferner wird angemerkt, dass sich die Richtigkeit dieser Beweiswürdigung auch daran zeigt, dass die Zeugin C. hinsichtlich des Depotwechsels im Jahr 2006 bekundet hat, den Grund hierfür nicht mehr zu erinnern. Da sie jedoch nach ihrer eigenen Bekundung und der Bekundung der Zeugin E. schon immer die Geldgeschäfte ihres Ehemannes erledigt hat oder sich nach der Bekundung der Zeugin D. das Kapitalvermögen sogar vorher auf ihrem eigenen Konto befunden hat, ist es für den Senat schlicht nicht nachvollziehbar, dass sie die Details des Beratungsgesprächs vom 09.07.2007 noch in Erinnerung haben will, die grundlegende Entscheidung, das von ihr verwaltete Kapitalvermögen auf ein Depot des Klägers bei der Beklagten zu transferieren, jedoch nicht. Schließlich folgt der Senat auch der Beweiswürdigung des Landgerichts darin, dass die Aussage der Zeugin D. nachhaltig der Überzeugung entgegensteht, dass die Aussagen der Zeuginnen E. und C. richtig gewesen sind. Schon wegen der von der Zeugin D. offen eingeräumten Erinnerungslücken ist zwar der Senat genauso wie Landgericht auch nicht davon überzeugt, dass die Aussage der Zeugin D. in allen Punkten zwingend richtig ist. Dennoch kommt ihrer Aussage solches Gewicht zu, dass die ohnehin gegenüber den Aussagen der Zeugin C. und Zeugin E. bestehenden Zweifel weiter verstärkt werden. Der Senat hält es daher nicht für ausgeschlossen, dass die Zeugin D. die Zeugin C. so beraten hat, wie sie üblicherweise Kunden beraten hat. Ihre übliche Beratung hat sie so geschildert, dass sie dem Kunden die Fragen aus dem Risikoprofil vorgelesen, deren Antworten in dem Computer festgehalten und abschließend das so erstellte Risikoprofil noch einmal anhand eines Ausdrucks mit dem Kunden durchgesprochen hat. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Zeugin D. bei der Darstellung ihres üblichen Beratungsvorgangs Erinnerungsfehlern erlegen ist oder diesen interessengefärbt beschönigt hätte. Gegen ersteres spricht schon die Detailgenauigkeit, mit der sie den üblichen Beratungsvorgang geschildert hat. Gegen letzteres spricht, dass sie unumwunden trotz ihres Wissens um die Erheblichkeit dieser Frage für die Entscheidung des Rechtsstreits eingeräumt hat, die Zeugin C. nicht über das Emittentenrisiko aufgeklärt zu haben.
bb) Ferner hat der Kläger gegen den Vortrag der Beklagten zu der anlegergerechten Beratung eingewandt, die Zeugin C. habe der Zeugin D. erklärt, sie suche für den Kläger eine Kapitalanlage, bei der er nichts „an Substanz verlieren“ könne. Diese Bekundung wird durch die Aussage der Zeugin E. gestützt, indem sie bekundet hat, dass die Sicherheit der Kapitalanlage ihren Eltern wichtig gewesen sei. Auch die Zeugin D. hat dies zwar insoweit bestätigt, als sie erklärt hat, die Zeugin C. habe „eher konservativ“ anlegen wollen. Die Zeugin D. hat diese Bekundung aber entscheidend eingeschränkt, indem sie darauf hingewiesen hat, dass der Zeugin C. auch eine gewisse Rendite wichtig gewesen sei und sie deshalb gerade nicht erklärt habe, an einer „Sicherheit von 100% interessiert zu sein. Auch in diesem Punkt vermag sich der Senat nicht davon zu überzeugen, dass die Aussagen der Zeuginnen C. und E. vor der Aussage der Zeugin D. vorzugswürdig sind. Die obigen Ausführungen zu dem Beweiswert der drei Aussagen gelten hier entsprechend. Hinzu kommt, dass gegen die von der Zeugin C. bekundete Erklärung, sie suche für den Kläger eine Kapitalanlage, bei der er nichts „an Substanz verlieren“ könne, indiziell spricht, dass mit den in dem Risikoprofil dokumentierten Antworten zu der Risikoeinstellung und den Renditeerwartungen Erklärungen gegenüber der Beklagten abgegeben worden sind, die sich der Kläger gemäß § 416 ZPO zurechnen lassen muss, weil er nicht, wie oben ausgeführt worden ist, den ihm gemäß § 440 Abs. 2 ZPO obliegenden Beweis von deren Unechtheit erbracht hat, nach denen der Substanzerhalt gerade nicht das alleinige Anlagemotiv gewesen ist.
2. Zu Recht greift die Berufung die Hauptbegründung des Landgerichts insoweit an, als nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme feststeht, dass die Beklagte den Kläger hinsichtlich des allgemeinen Emittentenrisikos nicht objektgerecht beraten hat (s. a – d). Allerdings erweist sich die Hilfsbegründung des Landgerichts als zutreffend, dass sich dieser Beratungsfehler auf die Anlageentscheidung des Klägers nicht ursächlich ausgewirkt hat (s. e).
a) Der Anlageberater ist dazu verpflichtet, den Anleger über alle für seine Anlageentscheidung wesentlichen Umstände richtig und vollständig zu informieren (z.B. BGH, Urteil vom 25.09.2007 – XI ZR 320/06, Rz. 14). Dabei ist zwischen den allgemeinen Risiken (z.B. Konjunkturlage, Entwicklung des Börsenmarktes) und den speziellen Risiken zu unterscheiden, die sich aus den individuellen Gegebenheiten des Anlageobjekts (z.B. Kurs-, Zins- und Währungsrisiko) ergeben (BGH, Urteil vom 06.07.1993 – XI ZR 12/93, Rz. 18). Im Hinblick auf Indexzertifikate, die strukturierte Finanzprodukte in der Form einer Inhaberschuldverschreibung sind, die den Anspruch des Inhabers gegen den Emittenten auf Zahlung eines Geldbetrags verbriefen, dessen Höhe vom Stand der zugrunde gelegten Basiswerte (sog. Underlyings) abhängt, gehört es zur vollständigen Risikodarstellung dazu, dem Anleger zu erklären, dass er nicht nur das Marktrisiko in Bezug auf den zugrunde gelegten Basiswert, sondern darüber hinaus auch das Bonitätsrisiko des Emittenten trägt (BGH, Urteil vom 27.09.2011 - XI ZR 182/10, Rz. 26). Das streitgegenständliche „G. Zertifikat“ gehört zu dieser Anlageform, da sich die Emittentin K-Bank gegenüber dem jeweiligen Inhaber des Zertifikats verpflichtet hat, den Nennbetrag in einer Höhe zurückzuzahlen, der von der relativen Kursentwicklung des Indexes DivDAX zu dem Index DAX abhing. Auch das „J. Zertifikat“ ist ein solches Indexzertifikat, weil sich die Emittentin F-plc. damit gegenüber dem Inhaber verpflichtet hat, den Nennbetrag in einer Höhe zurückzuzahlen, der von der Kursentwicklung des Indexes Dow Jones EURO STOXX 50 abhing.
b) Die Behauptung des Klägers, die Beklagte habe ihn anlässlich der streitgegenständlichen Anlagegeschäfte nicht mündlich auf das mit Zertifikaten verbundene allgemeine Emittentenrisiko hingewiesen, steht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme als zutreffend fest. Während die Zeuginnen E. und C. erklärt haben, die Zeugin D. habe keine Risikohinweise gegeben, hat die Zeugin D. eingeräumt, üblicherweise weder hinsichtlich des „G. Zertifikat“ noch hinsichtlich des „J. Zertifikats“ auf das damit jeweils verbundene allgemeine Emittentenrisiko hingewiesen zu haben.
c) Entgegen der Meinung der Beklagten hat sie schon nicht schlüssig dargelegt, dass der Kläger schriftlich über das mit den streitgegenständlichen Anlagen verbundene allgemeine Emittentenrisiko aufgeklärt worden ist. Die anlageberatende Bank kann zwar ihre Aufklärungspflichten auch durch schriftliches Informationsmaterial erfüllen, dies setzt jedoch voraus, dass sie es dem Anleger so rechtzeitig vor der Anlageentscheidung überreicht, dass dieser sich mit seinem Inhalt vertraut machen konnte (BGH, Urteil vom 08.05.2012 – XI ZR 262/10, Rz. 20 ff). Daher reicht eine Übergabe ausführlichen Informationsmaterials in unmittelbarem Zusammenhang mit der Zeichnung nicht aus (BGH, a.a.O., Rz. 21). Nach dem Vortrag der Beklagten sind dem Kläger am 09.07.2007, d.h. erst am Tag seiner Zeichnung der streitgegenständlichen Order, durch die Zeugin C. als Botin die 14-seitige Produktinformation (Anlage B4) zu dem „G. Zertifikat“ (Anlage B5) und die 17-seitige Produktinformation zu dem „J. Zertifikat“ zusammen mit dem Risikoprofil, zwei Verkaufsordern und den beiden streitgegenständlichen Ordern vorgelegt worden. Nach der von der Beklagten unwidersprochen gebliebenen Bekundung der Zeugin C. musste die Rückgabe der Order wegen des Endes der Öffnungszeit der Filiale der Beklagten in großer Eile geschehen. Letztlich kann die Frage aber auch dahinstehen, weil schon aus rechtlichen Gründen dem Kläger ein längerer Zeitraum als ein Tag für die Befassung mit dem Informationsmaterial hätte eingeräumt werden müssen. Dies gilt umso mehr, als von dem Kläger nach seinem Bildungsstand nicht mehr als eine normale Geschicklichkeit im Umgang mit den vorgenannten Unterlagen erwartet werden durfte.
d) Entgegen der Meinung des Landgerichts ist der Kläger am 09.07.2007 hinsichtlich des allgemeinen Emittentenrisikos auch noch aufklärungsbedürftig gewesen. Wendet der Aufklärungspflichtige ein, es habe abweichend von dem vertraglichen Pflichtenprogramm ausnahmsweise von vornherein gar keine Aufklärungspflicht bestanden, weil sein Vertragspartner aufgrund von Vorkenntnissen nicht mehr aufklärungsbedürftig gewesen sei, so trägt er dafür die Darlegungs- und Beweislast (vgl. BGH, Urteil vom 24.09.1996 – XI ZR 244/95, Rz. 17f). Die Aufklärungsbedürftigkeit des Anlegers für künftige vergleichbare Anlagegeschäfte entfällt dann, wenn die anlageberatende Bank dem Anleger zumindest während des vorhergehenden Beratungsgesprächs eine Broschüre ausgehändigt hat, die eine hinreichende Aufklärung enthält (BGH, Urteil vom 27.09.2011 – XI ZR 178/10, Rz. 32). Solche Umstände hat die Beklagte schon nicht dargelegt. Sie hat zwar behauptet, der Kläger habe von ihr bei der Eröffnung des Wertpapierdepots am 13.02.2006 die „Basisinformationen über Vermögensanlagen in Wertpapieren“ (im Folgenden: „Basisinformationen“) erhalten. Ausweislich des in der Anlage B3 überreichten Depotauszugs hat der Kläger jedoch am 13.02.2006 kein Zertifikat erworben. Zu diesem Zeitpunkt befand sich das „A. Zertifikat“ bereits in dem Bestand seines Wertpapierdepots.
e) Die nach alldem von der Beklagten pflichtwidrig unterlassene Aufklärung über das allgemeine Emittentenrisiko ist jedoch für die Anlageentscheidung des Klägers nicht kausal geworden. Der Berufung ist zwar zuzugestehen, dass die Beweislast hierfür die Beklagte trägt. Nach der Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens ist nämlich der Anlageberater dafür beweispflichtig, dass der Anleger den unterlassenen Hinweis unbeachtet gelassen hätte (BGH, Urteil vom 08.05.2012 – XI ZR 262/10, Rz. 28 f). Dies hat jedoch nicht notwendigerweise zur Folge, dass der Nachweis schon nicht als erbracht gilt, weil die beweisbelastete Partei keinen förmlichen Beweisantrag gestellt hat. Gegenstand der richterlichen Überzeugungsbildung sind nicht nur die förmlich unter Beweis gestellten, sondern auch die sich aus dem gesamten Akteninhalt ergebenden unstreitigen Tatsachen. Nach der Gesamtwürdigung dieser Tatsachen steht für den Senat fest, dass die Nichtaufklärung über das allgemeine Emittentenrisiko für die Anlageentscheidung des Klägers nicht ursächlich geworden ist. Relevante Indizien für die fehlende Kausalität können sich aus vorhergehendem und dem nachfolgenden Anlageverhalten ergeben (BGH, Urteil vom 08.05.2012 – XI ZR 262/10, Rz. 50.) Hier ist von entscheidender Bedeutung, dass sich der Kläger von dem in seinem Depot befindlichen „A. Zertifikat“, das wie die streitgegenständlichen Zertifikate mit einem allgemeinen Emittentenrisiko belastet ist, nicht getrennt hat, nachdem ihm spätestens durch den Zusammenbruch der K-Bank-Bankengruppe nicht nur bekannt geworden war, sondern er durch den entsprechenden Wertverlust seines „G. Zertifikats“ auch leidvoll erfahren hatte, dass Zertifikate dem Insolvenzrisiko ihrer Emittenten unterworfen sind. Wenn man ferner berücksichtigt, dass das von ihm trotzdem weiter gehaltene „A. Zertifikat“ anders als die streitgegenständlichen Zertifikate mit einem Kapitalschutz ausgestattet gewesen ist, wird deutlich, dass sich der Kläger zur Rückgängigmachung der streitgegenständlichen Zertifikate vornehmlich wegen deren wirtschaftlichen Misserfolg veranlasst gesehen hat.
3. Abgesehen von der fehlenden Aufklärung über das allgemeine Emittentenrisiko kann nicht festgestellt werden, dass die Beklagte ihre Verpflichtung zur objektgerechten Beratung verletzt hat.
a) Die Beweislast für die angeblich nicht vollständige Risikoaufklärung des Klägers trägt dieser selbst. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung trägt derjenige, der eine Aufklärungs- oder Beratungspflichtverletzung behauptet, dafür die Beweislast. Die mit dem Nachweis einer negativen Tatsache verbundenen Schwierigkeiten werden nur dadurch ausgeglichen, dass der Anspruchsgegner die vom Anspruchsteller zunächst nur pauschal behauptete Fehlberatung substantiiert bestreiten und darlegen muss, wie im Einzelnen beraten bzw. aufgeklärt worden sein soll (s. hierzu aa). Dem Anspruchsteller obliegt es dann jedoch gemäß §§ 138 Abs. 2 und 3 ZPO, sich zu dieser Gegendarstellung qualifiziert zu erklären und nachzuweisen, dass diese Gegendarstellung nicht zutrifft (vgl. BGH, Urteil vom 24.01.2006 – XI ZR 320/04, Rz. 15 – s. hierzu bb).
aa) Die Beklagte hat ihrer sekundären Darlegungslast hinsichtlich der bei der Empfehlung von Indexzertifikaten neben der Aufklärung über das allgemeine Emittentenrisiko auch noch notwendigen Aufklärung über das Marktrisiko genügt. Sie hat vorgetragen, dass die Zeugin D. die den Kläger in dem Beratungsgespräch vertretende Zeugin C. anhand der Produktinformationen über die Funktionsweise und den Basiswert der streitgegenständlichen Zertifikate aufgeklärt habe. Die Produktinformationen sind inhaltlich nicht zu beanstanden. Dem Anleger wird das Marktrisiko, dem der dem „J. Zertifikat“ zugrundeliegende Basiswert unterliegt, hinlänglich erläutert, indem auf Seite 4 der Produktinformation (Anlage B5) die Funktionsweise in einem anschaulichen Fließdiagramm und auf Seite 8 zudem in Tabellenform erklärt, auf Seite 6 die Marktabhängigkeit des Indexes Dow Jones STOXX 50 anhand eines Charts visualisiert und zusätzlich auf Seite 15 auch noch förmlich darauf hingewiesen wird, dass der Kurs des „J. Zertifikats“ wegen seiner Abhängigkeit von dem Index Dow Jones STOXX 50 auch unterhalb des Ausgangsniveaus liegen kann. Die Produktinformation des „G. Zertifikats“ (Anlage B4) klärt ebenfalls hinreichend über das damit verbundene Marktrisiko auf. So wird dem Anleger mit dem Chart auf Seite 3 vor Augen geführt, dass die Wertentwicklung des Preisindexes DivDAX auch langjährig schlechter verlaufen kann als die des Indexes DAX. Ferner wird dem Anleger auf Seiten 8f und 10f die Funktionsweise sowohl mit einem Fließdiagramm als auch mit einer tabellarischen Darstellung hinreichend erklärt. Schließlich wird der Leser in dem Abschnitt „Risiken“ unter der Überschrift „Marktrisiko“ auf Seite 7 der Produktinformation auch förmlich darüber aufgeklärt, dass er mit der Zeichnung der Anleihe wegen der Marktabhängigkeit des Basiswerts ein Marktrisiko übernimmt.
Ohne Erfolg wendet die Berufung in diesem Zusammenhang ein, die Produktinformation des „G. Zertifikats“ erkläre dem Anleger nicht den strukturellen Unterschied bei der Berechnung der Indices DivDAX als Preisindex und DAX als Performanceindex. Wie bereits ausgeführt worden ist, ist der Anlageberater nur dazu verpflichtet, den Anleger über alle für seine Anlageentscheidung wesentlichen Umstände richtig und vollständig zu informieren (z.B. BGH, Urteil vom 25.09.2007 – XI ZR 320/06, Rz. 14). Wesentlich für die Anlageentscheidung sind jedoch nur die Chancen und Risiken derjenigen Anlageprodukte, auf die sich die Beratung bezieht. Die Beratung des Klägers durch die Beklagte hat sich am 09.07.2007 auf das von K-Bank emittierte „G. Zertifikat“ bezogen. Die damit verbundenen Gewinn- und Verlustchancen werden dem Leser der Produktinformation durch das Fließdiagram auf Seiten 8 f und durch den Chart auf Seite 3 hinreichend deutlich vor Augen geführt, indem dort die theoretischen Einzelszenarien und hier die bisherige relative Wertentwicklung des Preisindexes DivDAX und des Performanceindexes DAX grafisch dargestellt werden. Zugleich wird dem Leser der Produktinformation durch das Fließdiagramm und den Chart der spekulative Charakter und das erhebliche Marktpreisrisiko, das er mit der Zeichnung des G. Express Zertifikates eingeht, veranschaulicht, weil nach jenem ein Verlustszenario ausdrücklich als möglich dargestellt wird und nach diesem ein solches Verlustszenario in der Vergangenheit während eines mehrjährigen Zeitraums auch tatsächlich eingetreten ist, weil damals die Wertentwicklung des Performanceindexes DAX stärker als die Wertentwicklung des Preisindexes DivDAX gewesen ist. Für eine darüber hinausgehende Information über möglicherweise bessere Gewinnchancen des Anlegers, wenn auf einen Vergleich zwischen dem Preisindex DivDAX und dem Preisindex DAX abgestellt werden würde, hat kein Anlass bestanden, da ein solches Anlageprodukt unstreitig nicht Gegenstand der Beratung vom 09.07.2007 gewesen ist.
Keinen Erfolg hat die Berufung auch mit ihren in erster Instanz erhobenen weiteren inhaltlichen Rügen gegenüber der Produktinformation für das „G. Zertifikat“:
Keineswegs kann der Leser aus der Produktinformation den Schluss ziehen, das „G. Zertifikat“ gewähre ihm im „Normalfall“ einen Kapitalschutz. Anders als der Kläger behauptet, findet sich in der Produktinformation des streitgegenständlichen „G. Zertifikats“ schon nicht das Wort „Normalfall“. Ferner ist bereits dargelegt worden, dass dem Leser der Produktinformation die mit dem „G. Zertifikat“ verbundenen Verlustrisiken deutlich vor Augen geführt werden.
Anders als der Kläger meint, ist es auch nicht erforderlich gewesen, ihn darauf hinzuweisen, dass er nach Möglichkeit Erfahrungen mit Optionen und Investments im internationalen Kapitalmarkt haben sollte. Es ist bereits ausgeführt worden, dass der Anleger bei Indexzertifikaten im Allgemeinen nur auf das damit verbundene Emittenten- und Marktrisiko hingewiesen werden muss. Der Kläger hat nicht dargetan, wieso für seine streitgegenständlichen Anlageentscheidungen darüber hinaus auch seine fehlende Erfahrung mit Optionsgeschäften und Investments im internationalen Kapitalmarkt von wesentlicher Bedeutung gewesen sein sollte.
Der Kläger ist hinsichtlich des „G. Zertifikats“ auch nicht auf potentielle Interessenkonflikte hinzuweisen gewesen, die sich daraus ergeben könnten, dass die Emittentin oder die Garantin versuchen könnten durch Spekulationsgeschäfte auf den Basiswert Einfluss zu nehmen. Es wird von dem Kläger auch nicht ansatzweise dargelegt, dass eine solche Gefahr bei den streitgegenständlichen Basiswerten ernstlich in Betracht zu ziehen gewesen ist. Im Gegenteil erscheint eine solche Situation wegen des für die Manipulation der Indizes Dax, DivDAX und Dow Jones STOXX 50 erforderlichen Kapitaleinsatzes oder Wettrisikos sehr fernliegend.
Auch hinsichtlich der auf S. 34, 77 und S. 90 der „Endgültigen Bedingungen“ des „G. Zertifikats“ dargestellten Risiken (S. 10 f des Schriftsatzes des Klägers vom 15.02.2012) bleibt der Kläger jegliche Darlegung dazu schuldig, wieso diese Risiken für seine Anlageentscheidung von wesentlicher Bedeutung gewesen sein sollten.
Entsprechendes gilt für die von dem Kläger auf S. 11 f des vorgenannten Schriftsatzes aufgelisteten weiteren Risiken, die auf S. 29 – 34 des Basisprospekts dargestellt sein sollen.
bb) Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme hat der Kläger nicht den Beweis erbracht, dass die vorgenannte Gegendarstellung in ihren wesentlichen Punkten nicht zutrifft. Die Zeugin E. hat zwar bekundet, die Zeugin D. habe bekundet, dass mit den streitgegenständlichen Zertifikaten das eingesetzte Kapital sicher sei. Dies wäre eine Falschberatung, da beide Zertifikate keinen Kapitalschutz aufweisen und demnach, je nach Entwicklung des zugrundeliegenden Basiswerts, eine vollständige Rückzahlung des eingesetzten Kapitals von den Emittenten gerade nicht garantiert gewesen ist. Die Bekundung der Zeugin E. begegnet aber schon aus sich selbst heraus insoweit Bedenken, als sie zugleich eingeräumt hat, an das zwischen der Zeugin C. und der Zeugin D. am 09.07.2007 geführte Gespräch gar keine konkrete Erinnerung mehr zu haben. Die Zeugin C. hat ähnlich wie die Zeugin E. bekundet, die Zeugin D. habe ihr versichert, bei einer langfristigen Investition in die streitgegenständlichen Zertifikate bliebe es bei einem „Substanzerhalt“. Der Senat sieht wie das Landgericht die Beweiskraft dieser Aussage dadurch eingeschränkt, dass die Zeugin C. ersichtlich bemüht gewesen ist, Widersprüche, auf die sie hingewiesen worden war, durch die Korrektur ihrer Aussage auszuräumen. Auf das landgerichtliche Urteil, S. 15, wird verwiesen. Ferner hat die Zeugin C. erhebliche Erinnerungslücken gezeigt. Die fehlende Erinnerung an den Grund für den Depotwechsel wurde bereits erwähnt. Auch der Grund, wieso am 09.07.2007 entschieden wurde, zwei Anlagen zu verkaufen, ist ihr nicht mehr erinnerlich gewesen. Auch an die Umstände, unter denen es zu dem Erwerb des „A. Zertifikat“ kam, hat sie sich gar nicht mehr erinnern können. Angesichts dieser Erinnerungsschwächen kann der Senat nicht auszuschließen, dass sie eine durch die Zeugin D. möglicherweise doch vorgenommene Risikoaufklärung schlichtweg nicht mehr erinnert und diese Gedächtnislücke irrtümlich mit der Annahme erklärt, es habe eine solche Risikoaufklärung gar nicht stattgefunden. Schließlich bestehen erhebliche Zweifel an der Richtigkeit der Aussage der Zeugin C. auch deshalb, weil die Zeugin D. glaubhaft bekundet hat, ihre Kunden üblicherweise über die Funktionsweisen des „J. Zertifikats“ und des „G. Zertifikats“ anhand der Seiten 4, 6 und 8 der Produktinformation für das „J. Zertifikat“ und anhand der Seiten 3, 8, 9 und 10 der Produktinformation für das „G. Zertifikat“ aufgeklärt zu haben. Das diese Darstellung zutreffen könnte, erscheint dem Senat gerade deshalb nicht ausgeschlossen, weil sie zugleich unumwunden eingeräumt hat, dass sie die Zeugin C. über das allgemeine Emittentenrisiko nicht aufgeklärt hat, obwohl ihr wegen der Insolvenz der K-Bank-Bankengruppe klar gewesen sein muss, dass die Entscheidung des Rechtsstreits möglicherweise von diesem Aufklärungsfehler abhängt. Entgegen der Meinung der Berufung steht mit der vorgenannten Aussage der Zeugin D. zu ihrem üblichen Beratungsverhalten nicht fest, dass sie die Zeugin C. über die mit den streitgegenständlichen Anlagen verbundene Marktrisiken nicht hinreichend aufgeklärt hat. Richtig ist zwar, dass die Zeugin D. nach ihrer Aussage üblicherweise davon abgesehen hat, ihre Kunden darüber unter ausdrücklicher Nennung des Wortes „Marktrisiko“ aufzuklären, da sie selbst eingeräumt hat, mit ihren Kunden die entsprechenden Passagen auf Seite 7 der Produktinformation des „G. Zertifikats“ und auf Seite 15 der Produktinformation des „J. Zertifikats“ nicht besprochen zu haben. Da sie jedoch ihren Kunden nach ihrer Schilderung die Funktionsweise der beiden Zertifikate mit deren verschiedenen Gewinn- und Verlustszenarien anhand der auf den Seiten 8 und 9 der Produktinformation des „G. Zertifikats und auf Seite 4 der Produktinformation des „J. Zertifikats“ dargestellten Fließdiagramme schematisch und den spekulativen Charakter beider Zertifikate anhand der auf Seite 3 der Produktinformation des „G. Zertifikats und auf Seite 6 der Produktinformation des „J. Zertifikats“ dargestellten historischen Kursentwicklung der Basiswerte vor Augen geführt hat, hat sie ihren Kunden hinreichend verständlich erklärt, was es der Sache nach bedeutet, dass beide Zertifikate einem Marktrisiko unterworfen sind.
4. Ohne Erfolg bleibt ferner der Berufungsangriff, die Beklagte hätte den Kläger bei den streitgegenständlichen Anlagegeschäften ungefragt über etwaige ihr zuteilwerdende Rückvergütungen aufklären müssen. Bereits mit Urteil vom 27.09.2011 – XI ZR 178/10, Rz. 40 ff, hat der Bundesgerichtshof klargestellt, dass die anlageberatende Bank nicht verpflichtet ist, den Kunden darüber aufzuklären, dass sie mit einem Anlageprodukt Gewinn erzielt, wenn sie dieses im Wege des Eigengeschäfts (§ 2 Abs. 3 Satz 2 WPHG) zu einem über dem Einkaufspreis liegenden Preis veräußert. Wertungsmäßig nichts anderes gilt, wenn sich das mit dem Anleger vereinbarte Kommissionsgeschäft für ihn wie ein Eigengeschäft darstellt. Allein die Verletzung einer kommissionsrechtliche Herausgabe- und Rechenschaftspflicht der Bank wegen einer unmittelbar vom Emittenten des Wertpapiers erhaltenen Vertriebsprovision bedeutet noch nicht zugleich die Verletzung des Anlageberatungsvertrages durch das Kreditinstitut, wenn ein Anleger abweichend von der gesetzlichen Wertung des § 354 HGB neben dem Preis der Wertpapiere für deren Beschaffung weder eine Kommissionsgebühr noch sonstige Aufschläge an die Bank zu entrichten hat und sich daher die Abwicklung des Effektengeschäfts aus seiner Sicht in wirtschaftlicher Hinsicht nicht anders als bei einem Eigengeschäft der Bank darstellt, so dass es bei der gebotenen wertenden Betrachtungsweise in Bezug auf den Beratungsvertrag ebenso wie dieses zu behandeln ist (BGH, Urteil vom 26.06.2012 – XI ZR 316/11, Rz. 37 ff). Es kann daher dahinstehen, ob die von der Berufung angegriffene Feststellung des Landgerichts, die Parteien hätten ein Festpreisgeschäft geschlossen, zutreffend ist. Ferner kann deshalb auch dahinstehen, ob die Beklagte tatsächlich, wie der Kläger behauptet, mit ihm wegen der streitgegenständlichen Zertifikate Kommissionsgeschäfte abgeschlossen hat. Selbst wenn dies der Fall gewesen sein sollte, wäre die Beklagte gegenüber dem Kläger nicht zur ungefragten Aufklärung über den etwaigen Erhalt von Rückvergütungen verpflichtet gewesen, weil sich ihm gegenüber die beiden streitgegenständlichen Wertpapiergeschäfte so dargestellt haben, als ob es sich um Eigengeschäfte der Beklagten gehandelt hat. Ausweislich der beiden Rechnungen vom 03.08.2007 hat der Kläger der Beklagten nicht mehr als den jeweiligen Kurswert für die 20 Stück des „J. Zertifikats“ und 15 Stück des „G. Zertifikats“ bezahlt.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91a, 97 Abs. 1 ZPO.
Der Ausspruch der vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision wird gemäß § 543 Abs. 2 ZPO nicht zugelassen. Das Urteil hat keine grundsätzliche Bedeutung und eine Entscheidung des Revisionsgerichts ist weder zur Fortbildung des Rechts noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich. Für Letzteres reicht es nicht schon aus, dass ein Gericht bei gleichem Sachverhalt zu einem anderen Ergebnis gelangt, erforderlich ist vielmehr, dass eine Divergenz in Rechtsfragen oder ein Rechtsfehler mit symptomatischer Bedeutung vorliegt (BGH, Beschluss vom 16.09.2003 – XI ZR 238/02). Daher stellt es keinen Zulassungsgrund dar, dass in einem Parallelverfahren das OLG Celle (Urteil vom 15.05.2013 - I-3 U 11/13) im Rahmen seiner tatrichterlichen Würdigung zu abweichenden Ergebnissen gelangt ist.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß §§ 47, 48 GKG, 3 ZPO auf € 19.489,20,- festgesetzt, weil bei einer übereinstimmenden teilweisen Erledigungserklärung die Prozesskosten bei der Streitwertfestsetzung nicht berücksichtigt werden. Deshalb und weil eine erst im Termin ausgesprochene Erledigungserklärung gemäß § 220 Abs. 1 ZPO keinen Einfluss mehr auf die bereits aus dem höheren Streitwert angefallene Terminsgebühr hat (BGH, Beschluss vom 31.08.2010 – X ZB 3/09), wird gemäß § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG die erstinstanzliche Streitwertfestsetzung wie folgt berichtigt: bis zum 04.06.2013 € 35.700,- und ab dem 05.06.2013 € 21.011,26.
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