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Wirtschaftsrecht
20.07.2017
Wirtschaftsrecht
OLG Hamm: Anmeldepflichten des Geschäftsführers einer UG (haftungsbeschränkt) auch nach Insolvenzverfahrenseröffnung

OLG Hamm, Beschluss vom 9.3.2017 – 27 W 175/16

ECLI:DE:OLGHAM:2017:0309.27W175.16.00

Volltext: BB-ONLINE BBL2017-1683-1

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Amtliche Leitsätze

Auch nach der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer haftungsbeschränkten UG hat der Geschäftsführer der Gesellschaft eine Änderung der Vertretungsverhältnisse oder der Geschäftsanschrift der Gesellschaft zum Handelsregister anzumelden. Unterlässt er die Anmeldung, kann eine Zwangsgeldfestsetzung gerechtfertigt sein.

§§ 389 FamFG, 5 a. 8. 13. 39, 78 GmbHG, 6, 31 HGB

Aus den Gründen

Die nach §§ 391 Abs. 1, 58 Abs. 1 FamFG zulässige Beschwerde ist unbegründet.

I.

Die gem. § 389 Abs. 1 FamFG erfolgte Zwangsgeldfestsetzung ist nicht zu beanstanden.

1.

Der Beteiligte hat die durch ihn als Geschäftsführer der „g UG (haftungsbeschränkt)“ nach §§ 13 Abs. 3, 5a Abs. 1, 78 GmbHG i. V. m. §§ 6 Abs. 1, 31 Abs. 1, 4. Alt. HGB, § 8 Abs. 4 Nr. 1, 39 Abs. 1 GmbHG dem Amtsgericht in der gesetzlich vorgesehenen Form mitzuteilende Änderung sowohl der Geschäftsanschrift als auch der Vertretungsverhältnisse der Gesellschaft nicht angemeldet, obwohl er hierzu als deren Geschäftsführer verpflichtet ist.

2.

Die Verpflichtung des Beteiligten ist – dieser Auffassung ist auch der Beteiligte selbst – mit Blick auf die zwischenzeitliche Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der UG nicht entfallen.

a)

Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens wird die Fähigkeit eines Schuldners oder seiner Organe, in einem Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit aufzutreten, insbesondere Anträge zu stellen, nicht berührt. Zwar ist der Insolvenzverwalter für die Anmeldung solcher Angelegenheiten befugt und gegebenenfalls auch verpflichtet, die im Zusammenhang mit der Ausübung seiner Rechte zur Verwaltung und Verwertung der Insolvenzmasse eintreten. Etwas anderes gilt aber für Anmeldungen, die die Insolvenzmasse nicht unmittelbar berühren. Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens geht zwar die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen der Gesellschaft auf den Insolvenzverwalter über. Die Organe der Gesellschaft und insbesondere die organschaftliche Stellung des Geschäftsführers einer GmbH bzw. UG bleiben jedoch unberührt. Soweit der durch das Insolvenzverfahren nicht verdrängte gesellschaftsrechtliche Bereich berührt ist, bleiben sämtliche gesellschafts- und registerrechtlichen Pflichten weiterhin beim Gesellschafter bzw. Geschäftsführer. Hierzu gehört auch die Anmeldung der Abberufung eines früheren Geschäftsführers einer GmbH oder UG (so in Bezug auf die GmbH: OLG Köln, Beschluss v. 11.07.2001, Az. 2 Wx 13/01 Rn. 17 m.w.N.; OLG Rostock, Beschluss v. 17.12.2002, Az. 6 W 52/02 = BeckRS 2010, 27459) und die Angabe einer aktuellen inländischen Geschäftsanschrift (so auch KG Berlin, Beschluss v. 26.04.2012, Az. 25 W 103/11 Rn. 12; OLG Hamburg, Beschluss v. 27.01.2011, Az. 11 W 4/11 Rn. 7 m.w.N.). Diese Maßnahmen betreffen nur die Vertretungsverhältnisse der Gesellschaft und nicht der Insolvenzmasse. Die Erfüllung dieser Pflichten obliegt damit weiterhin dem Geschäftsführer (OLG Köln a.a.O.).

b)

Soweit mit Blick auf den Sinn und Zweck der Verpflichtung zur Anmeldung einer geänderten Geschäftsanschrift, Zustellungsprobleme zu Lasten von Gläubigern zu verhindern, teilweise argumentiert wird, einer solchen Eintragung im Handelsregister bedürfe es dann nicht, wenn sich die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens aus dem Handelsregister ergebe und sich etwaige Gläubiger über einschlägige Internetportale über alle wesentlichen Daten des Insolvenzverfahrens, insbesondere auch die Anschrift des gem. § 80 InsO über das Vermögen des Schuldners verfügungsbefugten Insolvenzverwalters, informieren könnten (so OLG Schleswig, Beschluss v. 09.06.2010, Az. 2 W 90/10 = FGPrax 2010, 208, 210), folgt der Senat dem nicht. Denn die rechtliche Handlungsfähigkeit des Beteiligten als Geschäftsführer der Gesellschaft ist mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens – wie ausgeführt – nicht vollständig, sondern nur hinsichtlich des dem Insolvenzbeschlag unterliegenden Vermögens der Gesellschaft entfallen. Für die Anmeldung zur Änderung der Geschäftsanschrift der Gesellschaft besteht darüber hinaus auch ein praktisches Bedürfnis, etwa soweit es die Durchsetzung möglicher nichtvermögensrechtlicher Ansprüche gegenüber der Gesellschaft, wie beispielsweise etwaiger Unterlassungsansprüche, betrifft (so zutreffend auch OLG Hamburg, Beschluss v. 27.01.2011, Az. 11 W 4/11 Rn. 7 a. E.).

3.

Soweit der Beteiligte argumentiert, er sehe sich an der geforderten Anmeldung gehindert, da er keine hiermit verbundenen Kosten für die insolvente Schuldnerin auslösen dürfe, ihm deshalb in Bezug auf die unterlassenen Anmeldungen schon kein Verschulden zur Last falle und die Anordnung des Zwangsgeldes vor diesem Hintergrund nicht rechtmäßig sei, folgt der Senat dem nicht.

Die in § 39 Abs. 1 GmbHG geregelte Anmeldung stellt eine Pflicht der Gesellschaft dar, deren Erledigung nach § 78 GmbHG den Geschäftsführern obliegt (Senat, Beschluss v. 23.02.2012, Az. 27 W 175/11 Rn. 2; Baumbach/Hueck, Kommentar zum GmbHG, 21. Auflage 2017, § 39 Rn. 8); gleiches gilt mit Blick auf die Anmeldung der (geänderten) Geschäftsanschrift. Die Anmeldung durch den oder die Geschäftsführer der Gesellschaft erfolgt deshalb stets im Namen der Gesellschaft (Baumbach/Hueck, a.a.O., § 7 Rn. 2), die dementsprechend auch gem. § 22 GNotKG mit den Kosten der Anmeldung zu belasten ist (vgl. Korintenberg, Kommentar zum GNotKG, 19. Auflage 2015, § 22 Rn. 7). Diese nach der Insolvenz der Gesellschaft aus Mitteln der Masse zu bestreitende Kostenlast wird daher zwar durch die von den Geschäftsführern der Gesellschaft vorzunehmende Anmeldung ausgelöst. Ihre Entstehung ist mit Blick auf die hiermit einhergehende gebotene Erfüllung einer gesetzlichen Pflicht der Gesellschaft – und ihrer Geschäftsführer, § 78 GmbHG – aber gesetzlich gewollte Folge, und eine Belastung der Insolvenzmasse mit diesen Kosten daher hinzunehmen.

Der Beteiligte kann sich schließlich auch nicht mit Erfolg auf ein (etwaiges) Unvermögen der Masse zur Übernahme der mit der Anmeldung verbundenen Notar- und Gerichtskosten berufen; dies lässt seine gesetzliche Verpflichtung zur Vornahme der Anmeldung unberührt. Einem Geschäftsführer, dem im Übrigen auch privatrechtlich gegenüber der Gesellschaft die Pflicht obliegt, für die Anmeldung zu sorgen (vgl. Roth/Altmeppen, Kommentar zum GmbHG, 8. Auflage 2015, § 78 Rn. 11), ist vielmehr zuzumuten, die hiermit in Zusammenhang stehenden Kosten für die Gesellschaft zu verauslagen, sollte die Erfüllung der Pflicht von der Zahlung eines Vorschusses abhängig gemacht werden. Dies gilt für den hier in Rede stehenden Fall im Besonderen, zumal sich die Kosten für die Anmeldung der Änderung einer Geschäftsanschrift bei einem Geschäftswert von 5.000,- € (§ 105 Abs. 5 GNotKG) auf eine Gebühr von lediglich 30,- € (Entwurf einer Handelsregisteranmeldung einschließlich Unterschriftsbeglaubigung) und für die Anmeldung der Abberufung eines Geschäftsführers bei einem Geschäftswert von 30.000,- € (§ 105 Abs. 4 Nr. 1 GNotKG) auf höchstens 62,50 € (Unterschriftsbeglaubigung mit Entwurf) belaufen. Dass ein Geschäftsführer, der diese Kosten für die Gesellschaft verauslagt hat, seinen ihm gegenüber der Gesellschaft – respektive der Masse – hierdurch entstehenden Aufwendungsersatzanspruch – etwa gem. § 670 BGB – wegen der Vermögenslosigkeit der Gesellschaft möglicherweise nicht wird realisieren können, erscheint dabei mit Blick auf seine exponierte Stellung, die ihn auch und gerade zur Wahrung gläubigerschützender Belange verpflichtet, gerechtfertigt.

Im Ergebnis ist damit – unabhängig von der Frage, ob die Verhängung eines Zwangsgeldes überhaupt eines Verschuldens bedarf (dafür: Bumiller/Haders/Schwab, Kommentar zum FamFG, 11. Auflage 2015, § 388 Rn. 20; dagegen: Keidel, Kommentar zum FamFG, 19. Auflage 2017, § 388 Rn. 2; Münchner Kommentar zum FamFG, 2. Auflage 2013, § 388 Rn. 2) – von einem schuldhaften Unterlassen des Beteiligten auszugehen. Dies gilt erst recht mit Blick auf den Umstand, dass die ehemals weitere Geschäftsführerin T ihr Amt bereits am 05.12.2014 niedergelegt und die Anschrift der Gesellschaft sich ebenfalls schon im Mai 2015 geändert hat, die Veränderungen mithin jeweils längere Zeit vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft am 23.03.2016 hätten angemeldet werden können und müssen.

4.

Das Amtsgericht hat den Beteiligten in der Androhung vom 19.09.2016 gem. § 388 Abs. 1 FamFG auf die Folgen seiner Untätigkeit hingewiesen. Im Hinblick auf die Zeitdauer – wie ausgeführt, war die Beendigung der Geschäftsführereigenschaft der T bereits seit dem 05.12.2014 anzumelden und die Gesellschaft jedenfalls seit Mai 2015 nicht mehr unter der bisherigen Anschrift erreichbar – ist die festgesetzte Höhe des Zwangsgeldes ebenfalls nicht zu beanstanden.

II.

Soweit sich der Beteiligte mit seiner Beschwerde zugleich gegen die mit dem angefochtenen Beschluss erfolgte Androhung eines erneuten Zwangsgeldes wendet, unterliegt diese Androhung nach Maßgabe von §§ 58 Abs. 1, 391 Abs. 1, 389 Abs. 1 FamFG nicht der Beschwerde, weswegen eine Entscheidungszuständigkeit des Senats insoweit nicht eröffnet ist (OLG Hamburg, a.a.O. Rn. 9).

III.

Die Festsetzung des Beschwerdewertes beruht auf § 36 Abs.1 GNotKG.

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