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Wirtschaftsrecht
29.04.2008
Wirtschaftsrecht
OLG Frankfurt: Ankündigung eines Insolvenzverkaufs

OLG Frankfurt, Urteil vom 27.3.2008 - 6 U 66/07 

Sachverhalt

I. Die Beklagte führte in ... in der Zeit zwischen dem 3.12.2005 und dem 9.1.2006 eine für diesen Zeitraum angemeldete, als „Isolvenzverkauf" bezeichnete Wanderlagerveranstaltung durch, mit der über 10.000 aus der Insolvenzmasse eines anderen Unternehmens stammende Orientteppiche zu reduzierten Preisen veräußert werden sollten. Sie warb für diese als Verkaufsveranstaltung mit der im nachfolgenden Klageantrag wiedergegebenen Anzeige, in der der Zeitraum der Verkaufsveranstaltung nicht genannt war. Die Klägerin sieht in der Werbung einen Verstoß gegen § 4 Nr. 4 UWG, weil der Zeitraum der Verkaufsveranstaltung nicht klar und eindeutig angegeben sei. Außerdem hält sie die Werbung für irreführend (§ 5 UWG). Sie nimmt die Beklagte daher auf Unterlassung und Erstattung der Abmahnkosten in Anspruch. Im Übrigen wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird Bezug genommen (§ 540 I, 1 ZPO).

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der Berufung, wobei sie den erstinstanzlich gestellten Klageantrag wie nachstehend ersichtlich klargestellt und um einen Hilfsantrag ergänzt hat. Im Berufungsverfahren wiederholen und vertiefen beide Parteien ihr erstinstanzliches Vorbringen. Wegen der Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte unter Abänderung des angefochtenen Urteils zu verurteilen,

es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs selbst oder durch Drittte in der an den Letztverbraucher gerichteten Werbung für den Verkauf von Artikeln des Sortiments unter Bezugnahme auf eine besondere Verkaufsaktion Preisreduzierungen der Beklagten anzukündigen, ohne in der Werbung den im Zeitpunkt der Werbung bereits festgelegten Zeitraum klar und eindeutig anzugeben, insbesondere wie dies in der nachfolgend wiedergegebenen Werbeanzeige (Schwarz-Weiß-Kopie) erfolgte:

(Vom Abdruck der nachfolgenden Textpassagen wurde aus datenschutzrechtlichen Gründen abgesehen - die Red.)

hilfsweise:

im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs mit der oben wiedergegebenen Werbeanzeige (Schwarz-Weiß-Kopie) zu werben und/oder werben zulassen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Aus den Gründen

II. Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Der Klägerin steht der mit den Haupt- und Hilfsanträgen geltend gemachte Unterlassungsanspruch ebenso wie der Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu. Wie das Landgericht zutreffend angenommen hat, verstößt die beanstandete Werbung nicht gegen § 4 Nr. 4 UWG; sie enthält auch keine irreführenden Angaben im Sinn von § 5 UWG.

Die angegriffene Werbung erfüllt nicht die Tatbestandsvoraussetzungen des § 4 Nr. 4 UWG, weil sie keine „Verkaufsförderungsmaßnahme" im Sinne dieser Vorschrift betrifft.

Die Beklagte hat dem angesprochenen Verkehr mit der Anzeige keinen „Preisnachlass" in Aussicht gestellt.

Der Begriff des Preisnachlasses setzt voraus, dass dem Käufer ein betragsmäßig oder prozentual festgelegter Abschlag vom angekündigten oder allgemein geforderten Preis gewährt wird (vgl. Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 26. Aufl., Rdz. 4.7 iV.m. 1.92 zu § 4 UWG). In diesem Sinn wurde der Begriff unter der Geltung des inzwischen aufgehobenen Rabattgesetzes verstanden (§ 1 II RabattG). Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber diesem Begriff in § 4 Nr. 4 UWG einen anderen Inhalt verleihen und damit auch andere Formen der Preisvergünstigung, insbesondere die auf Dauer angelegte Herabsetzung des allgemein geforderten Preises - für die das Gesetz im Übrigen an anderer Stelle (§ 5 IV UWG) besondere Regelungen enthält - erfassen wollte.

Das demnach für einen Preisnachlass kennzeichnende Erfordernis, dass der reduzierte Preis nur eine Ausnahme gegenüber dem sonst geforderten Normalpreis darstellt, ist im vorliegenden Fall nicht gegeben, da bei einem „Insolvenzverkauf", der dem beschleunigten Abverkauf von Insolvenzware dient, der niedrigere Preis keine Ausnahme gegenüber dem nach wie vor üblicherweise geforderten Preis darstellt. Vielmehr ist auch aus der Sicht des angesprochenen Verkehrs die infolge der Insolvenz eingetretene Zwangslage lediglich die Erklärung für die ermäßigten Preise, bei denen es sich gewissermaßen um die neuen allgemein geforderten Preise handelt; insbesondere ist unter diesen Umständen eine Rückkehr zu den zuvor geforderten Preisen ausgeschlossen (ebenso für den Fall des insoweit vergleichbaren Räumungsverkaufs wegen Geschäftsaufgabe OLG Hamm, Urt. v. 23.5.2006 - 4 U 56/06; zitiert nach juris, Tz. 5).

Die beworbene Verkaufsveranstaltung kann auch nicht als sonstige Verkaufsförderungsmaßnahme i.S.v. § 4 Nr. 4 UWG eingestuft werden. Zwar sind die in der Vorschrift aufgeführten Beispiele für Verkaufsförderungsmaßnahmen, zu denen auch die Preisnachlässe gehören, nicht abschließend. Vom Anwendungsbereich der Vorschrift werden dabei solche weiteren, als „Wertreklame" einzustufenden Maßnahmen erfasst, die im Hinblick auf ihre grundsätzliche Eignung, die Kaufentscheidung unsachlich zu beeinflussen, mit den aufgeführten Beispielen vergleichbar sind. Nachdem der Gesetzgeber jedoch gerade den Preisnachlass als eines der Beispiele für eine Verkaufsförderungsmaßnahme in die Regelung des § 4 Nr. 4 UWG aufgenommen hat, besteht grundsätzlich kein Anlass, die von diesem Beispielsfall nicht erfasste Herabsetzung des allgemein geforderten Preises, von der ein jedenfalls geringerer Anlockeffekt ausgeht als von einem Preisnachlass, ebenfalls als Verkaufsförderungsmaßnahme im Sinne des Gesetzes einzustufen (vgl. auch hierzu OLG Hamm a.a.O. Tz. 6). Etwas anderes kann allenfalls dann gelten, wenn zur Preisherabsetzung weitere Umstände hinzutreten, die die Werbemaßnahme als mit einem Preisnachlass vergleichbare „Wertreklame" erscheinen lassen. Solche Umstände sind hier jedoch nicht gegeben.

Unter den genannten Umständen enthält die Werbung auch keine irreführenden Angaben, da beim angesprochenen Verkehr keine unzutreffenden Vorstellungen über die Dauer der beworbenen Verkaufsveranstaltung hervorgerufen werden und der Vorschrift des § 5 UWG ein allgemeines Transparenzgebot nicht zu entnehmen ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 I ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision sind nicht erfüllt, da die Entscheidung weder grundsätzliche Fragen über die Auslegung von § 4 Nr. 4 UWG aufwirft (§ 543 II Nr. 1 ZPO) noch in Widerspruch zur Rechtsprechung anderer Oberlandesgerichte steht (§ 543 II Nr. 2 ZPO). Die Entscheidung des OLG Oldenburg vom 15.3.2007 (1 U 109/06; zitiert nach juris) betrifft den Fall eines vorübergehenden Räumungsverkaufs zum Zwecke des Umbaus, der mit dem hier zugrunde liegenden Sachverhalt eines Insolvenzverkaufs nicht vergleichbar ist (so auch - in Abgrenzung zu einem Totalräumungsverkauf wegen endgültiger Geschäftsaufgabe - OLG Oldenburg a.a.O. Tz. 48). 

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