OLG Köln: Angelkurse – Werbung mit Kundenbewertungen
OLG Köln, Urteil vom 20.12.2024 – 6 U 59/24
Volltext: BB-Online BBL2025-194-5
unter www.betriebs-berater.de
Amtliche Leitsätze
1. Wirbt ein Unternehmen mit „Kundenbewertungen“ für seine Leistungen im Internet, ohne darauf hinzuweisen, dass es keine Maßnahmen zur Überprüfung getroffen hat, ob die Bewertungen tatsächlich von Kunden stammten, die die Leistungen des Unternehmens in Anspruch genommen haben, stellt dies einen Verstoß gegen Nr. 23 b) des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG dar. Dies gilt auch, wenn nach Anklicken eines Feldes „Hinweis zu den Bewertungen“ über diesen Umstand aufgeklärt wird.
2. Die Werbung mit „Du hast den besten Preis. Nirgendwo sonst wird dieses Produkt günstiger angeboten“ suggeriert, dass das identische oder ein gleiches Produkt auch noch anderweitig angeboten wird. Die Tatsache, dass wenn nur das werbende Unternehmen selbst das beworbene Produkt zu einem bestimmten Preis anbietet, dieser Preis zwangsläufig der günstigste ist, ist eine Selbstverständlichkeit, mit deren werblicher Herausstellung der angesprochene Verkehr nicht rechnet.
3. Die Bewerbung eines Angelkurses mit „offizieller Onlinekurs“ erweckt den Eindruck, es gebe auch inoffizielle Onlinekurse und der beworbene Kurs nehme insoweit eine hervorgehobene Stellung ein. Sie ist irreführend, wenn sämtliche angebotenen Kurse eine behördliche Genehmigung in Gestalt eines Anerkenntnisses gemäß § 16 Abs. 1 LFischVO B-W aufweisen müssen.
4. § 16 LFischVO B-W ist keine Marktverhaltensregel im Sinn des § 3a UWG.
Sachverhalt
I.
Der Kläger, ein Angelverein in Baden-Württemberg, nimmt die Beklagte, die eine Angelschule betreibt, wegen folgender Werbung
1. s. Abbildung oben Tenor Ziff. I.1.
2. s. Abbildung oben Tenor Ziff. I.2.
3. s. erste Abbildung oben Tenor Ziff. I.3.
4. s. Abbildung oben Tenor Ziff. I.4.
5.
6. gemäß Anlage KPW!:
auf Unterlassung, Auskunft, Schadensersatzfeststellung und Erstattung von Abmahnkosten in Anspruch.
Der Kläger rügt die oben unter Ziff. 1 bis 4 angeführte Werbung als irreführend, die unter Ziff. 6 angegriffene Werbung unter dem Gesichtspunkt der Verwirklichung des Rechtsbruchstatbestandes nach § 3a UWG und die Gestaltung der oben unter Ziff. 5 wiedergegebene Webseite der Beklagten im Hinblick darauf, wie dort eine Einwilligung der Internetnutzer für Werbemaßnahmen eingeholt wird.
Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien sowie der erstinstanzlich gestellten Anträge wird gemäß § 540 Abs. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil des Landgerichts Köln vom 30.04.2024 Bezug genommen. Ergänzend ist auszuführen, dass beim Anklicken des oben unter Ziff. 1 wiedergegebenen Links folgende Webseite eingeblendet wurde
und beim Anklicken des oben unter Ziff. 2 wiedergegebenen Feldes „Hinweis zu den Bewertungen“ folgende Information erschien:
Das Landgericht hat nach Beweisaufnahme durch Vernehmung des Zeugen W. der Klage bezüglich der Unterlassungsanträge zu Ziff. I.2, I.3 und I.4 sowie in entsprechendem Umfang dem Auskunftsbegehren und der Klage auf Schadensersatzfeststellung stattgegeben. Außerdem hat es die Beklagte zur Zahlung von Abmahnkosten in Höhe von 1.091,80 € verpflichtet. Im Übrigen hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stehe fest, dass der Kläger vor der Coronapandemie in erheblichem Maße Kurse angeboten und dieses Angebot nach der Pandemie fortgesetzt habe, er mithin als Mitbewerber der Beklagten aktivlegitimiert sei. Die unter Ziff. 2. angegriffene Werbung verstoße gegen Nr. 23b des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG, da die Beklagte keine Maßnahmen zur Überprüfung ergriffen habe, ob die Bewertungen von ihren Kunden stammen. Die unter Ziff. 3 angegriffene Werbung führe den Verbraucher über den Gesamtpreis in die Irre. Die Bestpreiswerbung gemäß Ziff. 4 verstoße gegen § 5 Abs. 2 Nr. 2 UWG, da die Voraussetzungen einer zulässigen Werbeaussage über eine Preisgarantie nicht eingehalten seien. Die Werbung mit einem offiziellen Onlinekurs gemäß dem Klageantrag zu Ziff. I.1. sei dagegen nicht als irreführend zu beanstanden; die Google-Anzeige sei nicht dahin zu verstehen, dass der Beklagten von staatlicher Stelle gegenüber den anderen Marktteilnehmern eine Sonderstellung eingeräumt werde. Der Antrag zu Ziff. I.6 sei unbegründet, weil es sich bei § 16 LFischVO nicht um eine Marktverhaltensregelung handele. Die unter Ziff. 5 angegriffene Werbung stelle entgegen der Ansicht des Klägers keine unzumutbare Belästigung dar. Zwar sei in einer wie unter Ziff. 5 wiedergegebenen Einwilligung keine ausdrückliche Einwilligung i.S.d. § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG zu erkennen, der Kläger habe jedoch nicht vorgetragen, dass die Beklagte eine solche Werbung betrieben habe. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Beklagte E-Mail-Werbung an Kunden versandt habe, die nicht ausdrücklich durch Anwählen der Check-Box eingewilligt hätten.
Gegen diese Entscheidung wenden sich beide Parteien mit ihren Berufungen.
Der Kläger rügt die Abweisung der Klageanträge zu Ziff. I.1, I.5 und I.6. Die Werbung mit „Offizieller Onlinekurs“ suggeriere, verstärkt durch die Angaben der Beklagten auf der Landingpage, eine von staatlicher Seite eingeräumte Sonderstellung, die es seit der Liberalisierung des Marktes für Vorbereitungskurse in Baden-Württemberg gerade nicht mehr gebe. Außerdem sei der von der Beklagten als Anlage B1 vorgelegte Anerkennungsbescheid unvollständig und bis Dezember 2022 befristet. Bezüglich der automatischen Einwilligung zur Verwendung personenbezogener Daten per Mail habe das Landgericht den Antrag fehlinterpretiert. Der Antrag zu Ziff. I.5 sei nicht auf das Unterlassen der Zusendung von Werbung gerichtet, sondern darauf, die Einwilligung in der dargestellten Weise einzuholen, nämlich ohne dem Verbraucher die Möglichkeit eines Opt-In zu geben. Da die AGB-Klausel nach § 308 Nr. 5 BGB unwirksam sei, habe es keines Nachweises bedurft, dass eine Werbemail tatsächlich ohne vorherige Genehmigung versendet worden sei. Vielmehr genüge der unstreitige Vortrag, dass die Art und Weise der nach § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG nötigen vorherigen Zustimmung durch die verwendeten AGB verletzt wurde. Er habe daher einen Unterlassungsanspruch gemäß § 3a UWG i.V.m. § 308 Nr. 5 BGB. Bezüglich des Antrags zu Ziff. I.6 sei unstreitig, dass die Beklagte selbst kein anerkannter Anbieter eines Vorbereitungskurses nach § 16 LFischVO als Marktverhaltensvorschrift sei. Der als Anlage B1 vorgelegte Bescheid sei nicht geeignet, eine entsprechende Genehmigung zu substantiieren. Wegen der Einzelheiten wird auf die Berufungsbegründung vom 23.07.2024 sowie den nachgelassenen Schriftsatz vom 04.12.2024 Bezug genommen.
Der Kläger beantragt,
unter teilweiser Abänderung der Entscheidung des Landgerichts über die dort ausgesprochene Verurteilung hinausgehend
I. der Beklagten unter Androhung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,00 € und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, ersatzweise Ordnungshaft von bis zu 6 Monaten, oder einer Ordnungshaft von bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfall bis zur Höchstdauer von insgesamt 2 Jahren, die Ordnungshaft zu vollziehen am Geschäftsführer der Beklagten, zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr in der Bundesrepublik Deutschland handelnd,
1. mit der Behauptung zu werben, es handele sich bei ihrem Onlinekurs um den offiziellen Onlinekurs für den Angelschein in Baden-Württemberg, geschehen wie folgt:
5. eine Einwilligung eines Verbrauchers zum Erhalt von Werbung per E-Mail einzuholen, ohne dass der Verbraucher tatsächlich eine aktive Einwilligung erteilt hat, wie nachfolgend geschehen:
6. einen Vorbereitungskurs anzubieten, welcher die Teilnehmer dieses Kurses dazu berechtigt, zu der Prüfung zum Angelschein in Baden-Württemberg zugelassen zu werden, ohne ein geeigneter und vom zuständigen Regierungspräsidium zugelassener Anbieter eines solchen Vorbereitungskurses zu sein, geschehen, wie in Anlage KPW1 wiedergegeben;
II. die Beklagte zu verurteilen, Kosten in Höhe von 2.584,09 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit an ihn zu bezahlen.
Die Beklagte beantragt,
1. die Berufung des Klägers zurückzuweisen,
2. das am 30.04.2024 verkündete Urteil des Landgerichts Köln (33 O 9/23) teilweise abzuändern und die Klage vollumfänglich abzuweisen.
Die Beklagte rügt in erster Linie, dass das Landgericht ein zwischen den Parteien bestehendes Wettbewerbsverhältnis angenommen habe. Bezüglich der Jahre 2020 bis 2024 greife das Geständnis des Klägers. Es sei als wahr zu unterstellen, dass der Kläger in diesen vier Jahren keine Vorbereitungskurse angeboten habe. Der abweichende spätere Vortrag sei insoweit nicht mehr zu berücksichtigen. Bezüglich der Jahre vor und nach der Pandemie sei die Aussage des Zeugen mangels hinreichender Substantiierung aus prozessualen Gründen (Ausforschung des Gerichts) nicht zu berücksichtigen. Außerdem habe sie bereits in der Klageerwiderung darauf hingewiesen, dass der Kläger aufgrund seiner Gemeinnützigkeit keine Gewinne erzielen dürfe. Sie habe bestritten, dass der Kläger in den vergangenen fünf Jahren überhaupt Erträge aus dem Angebot von Vorbereitungslehrgängen erzielt habe. Dem sei der Kläger nicht entgegengetreten, so dass diese Tatsache unstreitig sei. Eine tatsächliche Onlinetätigkeit habe der Kläger bis heute nicht dargelegt und unter Beweis gestellt. Soweit das Landgericht die Vorbereitung eines Onlinekurses ohne die Absicht zu haben, Kurse auch tatsächlich anzubieten, als nicht lebensnah und ihr Bestreiten bezüglich des mit der Entwicklung eines solchen Kurses verbundenen Aufwands als pauschal zurückgewiesen habe, liege mangels eines Hinweises auf eine ungenügende Substantiierung ein Verfahrensfehler vor. Bei einem konkreten Hinweis seitens der Kammer hätte sie detailliert Stellung genommen, so dass eine Klageabweisung aus diesem Grund nicht möglich gewesen wäre. Im Übrigen könnten bloße Vorbereitungshandlungen keine Wettbewerbsstellung begründen. Die Klageanträge zu Ziff. I.2, I.3 und I.4 seien aber auch sonst unbegründet. Bezüglich des Antrags zu Ziff. I.2 habe das Landgericht rechtsfehlerhaft angenommen, dass die Überschrift „Kundenbewertungen“ im Banner nicht anders verstanden werden könne, als dass es sich dabei um ihre Kunden handele. Die Kammer habe die konkrete Gestaltung der beanstandeten Grafik, insbesondere die untergeordnete, gerade nicht blickfangmäßige Stellung des Begriffs „Kundenbewertungen“ und die in deutlich größerer Schrift gehaltenen „Hinweis zu den Bewertungen“ außer Betracht gelassen. Aus dem Gesamteindruck der Grafik und dem damit verknüpften Hinweis gehe klar hervor, dass es vorliegend gerade nicht um Kundenbewertungen im engeren Sinne gehe. Im Übrigen habe sie die Gestaltung Anfang des Jahres 2023 geändert. Die streitbefangene Werbung zu Ziff. I.3 habe sie unstreitig bereits vor der Klageerhebung geändert; sie habe einen Sternchenhinweis zum Praxistag und zu den dafür anfallenden Kosten hinzugefügt. Außerdem handele es sich bei dem Praxistag um eine fakultative Leistung. Der nach Klageantrag und Urteil beanstandete subjektive Zweck („um an der Prüfung zum Angelschein zugelassen zu werden“) finde insoweit in der angegriffenen Werbung keinen Niederschlag. Zudem befinde sich in dem im Urteilstenor abgebildeten streitbefangenen Ausschnitt aus ihrer Webseite überhaupt keine Preisangabe, so dass hier bereits denknotwendig mangels Angabe von Teilkosten auch keine Gesamtkosten ausgewiesen werden müssten. Bezüglich des Antrags zu Ziff. I.4 sei die vom Landgericht rechtsirrig angenommene Preisgarantie nicht Gegenstand des Klageantrags. Ihr Preisversprechen beziehe sich nur konkret auf ihren individuell zusammengestellten Onlinekurs mit den konkret genannten Vorteilen. Der angesprochene Verkehr werde die angegriffene Angabe somit nicht zwingend dahin verstehen, dass „dieses Produkt“ bei anderen Anbietern erhältlich sei und der angebotene Preis dabei nicht unterboten werde. Das Versprechen, dass „dieses Produkt“ nirgends günstiger angeboten werd, sei zutreffend. Ein weitergehendes Versprechen, dass das Produkt woanders erhältlich sei, enthalte die angegriffene Aussage gerade nicht. Nur sie selbst biete diesen Kurs an. Es sei ein legitimer Zweck, ihre Kunden darauf hinzuweisen und ihnen unnötige Recherchezeit zu ersparen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Berufungsbegründung vom 31.07.2024 Bezug genommen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Beide Parteien verteidigen die angefochtene Entscheidung im Umfang der für sie günstigen Feststellungen, unter Wiederholung und Vertiefung des erstinstanzlichen Vorbringens. Soweit der Kläger den Unterlassungsanspruch zu Zff. I.5 in zweiter Instanz auch auf § 3a UWG i.V.m. § 308 Nr. 5 BGB stützt, stimmt die Beklagte einer Klageänderung nicht zu und erhebt unter Hinweis darauf, dass die streitbefangene Textpassage noch im Jahr 2023 geändert worden sei, vorsorglich die Einrede der Verjährung.
Aus den Gründen
II.
Die zulässige Berufung der Beklagten ist nicht begründet. Die Berufung des Klägers hat teilweise Erfolg. Der Kläger kann über das vom Landgericht bereits Zuerkannte hinaus von der Beklagten auch Unterlassung der Werbung gemäß dem Klageantrag zu Ziff. I.1 verlangen sowie Erstattung anteiliger Abmahnkosten in entsprechend erhöhtem Umfang. Im Übrigen ist das Rechtsmittel des Klägers unzulässig bzw. unbegründet.
1. Die Berufung des Klägers ist unzulässig, soweit er – wie im nachgelassenen Schriftsatz vom 04.12.2024 klargestellt – auch eine Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung bezüglich seines Auskunfts- und Schadensersatzfeststellungsbegehrens erstrebt. Insoweit fehlt es an der nach § 520 ZPO erforderlichen Begründung. Bezüglich der Abmahnkosten ist den formellen Anforderungen an eine zulässige Berufung dagegen noch Genüge getan.
a. Der Kläger hat Berufung eingelegt, soweit der Klage nicht stattgegeben wurde, in der Berufungsbegründung dagegen angeführt, dass das Urteil des Landgerichts im Hinblick auf die Abweisung der Klageanträge zu Ziff. I.1, I.5 und I.6 keinen Bestand haben könne; die Berufung sei darauf gerichtet, die Beklagte auch insoweit antragsgemäß zu verurteilen und ihr die gesamten Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Seine Berufungsanträge betreffen die vom Landgericht abgewiesenen Unterlassungsansprüche und die (vom Landgericht nur teilweise zuerkannten) Abmahnkosten, nicht auch die (vom Landgericht ebenfalls nur teilweise zuerkannten) Ansprüche auf Auskunft und Schadensersatzfeststellung. In der Berufungsbegründung selbst trägt der Kläger ausschließlich zu den Unterlassungsansprüchen vor und nimmt ergänzend pauschal auf sein erstinstanzliches Vorbringen Bezug. Die Ausführungen des Klägers in der Erwiderung vom 27.09.2024 auf die Berufung der Beklagten u.a. zu den Ansprüchen auf Auskunft und Schadensersatz erfolgten erst nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist und dienen der Rechtsverteidigung.
Gemäß § 520 Abs. 3 Nr. 1 ZPO muss die Berufungsbegründung die Erklärung erhalten, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge). Außerdem muss nach § 520 Abs. 3 Nr. 2 ZPO die Berufungsbegründung die Umstände bezeichnen, aus denen sich nach Ansicht des Berufungsklägers die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt. Dazu gehört eine aus sich heraus verständliche Angabe, welche bestimmten Punkte des angefochtenen Urteils der Berufungskläger bekämpft und welche tatsächlichen oder rechtlichen Gründe er ihnen im Einzelnen entgegensetzt. Die Auffassung des Erstgerichts mit formularmäßigen Sätzen oder allgemeinen Redewendungen zu rügen oder lediglich auf das Vorbringen erster Instanz zu verweisen, reicht nicht aus. Bei mehrere prozessualen Ansprüchen ist grundsätzliche eine Begründung für jeden Anspruch nötig, wenn in vollem Umfang angefochten werden soll. Zu beachten ist allerdings stets, dass formelle Anforderungen an die Einlegung eines Rechtsmittels im Zivilprozess nicht weitergehen dürfen, als es durch ihren Zweck geboten ist. Das gilt auch für die Prüfung der Anforderungen an die Zulässigkeit der Berufung gemäß § 522 Abs. 1 ZPO (s. z.B. BGH, Beschluss vom 21.07.2020, VI ZB 7/20, juris, Tz. 7, m.w.N.).
b. Die Berufungsbegründung des Klägers wird diesen Anforderungen noch gerecht, soweit es um die Abmahnkosten geht. Da es sich bei diesen um reine Annexansprüche zu den Unterlassungsbegehren handelt, reicht es aus, dass der Kläger durch den in der Berufungsbegründung ausdrücklich formulierten Antrag zu Ziff. II. klargestellt hat, den Anspruch auf vollständige Erstattung der Abmahnkosten weiter zu verfolgen, und konkrete Ausführungen (nur) zu den Anträgen zu Ziff. I.1., I.5 und I.6. gemacht hat.
c. Bezüglich der Ansprüche auf Auskunft und Schadensersatzfeststellung sind gemessen an den o.a. Grundsätzen die formellen Anforderungen an eine zulässige Berufungsbegründung dagegen nicht erfüllt. Der Zweck des Begründungserfordernisses ist nicht mehr gewahrt. Der Berufungsbegründung lässt sich nicht in ausreichender Weise entnehmen, dass der Kläger das angefochtene Urteil auch noch in diesen beiden Punkten bekämpfen wollte. Was beantragt wird, kann sich zwar auch ohne förmlichen Antrag aus der Begründungsschrift konkludent durch Auslegung ergeben (RG, Beschluss vom 25.06.1934, IV B 34/34, RGZ 145, 38-40), hier fehlt jedoch jeglicher Hinweis auf ein Abänderungsbegehren überhaupt. Die Tatsache, dass der Kläger bezüglich der Abmahnkosten den Antrag zu Ziff. II. formuliert hat, aber keinen Antrag zu den - als Annexforderungen systematisch weitgehend gleichlaufenden - Ansprüchen auf Auskunft und Schadensersatzfeststellung lässt im Gegenteil darauf schließen, dass der Kläger diese drei Forderungen, aus welchem Grund auch immer, unterschiedlich behandeln wollte. Ohne einen Antrag und ohne jegliche auf das ungewollte Fehlen eines solchen hinweisende Begründung kommt selbst bei reinen Annexansprüchen eine ergänzende Auslegung des Berufungsbegehrens nicht mehr in Betracht.
2. Grundlage für die geltend gemachten Unterlassungsansprüche ist § 8 Abs. 1 UWG. Danach kann derjenige, der eine nach § 3 oder § 7 UWG unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt, bei Wiederholungsgefahr von den nach § 8 Abs. 3 UWG Berechtigten auf Unterlassung in Anspruch genommen werden.
a. Der Kläger ist als Mitbewerber gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG klagebefugt. Nach der in erster Instanz durchgeführten Beweisaufnahme steht fest, dass zwischen den Parteien im Zeitpunkt der Klageerhebung im Januar 2023 ein konkretes Wettbewerbsverhältnis i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 4 UWG bestand, das bis heute andauert. Beide Parteien bieten geschäftsmäßig entgeltliche Kurse zur Erlangung eines Angelscheins in Baden-Württemberg an. Der Kläger vertreibt seine Dienstleistung in nicht unerheblichem Maße und nicht nur gelegentlich.
Die vom Landgericht vorgenommene Beweiswürdigung ist berufungsrechtlich nicht zu beanstanden. Der Zeuge W. hat bei seiner Vernehmung im April 2024 glaubhaft bekundet, dass der Kläger schon Jahrzehnte vor der Coronapandemie in erheblichem Maße Kurse angeboten hat (seit 1998 zunächst zwei, später vier Kurse im Jahr mit jeweils 50 bis 65 Teilnehmern), dieses Angebot nach der Pandemie fortgesetzt hat (2022 Kurse geplant, aber mangels Teilnehmerzahl abgesagt, 2023 zwei Praxistage durchgeführt, im März 2024 ein Präsenzkurs durchgeführt), und dass der Kläger die Zeit der Coronapandemie dazu genutzt hat, einen Onlinekurs vorzubereiten, der 2024 gestartet ist. Die Aussage zur Tätigkeit des Klägers nach der Coronapandemie steht in Einklang mit den vom Kläger als Anlagen KPW06 ff. zur Akte gereichten Dokumente, die sogar einen im Jahr 2022 durchgeführten Kurs belegen. Ausweislich des Verzeichnisses der nach § 16 LFischVO anerkannten Anbieter zur Durchführung von Vorbereitungslehrgängen auf die Fischereiprüfung in Baden-Württemberg ist der Kläger inzwischen ein zugelassener Wettbewerber für Online-Kurse.
Bedenken gegen die Glaubwürdigkeit des Zeugen und/oder Glaubhaftigkeit seiner Aussage trägt die Beklagte im Berufungsverfahren nicht vor. Sie beruft sich lediglich darauf, dass entscheidungserhebliche Teile der Aussage des Zeugen im Hinblick auf das vom Kläger in erster Instanz bindend Zugestandene und die Durchführung eines Ausforschungsbeweises nicht berücksichtigt werden dürften. Diese Einwände gehen fehl.
Die Ansicht der Beklagte, der Kläger habe ein Geständnis abgegeben, während der Coronapandemie in den Jahren 2020, 2021, 2022 und 2023 keine Aktivitäten entfalten und keinen Vorbereitungskurs durchgeführt zu haben, ist schon im Ansatz nicht nachvollziehbar. Der Kläger hat lediglich vorgetragen, dass er während der Covid-Pandemie - wie der Landesfischereiverband Baden-Württemberg e.V. (LFVBW) auch - keine Vorbereitungskurse habe anbieten können. Dies betrifft, ebenso wie der Vortrag der Beklagten zu den Covid-Jahren, nur die Jahre 2020 und 2021.
Das Ergebnis einer Beweisaufnahme kann selbst dann verwerten werden, wenn ihr – wie hier nicht – eine unzulässige Ausforschung zugrunde lag. Ein Beweisergebnis ist nicht schon deshalb unberücksichtigt zu lassen, weil es unter Verstoß gegen Vorschriften des Verfahrensrechts gewonnen wurde. Die Beweisverwertung ist nur dann verboten, wenn die Beweiserhebung ein verfassungsrechtlich geschütztes Recht einer Partei verletzt, ohne dass dies zur Gewährleistung eines im Rahmen der Güterabwägung als höherwertig einzuschätzenden Interesses der anderen Partei oder eines anderen Rechtsträgers nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gerechtfertigt erscheint, es sei denn, der Verstoß gegen verfahrensrechtliche Vorschriften wie etwa den Grundsatz der Unmittelbarkeit und Parteiöffentlichkeit kann die Güte des Beweisergebnisses beeinträchtigen (s. BGH, Urteil vom 01.03.2006, XII ZR 210/04, juris, Tz. 22 ff.; OLG Düsseldorf, Urteil vom 27.01.2015, 21 U 114/13, juris, Tz. 63 f.). Ein derartiger Verstoß liegt hier nicht vor. Der gerügte Verfahrensfehler betrifft allein die Anordnung der Beweisaufnahme, nicht aber die Art und Weise ihrer Durchführung. Ein verfassungsrechtlich geschütztes Recht der Beklagten, das durch die Vernehmung des Zeugen verletzt werden könnte, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
Im Übrigen geht der Vorwurf eines Ausforschungsbeweises aber auch inhaltlich fehl. Die vom Landgericht formulierte Beweisfrage („… Behauptungen, der Kläger habe seit Jahrzehnten Vorbereitungskurse zur Fischereiprüfung angeboten, hunderte Teilnehmer pro Jahr bzw. tausende Teilnehmer insgesamt seien vom Kläger ausgebildet worden, 2022 und 2023 seien Kurse angeboten worden, die zum Teil auch stattgefunden hätten, ein zwischenzeitliches gänzliches Ausbleiben von Kursen habe es nur während der Pandemie gegeben, …“, hervorgehoben die Passagen, die die Beklagte als vom Kläger nicht vorgetragen rügt) entspricht dem Tatsachenvortrag in der Klageschrift (seit Jahrzehnten mehrere hundert Personen im Jahr), im Schriftsatz vom 28.03.2023 (konnte während Covid-Pandemie wie LFVBW auch keine Kurse anbieten), in der mündlichen Verhandlung am 22.06.2023 (2022 Präsenzkurs mit 13 Teilnehmern durchgeführt, 2023 Praxistag durchgeführt und Kurs angeboten, der mangels Teilnehmerzahl abgesagt wurde) und im Schriftsatz vom 28.06.2023 (bereits Vorbereitungskurse für tausende Teilnehmer erfolgreich durchgeführt).
Die Mutmaßung der Beklagten, der Kläger sei gemeinnützig und handele daher nicht gewerbsmäßig, ist bereits als eine ohne greifbare Tatsachengrundlage ins Blaue hinein aufgestellte Behauptung unbeachtlich, unabhängig von der Frage, ob/inwieweit Gemeinnützigkeit überhaupt einem geschäftlichen Handeln entgegenstehen könnte. Es ist unstreitig, dass der Kläger nach jahrelangen Verhandlungen mit den zuständigen staatlichen Stellen gegen den Widerstand des LFVBW eine Liberalisierung des Marktes für die Fischereiprüfung erreicht hat. Bis dahin musste ein Verein, der Vorbereitungskurse anbieten wollte, bis zur Hälfte der Einnahmen an den LFVBW abgeben, der ein gesetzliches Monopol zur Durchführung dieser Kurse gehabt hatte. Der Kläger selbst trägt vor, mit Gewinnerzielungsabsicht zu handeln. Dass er in den letzten fünf Jahren keine Erträge aus dem Angebot von Vorbereitungslehrgängen erzielt hat, ist keineswegs unstreitig, und ob der Kläger (schon wieder) Gewinne aus seinen Kursen erzielt, für die Beurteilung eines bestehenden Wettbewerbsverhältnisses ohne Belang.
Ob der Kläger inzwischen tatsächlich einen Onlinekurs durchgeführt hat, kann ebenfalls dahinstehen. Insoweit handelt es sich lediglich um ein ergänzendes Angebot, nicht um eine Vorbereitungshandlung im Rahmen eines erst noch zu begründenden Wettbewerbsverhältnisses. Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass in die Entwicklung eines Onlinekurses nur dann investiert wird, wenn die Absicht besteht, solche Kurse durchzuführen. Soweit die Beklagte in diesem Punkt einen Verstoß des Landgerichts gegen die ihm obliegende Hinweispflicht rügt, trägt sie nicht vor, was sie in Ergänzung ihres bisherigen Vortrags weiter ausführen möchte.
b. Dass die angegriffenen Werbungen geschäftliche Handlungen i.S.d. § 2 Nr. 2 UWG darstellen, steht außer Streit.
c. Eine geschäftliche Handlung ist unzulässig, wenn sie unlauter ist, § 3 Abs. 1 UWG, oder wenn durch sie ein Marktteilnehmer in unzumutbarer Weise belästigt wird, § 7 Abs. 1 UWG.
aa. Das Landgericht ist bezüglich des Klageantrages zu Ziff. I.2 (Kundenbewertungen) zu Recht und mit zutreffender Begründung, auf die inhaltlich Bezug genommen werden kann, von einer nach § 3 Abs. 3 UWG i.V.m. Nr. 23b des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG lauterkeitswidrigen Werbung ausgegangen. Die Einwände der Beklagten in ihrer Berufungsbegründung geben lediglich zu den folgenden ergänzenden Anmerkungen Anlass:
Die Beklagte wirbt ausdrücklich mit „Kundenbewertungen“. Das Wort „Kundenbewertung“ ist auch unter Berücksichtigung der Gestaltung der angegriffenen Grafik
im Gesamtkontext der Werbung
dahin zu verstehen, dass es um Bewertungen von Kunden der Beklagten geht, also um Verbraucher, die die Dienstleistung der Beklagen tatsächlich in Anspruch genommen haben. Davon kann gerade nicht ausgegangen werden. Die Beklagte trägt nicht vor, überhaupt irgendwelche Maßnahmen zur Überprüfung der Kundenstellung ergriffen zu haben. Die entsprechende Aufklärung erfolgt nur dann, wenn das Feld „Hinweis zu den Bewertungen“ angeklickt wird, was indes nicht alle Verbraucher tun werden und die unzulässige Behauptung als solche mithin nicht beseitigt. Eine Blickfangwerbung setzt Nr. 23b des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG nicht voraus.
Dass die Beklagte die angegriffene Gestaltung Anfang des Jahres 2023 geändert hat, beseitigt den Unterlassungsanspruch nicht. Die durch die bereits erfolgte Verletzungshandlung begründete Wiederholungsgefahr wäre nur dann entfallen, wenn die Beklagte zudem einer strafbewehrten Unterwerfungserklärung abgegeben hätte.
bb. Bezüglich des Klageantrags zu I.3 (fehlende Angabe zu den Gesamtkosten) ist das Landgericht zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass mit der Buchung des Onlinekurses die Vorentscheidung verbunden ist, anschließend die Fischereiprüfung abzulegen. Dem Einwand der Beklagten, bei dem Praxistag handele es sich um eine rein fakultative Leistung, und der Zweck einer Zulassung zur Angelscheinprüfung finde in der angegriffenen Werbung keinen Niederschlag, kann nicht beigetreten werden. Die angegriffene Werbung ist im Gesamtkotext dahin zu verstehe, dass der Onlinekurs gebucht werden soll, um anschließend mit Sicherheit den Angelschein zu erhalten:
„… anerkannte Vorbereitung auf die Fischerprüfung … in Kombination mit dem 8-stündigen Praxistag …
zertifizierte Bildungsdienstleistung in der Angelscheinausbildung …
Kurszugang … bis zur bestandenen Prüfung …
Geld-Zurück-Garantie, solltest Du die Fischerprüfung nach unserem Kurs nicht bestehen“
Die Geld-Zurück-Garantie belegt eindeutig, dass die Beklagte den Erwerb eines Fischerscheins bewirbt, was auch nach ihrer auf Seite 23 der Berufungsbegründung vorgetragenen eigenen Ansicht grundsätzlich die Verpflichtung auslöst, die bis dahin anfallenden Gesamtkosten auszuweisen, weil dann ein Praxistag und ein Vorbereitungslehrgang erforderlich sind.
Der vom Kläger und dem Landgericht herangezogene Unlauterkeitstatbestand des Vorenthaltens wesentlicher Informationen nach § 5a, § 5b Abs.1 Nr. 3 UWG setzt allerdings voraus, dass überhaupt eine Preisangabe erfolgt, die sich in dem antragsgemäß in den Tenor der angefochtenen Entscheidung eingeblendeten Ausschnitt aus der Webseite der Beklagte nicht befindet. Insoweit hat der Senat – klarstellend – auch noch die nachfolgenden Teile der in der Klageschrift als konkrete Verletzungsform in Bezug genommenen Anlage KPW1 mit den Preisangaben in den Unterlassungstenor aufgenommen.
Dass die Beklagte bereits vor der Klageerhebung die streitbefangene Werbung abgeändert und einen Sternchenhinweis zum Praxistag sowie zu den dafür anfallenden Kosten hinzugefügt hat, beseitigt den Unterlassungsanspruch nicht. Die aus der bereits vorgenommenen Verletzungshandlung folgende Wiederholungsgefahr ist nicht entfallen.
cc. Bezüglich des Klageantrags zu I.4 (Bestpreis) ist das Landgericht zu Recht und mit zutreffender Begründung, auf die inhaltlich Bezug genommen werden kann, von der Verwirklichung des Unlauterkeitstatbestandes der Irreführung nach § 5 UWG ausgegangen. Die Werbung mit „Du hast den besten Preis. Nirgendwo sonst wird dieses Produkt günstiger angeboten“ suggeriert, dass das identische oder ein gleiches Produkt auch noch anderweitig angeboten wird, über bzw. von Dritten. Die Tatsache, dass wenn nur die Beklagte selbst das beworbene Produkt zu einem bestimmten Preis anbietet, dieser Preis zwangsläufig der günstigste ist, ist eine Selbstverständlichkeit, mit deren werblicher Herausstellung der angesprochene Verkehr nicht rechnet. Ein nicht unerheblicher Teil der angesprochenen Verbraucher wird daher einem Irrtum über die Besonderheit des Angebots in preislicher Hinsicht unterliegen. Um ein Versprechen, dass das beworbene Produkt woanders erhältlich sei, geht es dabei nicht.
Die für den Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr folgt aus der vorgenommenen Verletzungshandlung.
dd. Die mit dem Antrag zu Ziff. I.1. angegriffene Werbung (offizieller Onlinekurs) als ebenfalls irreführend und mithin gemäß § 5 UWG als unlauter zu beanstanden ist.
Die Werbung mit „Offizieller Onlinekurs“ erweckt den Eindruck, es gebe auch inoffizielle Onlinekurse, und der beworbene Kurs nehme insoweit eine hervorgehobene Stellung ein. Dass mit der Selbstverständlichkeit eines zulässigen Angebots geworben wird, erwartet der angesprochene Verkehr nicht. Der Eindruck einer Sonderstellung wird in dem bei der Auslegung der Werbung und der Ermittlung des Verkehrsverständnisses zu berücksichtigenden Gesamtkontext noch weiter bestätigt und verstärkt, wenn die Beklagte auf der Landingpage ausführt „Mit dem offiziellen Onlinekurs + Praxistag vom Landesfischereiverband Baden-Württemberg und B. sicher durch die Fischerprüfung“. Die Formulierung „dem Offiziellen Onlinekurs“ suggeriert sogar eine Alleinstellung der Beklagten gegenüber allen anderen, nicht offiziellen, d.h. nicht von einer Behörde genehmigten Kursangeboten.
Tatsächlich hat die Beklagte keine Sonderstellung bei der Durchführung von Onlinekursen inne, so dass die angegriffene Werbung irreführend ist – auch wenn es im Zeitpunkt der Klageerhebung nur einen Onlinekurs gegeben hat, den der Beklagten. Die Beklagte hätte insoweit vielleicht mit einem entsprechenden Alleinstellungsmerkmal (einziger per Internet / Online angebotener Kurs unter den sonst nur in Präsenz angebotenen Kursen) werben dürfen, nicht aber mit dem Gesichtspunkt, eine – und sogar die einzige – offizielle (online)Veranstaltung zu sein.
Darüber hinaus macht der Kläger geltend, dass die Beklagte im Zeitpunkt der Klageerhebung keinen Onlinekurs mehr habe anbieten dürfen, da ausweislich des als Anlage B1 vorgelegten Bescheides die Erlaubnis bis zum 31.12.2022 befristet und daher im Januar 2023 nicht mehr wirksam gewesen sei. Der Einwand ist berechtigt. Einen nachfolgenden Bescheid hat die Beklagte nicht vorgelegt. Sie trägt lediglich vor, dass die Anerkennung ihres Kurses vom zuständigen Regierungspräsidium Karlsruhe mit Bescheid vom 20.12.2022 bis zum 31.12.2025 verlängert worden sei. Vor dem Hintergrund der in der Urkunde ausgewiesenen Befristung und der Tatsache, dass eine Tätigkeit der Beklagten im Bereich der Vorbereitungslehrgänze zur Fischerprüfung nur aufgrund einer behördlichen Erlaubnis überhaupt zulässig ist, wäre es Sache der Beklagten, darzulegen und zu beweisen, dass sie über eine entsprechende (aktuelle) Erlaubnis verfügt, zumal der als Anlage B1 vorgelegte Bescheid unvollständig und teilweise geschwärzt ist.
ff. Demgegenüber ist die mit dem Klageantrag zu Ziff. 5 angegriffene Werbung lauterkeitsrechtlich nicht zu beanstanden. Der Kläger kann sich weder auf eine nach § 7 UWG unzulässige unzumutbare Belästigung berufen, noch – klageerweiternd – auf die Verwirklichung des Rechtsbruchtatbestandes, § 3a UWG i.V.m. § 308 Nr.5 BGB.
Mit dem Klageantrag zu Ziff. I.5 („eine Einwilligung eines Verbrauchers zum Erhalt von Werbung per E-Mail einzuholen, ohne dass der Verbraucher tatsächlich eine aktive Einwilligung erteilt hat…“) rügt der Kläger die Einholung von nicht aktiv / Opt-in erteilten Einwilligungen mittels der konkret angegriffenen Gestaltung der Internetseite. Er wendet sich insoweit weder gegen die Versendung von Werbung ohne vorhergehende Einwilligung, noch rügt er die Unwirksamkeit einer bestimmten AGB-Klausel der Beklagten. Der Kläger hatte zwar bereits in der Klageschrift auf die unter dem „jetzt kaufen“-Button befindlichen AGB
„Ich bin damit einverstanden, dass mir die B. Gruppe regelmäßig per E-Mail Informationen und Angebote zu Produkten zusenden darf. Einzelheiten finde ich in den Datenschutz-Hinweisen. Diese Einwilligung kann ich jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen.“
verwiesen, diese Klausel als solche jedoch nicht angegriffen, sondern dargelegt, dass die von der Beklagten gewählte Gestaltung der Internetseite den Anforderungen an eine wirksame Opt-in-Einwilligung nicht genüge, weil sie die Einwilligung des Kunden einfach selbst festhalte. Er habe daher einen Unterlassungsanspruch gemäß § 7 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 8 Absatz 1 UWG.
§ 7 UWG knüpft indes – wie vom Landgericht zutreffend ausgeführt – an die Versendung von Werbung an, nicht an die Gestaltung einer Webseite bzw. die Verwendung unzulässiger AGB. Der mit der Klage geltend gemachte Unlauterkeitstatbestand wäre von dem Klageantrag zu Ziff. I.5 mithin nur dann gedeckt, wenn sich der Kläger – wie nicht – auf eine Erstbegehungsgefahr berufen könnte. Eine Erstbegehungsgefahr war im Zeitpunkt der Klageerhebung nämlich bereits entfallen. Die Beklagte hatte schon zuvor durch einen actus contrarius von einer etwa beabsichtigten Versendung von Werbung aufgrund einer nicht Opt-in erteilten Einwilligung Abstand genommen. Sie hatte in dem als Anlage KPW3 vorgelegten Antwortschreiben vom 02.01.2023 auf die Abmahnung des Klägers hin erklärt, dass die Gestaltung der Einwilligung redaktionell verunglückt sei. Der Hinweis
Ich bin damit einverstanden, dass mir die B. Gruppe regelmäßig per E-Mail Informationen und Angebote zu Produkten zusenden darf. Einzelheiten finde ich in den Datenschutz-Hinweisen. Diese Einwilligung kann ich jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen.
habe sich auf die darüberstehende Checkbox
Ja, ich will kostenfreie Neuigkeiten und Tipps zum Angeln per E-Mail erhalten (und kann mich jederzeit wieder austragen)
bezogen, weshalb diese beiden Erklärungen nunmehr durch einen Sternchenhinweis wie folgt klarstellend verknüpft seien:
Diese Änderung stellt der Kläger nicht in Abrede.
Auf einen anderen Unlauterkeitstatbestand als § 7 UWG hatte sich der Kläger in erster Instanz nicht berufen.
In zweiter Instanz macht der Kläger nunmehr neben § 7 UWG auch den Rechtsbruchtatbestand des § 3a UWG gelten und rügt einen Verstoß gegen § 308 Nr. 5 BGB als Marktverhaltenspflicht. Dies stellt einen neuen Streitgegenstand dar, der im Rahmen einer nach § 533 ZPO trotz Widerspruchs der Beklagten zulässigen – da sachdienlich und auf die bereits vorgetragenen unstreitigen Tatsachen zu stützenden – Klageänderung berücksichtigt werden kann.
Die Klage ist jedoch auch aus diesem Gesichtspunkt unbegründet.
Der Kläger hat den Klageantrag nicht an die aktuelle Gestaltung der Seite angepasst und dargelegt, dass /warum auch diese gegen das Klauselverbot nach § 308 Nr. 5 BGB verstoßen soll. Seine Ausführungen beziehen sich auf die alte Fassung ohne den Sternchenhinweis.
Bezüglich der alten Fassung beruft sich die Beklagte zu Recht auf Verjährung nach § 11 UWG. Der Unterlassungsanspruch nach § 8 Abs. 1 UWG verjährt in sechs Monaten ab seiner Entstehung und Kenntnis des Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen. Der Unlauterkeitstatbestand des § 3a UWG i.V.m. § 308 Nr. 5 BGB hätte bereits bei der Klageerhebung im Januar 2023 geltend gemacht werden können. Der Kläger hat ihn erstmals mit der Berufungsbegründung im Juli 2024 ins Feld geführt, obwohl die Beklagte schon in ihrer Erwiderung vom 02.01.2023 auf die Abmahnung des Klägers hin ein Redaktionsversehen bei der Gestaltung der Webseite eingeräumt, jedoch versichert hatte, keine Werbung an Kunden versandt zu haben, die nicht ausdrücklich die Checkbox „Ja, ich will…“ angeklickt hätten; ein Verstoß gegen § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG sei insoweit weder erfolgt noch beabsichtigt, das gestalterische Versehen habe zu keinerlei Belästigungen i.S.d. § 7 UWG geführt. Eines richterlichen Hinweises darauf, dass das Klagebegehren von § 7 UWG nicht mehr gedeckt war, bedurfte es insoweit nicht. Ohne die positive Feststellung einer gegen den Vortrag der Beklagten bereits tatsächlich erfolgten Belästigung hätte der Kläger im Hinblick auf den Wegfall der Erstbegehungsgefahr betreffend den Unlauterkeitstatbestand des § 7 BGB erkennbar von Anfang an Veranlassung gehabt, vor Gericht stattdessen auf den Rechtsbruchtatbestand des § 3a UWG i.V.m. der Verwendung unzulässiger AGB abzustellen. Dies hat er – auch unter Berücksichtigung seiner Ausführungen im nachgelassenen Schriftsatz vom 04.12.2024 – gerade nicht getan. Die in der Berufungsbegründung des Klägers vertretenen Ansicht, für § 7 UWG habe es keines Nachweises für eine tatsächlich ohne vorherige Genehmigung versandte Werbemail bedurft, vielmehr genüge bereits der unstreitige Vortrag, dass die Art und Weise der nach § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG nötigen vorherigen Zustimmung der Verbraucher zum Erhalt von E-Mail-Werbung durch die verwendete unwirksamen AGB-Klausel verletzt wurde, geht fehl.
ff. Der auf § 3a gestützte Unterlassungsantrag zu Ziff. I.6 ist ebenfalls unbegründet, da es sich bei § 16 LFischVO
§ 16 Vorbereitungslehrgänge
(1) Wer die Prüfung ablegen will, hat an einem vom zuständigen Regierungspräsidium anerkannten Lehrgang zur Vorbereitung auf die Fischerprüfung teilzunehmen. Der Inhalt und Umfang des Vorbereitungslehrganges richtet sich nach der Anlage (Leitfaden für die Ausarbeitung und Anerkennung von Lehrgängen zur Vorbereitung auf die Fischerprüfung in Baden-Württemberg). Der Lehrgang muss mindestens 32 Stunden umfassen und sich auf die Sachgebiete des § 14 Absatz 1 beziehen.
(2) Die Anerkennung eines Lehrgangs kann befristet oder unbefristet erfolgen, sie ist stets widerruflich. Der Antrag ist mindestens drei Monate vor Lehrgangsbeginn unter Angabe des Lehrprogramms zu stellen. Antragsberechtigt sind geeignete Anbieter, insbesondere der Landesfischereiverband. Näheres wird durch Verwaltungsvorschrift des Ministeriums geregelt. Anerkannte Vorbereitungslehrgänge werden in einem fortlaufend aktualisierten Verzeichnis im Internet unter https://rp.baden-wuerttemberg.de/themen/landwirtschaft/tierhaltung-undtierzucht/fischereiwesen veröffentlicht.
(3) Wer an einem anerkannten Vorbereitungslehrgang teilgenommen hat, erhält von dem Anbieter eine Bescheinigung über die Teilnahme. Näheres wird durch Verwaltungsvorschrift des Ministeriums geregelt.
nicht um eine Marktverhaltensregelung i.S.d. § 3a UWG handelt.
Die für § 3a UWG maßgebliche Norm muss zumindest auch dazu bestimmt sein, im Interesse der Marktteilnehmen das Marktverhalten zu regeln. Eine Norm regelt das Marktverhalten im Interesse der Mitbewerber, Verbraucher oder sonstiger Marktteilnehmer, wenn sie einen Wettbewerbsbezug in der Form aufweist, dass sie die wettbewerblichen Belange der als Anbieter oder Nachfrager von Waren oder Dienstleistungen in Betracht kommenden Personen schützt. Eine Vorschrift, die dem Schutz von Rechten, Rechtsgütern oder sonstigen Interessen von Marktteilnehmern dient, ist eine Marktverhaltensregelung, wenn das geschützte Interesse gerade durch die Marktteilnahme, also durch den Abschluss von Austauschverträgen und den nachfolgenden Verbrauch oder Gebrauch der erworbenen Ware oder der in Anspruch genommenen Dienstleistung berührt wird. Nicht erforderlich ist eine spezifisch wettbewerbsbezogene Schutzfunktion in dem Sinne, dass die Regelung die Marktteilnehmer speziell vor dem Risiko einer unlauteren Beeinflussung ihres Marktverhaltens schützt. Die Vorschrift muss jedoch - zumindest auch - den Schutz der wettbewerblichen Interessen der Marktteilnehmer bezwecken; lediglich reflexartige Auswirkungen zu deren Gunsten genügen nicht (Meinhardt in: Büscher, Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, 3. Aufl., § 3a Rn. 132, m.w.N.).
Die Ansicht des Klägers, § 16 LFischVO diene originär dazu, den Markt für Vorbereitungskurse auf geeignete Anbieter zu beschränken, um für Verbraucher einen gewissen Qualitätsanspruch der Lehre zu sichern, überzeugt nicht. § 16 LFischVO dient – wie die gesamte LFischVO – dem Schutz der Fischerei und hat durch die Anforderungen an die Qualität der Vorbereitungslehrgänge allenfalls reflexartige Auswirkungen auf die wettbewerblichen Interessen der Anbieter solcher Kurse und/oder das Interesse der Verbraucher bzw. der Allgemeinheit daran, dass zukünftige Angler sich an die Regeln halten und die Natur und den Fischbestand schützen. Eine Vorschrift, die – wie hier – eine Erlaubnispflicht zur Ausübung eines bestimmten Gewerbes statuiert und damit eine Marktzutrittsregelung darstellt, ist zugleich eine Marktverhaltensregelung, soweit sie darüber hinaus – wie hier nicht – auch den Schutz anderer Marktteilnehmer vor einer Gefährdung ihrer Rechtsgüter durch unzulässige Gewebetreibende bezweckt. Letzteres ist vor allem dann anzunehmen, wenn die fragliche Regelung im Interesse der Abnehmer Qualitäts- oder Sicherheitsstandards vorsieht oder als Voraussetzung für die Ausübung bestimmter Tätigkeiten wie z.B. eine ärztliche Behandlung im Interesse des Schutzes der Allgemeinheit den Nachweis besonderer fachlicher Fähigkeiten fordert (Meinhardt, a.a.O., Rn. 141). Die Zugangsregelung des § 16 LFischVO hat nichts mit dem Marktverhalten der Kursanbieter zu tun, der Art und Weise, wie diese am Markt agieren, sondern setzt im Interesse des Umweltschutzes lediglich gewisse Anforderungen an Inhalt und Umfang eines Vorbereitungskurses für die Fischerprüfung. Damit ist weder ein besonderes Ausbildungsinteresse der Verbraucher verbunden, noch ein Schutz der Allgemeinheit vor gefährlichen Handlungen bezweckt.
3. Der Anspruch des Klägers gegen den Beklagten auf Erstattung anteiliger Abmahnkosten in Höhe von 1.550,45 € folgt § 13 Abs. 3 UWG. Der Kläger macht für die von ihm ausgesprochene Abmahnung einen Betrag von 2.584,09 € geltend, ausgehend von einem Gegenstandswert von 100.000 € und einer 1,3 Geschäftsgebühr, zuzüglich 20,00 € Auslagenpauschale und 19 % MwSt. Die Berechnung des Klägers ist nicht zu beanstanden und wird als solche von der Beklagten auch nicht angegriffen. Die Beklagte trägt lediglich vor, dass Abmahnkosten nur insoweit verlangt werden könnten, als die Abmahnung berechtigt sei, und folglich mangels Verletzungshandlungen kein Erstattungsanspruch bestehe. Tatsächlich war die Abmahnung zu 60 % berechtigt (Forderungen zu Ziff. 1 bis 4 im Wert von insgesamt 60.000 € [20.000 € + 20.2000 € + 2 x 10.000 €]) und zu 40 % unbegründet (Forderungen zu Ziff. 5 und 6 im Wert von insgesamt 40.000 € [10.000 € + 30.000 €]), so dass der Kläger von der Beklagten Zahlung von 60 % des geltend gemachten Betrages von insgesamt 2.584,09 € verlangen kann.
Der Zinsanspruch des Klägers folgt aus §§ 288, 291 BGB.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Das Urteil betrifft die tatrichterliche Übertragung allgemein anerkannter Auslegungs- und Rechtsanwendungsgrundsätze auf einen Einzelfall, so dass kein Anlass besteht, gemäß § 543 Abs. 2 ZPO die Revision zuzulassen.