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Wirtschaftsrecht
04.04.2012
Wirtschaftsrecht
OLG Düsseldorf: Anmeldung des Ausscheidens eines GmbH-Geschäftsführers betrifft Grundlagen des kaufmännischen Unternehmens

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16.3. 2012 - I-3 Wx 296/11


Leitsätze


1.Die Anmeldung des Ausscheidens eines GmbH-Geschäftsführers ist nicht lediglich ein Geschäft des „laufenden Betriebs", sondern betrifft mit Rücksicht auf die dem Geschäftsführer zukommende Organstellung und die damit einhergehende umfassende Vertretungsbefugnis die Grundlagen des kaufmännischen Unternehmens.


2.Der gesetzliche Umfang von Prokura und Handlungsvollmacht reicht als Bevollmächtigung für die Anmeldung des Ausscheidens eines Geschäftsführers einer GmbH zum Handelsregister nicht aus.


GmbHG §§ 35, 39 Abs. 1, 78; BGB § 167 Abs. 2; HGB §§ 12, 49 Abs. 1


Sachverhalt


I.



Nach dem am 28.12.2010 gefassten Beschluss der V. D. H. GmbH, Celle, als alleiniger Gesellschafterin der Antragstellerin, hat der Geschäftsführer Dr. I. R. S. sein Amt zum 31.12.2010 niedergelegt und ist ihm Entlastung erteilt worden.



Am 04.03.2011 hat die Gesellschaft dies durch zwei Prokuristen zur Eintragung ins Handelsregister angemeldet.



Durch Zwischenverfügungen vom 10.03./ 03.06.2011 hat das Registergericht das Fehlen einer Anmeldung des Geschäftsführers beanstandet und unter Hinweis auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 02.12.1991 (BGH, NJW 1992, 975) ausgeführt, die Anmeldung der zwei Prokuristen reiche nicht aus, weil Prokuristen nur bei unechter Gesamtvertretung mit einem Geschäftsführer zum Handelsregister anmelden könnten.



Die Antragstellerin hat demgegenüber die Auffassung vertreten, Prokuristen könnten Handelsregisteranmeldungen vornehmen, soweit diese nicht Grundlagengeschäfte beträfen, die auch ihrer Vertretung entzogen wären. Das sei hier nicht der Fall, weil die Prokuristen nur die Tatsache der Niederlegung mitteilen, an der Abberufung des Geschäftsführers aber nicht mitgewirkt hätten.



Durch Beschluss vom 01.08.2011 hat das Amtsgericht den Antrag zurückgewiesen.


Gegen diesen Beschluss hat die Antragstellerin Beschwerde eingelegt. Daraufhin hat das Registergericht die Sache durch Verfügung vom 09.09.2011 ohne Nichtabhilfe­entscheidung dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt. Durch Beschluss vom 04.11.2011 - I-3Wx 221/11 - hat der Senat die Akten dem Amtsgericht zur ordnungsgemäßen Durchführung des Abhilfeverfahrens zurückgegeben.



Durch Verfügung vom 09.11.2011 hat das Amtsgericht die Akten erneut dem Oberlandesgericht übersandt einschließlich einer vom 06.09.2011 datierenden Nichtabhilfeentscheidung.




Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.


Aus den Gründen



II.



Die gemäß §§ 382 Abs. 4 Satz 2; 374 Nr. 1 FamFG statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.



1.


Das Amtsgericht hat die Anmeldung zu Recht zurückgewiesen.



a)


Gemäß § 39 Abs. 1 GmbHG ist jede Änderung in den Personen der Geschäftsführer sowie die Beendigung der Vertretungsbefugnis eines Geschäftsführers zur Eintragung ins Handelsregister anzumelden. Die Anmeldung ist Pflicht der Gesellschaft. Ihre Erledigung obliegt gemäß § 78 GmbHG dem Geschäftsführer. Die Anmeldung kann zwar im Einzelfall auch durch einen Bevollmächtigten erfolgen. Sie ist aber nur zulässig, sofern die Vollmacht diesen Inhalt hat und abweichend von § 167 Abs. 2 BGB in der Form des § 12 HGB nachgewiesen ist. Gesetzlicher Umfang von Prokura und Handlungsvollmacht reicht als Bevollmächtigung für die hier in Rede stehende Anmeldung nicht aus (Roth/Altmeppen, GmbHG, § 78, Rdnr. 4; Haas in Baumbach/Hueck, GmbHG, § 78, Rdnr. 4 m.w.N.).



Auch wenn „nur" die Niederlegung des Amtes durch den Geschäftsführer angemeldet wird, handelt es sich um ein Grundlagengeschäft. Denn es geht nicht lediglich um die Mitteilung einer Tatsache, sondern maßgeblich ist darauf abzustellen, ob der der Anmeldung zugrundeliegende Vorgang ein Grundlagengeschäft darstellt.



Die Anmeldung eines Geschäftsführers oder seines Ausscheidens ist nicht lediglich ein Geschäft des „laufenden Betriebs", sondern betrifft mit Rücksicht auf die dem Geschäftsführer nach § 35 GmbH zukommende Organstellung und die damit einhergehende umfassende Vertretungsbefugnis die Grundlagen des kaufmännischen Unternehmens. Wenn selbst die Anmeldung eines Prokuristen als Grundlagengeschäft (vgl. Weber in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, § 53, Rdnr. 5) gilt, muss dies erst Recht für die Anmeldung eines Geschäftsführers oder dessen Ausscheiden gelten, auch wenn der Geschäftsführer sein Amts selbst niedergelegt hat.



Dem steht die Entscheidung des BGH vom 02.12.1991 (BGHZ 116, 190 ff.) nicht entgegen. Soweit der BGH in der vorgenannten Entscheidung ausgeführt hat, die Erfüllung von Anmeldepflichten der von dem Prokuristen vertretenen Gesellschaft könne von der ihm nach § 49 Abs. 1 HGB zustehenden Vertretungsmacht gedeckt sein, betraf dies Anmeldepflichten der Gesellschaft als Kommanditistin einer anderen Gesellschaft. Der BGH führt weiter aus, dass ein Prokurist dann ohne zusätzliche Vollmacht keine Anmeldungen zum Handelsregister vornehmen kann, wenn diese die Grundlagen des "eigenen" Handelsgeschäfts betreffen.



Ohne Erfolg beruft sich die Beschwerdeführerin darauf, dass ein dringendes Bedürfnis für die Zulassung derartiger Anmeldungsbefugnisse bestehe. Dabei kann dahinstehen, ob der ausgeschiedene Geschäftsführer der einzige war oder nicht.



Die Interessen des ausscheidenden Geschäftsführers nötigen schon deshalb nicht zu einer Ausweitung der Anmeldebefugnis, weil ihnen bereits dadurch ausreichend Rechnung getragen ist, dass der Geschäftsführer das Wirksamwerden der Niederlegung seines Amtes vom Eingang der Anmeldung beim Registergericht oder von der Eintragung selbst abhängig machen kann (vgl. OLG Zweibrücken, BeckRS 1998, 31343509 m.w.N.) Im übrigen kann auf Antrag eines Beteiligten für die Anmeldung des Ausscheidens des Geschäftsführers entsprechend § 29 BGB ein Notgeschäftsführer bestellt werden (OLG Zweibrücken, a.a.O. m.w.N.).



Hiernach reicht die Anmeldung des Ausscheidens des Geschäftsführers Dr. I. R. S. als Geschäftsführer durch zwei Prokuristen ohne besondere Bevollmächtigung nicht aus.



2.


Die Kostenentscheidung folgt aus § 84 FamFG.



Die Wertfestsetzung findet ihre Grundlage in §§ 131 Abs. 4, 30 Abs. 2 Satz 1 KostO.

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