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Wirtschaftsrecht
12.05.2011
Wirtschaftsrecht
OLG Hamm: Anmeldung der konkreten Vertretungsbefugnis eines Geschäftsführers einer nach Mustersatzung gegründeten GmbH

OLG Hamm, Beschluss vom 14.4.2011 - I-15 Wx 499/10

Leitsatz

Bei einer nach der Mustersatzung gegründeten GmbH kann die Anmeldung der konkreten Vertretungsbefugnis eines Geschäftsführers nicht mit dem Zusatz verbunden werden, dieser sei einzelvertretungsberechtigt.

GmbHG § 2 Abs. 1a, GmbHG § 10 Abs. 1 S. 2

sachverhalt

I. Der Beteiligte gründete durch notarielle Urkunde vom 11.02.2009 (UR-Nr. 155/2009 des Notars S) die im Rubrum bezeichnete Gesellschaft nach dem Musterprotokoll (Anlage zu § 2 Abs. 1 a GmbHG) und bestellte sich dabei selbst zum Geschäftsführer. Mit unterschriftsbeglaubigtem Schreiben vom 11.02.2009 (UR-Nr. 156/2009 des Notars S) meldete er die Gesellschaft zur Eintragung in das Handelsregister an. Die Anmeldung enthält folgende Angaben zur Vertretungsregelung:

„Die Gesellschaft wird durch einen Geschäftsführer allein vertreten, wenn er alleiniger Geschäftsführer ist. Hat die Gesellschaft mehrere Geschäftsführer, vertreten sie die Gesellschaft gemeinsam. Die Geschäftsführer können von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit werden.


Ich bin einzelvertretungsberechtigt und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit".

Mit Zwischenverfügung vom 30.03.2009 beanstandete das Amtsgericht - soweit im Verfahren der weiteren Beschwerde noch von Bedeutung - u.a. die Anmeldung der Einzelvertretungsberechtigung des Geschäftsführers, da sich diese nicht aus dem Musterprotokoll ergebe (Ziffer 3. der Zwischenverfügung). Mit Verfügung vom 25.09.2009 stellte das Amtsgericht klar, dass sich diese Beanstandung in der      Zwischenverfügung nur auf die konkrete Vertretungsregelung in der Anmeldung  

bezogen habe.

Gegen die Zwischenverfügung vom 30.03.2009 hat der Beteiligte mit Schriftsatz seines Verfahrensbevollmächtigten vom 11.08.2009 Beschwerde eingelegt. Die Kammer für Handelssachen des Landgerichts Detmold hat die Beschwerde durch Beschluss vom 26.07.2010 zurückgewiesen, dabei aber in den Entscheidungsgründen sinngemäß ausgeführt, dass die in den Ziffern 1. und 2. der Zwischenverfügung vom 30.03.2009 genannten Eintragungshindernisse beseitigt sein dürften und dass auch die angemeldete allgemeine Vertretungsregelung nicht zu beanstanden sei. Gegen diese Entscheidung wendet sich der Beteiligte mit seiner weiteren Beschwerde, soweit das Landgericht (mit der in dem Beschluss auf Seite 3 unter Buchstabe b) gegebenen Begründung) die amtsgerichtliche Zwischenverfügung zu Ziffer 3. - also die Beanstandung der angemeldeten konkreten Vertretungsregelung - bestätigt hat.

aus den gründen

II. Die nach den §§ 27, 29 FGG i.V.m. Art. 111 Abs. 1 S. 1 FGG-RG statthafte und auch im Übrigen zulässige weitere Beschwerde ist unbegründet, da die Entscheidung des Landgerichts nicht auf einer Verletzung des Rechts beruht (§ 27 Abs. 1 FGG).

Es bestehen bereits Bedenken gegen die Zulässigkeit der Erstbeschwerde. Es ist zweifelhaft, ob der Beteiligte überhaupt befugt war, die Erstbeschwerde im eigenen Namen statt im Namen der Gesellschaft einzulegen. Diese Frage kann jedoch dahingestellt bleiben, da das Landgericht die Beschwerde gegen die Beanstandung zu Ziffer 3. der Zwischenverfügung vom 30.03.2009, die allein noch Gegenstand des Verfahrens der weiteren Beschwerde ist, auch in der Sache rechtsfehlerfrei zurückgewiesen hat.

Die angemeldete konkrete Vertretungsregelung ist im vorliegenden Fall nicht eintragungsfähig, soweit sich der Beteiligte als „einzelvertretungsberechtigt" bezeichnet.

Die weitere Beschwerde unterscheidet insoweit nicht hinreichend zwischen der allgemeinen/abstrakten und der besonderen/konkreten Vertretungsbefugnis. Nach den §§ 8 Abs. 4 Nr. 2,  10 Abs. 1 S. 2 GmbHG sind Art und Umfang der Vertretungsbefugnis der Geschäftsführer in der Anmeldung anzugeben und in das Handelsregister einzutragen. Dabei ist die für die Geschäftsführer generell bestehende Vertretungsbefugnis (allgemeine bzw. abstrakte Vertretungsregelung) anzugeben; soweit die Vertretungsbefugnis für bestimmte Geschäftsführer abweichend von der allgemeinen Vertretungsregelung bestimmt ist - und nur dann -, muss diese spezielle Befugnis (besondere bzw. konkrete Vertretungsregelung) zusätzlich angegeben werden (Krafka/Willer/Kühn, Registerrecht, 8. Aufl., Rn. 948 f., 987 f.; Senat FGPrax 2010, 44 = NZG 2009, 1431 ff. = Rpfleger 2010, 144 f.; BayObLG NJW-RR 1998, 400; OLG Stuttgart FGPrax 2009, 182 f. = NZG 2009, 754 f.; OLG Bremen NJW 2010, 542).

Im vorliegenden Fall erfolgte die Gründung der Gesellschaft im vereinfachten Verfahren unter Verwendung des Musterprotokolls (Anlage zu § 2 Abs. 1 a GmbHG). Die Regelung in Ziffer 4. Satz 2 des Musterprotokolls („Der Geschäftsführer ist von den Beschränkungen des § 181 des Bürgerlichen Gesetzbuchs befreit") stellt eine konkrete Vertretungsregelung für den im Rahmen der Gründung bestellten, namentlich benannten Geschäftsführer dar; demgegenüber enthält das Musterprotokoll keine allgemeine/abstrakte Vertretungsregelung, so dass diese sich nach dem Gesetz (§ 35 GmbHG) richtet (Senat a.a.O.; Krafka/ Willer/Kühn a.a.O., Rn. 941c). Die allgemeine gesetzliche Vertretungsregelung geht dahin, dass, wenn nur ein Geschäftsführer bestellt ist, dieser die Gesellschaft allein vertritt, und dass, wenn mehrere Geschäftsführer bestellt sind, diese die Gesellschaft gemäß § 35 Abs. 2 S. 1 GmbHG gemeinsam vertreten (Krafka/ Willer/Kühn a.a.O., Rn. 974a; Roth/Altmeppen, GmbHG, 6. Aufl., § 35, Rn. 38; Baumbach/Hueck, GmbHG, 19. Aufl., § 35, Rn. 103). Wenn also nach der Gründung der Gesellschaft unter Verwendung des Musterprotokolls ein weiterer Geschäftsführer bestellt wird, verliert der bei der Gründung bestellte Geschäftsführer nach der allgemeinen gesetzlichen Regelung die Einzelvertretungsmacht (Baumbach/Hueck a.a.O.; Roth/Altmeppen a.a.O., § 2, Rn. 56; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 17. Aufl., § 2, Rn. 47; Michalski, GmbHG, 2. Aufl., § 2, Rn. 111). Da bei der Gründung der Gesellschaft im vereinfachten Verfahren keine über das Musterprotokoll hinausgehenden, vom Gesetz abweichenden Bestimmungen getroffen werden dürfen (§ 2 Abs. 1a S. 3 GmbHG) - was hier auch nicht geschehen ist - kann dem im Rahmen der Gründung bestellten Geschäftsführer nicht von vornherein eine (besondere/konkrete) Einzelvertretungsbefugnis für den Fall der späteren Bestellung weiterer Geschäftsführer eingeräumt werden (Michalski a.a.O.).

Wenn die von dem Beteiligten angemeldete konkrete Vertretungsregelung („Ich bin einzelvertretungsberechtigt ...") der Anmeldung entsprechend eingetragen würde, könnte diese Regelung im Rechtsverkehr als nächstliegende Bedeutung dahingehend verstanden werden, dass der Beteiligte stets - also auch im Falle der späteren Bestellung weiterer Geschäftsführer - einzelvertretungsberechtigt ist, was jedoch nach dem oben Gesagten von dem Musterprotokoll und dem Gesetz gerade nicht gedeckt ist. Dieses haben bereits die Vorinstanzen zutreffend dargelegt.

Der Beteiligte beruft sich allerdings mit der weiteren Beschwerde darauf, dass er zur Zeit - also solange er der einzige Geschäftsführer ist - sehr wohl einzelvertretungsberechtigt ist. Dieses ist aber bereits durch die einzutragende allgemeine Vertretungsregelung zu verlautbaren; nichts anderes besagen auch die von dem Beteiligten mit der weiteren Beschwerde angeführte Entscheidung des OLG Düsseldorf (NJW 1989, 3100) und die darin in Bezug genommene Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 63, 261 ff. = NJW 1975, 213 f.). Dagegen ist es unzulässig, (zusätzlich) eine den Rechtsverkehr verwirrende konkrete Vertretungsregelung einzutragen, wonach der Beteiligte einzelvertretungsbefugt ist, nur weil er derzeit der einzige Geschäftsführer ist (vgl. Krafka/ Willer/Kühn a.a.O., Rn. 995).

Die Wertfestsetzung beruht auf den §§ 131, 30 Abs. 1 KostO.

Die Entscheidung ist rechtskräftig.

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