BGH: Anrechnungsklausel in Warenkreditversicherung
BGH, Urteil vom 22.1.2014 - IV ZR 343/12
Amtlicher Leitsatz
Eine Klausel in einer Warenkreditversicherung, welche bestimmt, dass nach Beendigung des - einen bestimmten Kunden betreffenden - Versicherungsschutzes sämtliche beim Versicherungsnehmer eingehenden Zahlungen dieses Kunden in Ansehung des Versicherungsverhältnisses auf die jeweils älteste offene Forderung des Versicherungsnehmers gegenüber dem Kunden anzurechnen sind, ist unwirksam.
§ 307 Abs 1 S 1 BGB, § 307 Abs 2 Nr 2 BGB, § 5 Nr 2.1 WaKredAVB
Sachverhalt
Die Klägerin fordert eine Versicherungsleistung von 40.000 € aus der bei der Beklagten gehaltenen Warenkreditversicherung, welcher "Allgemeine Versicherungsbedingungen für die Warenkreditversicherung-M AVB Warenkredit-M 2007 (Fassung 2008)" zugrunde liegen (im Folgenden: AVB).
Darin heißt es unter anderem:
"§ 2 Der in die Versicherung eingeschlossene Kunde
(...)
3. (...)
Forderungen sind in der Reihenfolge ihres Entstehens versichert.
Forderungen, die die Versicherungssumme übersteigen, rücken erst und insoweit in den Versicherungsschutz nach, als durch die Bezahlung versicherter Forderungen innerhalb der Versicherungssumme dafür Raum wird. (...)
Ein Nachrücken von Forderungen ist ausgeschlossen, wenn der Versicherungsschutz gemäß § 2 Nr. 4 AVB endet.
4. Wann endet der Versicherungsschutz? Kann der Versicherungsschutz beschränkt werden?
4.1 Bei Gefahrerhöhung oder aus sonstigen wichtigen Gründen können wir den Versicherungsschutz für den Kunden oder für die Gesamtheit aller Kunden mit Sitz in einem Land beschränken oder aufheben.
(...)
§ 5 Die Berechnung des versicherten Ausfalls
(...)
Grundlage für die Berechnung Ihrer Entschädigungsleistung sind Ihre offenen versicherten Forderungen zum Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalles. Der versicherte Ausfall wird wie folgt berechnet:
(...)
2.1 Beträge, die nach Beendigung des Versicherungsschutzes gemäß § 2 Nr. 4 AVB eingehen, werden, unabhängig von abweichenden Tilgungsbestimmungen, grundsätzlich auf die jeweils älteste offene Forderung angerechnet."
Im Rahmen dieses Versicherungsvertrages gewährte die Beklagte der Klägerin im Juli 2010 Versicherungsschutz für Forderungen gegenüber einer niederländischen Kundin. Die diesbezügliche Versicherungssumme betrug 50.000 €, wovon die Beklagte eine Versicherungsquote von 80% übernahm. Nachfolgend trat unstreitig der Versicherungsfall ein, nachdem die Kundin drei Rechnungen der Klägerin vom 31. August sowie 11. und 13. September 2010 über insgesamt 51.491,39 € nicht bezahlt hatte. Auf die Schadenmeldung der Klägerin erklärte die Beklagte mit Schreiben vom 22. September 2010 die "Aufhebung der Versicherungssumme" für die betreffende Kundin. Weiter heißt es zur Erläuterung:
"(...) Im Rahmen unserer Risikoüberwachung hat sich unsere Bewertung geändert. (...)
Bitte sorgen Sie für einen möglichst zügigen Abbau Ihrer Forderungen und teilen Sie uns das Ergebnis mit. (...).
Jede vor Eintritt des Versicherungsfalles erhaltene Zahlung wird auf die jeweils älteste Forderung angerechnet. Diese Regelung gilt auch für Zahlungen auf solche Lieferungen, die Sie ggf. nach Aufhebung der Versicherungssumme ausführen.
Hinweis: Ab Zugang dieses Schreibens sind auch Neulieferungen im Rahmen der Selbstprüfung (soweit vereinbart) unversichert."
Leistungen an die Kundin erbrachte die Klägerin fortan nur noch gegen Vorkasse oder Barzahlung. So nahm sie im Zeitraum vom 7. Oktober 2010 bis 17. November 2010 insgesamt 78.711,87 € ein. Mit Schreiben vom 17. März 2011 lehnte die Beklagte Versicherungsleistungen unter Berufung auf § 5 Nr. 2.1 AVB ab, weil diese Zahlungen der Kundin die versicherte Forderung von 51.491,39 € überstiegen und somit keine Forderung mehr zur Entschädigung verbleibe.
Die Klägerin meint, diese Verrechnung sei ohne Rechtsgrund geschehen; die Anrechnungsklausel des § 5 Nr. 2.1 AVB erfasse nur Kundenzahlungen während des versicherten Zeitraums. Anderenfalls sei die Klausel unwirksam, weil sie den Versicherungsnehmer unangemessen benachteilige.
Die Beklagte hält die Klausel für interessengerecht, weil sie das versicherte Risiko objektiv begrenze und insbesondere vermeide, dass ein Versicherungsnehmer den Umfang der zu entschädigenden Forderungen durch besondere Verrechnungsvereinbarungen mit seinem Kunden willkürlich aufrechterhalte. Die Vereinbarung von Bargeschäften könne sonst verhindern, dass verfügbares Vermögen des Kunden zur Tilgung versicherter Altschulden verwendet werde. Das widerspreche schutzwürdigen Belangen des Versicherers.
Die Vorinstanzen haben die Klage für begründet erachtet. Mit der Revision erstrebt die Beklagte weiterhin die Klagabweisung.
Aus den Gründen
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Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
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I. Das Berufungsgericht hält die Anrechnungsklausel des § 5 Nr. 2.1 AVB für unwirksam, weil sie den Versicherungsnehmer unangemessen benachteilige (§ 307 BGB). Die Klausel erfasse ihrem Wortlaut nach alle beim Versicherungsnehmer eingehenden Beträge, ohne danach zu unterscheiden, ob es sich um Kundenzahlungen handele, auf die sich der Versicherungsschutz beziehe, ob die Zahlungen von Dritten herrührten, ob den Zahlungen Geschäftsbeziehungen zwischen dem Versicherungsnehmer und seinem Kunden zugrunde lägen oder Schadenersatzverpflichtungen aus unerlaubter Handlung. Sie unterscheide weiter auch nicht danach, ob eine Tilgungsbestimmung einseitig vom Kunden getroffen oder zwischen ihm und dem Versicherungsnehmer vereinbart sei. Anders als das Landgericht sieht das Berufungsgericht keinen Anhalt für eine einschränkende Auslegung der Klausel. Von einer solchen seien die Parteien auch nicht übereinstimmend ausgegangen, wie daran ersichtlich werde, dass jedenfalls die Beklagte sich auch im Rechtsstreit uneingeschränkt auf den Klauselwortlaut berufen habe.
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In dieser weiten Auslegung verstoße die Anrechnungsklausel gegen § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB. Das ergebe eine umfassende Abwägung der schützenswerten Interessen der Parteien. Auch wenn ein berechtigtes Interesse des Kreditversicherers an der Verhinderung eines kollusiven Zusammenwirkens von Versicherungsnehmer und Kunden zu seinem Nachteil anzuerkennen sei, seien berechtigte Belange des Versicherungsnehmers nicht hinreichend beachtet.
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Einer Einschränkung der Anrechnungsklausel dahingehend, Fälle des Bargeschäfts, der einseitigen Tilgungsbestimmung des Kunden oder des von der Geschäftsbeziehung zwischen Versicherungsnehmer und Kunden unabhängigen Rechtsgrundes einer Forderung vom Anwendungsbereich auszunehmen, stehe das Verbot einer geltungserhaltenden Reduktion entgegen.
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II. Das hält rechtlicher Nachprüfung stand.
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1. Zutreffend hat das Berufungsgericht dargelegt, die Anrechnungsklausel des § 5 Nr. 2.1 AVB könne nicht einschränkend dahin ausgelegt werden, dass sie nur Kundenzahlungen erfasse, auf die sich der Versicherungsschutz beziehe und denen Geschäftsbeziehungen zwischen dem Versicherungsnehmer und seinem Kunden zugrunde lägen. Der Klausel kann ferner nicht entnommen werden, dass sie keine Geltung in Fällen beansprucht, in denen lediglich der Kunde des Versicherungsnehmers eine einseitige Tilgungsbestimmung trifft.
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a) Allgemeine Versicherungsbedingungen sind nach dem Verständnis eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs auszulegen. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit - auch - auf seine Interessen an (Senatsurteile vom 23. Juni 1993 - IV ZR 135/92, BGHZ 123, 83, 85 m.w.N.; vom 25. Juli 2012 - IV ZR 201/10; BGHZ 194, 208 Rn. 21 m.w.N.). Die Allgemeinen Versicherungsbedingungen sind aus sich heraus zu interpretieren (Senatsurteil vom 15. Dezember 2010 - IV ZR 24/10, VersR 2011, 202 Rn. 10 m.w.N.; HK-VVG/Brömmelmeyer, 2. Aufl. Einleitung Rn. 68). In erster Linie ist vom Wortlaut der Klausel auszugehen. Der mit ihr verfolgte Zweck und ihr Sinnzusammenhang sind zusätzlich zu berücksichtigen, soweit sie für den Versicherungsnehmer erkennbar sind (vgl. Senatsurteile vom 25. Juli 2012 aaO m.w.N.; vom 9. März 2011 - IV ZR 137/10, VersR 2011, 518 Rn. 16 f.).
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b) Der Wortlaut des § 5 Nr. 2.1 AVB bestimmt, dass die nach Beendigung des Versicherungsschutzes eingehenden Beträge ungeachtet etwa abweichender Tilgungsbestimmungen in Ansehung des Versicherungsverhältnisses auf die jeweils älteste offene Forderung des Versicherungsnehmers gegen seinen Kunden angerechnet werden. Soweit die Klausel zum Ausdruck bringt, dies sei "grundsätzlich" der Fall, lässt sie nicht erkennen, anhand welcher Umstände von diesem Grundsatz abgerückt werden soll oder kann. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer wird sie deshalb so verstehen, dass sie keinen Einschränkungen unterliegen soll. Da die anzurechnenden Beträge weder inhaltlich noch zeitlich oder nach der Person des Leistenden weiter eingegrenzt werden, sind nach dem Klauselwortlaut alle Leistungen an den Versicherungsnehmer aus seinen gesamten Rechtsbeziehungen zum betreffenden Kunden erfasst. Da sich die Klausel gerade auf diejenigen Beträge bezieht, die nach einer gemäß § 2 Nr. 4 AVB eingetretenen Beendigung des Versicherungsschutzes beim Versicherungsnehmer eingehen, findet Letzterer keinerlei Anhalt dafür, dass dennoch nur solche Kundenzahlungen von der Anrechnung erfasst werden sollen, deren Rechtsgrund in versicherter Zeit liegt.
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Auch aus dem erkennbaren Zweck der Klausel und dem systematischen Zusammenhang, in den sie gestellt ist, ergibt sich für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer keine ihm günstige Einschränkung. Er erkennt, dass dem Versicherer daran gelegen ist, auch nach Beendigung des Versicherungsschutzes sämtliche beim Versicherungsnehmer eingehenden Leistungen des betroffenen Kunden ungeachtet ihres Zwecks oder Rechtsgrundes dafür heranzuziehen, versicherte Außenstände abzubauen und so die Versicherungsleistung zu kürzen. Den Regelungen in § 2 Nr. 4.1 und § 2 Nr. 3 AVB entnimmt er zudem, dass der Versicherer einerseits den Versicherungsfall zum Anlass nehmen kann, den Versicherungsschutz für künftige Forderungen gegen den säumigen Kunden zu beenden, andererseits aber dem Versicherungsnehmer infolge der Verrechnung entstehende neue - dann nicht mehr versicherte - Forderungsausfälle nicht in den geschützten Bestand nachrücken können. Das bestärkt ihn darin, dass der Versicherer auch alle unversicherten, aber vom Kunden ausgeglichenen Forderungen dazu heranziehen will, um seine Leistungspflicht aus dem Versicherungsverhältnis nachträglich zu verringern. Anhaltspunkte dafür, dass die Verrechnungsmöglichkeit auf in versicherter Zeit begründete Forderungen beschränkt bliebe, kann der Versicherungsnehmer auch auf diesem Wege nicht gewinnen.
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c) Anders als bei der vom III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs zu einer ähnlich lautenden Verrechnungsklausel im Rahmen eines Ausfuhrgarantieversprechens getroffenen Entscheidung (vgl. BGH, Urteil vom 11. November 1982 - III ZR 67/81, WM 1983, 151 unter II 1) lässt sich im Streitfall nicht feststellen, dass die Parteien der streitgegenständlichen Anrechnungsklausel ungeachtet des weiten Wortlauts übereinstimmend einen nur eingeschränkten Regelungsgehalt beigemessen hätten. Vielmehr zeigt das Vorbringen der Beklagten, dass sie sich uneingeschränkt auf die nach dem Klauselwortlaut weit gefasste Anrechnungsmöglichkeit berufen hat.
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2. In der dargelegten weiten Auslegung hält die Anrechnungsklausel des § 5 Nr. 2.1 AVB der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht stand. Die Klausel benachteiligt den Versicherungsnehmer entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen, weil der Versicherer mit ihr durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten des Versicherungsnehmers durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen (vgl. dazu Senatsurteil vom 25. Juli 2012 - IV ZR 201/10, BGHZ 194, 208 Rn. 31 m.w.N.). Zugleich werden wesentliche Rechte des Versicherungsnehmers, welche sich aus der Natur des Versicherungsvertrages ergeben, so weit eingeschränkt, dass der Vertragszweck gefährdet ist (§ 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB).
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a) Das ergibt die insoweit gebotene umfassende Abwägung der schützenswerten Interessen beider Parteien des Versicherungsvertrages (vgl. dazu BGH, Urteile vom 8. Dezember 2011 - VII ZR 111/11, NJW-RR 2012, 626 Rn. 15; vom 17. Dezember 2002 - X ZR 220/01, WM 2003, 448 unter 2 b cc m.w.N.; vom 3. November 1999 - VIII ZR 269/98, BGHZ 143, 103, 113 m.w.N.).
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Allerdings ist das mit der Klausel verfolgte Interesse des Versicherers im Grundsatz anzuerkennen, den versicherten Schaden nach Möglichkeit zu begrenzen und insbesondere zu verhindern, dass der Versicherungsnehmer und sein Kunde den eingetretenen Forderungsausfall der Höhe nach in dem Bestreben aufrechterhalten, eine möglichst hohe Versicherungsleistung zu erlangen und verbleibende finanzielle Mittel des Kunden stattdessen anderweitig einzusetzen. Der Regelungsgehalt der Anrechnungsklausel geht jedoch in mehrfacher Hinsicht weit über diese Zielsetzung und den Rahmen verständiger Interessenwahrung hinaus und beachtet damit nicht ausreichend schützenswerte Belange des Versicherungsnehmers.
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aa) Wie das Berufungsgericht zutreffend dargelegt hat, können diejenigen Forderungen, die mittels einer von der Anrechnungsregelung in § 5 Nr. 2.1 AVB abweichenden Bestimmung getilgt werden sollten, nicht gemäß § 2 Nr. 3 AVB in den Versicherungsschutz nachrücken. Waren sie bereits begründet worden, als noch Versicherungsschutz bestand, scheitert ihre Versicherung daran, dass sie infolge der vom Kunden bewirkten Tilgung objektiv nicht mehr bestehen. Wurden sie erst nach Beendigung des Versicherungsschutzes begründet, scheidet ein Nachrücken gemäß § 2 Nr. 3 letzter Satz AVB ohnehin aus.
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Das führt vor allem dann zu einer dem Versicherungsnehmer nicht zumutbaren Härte und zugleich zu einer partiellen Aushöhlung des Vertragszwecks im Sinne von § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB, wenn der Versicherungsnehmer - wie im Streitfall - eine nach Eintritt eines Versicherungsfalls gemäß § 2 Nr. 4.1 AVB vom Versicherer erklärte Beendigung des Versicherungsschutzes für einen bestimmten Kunden zum Anlass nimmt, diesem Kunden gegenüber Leistungen nur noch Zug um Zug gegen Bezahlung zu erbringen oder mit ihm Bargeschäfte im Sinne von § 142 InsO zu vereinbaren. Auf das - gerade wegen des Wegfalls des Versicherungsschutzes - anerkennenswerte Interesse des Versicherungsnehmers, in einer solchen Situation durch besondere Vereinbarungen sicherzustellen, dass er künftige Leistungen bezahlt bekommt, ohne Gefahr zu laufen, lediglich neue, zudem unversicherte Forderungen gegen den Kunden zu erwerben, nimmt die Anrechnungsklausel keine Rücksicht. Werden - wie § 5 Nr. 2.1 AVB dies vorsieht - die auf solche Geschäfte entfallenden, nach Beendigung des Versicherungsschutzes vom Kunden geleisteten Beträge im Versicherungsverhältnis stattdessen auf die versicherte Forderung angerechnet, hat dies wirtschaftlich zur Folge, dass der Versicherungsnehmer mittels auf eigenes Risiko neu erbrachter Leistungen seinen Versicherungsschutz schrittweise selbst abbaut und die Leistungspflicht des Versicherers ausräumt (vgl. zur ähnlichen Sachlage bei einem Garantieversprechen: BGH, Urteil vom 11. November 1982 - III ZR 67/81, WM 1983, 151 unter II 1). Zudem kann er danach den Ausgleich der neu begründeten Forderungen weder von seinem Kunden, welcher diese Forderungen dann bereits im Rechtsverhältnis zum Versicherungsnehmer wirksam getilgt hat, verlangen, noch genießt er für diese Forderungen Versicherungsschutz. Die Gefahr, den zugesagten Versicherungsschutz auf die beschriebene Art und Weise wieder zu verlieren, wird zudem dadurch vergrößert, dass § 5 Nr. 2.1 AVB jegliche Zahlungen - gleichviel aus welchem Rechtsgrund sie erfolgen und ungeachtet der Frage, ob ein innerer Zusammenhang zu der ursprünglich versicherten Geschäftsbeziehung besteht - der Anrechnung anheimfallen lässt. Ein so weitgehendes Interesse des Versicherers, seine durch Prämienzahlungen des Versicherungsnehmers begründete Leistungspflicht nach Beendigung des Versicherungsschutzes mittelbar auf den Versicherungsnehmer abzuwälzen und auf dessen Kosten leistungsfrei zu werden, verdient keine Anerkennung (vgl. dazu auch ÖOGH VersR 2006, 1286). Das Berufungsgericht hat dazu zutreffend ausgeführt, in der geschilderten Situation eröffne sich im Regelfall nicht die Alternative, die wenigen liquiden Mittel des - regelmäßig in Zahlungsschwierigkeiten befindlichen - Kunden entweder für die Begleichung seiner Altschulden einzusetzen oder sie für die Vergabe neuer Aufträge an den Versicherungsnehmer zu verwenden, weil für den Kunden eine Fortführung seines Unternehmens ohne diese Geldbeträge oft nicht mehr möglich wäre. Zudem werden bei solchen Bargeschäften dem Vermögen des Kunden keine Werte zu Lasten des Versicherers entzogen, da den Zahlungen des Kunden gleichwertige Leistungen des Versicherungsnehmers in zeitlich unmittelbarem Austausch gegenüberstehen.
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bb) Will der Versicherungsnehmer der vorgenannten Konsequenz entgehen, lässt § 5 Nr. 2.1 AVB ihm nach der Beendigung des Versicherungsschutzes nur die Möglichkeit, die Geschäftsbeziehung zu dem betroffenen Kunden einzustellen und damit auch auf mögliche künftige Gewinne aus dieser Geschäftsverbindung zu verzichten. Die Anrechnungsklausel wirkt insoweit auf unternehmerische Entscheidungen des Versicherungsnehmers auch noch zu einer Zeit ein, zu der der Versicherer seinerseits nicht mehr bereit ist, Versicherungsschutz für die Geschäfte mit dem betroffenen Kunden zu gewähren. Der Bundesgerichtshof hat bereits entschieden, dass derjenige, der für eine fremde Kreditschuld Sicherheiten gibt, vom Sicherungsnehmer nicht erwarten kann, dass dieser seinem Schuldner später keine weiteren Kredite mehr gewährt oder zumindest bei der Verrechnung von Teilleistungen des Schuldners unter Zurückstellung eigener Interessen auf die Interessen des Sicherungsgebers Rücksicht nimmt (BGH, Urteil vom 27. April 1993 - XI ZR 120/92, NJW 1993, 2043 unter II 3 m.w.N.). Das lässt sich auf den vorliegenden Fall übertragen.
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Nach allem erscheint die Einflussnahme des Versicherers auf die unternehmerische Entscheidung des Versicherungsnehmers nicht mehr angemessen, zumal nicht erkennbar ist, inwieweit der Abbruch der Geschäftsbeziehung des Versicherungsnehmers zu seinem Kunden im Interesse des Versicherers liegt. Oftmals wird die Einstellung der Geschäfte die wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Kunden vertiefen und so zu einem endgültigen Ausfall der versicherten Forderung beitragen.
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cc) Soweit die Revision darauf verweist, die in § 5 Nr. 2.1 AVB geregelte Verrechnung entspreche der dem Versicherungsnehmer nach § 82 Abs. 1 VVG obliegenden Pflicht zur Schadenminderung, trifft dies nicht zu. Allerdings bleibt es dem Versicherer auch bei Wegfall der beanstandeten Verrechnungsklausel unbenommen, Leistungsfreiheit wegen Verstoßes des Versicherungsnehmers gegen die in § 82 Abs. 1 VVG geregelte Schadenminderungsobliegenheit geltend zu machen. Das setzt allerdings - anders als die Verrechnung nach § 5 Nr. 2.1 AVB - voraus, dass eine versäumte Schadensminderung dem Versicherungsnehmer zumutbar (vgl. dazu MünchKomm-VVG/Looschelders, § 82 Rn. 34 ff.) gewesen wäre und er sie subjektiv vorwerfbar, nämlich grob fahrlässig oder vorsätzlich, unterlassen hat (§ 82 Abs. 3 VVG). Anders als die Revision meint, ist der Versicherer kollusiven Absprachen zwischen Versicherungsnehmer und seinem Kunden, die darauf zielen, den versicherten Schaden mutwillig hoch zu halten, damit keineswegs schutzlos ausgeliefert.
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b) Eine lediglich mit Blick auf die dargelegte Unwirksamkeit der Anrechnungsklausel einschränkende Auslegung des § 5 Nr. 2.1 AVB hat das Berufungsgericht wegen des Verbots einer geltungserhaltenden Reduktion der Klausel zutreffend abgelehnt.