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Wirtschaftsrecht
11.04.2024
Wirtschaftsrecht
BGH: Art. 15 Abs. 3 DSGVO – „Kopie der personenbezogenen Daten"

BGH, Urteil vom 5.3.2024 – VI ZR 330/21

ECLI:DE:BGH:2024:050324UVIZR330.21.0

Volltext: BB-Online BBL2024-833-4

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Amtlicher Leitsatz

Zum Begriff "Kopie der personenbezogenen Daten" in Art. 15 Abs. 3 DSGVO.

DS-GVO Art. 15 Abs. 3

 

Sachverhalt

Die Beklagte zu 1 war seit 1997 als Finanzberaterin für die Klägerin tätig. Sie beriet die Klägerin über Kapitalanlagen und Versicherungen. Ab 2015 erbrachte sie diese Beratungstätigkeit unter dem Namen der Beklagten zu 2. Die Klägerin forderte die Beklagten mit Schreiben vom 11. April 2019 auf, ihr gemäß Art. 15 Abs. 3 DSGVO Kopien aller bei den Beklagten vorhandenen personenbezogenen Daten der Klägerin zu überlassen. Die Beklagten befinden sich unter anderem im Besitz von Telefonnotizen, Aktenvermerken und ähnlichen Aufzeichnungen über die Korrespondenz mit der Klägerin im Zusammenhang mit der Tätigkeit der Beklagten. Die Beklagten übersandten der Klägerin eine Auskunft über bei ihnen gespeicherte Informationen über die Klägerin, jedoch keine Kopien von Dokumenten. Die Klägerin erweiterte daraufhin in erster Instanz ihre auf Schadensersatz gerichtete Klage und beantragte, die Beklagten zu verurteilen, "Kopien aller personenbezogenen Daten - insbesondere in Form von Telefonnotizen, Aktenvermerken, Protokollen, E-Mails, Briefen und Zeichnungsunterlagen für Kapitalanlagen - auszuhändigen, die sich in ihrem Besitz befinden".

Das Landgericht hat die Beklagten insoweit antragsgemäß verurteilt und im Übrigen die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat auf die Berufung der Beklagten das Urteil des Landgerichts abgeändert und die Beklagten auf den in der Berufungsinstanz gestellten Hilfsantrag der Klägerin hin verurteilt, dieser "Kopien der von den Beklagten verarbeiteten personenbezogenen Daten der Klägerin betreffend die Datenkategorien Telefonnotizen, Aktenvermerke, Gesprächsprotokolle, E-Mails, Briefe und Zeichnungsunterlagen für Kapitalanlagen im Zeitraum vom 1. Januar 1997 bis 31. März 2018 zu überlassen". Die weitergehende Berufung der Beklagten und die Berufung der Klägerin hat es zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision wenden sich die Beklagten gegen ihre Verurteilung. Die Klägerin begehrt die Zurückweisung der Revision und hat in der Revisionsverhandlung hilfsweise beantragt, die Beklagten zu verurteilen, "der Klägerin Kopien der von den Beklagten verarbeiteten personenbezogenen Daten zu überlassen, die in den Datenkategorien Telefonnotizen, Aktenvermerke, Gesprächsprotokolle, E-Mails, Briefe und Zeichnungsanlagen für Kapitalanlagen im Zeitraum vom 01.01.1997 bis 31.03.2018 enthalten sind".

Aus den Gründen

I.

3          Das Berufungsgericht hat - soweit für das Revisionsverfahren von Interesse - zur Begründung seiner Entscheidung, die unter anderem in DB 2021, 2755 veröffentlicht ist, im Wesentlichen ausgeführt:

 

4          Gegen die Bestimmtheit des in der Berufungsinstanz gestellten Hilfsantrags der Klägerin bestünden keine Bedenken. Für den Gläubiger eines Anspruchs aus Art. 15 Abs. 3 DSGVO sei im Regelfall nicht ersichtlich, welche Unterlagen sich bei dem Auskunftsverpflichteten befänden. Damit sei eine Konkretisierung der herauszugebenden Schriftstücke nicht möglich. Der Antrag, sämtliche Dokumente herauszugeben, sei dahingehend bestimmt genug, dass durch die Beklagten sämtliche Dokumente, die sich in ihrem Besitz befänden, als Kopien herauszugeben seien. Aus dem Hauptantrag der Klägerin, der der Verurteilung des Landgerichts zugrunde liege, ergebe sich nicht, dass nur Unterlagen betreffend die Klägerin herauszugeben seien. Daher habe die Verurteilung der Beklagten entsprechend konkretisiert werden müssen.

 

5          Zu Recht habe das Landgericht die Beklagten zur Herausgabe von Kopien der bei ihnen gespeicherten persönlichen Daten nach Art. 15 Abs. 3 DSGVO verurteilt. Bei den aus dem Tenor der erstinstanzlichen Entscheidung ersichtlichen Informationen handele es sich um personenbezogene Daten. Das seien alle Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person bezögen. Hinsichtlich der bei den Beklagten befindlichen Daten lasse sich jeweils aus dem Betreff bzw. dem Gesprächspartner eine Verbindung zu der Klägerin ziehen. Schreiben und E-Mails der Klägerin an die Beklagten seien ihrem gesamten Inhalt nach personenbezogene Daten. Telefonnotizen, Aktenvermerke und Protokolle als interne Vermerke der Beklagten, die Informationen über die Klägerin enthielten, seien ebenfalls als personenbezogene Daten einzuordnen. Die Klägerin mache vorliegend nicht den Auskunftsanspruch nach Art. 15 Abs. 1 DSGVO geltend. Die entsprechende Auskunft hätten die Beklagten bereits vorgerichtlich erteilt. Der Klägerin stehe ein eigenständiger Anspruch auf Überlassung von Kopien gemäß Art. 15 Abs. 3 DSGVO zu. Es handele sich bei Abs. 1 und Abs. 3 des Art. 15 DSGVO um zwei unterschiedliche Ansprüche, die zwar denselben Gegenstand beträfen, sich jedoch auf der Rechtsfolgenseite unterschieden. Der Gläubiger habe nach Art. 15 Abs. 3 DSGVO einen Anspruch auf Überlassung der Informationen in der Form, wie sie dem Verantwortlichen vorlägen. Ein notwendiger Schutz des Schuldners werde durch die Möglichkeit der Schwärzung nach Art. 15 Abs. 4 DSGVO gewährleistet.

II.

6          Diese Erwägungen halten revisionsrechtlicher Prüfung nicht in vollem Umfang stand. Der Klägerin steht der vom Berufungsgericht zuerkannte Anspruch auf Überlassung von Kopien von Unterlagen nur insoweit zu, als es sich um von der Klägerin verfasste Briefe und E-Mails, die den Beklagten aus dem beantragten Zeitraum vorliegen, handelt (unter 1. und 2.). Der in der Revisionsverhandlung erstmals gestellte Hilfsantrag der Klägerin ist als Klageänderung in der Revisionsinstanz unzulässig (unter 3.).

7          1. Entgegen der Ansicht der Revision ist das Berufungsurteil nicht schon deshalb aufzuheben, weil der Hilfsantrag, der der Urteilsformel der angefochtenen Entscheidung zugrunde liegt, nicht hinreichend bestimmt wäre (§ 253 Abs. 2 Nr. 2, § 313 Abs. 1 Nr. 4 ZPO).

 

8          a) Grundsätzlich ist ein Klageantrag im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO hinreichend bestimmt, wenn er den erhobenen Anspruch konkret bezeichnet. Die Beschreibung muss einerseits so genau sein, dass das Risiko eines Unterliegens des Klägers nicht durch vermeidbare Ungenauigkeiten auf den Beklagten abgewälzt wird und eine Zwangsvollstreckung aus dem Urteil ohne eine Fortsetzung des Streits im Vollstreckungsverfahren erwartet werden kann. Andererseits führt nicht jede mögliche Unsicherheit bei der Zwangsvollstreckung zur Unbestimmtheit des Klageantrags. Welche Anforderungen an die Konkretisierung des Streitgegenstands in einem Klageantrag zu stellen sind, hängt von den Besonderheiten des anzuwendenden materiellen Rechts und den Umständen des Einzelfalls ab. Die Anforderungen an die Bestimmtheit des Klageantrags sind danach in Abwägung des zu schützenden Interesses des Beklagten, sich gegen die Klage erschöpfend verteidigen zu können, sowie seines Interesses an Rechtsklarheit und Rechtssicherheit hinsichtlich der Entscheidungswirkungen mit dem ebenfalls schutzwürdigen Interesse des Klägers an einem wirksamen Rechtsschutz festzulegen (vgl. BGH, Urteil vom 21. Dezember 2023 - IX ZR 238/22, juris Rn. 16; Senatsurteil vom 9. März 2021 - VI ZR 73/20, NJW 2021, 1756 Rn. 15; jeweils mwN). Die Verwendung auslegungsbedürftiger Begriffe kommt nur in Betracht, wenn einerseits für den Kläger eine weitere Konkretisierung nicht möglich oder zumutbar ist, andererseits für die Parteien kein Zweifel an ihrem Inhalt besteht, so dass die Reichweite von Antrag und Urteil feststeht (BGH, Urteil vom 2. Dezember 2015 - IV ZR 28/15, NJW 2016, 708 Rn. 8 mwN).

 

9          b) Nach diesen Maßstäben ist der der Verurteilung zugrundeliegende Hilfsantrag - entgegen der Ansicht der Revision - hinreichend bestimmt.

10        aa) Zur Ermittlung des Klagebegehrens ist nicht allein auf den Antrag selbst abzustellen, sondern auch die Klagebegründung heranzuziehen (Senatsurteil vom 15. Juni 2021 - VI ZR 576/19, NJW 2021, 2726 Rn. 32 mwN). Danach ist der in der Berufung gestellte Hilfsantrag, der als Prozesserklärung vom Revisionsgericht selbst auszulegen ist (vgl. Senatsurteil vom 29. Juni 2021 - VI ZR 52/18, NJW 2021, 3130 Rn. 16 mwN), darauf gerichtet, der Klägerin Kopien sämtlicher Telefonnotizen, Aktenvermerke, Gesprächsprotokolle, E-Mails, Briefe und Zeichnungsunterlagen für Kapitalanlagen als vollständige Dokumente zu überlassen, die den Beklagten aus dem im Antrag genannten Zeitraum vorliegen und in denen Informationen über die Klägerin enthalten sind. Schon nach dem Wortlaut des Antrags fordert die Klägerin nicht nur die Überlassung von Kopien der personenbezogenen Daten, die in Telefonnotizen, Aktenvermerken, Gesprächsprotokollen, E-Mails, Briefen und Zeichnungsunterlagen für Kapitalanlagen enthalten sind, sondern Kopien dieser Dokumente im Gesamten. Die Revisionserwiderung stützt dieses Verständnis, indem sie ausführt, die Beklagten hätten grundsätzlich eine Kopie der vollständigen Dokumente zu überlassen, in denen die personenbezogenen Daten der Klägerin eingebettet seien. In den Gründen der angefochtenen Entscheidung (vgl. zur Maßgeblichkeit der Entscheidungsgründe für die Auslegung des Urteilstenors BGH, Beschluss vom 17. Januar 2017 - XI ZR 490/15, NJW-RR 2017, 763 Rn. 2 mwN) hat das Berufungsgericht ausgeführt, der Antrag, sämtliche Dokumente herauszugeben, begegne keinen Bedenken, da dieser dahingehend bestimmt genug sei, dass durch die Beklagten sämtliche Dokumente, welche sich in ihrem Besitz befänden, als Kopie herauszugeben seien. Bei den aus dem Tenor ersichtlichen Informationen handele es sich um personenbezogene Daten, die Klägerin habe einen Anspruch auf Überlassung der Informationen in der Form, wie sie dem Verantwortlichen vorlägen.

 

11        bb) Mit diesem Inhalt ist der vom Berufungsgericht zuerkannte Antrag der Klägerin hinreichend bestimmt. Eine Konkretisierung des Begriffs der personenbezogenen Daten und eine genauere Benennung der den Beklagten vorliegenden Dokumente, in denen solche Informationen enthalten sind, ist der Klägerin nicht möglich. Die Klägerin will mit dem Antrag gerade in Erfahrung bringen, in welchen bei den Beklagten vorhandenen Dokumenten welche Informationen über sie enthalten sind. Die vom Antrag umfassten Dokumente sind insoweit hinreichend identifizierbar bezeichnet; dies reicht für die Bestimmtheit des Klageantrags jedenfalls hier aus (vgl. zu anderen Fallkonstellationen BAG, CR 2022, 437 Rn. 33; NJW 2021, 2379 Rn. 20). Entgegen der Ansicht der Revision ist der Antrag auch nicht deshalb unbestimmt, weil er nur "Datenkategorien" ohne jede Begrenzung nenne. Die Begrenzung ergibt sich daraus, dass die Klägerin nur die Überlassung von Kopien solcher Dokumente fordert, in denen Informationen über sie enthalten sind. Dass der Zeitraum, aus dem die Überlassung von Kopien von Dokumenten gefordert wird, die gesamte langjährige Geschäftsbeziehung der Parteien umfasst, führt - anders als die Revision meint - ebenfalls nicht zur Unbestimmtheit des Antrags.

 

12        2. Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch auf Überlassung von Kopien von Dokumenten aus Art. 15 Abs. 1 und Abs. 3 DSGVO nicht im beantragten und vom Berufungsgericht zuerkannten Umfang zu. Er steht ihr aber insoweit zu, als sie die Überlassung von Kopien von ihr verfasster Briefe und E-Mails aus dem genannten Zeitraum, die den Beklagten vorliegen, fordert.

 

13        a) Zu Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass Art. 15 DSGVO in zeitlicher Hinsicht anwendbar ist. Die Datenschutz-Grundverordnung bezieht sich auch auf Verarbeitungsvorgänge, die vor dem 25. Mai 2018 als dem Anwendungsdatum der Datenschutz-Grundverordnung (Art. 99 Abs. 2 DSGVO) ausgeführt wurden, wenn das Auskunftsersuchen nach diesem Datum vorgebracht wurde (vgl. EuGH, Urteil vom 22. Juni 2023 - C-579/21, NJW 2023, 2555 Rn. 36). Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Klägerin mit Schreiben vom 11. April 2019 von den Beklagten Auskunft und Überlassung von Kopien von Unterlagen verlangt, die in der Zeit vom 1. Januar 1997 bis 31. März 2018 bei den Beklagten angefallen sind.

 

14        b) Art. 15 Abs. 1 DSGVO gibt der betroffenen Person gegenüber dem datenschutzrechtlich Verantwortlichen (Art. 4 Nr. 7 DSGVO) ein Auskunftsrecht über die Verarbeitung personenbezogener Daten. Art. 15 Abs. 3 DSGVO legt die praktischen Modalitäten für die Erfüllung der dem datenschutzrechtlich Verantwortlichen obliegenden Verpflichtung fest, indem er unter anderem die Form bestimmt, in der die personenbezogenen Daten zur Verfügung zu stellen sind, nämlich in Form einer "Kopie" der Daten, gewährt aber kein anderes Recht als das in Art. 15 Abs. 1 DSGVO vorgesehene (vgl. EuGH, Urteil vom 4. Mai 2023 - C-487/21, NJW 2023, 2253 Rn. 31 f.). Auf dieser Grundlage hat die Klägerin nur Anspruch auf Überlassung von Kopien der von ihr verfassten, bei den Beklagten vorhandenen Schreiben und E-Mails.

 

15        aa) Gemäß Art. 4 Nr. 1 DSGVO sind personenbezogene Daten alle Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person ("betroffene Person") beziehen. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist der Begriff weit zu verstehen. Er ist nicht auf sensible oder private Informationen beschränkt, sondern umfasst potenziell alle Arten von Informationen sowohl objektiver als auch subjektiver Natur, unter der Voraussetzung, dass es sich um Informationen über die in Rede stehende Person handelt. Die letztgenannte Voraussetzung ist erfüllt, wenn die Information aufgrund ihres Inhalts, ihres Zwecks oder ihrer Auswirkungen mit einer bestimmten Person verknüpft ist (vgl. EuGH, Urteil vom 4. Mai 2023 - C-487/21, NJW 2023, 2253 Rn. 23 f.; Senatsurteil vom 15. Juni 2021 - VI ZR 576/19, NJW 2021, 2726 Rn. 22 mwN).

 

16        Nach diesen Grundsätzen sind - wovon das Berufungsgericht zu Recht ausgegangen ist - Schreiben der betroffenen Person an den Verantwortlichen ihrem gesamten Inhalt nach als personenbezogene Daten einzustufen, da die personenbezogene Information bereits darin besteht, dass die betroffene Person sich dem Schreiben gemäß geäußert hat, umgekehrt aber Schreiben des Verantwortlichen an die betroffene Person nur insoweit, als sie Informationen über die betroffene Person nach den oben genannten Kriterien enthalten (vgl. Senatsurteile vom 6. Februar 2024 - VI ZR 15/23, zVb; vom 15. Juni 2021 - VI ZR 576/19, NJW 2021, 2726 Rn. 25; BGH, Urteil vom 27. September 2023 - IV ZR 177/22, NJW 2023, 3490 Rn. 48). Dass diese Schreiben der betroffenen Person bereits bekannt sind, schließt den datenschutzrechtlichen Auskunftsanspruch nicht aus (vgl. Senatsurteil vom 15. Juni 2021 - VI ZR 576/19, NJW 2021, 2726 Rn. 25 mwN).

 

17        bb) Mit ihrem vom Berufungsgericht zuerkannten Antrag verlangt die Klägerin - wie erläutert -, ihr eine Abschrift von Telefonnotizen, Aktenvermerken, Gesprächsprotokollen, E-Mails, Briefen und Zeichnungsunterlagen für Kapitalanlagen zu überlassen, in denen personenbezogene Daten der Klägerin enthalten sind, die die Beklagten verarbeiten. Nach den Ausführungen unter aa) handelt es sich zwar bei den von der Klägerin verfassten Schreiben und E-Mails, die den Beklagten vorliegen, ihrem gesamten Inhalt nach um personenbezogene Daten, weshalb die Klägerin im Ergebnis nach Art. 15 Abs. 3 DSGVO eine Kopie dieser Schreiben und E-Mails fordern kann, auch wenn sich der Begriff der Kopie in dieser Vorschrift nicht auf ein Dokument als solches bezieht, sondern auf die personenbezogenen Daten, die es enthält (vgl. EuGH, Urteile vom 26. Oktober 2023 - C-307/22, NJW 2023, 3481 Rn. 72; vom 4. Mai 2023 - C-487/21, NJW 2023, 2253 Rn. 32). Denn die Kopie muss alle personenbezogenen Daten enthalten, die Gegenstand der Verarbeitung sind (EuGH, Urteile vom 26. Oktober 2023 - C-307/22, NJW 2023, 3481 Rn. 73; vom 4. Mai 2023 - C-487/21, NJW 2023, 2253 Rn. 32, 39). Der Vollständigkeit der Auskunft kann hier nur durch eine Kopie des gesamten Dokuments genügt werden.

 

18        Demgegenüber handelt es sich - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts - weder bei Schreiben und E-Mails der Beklagten, noch bei Telefonnotizen, Aktenvermerken oder Gesprächsprotokollen der Beklagten und auch nicht bei Zeichnungsunterlagen für Kapitalanlagen zwangsläufig in ihrer Gesamtheit um personenbezogene Daten der Klägerin, auch wenn sie Informationen über die Klägerin enthalten. Zwar ist bei internen Vermerken wie Telefonnotizen oder Gesprächsprotokollen, die festhalten, wie sich die Klägerin telefonisch oder in persönlichen Gesprächen äußerte, denkbar, dass der Vermerk ausschließlich Informationen über die Klägerin enthält. Es kann jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass dies in allen Fällen so ist. Deshalb ergibt sich aus dem Erfordernis, eine vollständige Auskunft über personenbezogene Daten zu erteilen, kein Anspruch der Klägerin darauf, dass - wie von ihr gefordert - alle diese Dokumente im Gesamten als Kopie zu überlassen sind. Zwar kann sich die Reproduktion von Auszügen aus Dokumenten oder gar von ganzen Dokumenten oder auch von Auszügen aus Datenbanken unabhängig vom Erfordernis, eine vollständige Auskunft zu erteilen, dann als unerlässlich erweisen, wenn die Kontextualisierung der verarbeiteten Daten erforderlich ist, um ihre Verständlichkeit zu gewährleisten und der betroffenen Person die wirksame Ausübung ihrer Rechte zu gewährleisten (vgl. EuGH, Urteile vom 4. Mai 2023 - C-487/21, NJW 2023, 2253 Rn. 41, 45; vom 22. Juni 2023 - C-579/21, NJW 2023, 2555 Rn. 66; vom 26. Oktober 2023 - C-307/22, NJW 2023, 3481 Rn. 74 f.; Senatsurteil vom 6. Februar 2024 - VI ZR 15/23, zVb; BGH, Urteil vom 27. September 2023 - IV ZR 177/22, NJW 2023, 3490 Rn. 51 ff.). Die Klägerin hat aber weder in den Vorinstanzen dazu vorgetragen noch ist sonst ersichtlich, dass die Kontextualisierung der verarbeiteten Daten erforderlich ist, um ihre Verständlichkeit zu gewährleisten, sodass ausnahmsweise die Übermittlung einer Kopie der geforderten Telefonnotizen, Aktenvermerke, Gesprächsprotokolle, E-Mails und Briefe der Beklagten sowie Zeichnungsunterlagen für Kapitalanlagen nötig wäre.

 

19        c) Entgegen der in der Revisionsverhandlung geäußerten Ansicht der Klägerin ist in dem vom Berufungsgericht zuerkannten Antrag nicht als Minus der in der Revisionsverhandlung von der Klägerin gestellte Hilfsantrag enthalten, der auf die Überlassung von "Kopien" von personenbezogenen Daten der Klägerin, die in den genannten Dokumenten enthalten sind, gerichtet ist. Die Klägerin begehrt mit dem vom Berufungsgericht zuerkannten Antrag die Überlassung von Kopien von Dokumenten, ungeachtet dessen, ob ein Dokument ausschließlich oder auch nur zu einem geringen Teil personenbezogene Daten der Klägerin enthält. Die personenbezogenen Daten der Klägerin sind nach diesem Antrag nur das Kriterium, um die Dokumente zu identifizieren, von denen die Klägerin eine Kopie als Ganzes verlangt. Demgegenüber sind bei dem in der Revisionsverhandlung gestellten Hilfsantrag schon seinem Wortlaut nach die personenbezogenen Daten der ausschließliche Gegenstand, der überlassen werden soll. Die Anträge unterscheiden sich im Auskunftsobjekt.

 

20        d) Das Berufungsgericht hat keine Feststellungen getroffen, aus denen sich ergäbe, dass die Klägerin - wie von der Revision behauptet -, mit dem geltend gemachten Anspruch einen dem Datenschutzrecht fremden Zweck verfolgt. Im Übrigen besteht nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union die Verpflichtung des Verantwortlichen, der betroffenen Person eine Kopie ihrer personenbezogenen Daten, die Gegenstand einer Verarbeitung sind, zur Verfügung zu stellen, auch dann, wenn mit dem Antrag andere als die in Satz 1 Erwägungsgrund 63 DSGVO genannten Zwecke verfolgt werden (vgl. EuGH, Urteil vom 26. Oktober 2023 - C-307/22, NJW 2023, 3481 Rn. 38, 51 f.).

 

21        3. Soweit die Klägerin erstmals in der Revisionsverhandlung den weiteren Hilfsantrag gestellt hat, ihr Kopien von personenbezogenen Daten, die in den genannten Dokumenten enthalten sind, zu überlassen, handelt es sich um eine nachträgliche Anspruchshäufung (§ 260 ZPO) und damit um eine Klageänderung (vgl. BAG, NZA 2016, 1232 Rn. 32; BGH, Urteil vom 24. Oktober 1989 - X ZR 26/88, juris Rn. 23 mwN). Eine solche ist in der Revisionsinstanz grundsätzlich unzulässig (vgl. Senatsurteil vom 14. Dezember 2020 - VI ZR 573/20, NJW-RR 2021, 187 Rn. 7 mwN). Ein Ausnahmefall kommt hier schon deshalb nicht in Betracht, da ein Kläger einen neuen Klageantrag in der Revisionsinstanz nur stellen kann, wenn er Rechtsmittelführer ist. Allein die Einlegung einer Revision oder Anschlussrevision eröffnet den Parteien die Möglichkeit, Sachanträge zu stellen. Durch eine Antragstellung außerhalb des eingelegten Rechtsmittels würden die gesetzlichen Regelungen der Revision und Anschlussrevision umgangen (vgl. BAG, NJW 2019, 3101 Rn. 17; NZA 2016, 1232 Rn. 31; NJW 2014, 2607 Rn. 12; Seiler in Thomas/Putzo, ZPO, 44. Aufl., § 559 Rn. 3; MüKoZPO/Becker-Eberhard, 6. Aufl., § 263 Rn. 45; Saenger/Saenger, ZPO, 10. Aufl., § 263 Rn. 12; für die Berufung BGH, Urteil vom 7. Mai 2015 - VII ZR 145/12, NJW 2015, 2812 Rn. 28).

III.

22        Das Urteil des Berufungsgerichts ist in vorbezeichnetem Umfang aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden, da die teilweise Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO).

 

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