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Wirtschaftsrecht
10.02.2012
Wirtschaftsrecht
AGH NRW: Aufgabe der Anwaltszulassung führt zum Erlöschen der Fachanwaltsbezeichnung

AGH NRW, Urteil vom 27.7.2011 - 1 AGH 22/11

sachverhalt

Die am 17.04.1966 in F geborene Klägerin war seit dem 18.05.2006 als Rechtsanwältin im Bezirk der Beklagten zugelassen.

Durch Beschluss vom 14.07.2009 erkannte die Beklagte der Klägerin die widerrufliche Berechtigung zu, neben der Berufsbezeichnung als Rechtsanwältin die Bezeichnung Fachanwältin für Verwaltungsrecht zu führen.

Nachdem die Klägerin ihr bis dahin befristetes Beschäftigungsverhältnis in ein unbefristetes umgewandelt hatte, bat sie mit Schreiben vom 28.03.2010 die Beklagte um Widerruf der Zulassung gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 8 BRAO. Die Beklagte widerrief sodann am 30.03.2010 die Zulassung der Klägerin zur Rechtsanwaltschaft mit Ablauf des 14.04.2010.

In dem vorerwähnten Schreiben vom 28.03.2010 hatte die Klägerin zugleich um Zusicherung gebeten, dass sie im Falle einer erneuten Zulassung zur Rechts-anwaltschaft berechtigt sei, die Bezeichnung "Fachanwältin für Verwaltungsrecht" zu führen, soweit sie in der Zwischenzeit der Fortbildungspflicht des § 15 FAO genüge.

Hierauf teilte die Beklagte mit Schreiben vom 07.04.2010 mit, dass sie eine solche Zusicherung nicht erteilen könne, weil eine Rechtsgrundlage für die (Wieder-)Erteilung einer Fachanwaltsbezeichnung nach erneuter Zulassung allein im Hinblick auf geleistete Fortbildung nicht gegeben sei. Vielmehr sei ein neuer Antrag zu stellen, wobei der Nachweis für den Erwerb der besonderen theoretischen Kenntnisse durch den in 2006 besuchten Fachlehrgang geführt werden könne, wenn weiterhin kalenderjährlich Fortbildung nach § 15 FAO nachgewiesen werde. Die im Antragszeitpunkt erneut nachzuweisenden besonderen praktischen Erfahrungen seien anhand einer neuen Fallliste gemäß § 5 FAO nachzuweisen.

Mit ihrer Klage hat die Klägerin in erster Linie die Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung der erbetenen Zusicherung erstrebt. Die Klägerin befürchtet Nachteile im Falle einer erneuten Zulassung zur Rechtsanwaltschaft. Neben Nachteilen gegenüber Rechtsanwälten, die die Fachanwaltsbezeichnung führen dürften, und gegenüber Mitbewerbern bei Bewerbungsverfahren um eine Angestelltentätigkeit sei sie gezwungen, Fortbildungen zu bezahlen ohne dass die Gewähr bestünde, allein aufgrund der Erfüllung der Fortbildungspflicht auch die Fachanwaltsbezeichnung wieder führen zu können.

Ihr - zunächst gestellter - Hauptantrag sei als Verpflichtungsklage in Form der Versagungsgegenklage nach § 42 Abs. 1 2. Alt. VwGO statthaft. Bei der von der Beklagten abgelehnten Zusicherung handele es sich um einen Verwaltungsakt, wobei die Regelung bei der Zusicherung in der Zusage des Erlasses oder der Unterlassung eines künftigen Verwaltungsaktes liege. Während das Ende der Befugnis zur Führung der Bezeichnung Rechtsanwalt nach den §§ 13 Abs. 4, 17 Abs. 1 Satz 1 BRAO gesetzliche Folge des Erlöschens sei und deshalb nicht gesondert ausgesprochen werden müsse, finde sich eine vergleichbare Regelung, die das Ende der Erlaubnis zum Führen der Fachanwaltsbezeichnung als gesetzliche Folge an das Erlöschen der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft knüpfe, nicht. Daraus folge, dass das Erlöschen der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft mangels ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung nicht automatisch das Ende der Befugnis, eine Fachanwaltschaft zu führen, bewirke. Vielmehr sei es so, dass die Befugnis zum Führen einer Fachanwaltsbezeichnung nur, aber auch immer dann in Anspruch genommen werden könne, wenn eine Zulassung zur Rechts-anwaltschaft bestehe. Solange keine Zulassung zur Rechtsanwaltschaft bestehe, entfalle die Berechtigung die Fachanwaltsbezeichnung zu führen. Bei erneuter Zulassung zur Rechtsanwaltschaft bestehe hingegen auch die Befugnis zum Führen der Fachanwaltsbezeichnung. Dies sei Inhalt der bereits zuerkannten Berechtigung zur Führung der Bezeichnung als Fachanwältin für Verwal-tungsrecht.

Selbst wenn man der Auffassung wäre, dass § 43c Abs. 4 BRAO keine abschließende Widerrufsregelung enthalte und § 49 VwVfG anwendbar wäre, ergebe sich nichts anderes, weil die in Betracht kommenden Widerrufsgründe entweder nicht vorlägen oder schon wegen Ablaufs der Jahresfrist nicht geltend gemacht werden könnten.

Der zunächst gestellte Hauptantrag sei begründet, weil die Klägerin einen Anspruch auf Erteilung der begehrten Zusicherung habe, denn das pflichtgemäße Ermessen sei auf Null reduziert. Dies folge daraus, dass die materiellen Voraussetzungen für den Erlass des späteren Verwaltungsaktes bereits vorlägen. Einer besonderen Rechtsgrundlage, wie von der Beklagten geltend gemacht, bedürfe es nicht.

Der zunächst gestellte Hilfsantrag zu Ziffer 2 sei erhoben für den Fall, dass man die Zusicherung nicht für einen Verwaltungsakt, sondern für ein schlicht hoheitliches Handeln halte. Um die Ablehnung der Zusicherung nicht in Bestandskraft erwachsen zu lassen, sei die Leistungsklage mit der Anfechtungsklage zu verbinden.

Der zunächst gestellte Hilfsantrag zu Ziffer 3 werde für den Fall gestellt, dass der Antrag zu Ziffer 1 und der Hilfsantrag zu Ziffer 2 für unzulässig erachtet werde, weil das Klagebegehren als Fall des vorbeugenden Rechtsschutzes gewertet würde. Das im Fall des vorbeugenden Rechtsschutzes erforderliche qualifizierte Rechtsschutzbedürfnis bzw. das qualifizierte Feststellungsinteresse folge aus dem Vorbringen zu den weiteren Anträgen. Außerdem trage die begehrte Feststellung dazu bei, die Rechtsfrage nach der Erlaubnis zum Führen einer Fachanwalts-bezeichnung im Fall einer erneuten Zulassung zur Rechtsanwaltschaft allgemein zu klären.

Die Klägerin hat zunächst beantragt,

1. die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 07.04.2010 zu verpflichten, der Klägerin die Zusicherung zu erteilen, dass die Beklagte im Falle der erneuten Zulassung der Klägerin zur Rechtsanwaltschaft bei der Beklagten feststellt, dass die Klägerin widerruflich berechtigt ist, die Bezeichnung "Fachanwältin für Verwaltungsrecht" zu führen, soweit die Klägerin in der Zwischenzeit der Fortbildungspflicht gemäß § 15 FAO genüge,

2. den Bescheid der Beklagten vom 07.04.2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin die Zusicherung zu erteilen, dass die Klägerin im Falle der erneuten Zulassung zur Rechtsanwaltschaft bei der Beklagten widerruflich berechtigt sei, die Bezeichnung "Fachanwältin für Verwaltungsrecht" zu führen, soweit die Klägerin in der Zwischenzeit der Fortbildungspflicht gemäß § 15 FAO genüge,

3. den Bescheid der Beklagten vom 07.04.2010 aufzuheben und festzustellen, dass die Klägerin im Falle der erneuten Zulassung zur Rechtsanwaltschaft bei der Beklagten widerruflich berechtigt sei, die Bezeichnung "Fachanwältin für Verwaltungsrecht" zu führen, soweit die Klägerin in der Zwischenzeit der Fortbildungspflicht gemäß § 15 FAO genüge.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat die Klägerin erklärt, dass sie nunmehr nicht mehr die Erklärung einer Zusicherung seitens der Beklagten anstrebe. Die Klägerin hat deshalb ihren Hauptantrag und ihren ersten Hilfsantrag fallen gelassen und ihren bisherigen zweiten Hilfsantrag als alleinigen Hauptantrag gestellt.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 07.04.2010 aufzuheben und festzustellen, dass sie, die Klägerin, im Falle der erneuten Zulassung zur Rechtsanwaltschaft bei der Beklagten widerruflich berechtigt sei, die Bezeichnung "Fachanwältin für Verwaltungsrecht" zu führen, soweit sie, die Klägerin, in der Zwischenzeit der Fortbildungspflicht gemäß § 15 FAO genüge.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie verteidigt mit näheren Darlegungen, dass eine Zusicherung im Sinne des zunächst gestellten Hauptantrags und des ersten Hilfsantrags nicht erteilt werden könne. Im Übrigen sei die Klägerin im Falle einer erneuten Zulassung zur Rechtsanwaltschaft nicht berechtigt, die Bezeichnung "Fachanwältin für Verwaltungsrecht" allein unter der Voraussetzung der zwischenzeitlichen Fortbildung gemäß § 15 FAO zu führen.

aus den gründen

Die Klage der Klägerin ist zulässig, bleibt in der Sache jedoch ohne Erfolg.

1. Der nunmehr allein gestellte Feststellungsantrag der Klägerin ist nach § 43 Abs. 1 VwGO zulässig.

Das festzustellende Rechtsverhältnis ist hinreichend konkretisiert. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urteil vom 30.09. 1999 3 C 39.98 BeckRS 1999, 30075519 = DVBl. 2000, 636) haben sich rechtliche Beziehungen nur dann zu einem Rechtsverhältnis im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO verdichtet, wenn die Anwendung einer bestimmten Norm des öffentlichen Rechts auf einen bereits übersehbaren Sachverhalt streitig. Das Erfordernis einer Verdichtung der Rechtsbeziehungen zu einem konkreten Rechtsverhältnis rechtfertigt sich aus dem Anliegen, den Gerichten nicht die Beantwortung abstrakter Rechtsfragen aufzubürden. Denn die Beantwortung solcher abstrakter Rechtsfragen, von denen unsicher ist, ob und wann sie für die Rechtsstellung des Betroffenen relevant werden, ist nicht Teil des den Gerichten vom Grundgesetz erteilten Rechtsschutzauftrages.

Zwar befindet sich die Klägerin in einem unbefristeten Beschäftigungsverhältnis im öffentlichen Dienst und das Ende dieses Beschäftigungsverhältnisses steht weder bevor noch ist es nur absehbar. Allerdings beobachtet sie den Arbeitsmarkt und zieht, wie sie nochmals vor dem Senat erklärt hat, den Wechsel in ein Angestelltenverhältnis in einer Rechtsanwaltskanzlei in Erwägung. Im Hinblick darauf, dass der Klägerin die Gestattung zur Führung einer Fachanwalts-bezeichnung bereits zuerkannt war und sich ihre erneute Zulassung zur Rechtsanwaltschaft als nicht unwahrscheinlich darstellt, ist davon auszugehen, dass die Klägerin die Feststellung bereits aufgrund eines bestimmten, bereits überschaubaren Sachverhalts begehrt.

Die Klägerin hat auch das für eine - hier gegebene - vorbeugende Fest-stellungsklage erforderliche qualifizierte Rechtschutzbedürfnis für eine alsbaldige Feststellung. Denn mit einem Abwarten wären für die Klägerin Nachteile verbunden, die ihr nicht zuzumuten sind. So ist es wegen der allgemeinen Wertschätzung, die der Gestattung der Führung einer Fachanwaltsbezeichnung sowohl innerhalb der Rechtsanwaltschaft selbst als auch bei den Rechtsuchenden zukommt, für die Klägerin von erheblicher Bedeutung, ob sie bei ihren Bemühungen um eine Angestelltentätigkeit bei der Rechtsanwaltskanzlei den potentiellen Arbeitgebern gegenüber für sich damit werben kann, dass sie im Falle einer Wiederzulassung ohne weiteres befugt ist, die Bezeichnung "Fachanwältin für Verwaltungsrecht" zu führen. Hinzukommt, dass die Klägerin ein anzuer-kennendes Interesse an der Klärung hat, ob sie dadurch, dass sie laufende Fortbildung nach § 15 FAO betreibt und die hierbei entstehenden Kosten trägt, bereits sämtliche Voraussetzung für das erneute Führen der Fachanwalts-bezeichnung erfüllt.

2. Die damit zulässige Feststellungsklage ist jedoch unbegründet. Denn die Klägerin ist im Falle der erneuten Zulassung zur Rechtsanwaltschaft nicht bereits dann zur Führung der Bezeichnung "Fachanwältin für Verwaltungsrecht" berechtigt, wenn sie in der Zwischenzeit den Fortbildungsanforderungen des § 15 FAO genügt hat.

Die Klägerin ist im Falle ihrer Wiederzulassung nicht allein im Hinblick auf eine fortgeführte Fortbildung berechtigt, eine Fachanwaltsbezeichnung zu führen.

Ausgangspunkt ist, dass der mit Bescheid der Beklagten vom 30.03.2010 ausgesprochene Widerruf der Zulassung der Klägerin zur Rechtsanwaltschaft nach § 13 BRAO zum Erlöschen der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft geführt hat. Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 BRAO endet mit dem Erlöschen der Zulassung auch die Befugnis, die Berufsbezeichnung "Rechtsanwalt" oder "Rechtsanwältin" zu führen.

Eine ausdrückliche gesetzliche Regelung der Folgen des Zulassungswiderrufs für eine zuvor zuerkannte Berechtigung, eine Fachanwaltsbezeichnung zu führen, fehlt. Gleichwohl kommt es nicht in Betracht, dass die Berechtigung zur Führung einer Fachanwaltsbezeichnung trotz Erlöschens der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft fortbesteht. Denn nach § 43c Abs. 1 Satz 1 BRAO kann nur einem Rechtsanwalt die Befugnis zur Führung einer Fachanwaltsbezeichnung zuerkannt werden. Konsequenterweise kann ein Nichtrechtsanwalt eine Fachanwalts-bezeichnung nicht führen.

Nach § 43 Abs. 2 VwVfG bleibt ein Verwaltungsakt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist.

Der Senat kann offenlassen, ob hier ein Widerruf der Gestattung zur Führung der Fachanwaltsbezeichnung vorliegt oder ob sich die Gestattung auf anderweitige Weise erledigt hat. In jedem Fall ist die Gestattung zur Führung der Fachan-waltsbezeichnung unwirksam geworden.

Eine ausdrückliche gesetzliche Regelung hinsichtlich Rücknahme und Widerruf der Erlaubnis zum Führen einer Fachanwaltsbezeichnung findet sich in § 43c Abs. 4 BRAO. Diese Regelung erfasst jedoch nicht den Fall des Erlöschens der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft. Es ist entspricht allerdings allgemeiner Auffassung, dass § 43c Abs. 4 BRAO keine abschließende Regelung enthält (BGH BRAK-Mitt. 2004, 234; Quass in Gaier/Wolf/Göcken, Anwaltliches Berufsrecht, § 43c BRAO Rz 49; Scharmer in Hartung/Römermann, Berufs- und Fachanwaltsordnung 4. Aufl. § 43c BRAO Rz 67; a.A.: Kleine-Cosack, Bundes-rechtsanwaltsordnung mit Berufs- und Fachanwaltsordnung, 6. Aufl., § 25 FAO Rz 2). Vorliegend ist der Widerrufsgrund des § 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwVfG gegeben. Dieser Widerrufsgrund setzt zum einen voraus, dass die Behörde auf Grund nachträglich eingetretener Tatsachen berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen und zum anderen, dass ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet wäre. Nachträglich eingetretene Tatsache ist hier das Erlöschen der Zulassung der Klägerin zur Anwaltschaft; wäre die Klägerin bereits im Juni 2009 nicht mehr als Rechtsanwältin zugelassen gewesen, wäre ihr damals die Führung der Fachanwaltsbezeichnung nicht gestattet worden, weil diese nach § 43c Abs. 1 BRAO nur Rechtsanwälten gestattet werden kann. Der Widerruf ist auch zur Abwehr einer Gefährdung des öffentlichen Interesses erforderlich, weil zum Schutz der Rechtsuchenden verhindert werden muss, dass Nichtrechts-anwälte eine Fachanwaltsbezeichnung führen.

Zwar ist ein solcher Widerruf - bezogen auf die Gestattung des Führens einer Fachanwaltsbezeichnung - nicht ausdrücklich ausgesprochen worden. Jedoch ist die Befugnis zum Führen einer Fachanwaltsbezeichnung untrennbar mit der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft verbunden, so dass in Betracht kommt, in dem Widerruf der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zugleich unausgesprochen auch der Widerruf der Gestattung des Führens der Fachanwaltsbezeichnung liegt (vgl. Scharmer a.a.O. Rz 55; Feuerich/Weyland, 7. Aufl., § 43c BRAO Rz 42 am Ende). Anders als die Klägerin meint scheidet die Annahme eines Widerrufgrundes nicht schon wegen Ablaufs der Jahresfrist der §§ 49 Abs. 2 Satz 2, 48 Abs. 4 VwVfG aus. Zwar gilt nach § 48 Abs. 2 Satz 2 VwVfG die in § 48 Abs. 4 VwVfG enthaltene Jahresfrist auch für den Widerruf. Nach § 48 Abs. 4 VwVfG beginnt der Lauf der Jahresfrist mit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme durch die Behörde von den die Rücknahme des Verwaltungsaktes rechtfertigenden Tatsachen. Der Lauf der Jahresfrist setzte sein, als die Beklagte positive Kenntnis aller Tatsachen hatte, die für die Frage der Entscheidung, ob der Verwaltungsakt wiederrufen werden soll, maßgebend sind (Kopp/Ramsauer, 11. Aufl., § 49 VwVfG Rz 59). Soweit der Widerruf der Gestattung zum Führen der Fachanwaltsbezeichnung im Widerruf der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft mit enthalten ist, ist die Jahresfrist ohne weiteres gewahrt.

In jedem Fall hat sich die Gestattung zur Führung der Fachanwaltsbezeichnung "auf andere Weise" nach § 42 Abs. 2 VwVfG erledigt. Denn diese Gestattung ist durch den Widerruf der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft gegenstandslos geworden (in diesem Sinn Offermann-Burckart, Fachanwalt werden und bleiben, 2. Aufl., Rz 979).

Die Folge eines Widerrufs bzw. einer Erledigung besteht nicht etwa - wie es der Klägerin vorzuschweben scheint - in einem Ruhen der Gestattung, sondern in deren Unwirksamkeit. Der Widerruf der Gestattung führt mit seiner Bestandskraft, die hier eingetreten ist, zur Unwirksamkeit der Gestattung (vgl. Kopp/Ramsauer § 43 VwVfG Rz 40 a). Der Widerruf ist actus contrarius zum Erlass (Kopp/Ramsauer a.a.O. sowie § 49 VwVfG Rz 7). Auch die Erledigung führt dazu, dass die Gestattung nicht mehr wirksam ist (vgl. BVerwG NVwZ-RR 1999, 364, 365).

Damit verfügt die Klägerin nicht mehr über die Befugnis zum Führen der Fachanwaltsbezeichnung. Der bestandskräftige Widerruf der Gestattung bzw. ihre Erledigung hat die Klägerin in jenen Rechtszustand versetzt, der vor Ausspruch der Gestattung bestand: Die Klägerin ist zum Führen einer Fachanwaltsbezeichnung nicht berechtigt. Ihre Gestattung ist nicht etwa ruhend gestellt und könnte sich deshalb bei Wiederzulassung zur Rechtsanwaltschaft wieder aktivieren (vgl. zur Dauerhaftigkeit des Widerrufs im Zusammenhang mit einem Vertretungsverbot Henssler/Prütting § 25 FAO Rz 4; Hartung/Römermann/Scharmer § 25 FAO Rz 9). Vielmehr ist sie darauf verwiesen, wie jeder Fachanwaltsbewerber auch, einen - erneuten - Antrag zu stellen, den die Beklagte nur dann positiv wird bescheiden können, wenn hierfür sämtliche Voraussetzungen der FAO vorliegen. Deshalb ist es mit dem Nachweis laufend unternommener Fortbildung nicht getan. Vielmehr wird die Klägerin den Nachweis des Erwerbs der besonderen praktischen Erfahrungen nach Maßgabe des § 5 FAO zu führen haben.

Soweit Offermann-Burckart (a.a.O. Rz 983) darauf hinweist, dass es nicht einleuchte, dass es Fachanwälte gäbe, die zwar zum "Titelerhalt" Fortbildung betrieben, im Fachgebiet jedoch nicht mehr tätig seien, und die wegen Bestehenbleibens ihrer Zulassung ihre Fachanwaltsbezeichnung weiterführen dürften, während ein Fachanwaltsbewerber, der auf seine Zulassung kurzfristig verzichtet habe, die Erlaubnis neu erwerben müsse, so kann nach Auffassung des Senates diese Ungleichbehandlung nicht "de lege lata", sondern nur durch den Normgeber selbst beseitigt werden, der eine Regelung vorsehen könnte, dass im Fall einer Widerzulassung überhaupt kein erneuter Nachweis des Erwerbs der besonderen praktischen Erfahrungen erforderlich sei oder - was dem Senat im Interesse der Qualitätssicherung vorzugswürdig erscheint - nur dann, wenn das Erlöschen der Zulassung nicht länger als eine bestimmte Anzahl von Jahren zurückliegt.

Der Senat hat die Berufung wegen der vorstehend aufgezeigten grundsätzlichen Bedeutung nach den §§ 124 Abs. 2 Nr. 3, 112c Abs. 1 BRAO zugelassen. Eine Entscheidung durch den Bundesgerichtshof liegt aus Gründen der Rechtssicherheit im allgemeinen Interesse.

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