BGH: Anwendung der Grundsätze zum Bereicherungsausgleich bei Anweisungsfällen
BGH, Urteil vom 5.11.2020 – I ZR 193/19
ECLI:DE:BGH:2020:051120UIZR193.19.0
Volltext: BB-Online BBL2021-449-3
Amtliche Leitsätze
Die von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zum Bereicherungsausgleich bei Anweisungsfällen gelangen nur dann zur Anwendung, wenn zwei Leistungsbeziehungen - ein Deckungsverhältnis und ein Valutaverhältnis - vorliegen, innerhalb derer jeweils eine Leistung geschuldet ist, und die beiden geschuldeten Leistungen aufgrund einer Anweisung an den Angewiesenen durch eine einzige Zuwendung an den Zuwendungsempfänger erfüllt wer-den sollen. Ein Anweisungsfall in diesem Sinne liegt dagegen nicht vor, wenn der Gläubiger seinen Schuldner anweist, zur Erfüllung einer einzigen Leistungsverpflichtung eine Zahlung auf das Konto eines Dritten vorzunehmen.
BGB § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 2
Sachverhalt
Die Klägerin schloss im April 2013 einen als Kooperationsvertrag bezeichneten Vertrag, der J. H. , den Ehemann der Beklagten, als ihren Vertragspartner bezeichnete. Danach sollte J. H. für die Klägerin, ein Versicherungsmaklerunternehmen, als selbständiger Versicherungsmakler tätig werden und von ihr Provisionen für die Vermittlung von Versicherungsverträgen erhalten.
Der Klägerin wurde später eine "Zusatzerklärung zum Kooperationsvertrag" vom 16. Juli 2013 zugeleitet. Diese hat folgenden Wortlaut:
J. H. stimmt ausdrücklich zu, dass (die Klägerin) die Courtage … zu 100% schuldbefreiend direkt an das hinterlegte Konto (es folgen der Name und die Daten zu einem Konto der Beklagten) ausbezahlen darf.
Die Haftung für die vermittelten Verträge, insbesondere die Stornohaftung trägt neben allen anderen Rechten und Pflichten des Kooperationsvertrags dennoch weiterhin allein J. H. .
Darunter befinden sich zwei Unterschriften, die ausweislich der in Druckschrift darunter angebrachten Namen von J. H. und der Beklagten stammen. Die Klägerin zahlte auf das Konto der Beklagten vorschüssige Provisionen in von ihr näher dargelegter Höhe aus.
Die Klägerin hat behauptet, sie habe mit J. H. den Kooperationsvertrag und die Zusatzvereinbarung abgeschlossen. Infolge von Stornierungen seien Abschluss- und Bestandscourtagen in Höhe von insgesamt 27.759,03 € rechtsgrundlos auf das Konto der Beklagten geflossen. Die Beklagte hafte ihr als Inhaberin des Kontos auf Rückzahlung der Courtagen, soweit diese infolge von Stornierungen entfallen seien.
Die Beklagte hat behauptet, sie habe ihrem Schwiegersohn B. He. für ihr Konto Kontovollmacht erteilt und ihm die Kontounterlagen ausgehändigt. Er habe unter dem Namen ihres Ehemannes bei der Klägerin von ihm akquirierte Anträge auf Abschluss von Versicherungsverträgen eingereicht.
Die Klägerin hat die Beklagte auf Zahlung von 27.759,03 € nebst Zinsen sowie auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Anspruch genommen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Im Berufungsverfahren hat das Berufungsgericht die Klägerin zunächst darauf hingewiesen, dass es beabsichtige, ihre Berufung durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen. Nachdem sich die Klägerin das Vorbringen der Beklagten hilfsweise zu eigen gemacht hat, hat das Berufungsgericht die Beklagte zur Zahlung von 27.759,03 € nebst Zinsen verurteilt und die Berufung der Klägerin im Übrigen zurückgewiesen.
Mit der vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf vollständige Abweisung der Klage weiter.
Aus den Gründen
9 I. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Klägerin stehe gegen die Beklagte, nachdem sie sich deren Behauptungen hilfsweise zu eigen gemacht habe, ein Anspruch auf Zahlung des verlangten Betrags aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 BGB zu. Zur Begründung hat es ausgeführt:
10 Die Beklagte habe Zahlungsansprüche gegen die Bank, bei der ihr Konto geführt worden sei, zumindest in Höhe der Klageforderung erworben. Mit dem Eingang der Gutschriften sei sie als Kontoinhaberin um Auszahlungsansprüche gegenüber der Bank in entsprechender Höhe bereichert worden. Ein Grund für diese Bereicherung habe nicht bestanden, weil ihr keine eigenen Zahlungsansprüche gegenüber der Klägerin zugestanden hätten. Auch ihr Schwiegersohn habe keine Ansprüche auf Provisionszahlung, weil ein Handelsvertretervertrag zwischen ihm und der Klägerin nicht zustande gekommen sei. Die Beklagte hafte der Klägerin auf Herausgabe dieser Bereicherung in Höhe der Buchungen. Die Klägerin habe weder an die Beklagte noch an ihren Schwiegersohn, sondern an J. H. leisten wollen, der jedoch nichts erlangt habe, weil er nicht Kontoinhaber gewesen sei. In Fällen einer Leistung kraft Anweisung, wie sie hier bei äußerlicher Betrachtung vorliege, könne der Leistende einen Bereicherungsanspruch unmittelbar gegen den Empfänger geltend machen, wenn - wie hier - eine wirksame Anweisung gefehlt habe. Auf eine Entreicherung könne sich die Beklagte nicht berufen.
11 II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben Erfolg. Das Berufungsgericht hat zu Unrecht die Klage aufgrund des Vorbringens der Beklagten, das sich die Klägerin hilfsweise zu eigen gemacht hat, für begründet erachtet.
12 1. Ohne Rechtsfehler und von den Parteien im Revisionsverfahren nicht angegriffen ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die Klägerin Beträge auf das Konto der Beklagten überwiesen hat, die die Klageforderung übersteigen.
13 2. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, die Klägerin könne von der Beklagten die Rückzahlung dieser Beträge in Höhe der Klageforderung im Wege der Nichtleistungskondiktion (§ 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 BGB) verlangen, hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
14 a) Das Berufungsgericht ist allerdings ohne Rechtsfehler davon ausgegangen, dass sich der Anspruch der Klägerin auf Herausgabe der mit der Klage geltend gemachten Beträge nicht bereits aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB (Leistungskondiktion) ergibt.
15 aa) Gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB ist derjenige, der durch die Leistung eines anderen etwas ohne rechtlichen Grund erlangt hat, diesem zur Herausgabe verpflichtet (Leistungskondiktion). Dasselbe gilt gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 BGB für den Fall, dass etwas in sonstiger Weise erlangt worden ist (Nichtleistungskondiktion). Die Leistungskondiktion hat Vorrang vor der Nichtleistungskondiktion (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 21. Oktober 2004 - III ZR 38/04, NJW 2005, 60 [juris Rn. 13]; Urteil vom 16. Mai 2013 - IX ZR 204/11, NJW 2013, 2519 Rn. 11, jeweils mwN; Urteil vom 31. Januar 2018 - VIII ZR 39/17, NJW 2018, 1079 Rn. 16).
16 Unter einer Leistung im Sinne des § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB ist die bewusste und zweckgerichtete Vermehrung fremden Vermögens zu verstehen. Für die Beurteilung, wer Leistender und wer Empfänger einer Leistung ist, kommt es in erster Linie auf die der Zuwendung gegebene Zweckbestimmung an. Maßgeblich ist grundsätzlich der Zweck, den die Beteiligten im Zeitpunkt der Zuwendung mit dieser nach ihrem zum Ausdruck gekommenen Willen verfolgt haben. Stimmen die Vorstellungen der Beteiligten nicht überein, ist nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine objektive Betrachtungsweise aus der Sicht des Zuwendungsempfängers (Empfängerhorizont) geboten. Es kommt darauf an, wie eine vernünftige Person in der Lage des Empfängers die Zuwendung nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte verstehen musste und durfte (BGH, Urteil vom 14. Januar 2016 - III ZR 107/15, NJW 2016, 3027 Rn. 34; Urteil vom 25. Februar 2016 - IX ZR 146/15, NJW 2016, 2260 Rn. 21, jeweils mwN). Diese Grundsätze gelten auch für den Bereicherungsausgleich in Mehrpersonenverhältnissen (BGH, NJW 2016, 3027 Rn. 34 mwN).
17 bb) Nach den vom Berufungsgericht mit seinem Hinweisbeschluss gebilligten Erwägungen des Landgerichts erfolgten die streitgegenständlichen Überweisungen der Klägerin auf das Konto der Beklagten nicht als Leistung an diese, sondern in Erfüllung der Verbindlichkeiten der Klägerin aus dem Kooperationsvertrag. Das Landgericht hat angenommen, es könne dahinstehen, ob die Klägerin diesen Kooperationsvertrag mit J. H. oder dem Schwiegersohn der Beklagten abgeschlossen habe. Die Beklagte sei jedenfalls nicht Vertragspartnerin. Soweit die Zahlungen der Klägerin auf das Konto der Beklagten erfolgt seien, sei dies nach der Vorstellung der Klägerin geschehen, um ihre Pflicht gegenüber ihrem Vertragspartner zu erfüllen. Dies habe auch die Beklagte nicht anders verstehen können. Aus der Zusatzvereinbarung zum Kooperationsvertrag gehe im Übrigen hervor, dass eine etwaige Stornohaftung allein den Vertragspartner der Klägerin treffen sollte. Auch daraus ergebe sich, dass die überwiesenen Geldbeträge für ihn bestimmt gewesen seien.
18 cc) Gegen diese Beurteilung erhebt die Revisionserwiderung keine Einwendungen. Rechtsfehler sind insoweit auch nicht ersichtlich. Danach hat die Beklagte die streitgegenständlichen Zahlungen zwar im Wege einer Leistung der Klägerin erhalten. Hierbei handelte es sich jedoch bei objektiver Betrachtung nach der übereinstimmenden Vorstellung beider Parteien nicht um eine Leistung der Klägerin an die Beklagte, sondern um eine Leistung an eine andere Person, nämlich die Person, die die Klägerin als ihren Vertragspartner ansah. Bei einer solchen Konstellation scheidet ein Bereicherungsanspruch gegen die Beklagte aus Leistungskondiktion gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB aus.
19 b) Die Klägerin kann die Rückzahlung der hier in Rede stehenden Beträge nicht unter dem Gesichtspunkt der Nichtleistungskondiktion (§ 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 BGB) unmittelbar von der Beklagten verlangen.
20 aa) Das Berufungsgericht hat angenommen, die Klägerin könne einen Anspruch direkt gegen die Beklagte geltend machen, weil auf die Nichtleistungskondiktion zurückgegriffen werden könne. Ein solcher Anspruch der Klägerin werde nicht durch einen Anspruch aus einer Leistungskondiktion gesperrt. Die Klägerin habe weder aus eigener Sicht noch aus der Sicht der Beklagten mit den Überweisungen Leistungen an die Beklagte oder an deren Schwiegersohn erbringen wollen, sondern ausschließlich an ihren vermeintlichen Vertragspartner J. H. , der jedoch nichts erlangt habe, weil er nicht Mitinhaber des Kontos gewesen sei. In Fällen einer Leistung kraft Anweisung, wie sie hier jedenfalls bei äußerlicher Betrachtung vorliege, vollziehe sich der Bereicherungsausgleich zwar grundsätzlich innerhalb des jeweiligen fehlerhaften Leistungsverhältnisses. Ausnahmsweise könne der Leistende aber direkt gegen den Empfänger vorgehen, wenn es an einer wirksamen Anweisung fehle und diese aus der Sicht des Leistenden dem Anweisenden auch nicht zuzurechnen sei. Ein solcher Fall liege hier vor. Die Weisung, Zahlungen auf das Konto der Beklagten vorzunehmen, sei der Klägerin unter dem Namen des Ehemanns der Beklagten, tatsächlich aber von dem Schwiegersohn der Beklagten erteilt worden, der mit der Klägerin nicht in einem Vertragsverhältnis gestanden habe. Der Ehemann der Beklagten habe diese Täuschung über die Identität des Partners des Kooperationsvertrags und des Autors der Anweisung nicht veranlasst. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
21 bb) Das Berufungsgericht ist allerdings zutreffend davon ausgegangen, dass es in Fällen der Leistung kraft Anweisung Ausnahmen vom Grundsatz des Vorrangs der Leistungskondiktion gibt.
22 In einem Fall der Leistung kraft Anweisung sind an dem Leistungsaustausch mindestens drei Personen beteiligt, der Anweisende, der zuwendende Angewiesene und der Zuwendungsempfänger. Nach dem bereicherungsrechtlichen Leistungsbegriff bewirkt der Angewiesene, der von ihm getroffenen, allseits richtig verstandenen Zweckbestimmung entsprechend, mit seiner Zuwendung an den Zuwendungsempfänger zunächst eine eigene Leistung an den Anweisenden und zugleich eine Leistung des Anweisenden an den Zuwendungsempfänger (BGH, Urteil vom 24. April 2001 - VI ZR 36/00, BGHZ 147, 269 [juris Rn. 10]; Urteil vom 16. Juni 2015 - XI ZR 243/13, BGHZ 205, 377 Rn. 17 mwN). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 14. Dezember 2016 - IV ZR 7/15, VersR 2017, 240 Rn. 61; BGHZ 205, 377 Rn. 17, jeweils mwN) vollzieht sich in den Fällen der Leistung kraft Anweisung der Bereicherungsausgleich grundsätzlich innerhalb des jeweiligen fehlerhaften Leistungsverhältnisses, also zum einen zwischen dem Anweisenden und dem Angewiesenen im sogenannten Deckungsverhältnis und zum anderen zwischen dem Anweisenden und dem Zuwendungsempfänger im sogenannten Valutaverhältnis. Dabei werden bloße Zahlstellen nicht in die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung eingebunden (vgl. BGH, Urteil vom 5. Dezember 2006 - XI ZR 21/06, BGHZ 170, 121 Rn. 10 mwN).
23 Dieser Grundsatz gilt allerdings nicht ausnahmslos. So hat der Angewiesene einen unmittelbaren Bereicherungsanspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 BGB gegen den Zuwendungsempfänger, wenn die Anweisung unwirksam und dem Anweisenden auch nicht zuzurechnen ist (BGH, Urteil vom 29. April 2008 - XI ZR 371/07, NJW 2008, 2331 Rn. 10; Urteil vom 1. Juni 2010 - XI ZR 389/09, NJW 2011, 66 Rn. 32; BGHZ 205, 377 Rn. 18; BGH, Urteil vom 29. Oktober 2020 - IX ZR 212/19, WM 2020, 2287 Rn. 25 bis 26). In diesen Fällen hat der Angewiesene lediglich erfolglos versucht, eine Leistung an den Anweisenden zu erbringen. Der Zuwendungsempfänger ist daher in sonstiger Weise auf Kosten des Angewiesenen bereichert und deshalb dessen Anspruch aus Nichtleistungskondiktion ausgesetzt. Dies gilt unabhängig davon, ob der Zuwendungsempfänger das Fehlen einer wirksamen Anweisung im Zeitpunkt der Zuwendung kannte oder nicht kannte (BGHZ 205, 377 Rn. 18 mwN).
24 cc) Die Beurteilung des Berufungsgerichts, im Streitfall habe der Bereicherungsausgleich nicht im Rahmen der fehlerhaften Leistungsbeziehung zwischen der Klägerin und ihrem Vertragspartner, sondern ausnahmsweise im Verhältnis der Klägerin zur Beklagten zu erfolgen, weil ein Fall des Fehlens einer wirksamen Anweisung vorliege, hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
25 (1) Das Berufungsgericht hat im Hinweisbeschluss ausgeführt, der Streitfall entspreche einer sogenannten Anweisungslage, bei der die an den Überweisungen beteiligten Banken keine relevante Rolle spielten. Anweisender sei der Vertragspartner der Klägerin. Das Rechtsverhältnis zwischen der Klägerin und ihrem Vertragspartner sei das Deckungsverhältnis. Zwischen dem Vertragspartner der Klägerin und der Beklagten als Kontoinhaberin bestehe als Valutaverhältnis eine rechtsgeschäftliche Abrede - möglicherweise ein Auftrag im Sinne der §§ 662 ff. BGB - oder ein Gefälligkeitsverhältnis, aufgrund dessen die Beklagte im Verhältnis zum Vertragspartner der Klägerin berechtigt und verpflichtet gewesen sei, die von der Klägerin veranlassten Zahlungen entgegenzunehmen und die erhaltenen Gutschriften an den Vertragspartner der Klägerin auszukehren. Diese Beurteilung ist von Rechtsfehlern beeinflusst.
26 (2) Anweisungsfälle im Sinne der höchstrichterlichen Rechtsprechung zeichnen sich dadurch aus, dass bei ordnungsgemäßem Verlauf der Dinge infolge einer Anweisung durch eine einzige Zuwendung zwei Verpflichtungen erfüllt werden sollen, einmal die Verpflichtung des Zuwendenden gegenüber dem Anweisenden im Deckungsverhältnis, zum anderen die Verpflichtung des Anweisenden gegenüber dem Zuwendungsempfänger im Valutaverhältnis. Damit die für die bereicherungsrechtliche Beurteilung von Anweisungsfällen geltenden Grundsätze zur Anwendung gelangen können, bedarf es deshalb der Feststellung, dass zwei derartige Leistungsbeziehungen vorliegen, innerhalb derer jeweils eine Leistung geschuldet ist, wobei die beiden geschuldeten Leistungen aufgrund einer Anweisung an den Angewiesenen durch eine einzige Zuwendung an den Zuwendungsempfänger erfüllt werden sollen.
27 (3) Das Berufungsgericht hat es für die Heranziehung der von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zum Bereicherungsausgleich bei Anweisungsfällen rechtsfehlerhaft genügen lassen, dass eine - möglicherweise unwirksame - Anweisung des Gläubigers zur Zahlung auf das Konto eines Dritten vorliegt und damit lediglich eine einzige Leistungsverpflichtung erfüllt werden soll.
28 Im Streitfall sollte mit der Zahlung der Klägerin nur eine einzige Verpflichtung erfüllt werden, und zwar die Verpflichtung der Klägerin gegenüber ihrem (vermeintlichen) Vertragspartner. Die Klägerin beabsichtigte mit ihren Zahlungen eine Erfüllung ihrer Verpflichtungen aus dem Kooperationsvertrag.
29 Nach dem Vortrag der Beklagten, den das Berufungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat, existierte demgegenüber keine Verpflichtung ihres Schwiegersohnes ihr gegenüber, die durch die Zahlungen der Klägerin erfüllt werden sollte. Soweit das Berufungsgericht eine Abrede zwischen der Beklagten und ihrem Schwiegersohn in Form eines Auftrags im Sinne von § 662 BGB oder eines Gefälligkeitsverhältnisses in Erwägung gezogen hat, begründet eine solche Abrede keine Ansprüche der Beklagten gegen ihren Schwiegersohn, die sie berechtigt hätten, die eingehenden Zahlungen der Klägerin zu behalten. Im Gegenteil geht aus dem Vorbringen der Beklagten hervor, dass sie im Verhältnis zu ihrem Schwiegersohn nicht berechtigt sein sollte, diese Beträge für sich selbst zu vereinnahmen.
30 dd) Da im Streitfall kein Anweisungsfall im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vorliegt, kann offenbleiben, ob die Anweisung, die der Schwiegersohn der Beklagten der Klägerin erteilt hat, unwirksam war oder ob sie - wie die Revision geltend macht - lediglich fehlerhaft gewesen ist, weil der Schwiegersohn der Beklagten unter fremdem Namen gehandelt hat.
31 3. Der mit der Klage geltend gemachte Anspruch ergibt sich entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung auch nicht aus einer analogen Anwendung von § 816 Abs. 2 BGB.
32 a) Nach § 816 Abs. 2 BGB ist ein Nichtberechtigter, an den eine Leistung bewirkt wird, die dem Berechtigten gegenüber wirksam ist, dem Berechtigten zur Herausgabe des Geleisteten verpflichtet. Danach kann der Berechtigte den Nichtberechtigten auf Herausgabe des Geleisteten in Anspruch nehmen, wenn sein Schuldner wirksam an einen Nichtberechtigten leistet. Befreiende Wirkung kann die Leistung an einen Nichtberechtigten unter anderem im Falle einer Leistung des Schuldners an den ursprünglichen Gläubiger in Unkenntnis der Abtretung der Forderung (§ 407 Abs. 1 BGB) oder einer Leistung des Schuldners an den zweiten Zessionar in Unkenntnis der ersten Abtretung haben (§ 408 Abs. 1, § 407 Abs. 1 BGB, vgl. hierzu BGH, Urteil vom 15. Mai 2003 - IX ZR 218/02, NJW-RR 2003, 1490, 1491 [juris Rn. 26]).
33 b) Der Klägerin steht kein Anspruch nach § 816 Abs. 2 BGB in direkter oder analoger Anwendung zu. Sie ist nach dieser Vorschrift nicht anspruchsberechtigt. Nach dieser Vorschrift kann der Berechtigte das von einem Dritten - dem Schuldner - Geleistete herausverlangen. Die Klägerin macht keine derartigen Ansprüche geltend, sie verlangt vielmehr die Rückzahlung von Beträgen, die sie selbst geleistet hat. Diese Ansprüche richten sich nach § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB.
34 c) Die Revisionserwiderung beruft sich ohne Erfolg auf eine zur direkten und analogen Anwendung von § 816 Abs. 2 BGB ergangene Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 20. März 2019 (BGH - VIII ZR 88/18, NJW 2019, 2608). Diese Entscheidung befasst sich mit der Frage, ob eine Bank nichtberechtigte Leistungsempfängerin bei einer Zahlung auf ein bei ihr geführtes Konto ist, wenn die mit der Zahlung beglichene Forderung an sie abgetreten worden ist. Der VIII. Zivilsenat hat entschieden, dass eine Bank grundsätzlich Leistungsempfängerin ist, wenn die an sie erfolgte Zession offengelegt wird. Ebenso ist sie im Ergebnis zur Herausgabe des Erlangten entsprechend § 816 Abs. 2 BGB verpflichtet, wenn sie sich nicht auf ihre Rolle als bloße Zahlstelle beschränkt (BGH, NJW 2019, 2608 Rn. 17). Diese Erwägungen können nicht auf den Streitfall übertragen werden. Nach dem Vorbringen der Beklagten, das sich die Klägerin hilfsweise zu eigen gemacht und das Berufungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat, war die Beklagte weder berechtigt, die Zahlungen der Klägerin für sich selbst zu vereinnahmen, noch hat sie auf das Konto Einfluss genommen. Sie hat damit allein die Funktion einer Zahlstelle des Vertragspartners der Klägerin eingenommen.
35 4. Die Revisionserwiderung macht vergeblich geltend, die Klage sei nach dem vom Berufungsgericht nicht berücksichtigten Vorbringen der Klägerin in den Tatsacheninstanzen gemäß § 826 BGB begründet. Nach dieser Vorschrift ist derjenige, der in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich einen Schaden zufügt, zum Schadensersatz verpflichtet.
36 Die Revisionserwiderung verweist ohne Erfolg darauf, die Klägerin habe im Berufungsverfahren vorgetragen, dass die Beklagte dafür Sorge getragen habe, dass der wahre Vertragspartner von der Klägerin nicht erkannt worden sei. Die Klägerin hätte, wenn sie erkannt hätte, dass nicht J. H. ihr Vertragspartner sein solle, Auskünfte über den Schwiegersohn der Beklagten - etwa über die Abgabe von eidesstattlichen Versicherungen - eingeholt und wäre kein Vertragsverhältnis mit ihm eingegangen. Die Beklagte habe die wirtschaftliche Situation ihres Schwiegersohns gekannt, sonst hätte sie nicht für ihn ein Konto eröffnen müssen. Die Beklagte habe deshalb gewusst, dass die Klägerin Ansprüche gegen ihn nicht durchsetzen könne. Die Eröffnung eines Kontos für ihren Schwiegersohn durch die Beklagte sei daher geeignet gewesen, die Klägerin zu schädigen.
37 Dieser Vortrag rechtfertigt nicht die Annahme, dass die Beklagte gegenüber der Klägerin zum Schadensersatz aus § 826 BGB verpflichtet ist. Diesem Vorbringen lässt sich bereits nicht entnehmen, dass die Beklagte in irgendeiner Weise auf die Willensbildung der Klägerin bei Abschluss des Kooperationsvertrags im April 2013 Einfluss genommen hat. Die von ihr unterschriebene Zusatzerklärung zum Kooperationsvertrag stammt vom 16. Juli 2013, also aus der Zeit nach dem Vertragsabschluss. Es ist danach nicht erkennbar, dass die Beklagte für Schäden verantwortlich ist, die der Klägerin durch den Abschluss des Kooperationsvertrags entstanden sein könnten. Soweit die Klägerin vorträgt, der Schwiegersohn der Beklagten habe aus wirtschaftlichen Gründen kein Konto eröffnen können und die Beklagte habe dies gewusst, bleibt dies im Bereich der bloßen Spekulation.
38 III. Auf die Revision der Beklagten ist das Berufungsurteil danach aufzuheben, soweit das Berufungsgericht zum Nachteil der Beklagten erkannt hat. Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden, weil die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf den festgestellten Sachverhalt erfolgt und die Sache zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Danach ist im Umfang der Aufhebung die Berufung der Klägerin gegen das landgerichtliche Urteil zurückzuweisen.
39 Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.