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Wirtschaftsrecht
30.08.2012
Wirtschaftsrecht
KG Berlin: Anforderungen an die konkrete Bewertungsrüge im Spruchverfahren

KG Berlin, Beschluss vom 26.7.2012 - 2 W 44/12


Leitsatz


Im Spruchverfahren sind die Anforderungen an die konkrete Bewertungsrüge
nach § 4 Abs. 2 Nr. 4 SpruchG umso höher, je umfassender und detaillierter die Unterlagen i.S.v. § 7 Abs. 3 SpruchG und insbesondere der Prüfungsbericht die Bewertungsgrundlagen darlegen. Sofern diese Unterlagen fehlen oder keine
Angaben zu den maßgeblichen Unternehmenswerten enthalten, sind
Einwendungen entbehrlich.


Sachverhalt


A.


Mit der Beschwerde wendet die Antragstellerin sich dagegen, dass der von ihr gestellte Antrag auf gerichtliche Festsetzung einer angemessenen Barabfindung aufgrund des von der Fnnnn  Innnnn  Pnnnn  AG (im Folgenden: Fnnnn  AG) mit der Antragsgegnerin geschlossenen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages als unzulässig zurückgewiesen wurde.



Zwischen der Fnnnn  AG und der Antragsgegnerin ist am 13. Mai 2011 ein Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag geschlossen worden. Nach Nr. 4.1 dieses Vertrages ist als Ausgleich für die außenstehenden Aktionäre ein Betrag von 0,76 € netto pro Aktie und Geschäftsjahr vorgesehen. Unter Nr. 5.1 wird die Barabfindung der außenstehenden Aktionäre auf 26,00 € pro Aktie festgesetzt. Zur Bestimmung des Unternehmenswerts hatte die Fnnnn  AG ein Gutachten der Knn  vom 28. Juni 2011 eingeholt. Mit Beschluss des Landgerichts Berlin vom 22. März 2011 ist Herr Michael Wnnnnn  zum Vertragsprüfer im Sinne von § 293b Abs. 1 AktG bestellt worden. In seinem Prüfungsbericht (S. 72) hat er die genannten Beträge als angemessen bezeichnet. Die Hauptversammlung der Fnnnn  AG hat durch Beschluss vom 28. Juni 2011 dem Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag zugestimmt. Der Vertrag wurde am 29. August 2011 ins Handelsregister eingetragen und am 31. August 2011 bekannt gemacht.



Die Antragstellerin hat mit am 13. Oktober 2011 bei Gericht eingegangenem Antrag geltend gemacht, sie sei Aktionärin der Fnnnn AG. Hierzu hat sie eine schriftliche Bescheinigung der Cnnnnn  AG vom 6. Oktober 2011 eingereicht, aus der sich ergibt, dass sie seit dem 21. Dezember 2007 Aktionärin war und dies weiterhin ist.



Die Antragstellerin hat die Ansicht vertreten, die Abfindung und der Ausgleich seien zu gering. Die im Bewertungsgutachten angesetzte Marktrisikoprämie von 4,5% sei „völlig realitätsfremd". Prof. Dr. Snnn  komme bei der Untersuchung von langen Zeiträumen auf Prämien von maximal 2,6%. „Aktuelle Studien" wiesen darauf hin, dass die Prämie in den vergangenen vierzig Jahren nicht einmal bei 1% liege. Der Ertragswert der Fnnnn  AG würde bei einer verringerten Prämie „massiv ansteigen". Ein Risikozuschlag von 0,5 bis 2% werde in der gerichtlichen Praxis als gerechtfertigt angesehen. Der Basiszinssatz von 3,75% sei zu hoch angesetzt; es müssten aktuell gültige Zinssätze herangezogen werden. Der Betafaktor von 1,23 sei „abenteuerlich hoch", und es frage sich, wieso nicht der „firmeneigene Betawert von 0,48" verwandt worden sei; dieser würde zu einem Abfindungsbetrag von 44,20 € führen. Dazu übermittelt die Antragstellerin einen Bloomberg-Chart, der einen Betawert gegenüber dem DAX von 0,48 ausweist. Die methodische Herleitung des Betafaktors sei darzulegen. Das Wachstum sei zu gering angesetzt; die unendliche Rendite sei „unglaubwürdig" und widerspreche der Rechtsprechung. Ein Prozentsatz von 3% bis 3,5% wäre angemessen. Angesichts der „extremst dünnen" Darstellung zum betriebsnotwendigen Vermögen sei vom Gericht ein unabhängiges Gutachten einzuholen. Die Barabfindung dürfe nicht niedriger sein als der Börsenkurs. Die Prognoserechnungen seien deutlich zu pessimistisch. Der „Übertragungsbericht" leide an einer Reihe von formalen Mängeln. Aus dem Bericht gehe nicht hervor, wie hoch der immaterielle Wert der Marke „Fnnnn Innnnn  Pnnnn " und weiterer der Fnnnn AG gehörender Marken sei.



Zudem mache die Antragstellerin sich die Antragsbegründungen möglicher weiterer Antragsteller zu eigen, sofern es nicht im Widerspruch zu eigenem „Vorliegen" (gemeint ist wohl: Vorbringen) stehe. Die „korrekte Bearbeitung" der Unterlagen, die Grundlage der Unternehmensbewertung waren, werde bestritten. Es sei ein unabhängiges Gutachten zur Ermittlung des tatsächlichen Unternehmenswerts einzuholen.



Das Landgericht hat die Antragstellerin mit Verfügung vom 18. Oktober 2011 darauf hingewiesen, dass Bedenken bestünden, ob der Antrag in hinreichendem Umfang konkrete Einwendungen im Sinne von § 4 Abs. 2 Nr. 4 SpruchG enthalte, da es grundsätzlich nicht ausreichen könne, den in der von der Antragsgegnerin vorgelegten Unternehmensbewertung verwendeten Parametern abweichende Werte gegenüberzustellen, ohne dass deren Ermittlung näher erläutert wird. Die Antragstellerin reagierte darauf nicht. Mit weiterer Verfügung vom 28. Dezember 2011 wies das Landgericht die Antragstellerin darauf hin, dass sie beabsichtige, den Antrag als unzulässig zu verwerfen, da er - was näher dargelegt wird - innerhalb der Antragsfrist nicht hinreichend begründet worden sei. Die Antragstellerin hat daraufhin mit am 10. Januar 2012 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz ausgeführt, dass bezüglich des Betafaktors „konkret die Ausgestaltung einer Peer Group gerügt" worden und darauf hingewiesen worden sei, dass der unternehmenseigene Betafaktor zu berücksichtigen sei. Zudem sei zum betriebsnotwendigen Vermögen (sic) in den Gutachten keine Informationen enthalten, so dass keine spezifische Rüge vorgebracht werden könne. Auch sei konkret gerügt worden, dass die Marke „Fnnnn  Innnnn  Pnnnn " nicht in die Bewertung eingeflossen sei.




Die Antragstellerin hat beantragt,



dass das Gericht eine angemessene Abfindung und einen angemessenen Ausgleich festsetzt.





Das Landgericht hat den Antrag mit Beschluss vom 24. Januar 2012 als unzulässig verworfen, da er den Anforderungen an die Begründung der Bewertungsrüge nicht gerecht werde. Die Begründung enthalte zwar eine konkrete Bezugnahme auf die für die Bewertung herangezogenen Parameter. Es könne jedoch nicht genügen, dass Punkte aus der Unternehmensbewertung herausgegriffen und pauschal als unzutreffend bezeichnet werden. Vielmehr obliege es der Antragstellerin, die mögliche Beeinflussung der angegriffenen Kompensation durch ihre Einwendungen darzutun. Die Antragstellerin habe lediglich Behauptungen an die Stelle einer Begründung gesetzt, die sich mit den ihr zur Verfügung stehenden Unterlagen auseinandersetzt. So hätte sie zumindest kurz unter Darlegung ihrer Gründe ausführen müssen, warum sie die in den vorliegenden Gutachten vorgenommenen Wertungen zum Betafaktor für unzutreffend hält. Dies gelte auch für den Wachstumsabschlag, zumal der in der Unternehmensbewertung angenommene Wert bereits deutlich über die üblichen Ansätze hinausgehe. Zum Börsenkurs fehle konkreter Vortrag dazu, wieso die Börsenkursermittlung im Vertragsbericht fehlerhaft sein solle. Auch die weiteren Ausführungen zu den Planungsrechnungen, einer notwendigen Ermittlung von nicht betriebsnotwendigem Vermögen und nicht näher spezifizierten Mängeln des Übertragungberichts (sic) blieben ohne Substanz. Das Bestehen einer Marke sei nicht dargetan; es sei nicht ersichtlich, wieso es auf eine isolierte Bewertung des Geschäftszeichens der Gesellschaft ankommen solle, da keine Liquidationsbetrachtung anzustellen sei.



Gegen den ihr am 27. Januar 2012 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin mit am 17. Februar 2012 eingegangenem Schriftsatz Beschwerde eingelegt. Zur Begründung verweist sie darauf, dass die Antragsschrift zehn Seiten umfasse. Darin würden Rügen zur Marktrisikoprämie, dem Basiszinssatz, dem Betafaktor, dem Wachstumsabschlag, dem nicht betriebsnotwendigen Vermögen, dem Börsenkurs, den Planungsrechnungen, zu formalen Mängeln und zur Marke substantiiert dargelegt. In dem angegriffenen Beschluss seien lediglich die Begründungen aus der Verfügung vom 28. Dezember 2011 übernommen worden. Die Antragsbegründung erfülle sämtliche Mindestanforderungen der Rechtsprechung.



Die Antragstellerin beantragt,



            unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses den Antrag für zulässig zu erklären.



Die Antragsgegnerin stellt keinen Antrag.


Aus den Gründen


B.


I.


Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere ist sie statthaft (§ 58 Abs. 1 FamFG) und rechtzeitig binnen eines Monats eingelegt worden (§§ 63 Abs. 1, 3, 64 FamFG). Das Kammergericht ist als das zuständige Oberlandesgericht gemäß § 119 GVG zur Entscheidung berufen.



II.


In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg. Der Antrag der Antragstellerin ist unzulässig.



1.


Die von der Antragstellerin gegebene Antragsbegründung genügt, wie das Landgericht zutreffend und mit eingehender Begründung ausgeführt hat, nicht den gesetzlichen Anforderungen. Der Gesetzgeber hat es bewusst der Rechtsprechung überlassen, die „zumutbaren Mindestanforderungen" zu konkretisieren (Regierungsbegründung, BT-Drucks. 15/371, S. 13).



Die gesetzlichen Anforderungen sind am Zweck der Regelung auszurichten. Das  Spruchverfahrens-Neuordnungsgesetz von 2003, mit dem das Begründungserfordernis des § 4 Abs. 2 SpruchG eingeführt wurde, dient der Verfahrensbeschleunigung. Diese soll im Wesentlichen durch zwei Faktoren erreicht werden: Zum einen soll verstärkt auf den Bericht des nunmehr generell vom Gericht zu bestellenden sachverständigen Prüfers zurückgegriffen werden; zum anderen soll im Regelfall nur noch die konkrete Überprüfung streitiger Punkte der Bewertung erfolgen (Regierungsbegründung, BT-Drucks. 15/371, S. 1). Die seitdem erforderliche konkrete Bewertungsrüge gemäß § 4 Abs. 2 S. 2 Nr. 4 SpruchG ist hierfür von zentraler Bedeutung (Regierungsbegründung, BT-Drucks. 15/371, S. 13; Hüffer, AktG, 10. Aufl. 2012, Anhang § 305,
§ 4 SpruchG Rn. 8; Leuering, in: Simon, SpruchG, 2007, § 4 Rn. 34). Durch das Erfordernis konkreter Einwendungen soll vermieden werden, dass mit pauschalen und unspezifischen Rügen gleichsam „ins Blaue hinein" ein aufwendiges und kostenträchtiges Spruchverfahren in Gang gesetzt werden kann. Der Amtsermittlungsgrundsatz ist insofern zum Zweck der Verfahrensbeschleunigung eingeschränkt worden (OLG Frankfurt NZG 2006, 674, 675; OLG München NZG 2009, 190, 191).



Die Anforderungen an die konkrete Bewertungsrüge dürfen allerdings nicht überspannt werden. So ist es der Begründetheitsprüfung vorbehalten, ob die vorgetragene Bewertungsrüge schlüssig ist (Drescher, in: Spindler/Stilz, AktG, 2. Aufl. 2010, § 4 SpruchG Rn. 22, § 8 SpruchG Rn. 3; strenger - Schlüssigkeit bereits für die Zulässigkeit verlangend - Leuering, in: Simon, § 4 SpruchG Rn. 35). Zudem weist der Gesetzgeber ausdrücklich darauf hin, dass „etwaige besondere Schwierigkeiten der Informationsbeschaffung für den Antragsteller" nach dem Maßstab von § 9 SpruchG zu berücksichtigen sind (Regierungsbegründung, BT-Drucks. 15/371, S. 13).



Die Rechtsprechung hat sich bislang, soweit ersichtlich, nur selten zum erforderlichen Konkretisierungsgrad geäußert. Das OLG München (ZIP 2009, 1395, 1396) hat die Mitteilung des Antragstellers, er halte den angebotenen Betrag nicht für angemessen, für unzureichend erachtet. Das OLG Frankfurt (NZG 2006, 674, 675 f.) hat es als bereits den Anforderungen des § 4 Abs. 2 Nr. 4 SpruchG genügend angesehen, wenn der Antragsteller den Basiszinssatz und den Risikozuschlag kritisiert und näher ausführt, weshalb aus seiner Sicht diesbezüglich niedrigere Ansätze angebracht sein sollen, die er gleichfalls begründet und näher beziffert. Es genügt demnach, wenn ein Antragsteller die Unternehmensbewertung nicht nur pauschal angreift, sondern in Bezug auf einzelne überprüfbare Punkte konkretisiert und seine diesbezügliche Kritik auch begründet. Der erkennende Senat hat bereits wiederholt entschieden, dass die Anforderungen an die konkrete Bewertungsrüge im Hinblick auf die genannte gesetzgeberische Zielsetzung generell hoch sind (NZG 2008, 469, 470 mit zustimmender Anm. Simon/Leuering, NJW-Spezial 2008, 337; ZIP 2009, 1714). Dies entspricht der überwiegenden Ansicht im Schrifttum (Bungert/Mennicke, BB 2003, 2021, 2026; Lamb/Schluck-Amend, DB 2003, 1259, 1262; Wittgens, NZG 2007, 853, 854; s. auch Klöckner/Frowein, SpruchG, 2004, § 4 Rn. 29; Krieger/Mennicke, in: Lutter, UmwG, 4. Aufl. 2009, Anhang I SpruchG, § 4 Rn. 19; Wasmann, WM 2004, 819, 823; tendenziell anders ders., in: Kölner Komm. zum SpruchG, 2005, § 4 Rn. 17; Emmerich, in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, 6. Aufl. 2010, § 4 SpruchG Rn. 7 ff.; differenzierend Drescher, in: Spindler/Stilz, § 4 SpruchG Rn. 22). Demnach genügt es nicht, wenn einzelne Bewertungsfaktoren lediglich mit formelhaften Wendungen angegriffen werden. Anderenfalls könnte ein Antragsteller entgegen der gesetzgeberischen Zielsetzung auch ohne die gebotene sachliche Auseinandersetzung mit der im konkreten Einzelfall vorgenommenen Bewertung durch den sachverständigen Prüfer das zeit- und kostenaufwendige gerichtliche Überprüfungsverfahren in Gang setzen. Daher muss der Antragsteller beispielsweise konkret angeben, welche Elemente der in den Unterlagen zugrunde gelegten Ertragsprognose oder des Kapitalisierungszinssatzes er beanstandet und warum dies geschieht (Krieger/Mennicke, in: Lutter, UmwG, Anhang I SpruchG, § 4 Rn. 19). Diese Anforderungen bedeuten, dass auch ein Laie sich dann, wenn er eine durch den gerichtlich bestellten Sachverständigen geprüfte Bewertung nicht akzeptieren möchte, im Rahmen des Zumutbaren mit den speziellen Fragen der Unternehmensbewertung zu beschäftigen hat (Hölters, AktG, 2011, § 4 SpruchG Rn. 18). Es ist mithin Aufgabe des Antragstellers, den Bericht soweit nachzuvollziehen, dass er Fehler feststellen und konkrete Einwendungen formulieren kann (Leuering, in: Simon, § 4 SpruchG Rn. 45).



Der Senat hält auch nach nochmaliger Überprüfung an diesem strengen Maßstab fest. Er gilt jedenfalls dann, wenn die dem Antragsteller zugänglichen Unterlagen im Sinne von § 7 Abs. 3 SpruchG, wie hier, umfassende und detaillierte Angaben zu den Bewertungsgrundlagen enthalten. In solchen Fällen gebietet das gesetzgeberische Ziel, das Spruchverfahren wesentlich zu beschleunigen, dass der Antragsteller sich im Rahmen der konkreten Bewertungsrüge mit den Feststellungen der Unterlagen, insbesondere des Prüfungsberichts, inhaltlich auseinandersetzt. Wie aufgezeigt, geht es dem Gesetzgeber bei dem Begründungserfordernis nach § 4 Abs. 2 Nr. 4 SpruchG nicht allein darum, den Verfahrensgegenstand auf die streitigen Bewertungsfragen zu konzentrieren. Zugleich soll nach dem Willen des Gesetzgebers verstärkt auf den Prüfungsbericht zurückgegriffen werden, den der nunmehr stets durch das Gericht bestellte Prüfer ausgearbeitet hat. Dieses Regelungsziel hat der Gesetzgeber in § 4 Abs. 2 S. 2 Nr. 4 SpruchG umgesetzt, indem er dort hinsichtlich des erforderlichen Inhalts der konkreten Bewertungsrüge ausdrücklich auf die Bewertungsunterlagen Bezug nimmt. Nach dem Willen des Gesetzgebers muss sich die Rüge gegen die Feststellung des Unternehmenswerts richten, wie er in den in § 7 Abs. 3 SpruchG genannten Unterlagen, insbesondere in den Vorstandsberichten und in den Prüfungsberichten der sachverständigen Prüfer, seinen Niederschlag gefunden hat (Regierungsbegründung, BT-Drucks. 15/371, S. 13). Jene Unterlagen sind mithin für die erforderliche konkrete Bewertungsrüge von entscheidender Bedeutung (Drescher, in: Spindler/Stilz, AktG, § 4 SpruchG Rn. 21).



Nach Überzeugung des Senats folgt hieraus, dass die Anforderungen an die konkrete Bewertungsrüge umso höher sind, je umfassender und detaillierter die Unterlagen im Sinne von § 7 Abs. 3 SpruchG und insbesondere der Prüfungsbericht die Bewertungsgrundlagen darlegen. Sofern nämlich aussagekräftige Unterlagen vorliegen, so würde dem Anliegen des Gesetzgebers, namentlich dem Prüfungsbericht im Spruchverfahren höheres Gewicht zu geben, nicht hinreichend Rechnung getragen, wenn ein Antragsteller sich bei der Antragsbegründung ohne inhaltliche Auseinandersetzung mit den darin enthaltenen Ausführungen darauf beschränken könnte, deren Inhalt mit mehr oder minder allgemein gehaltenen Wendungen in Zweifel zu ziehen. Das Erfordernis einer konkreten Bewertungsrüge, das der Gesetzgeber als wesentliche Neuerung eingeführt hat, liefe dann hinsichtlich des Ziels, im Spruchverfahren den Unterlagen nach § 7 Abs. 3 SpruchG und namentlich dem Prüfungsbericht stärkeres Gewicht zukommen zu lassen, weitgehend leer. Umgekehrt ist es einem Antragsteller nicht zumutbar, konkrete Einwendungen gegen einzelne Elemente der Bewertung zu erheben, sofern die Unterlagen hierzu nur vage Angaben enthalten. Fehlen die Unterlagen oder enthalten sie überhaupt keine Angaben zu den maßgeblichen Unternehmenswerten, so sind Einwendungen sogar gänzlich entbehrlich (Drescher, in: Spindler/Stilz, AktG, § 4 SpruchG Rn. 21). Mithin besteht eine Korrelation zwischen dem Konkretisierungsgrad der einem Antragsteller zugänglichen Unterlagen und demjenigen der erforderlichen Bewertungsrüge (zur Abhängigkeit der Anforderungen vom inhaltlichen Gehalt der Unterlagen s. auch Drescher, in: Spindler/Stilz, AktG, § 4 SpruchG Rn. 22).



2.


Den genannten zumutbaren Anforderungen an die konkrete Bewertungsrüge wird die Antragsschrift vom 13. Oktober 2011 nicht gerecht. Dabei ist es entgegen der Einschätzung der Antragstellerin unerheblich, welchen seitenmäßigen Umfang ihre Darlegungen haben und wie viele verschiedene Punkte darin angesprochen werden. Es geht nicht um die Länge, sondern um die Substanz der Bewertungsrüge. Entscheidend ist, ob zu den einzelnen Punkten jeweils konkrete Einwendungen im Sinne von § 4 Abs. 2 Nr. 4 SpruchG gegen den auf ihrer Grundlage ermittelten Unternehmenswert erhoben werden, soweit er sich aus den in § 7 Abs. 3 SpruchG genannten Unterlagen ergibt. Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, liegt eine derartige konkrete Einwendung nicht bereits dann vor, wenn abweichende Zahlen an die Stelle derjenigen gesetzt werden, die in den Unterlagen angesetzt worden sind. Ebenso wenig genügt es, die dortigen Ausführungen zur Bewertung als unangemessen oder unzutreffend zu bezeichnen, ohne konkrete Fehler zu benennen. Konkrete Einwendungen im Sinne von § 4 Abs. 2 Nr. 4 SpruchG sind vielmehr allein solche Ausführungen, die in Auseinandersetzung mit den Unterlagen darlegen, dass und warum diese Bewertungsfehler enthalten, die zu einer wesentlich zu niedrigen Unternehmenswertbemessung führen (vgl. dazu Simon, SpruchG, § 4 Rn. 50).



Da die Einwendungen sich auf behauptete Fehler der Bewertung zu beziehen haben, setzen sie dort, wo Bewertungsspielräume bestehen, die Darlegung voraus, dass jene Spielräume überschritten worden sind. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass sich in der wirtschaftswissenschaftlichen Diskussion bislang keine einheitlichen Grundsätze zur Unternehmensbewertung herausgebildet haben. Vor diesem Hintergrund kann es von vornherein nicht darum gehen, mit gleichsam naturwissenschaftlich-mathematischer Genauigkeit eine objektiv verifizierbare Berechnung vorzunehmen. Vielmehr genügt es für eine unangreifbare Unternehmensbewertung, wenn eine bestimmte konkret vorgenommene Berechnung auf der Grundlage zutreffender Ausgangszahlen zu einem plausibel hergeleiteten Ergebnis führt (vgl. Senat, NZG 2011, 1302, 1303; OLGReport KG 2009, 657 = BeckRS 2009, 20226; LG Frankfurt/M. AG 2007, 42, 43; Großfeld, Recht der Unternehmensbewertung, 6. Aufl. 2011, Rn. 772). Für die konkrete Bewertungsrüge folgt daraus, dass es nicht darum geht darzulegen, dass eine andere als die in den Unterlagen nach § 7 Abs. 3 SpruchG vorgenommene Unternehmensbewertung vertretbar wäre, sondern dass die tatsächlich vorgenommene Bewertung unvertretbar und damit falsch ist (Leuering, in: Simon, § 4 SpruchG Rn. 50). Ob diese für die Antragsbegründung erforderliche Darlegung inhaltlich zutrifft, ist sodann im Rahmen der Begründetheit zu beurteilen.



Nach den oben angestellten Erwägungen zur Korrelation zwischen dem Konkretisierungsgrad der Unterlagen und demjenigen der Bewertungsrüge ist im hier zu beurteilenden Sachverhalt ein strenger Maßstab anzulegen, weil als Teil der Unterlagen im Sinne von § 7 Abs. 3 SpruchG ein eingehender Vertragsbericht sowie ein sehr detaillierter und aussagekräftiger Prüfungsbericht des gerichtlich bestellten Sachverständigen vorliegen.



3.


Im Einzelnen gilt Folgendes:



Zur Marktrisikoprämie behauptet die Antragstellerin, diese sei „völlig realitätsfremd", und stellt ihr ohne nähere Quellenangabe Werte von maximal 2,6% sowie von unter 1% gegenüber. Mit keinem Wort geht die Antragstellerin auf die hierzu im Prüfungsbericht des gerichtlich bestellten Sachverständigen enthaltenen, sehr detaillierten Ausführungen (dort S. 55-58) ein. Insbesondere fehlt jeder Vortrag dazu, wieso die dort vorgenommene Einschätzung nicht vertretbar sein sollte.



Dasselbe gilt für den Basiszins. Die Antragstellerin beschränkt sich insoweit darauf anzumerken, dass anstelle von historischen Durchschnittszinssätzen „ausschließlich Anlagen zu aktuell gültigen Zinssätzen" maßgeblich sein könnten. Zur Frage des Basiszinses nimmt der Prüfungsbericht (S. 53-55) eingehend Stellung. Keine einzige der dort vorgenommenen Einschätzungen wird von der Antragstellerin angegriffen. Dies genügt nicht den Anforderungen an eine konkrete Bewertungsrüge.



Zum Betafaktor meint die Antragstellerin, dieser sei „abenteuerlich hoch". Die methodische Herleitung des vom sachverständigen Prüfer angenommenen Betafaktors findet sich im Prüfungsbericht auf S. 58-60. Dort hat der Prüfer auch zu der von der Antragstellerin aufgeworfenen Frage Stellung bezogen, wieso anstelle des unternehmenseigenen Werts eine Peer Group  herangezogen wurde. Gegen diese Begründung erhebt die Antragstellerin keine konkreten Einwendungen; vielmehr wendet sie sich lediglich gegen das Ergebnis. Das reicht nicht, um die  gesetzlichen Anforderungen zu erfüllen.



Die Antragsgegnerin beanstandet die „extremst dünne Darstellung" zum (gemeint ist offenbar: nicht) betriebsnotwendigen Vermögen. Der Prüfungsbericht trifft hierzu auf S. 64 die klare Aussage, dass kein nicht betriebsnotwendiges Vermögen und keine Sonderwerte vorhanden sind. Eine konkrete Einwendung im Sinne von § 4 Abs. 2 Nr. 4 SpruchG würde erfordern, dass zumindest ansatzweise dargelegt wird, wieso diese Tatsachenfeststellung falsch sein und worin vorhandenes nicht betriebsnotwendiges Vermögen bestehen soll (Krieger/Mennicke, in: Lutter, UmwG, Anhang I SpruchG, § 4 Rn. 19). Eine solche Darlegung enthält die Antragsbegründung nicht. Vielmehr äußert sie lediglich das Ansinnen, der tatsächliche Wert sei zu begutachten, ohne dass auch nur angedeutet würde, um welche konkreten Vermögensgegenstände es überhaupt gehen soll.



Zum Börsenkurs beschränkt sich die Antragsbegründung darauf, Rechtsprechung des BVerfG wiederzugeben und ein Chart zur Börsenkursentwicklung der Fnnnn  AG anzufügen. Der Prüfungsbericht nimmt auf S. 65-67 ausführlich dazu Stellung, aus welchem Grund für den maßgeblichen Referenzzeitraum ein Durchschnittskurs von 24,99 € ermittelt worden ist. Gegen diese Ausführungen bringt die Antragstellerin keinerlei konkrete Einwendungen vor.



Was die Planungsrechnungen angeht, so stellt die Antragstellerin im Wesentlichen Mutmaßungen an und meint, die Prognosen seien „deutlich zu pessimistisch". Wiederum fehlt jegliche Auseinandersetzungen mit den Ausführungen im Prüfungsbericht (S. 44-47). Es wird nicht deutlich, inwieweit die Prognosen unvertretbar und mithin fehlerhaft sein sollen, und inwieweit sich dies auf den Unternehmenswert auswirken soll.



Gänzlich unsubstantiiert bleibt die Behauptung, der „Übertragungsbericht" (gemeint ist offenbar: der Prüfungsbericht) enthalte eine Reihe formaler Mängel. Die Antragstellerin verkennt insoweit überdies, dass das Spruchverfahren nicht dazu dient, etwaige formale Unzulänglichkeiten zu beheben, sondern dass es allein darum geht, eine fehlerhafte Unternehmensbewertung und deren Auswirkungen auf Abfindung und Ausgleich zu korrigieren. Mit keinem Wort legt die Antragstellerin dar, welche formalen Mängel sich erheblich auf die Unternehmensbewertung auswirken könnten.



Auch hinsichtlich einer Marke der Fnnnn  AG ist kein Bewertungsfehler dargetan. Hierzu hätte zumindest dargelegt werden müssen, dass es zumindest eine markenrechtlich geschützte Marke gibt und wieso diese abweichend vom Prüfungsbericht separat zu bewerten gewesen wäre mit der Folge, dass sich ein wesentlich abweichender Unternehmenswert ergibt.



Schließlich meint die Antragstellerin offenbar, sich die Antragsbegründungen aus anderen Verfahren in derselben Abfindungsangelegenheit zueigen machen zu können. Wie der erkennende Senat bereits entschieden hat (NZG 2008, 469, 470; zust. OLG München NZG 2009, 190, 191), ist dies nicht der Fall; vielmehr bedarf jeder Antrag einer eigenen Begründung. Der Beibringungsgrundsatz tritt insoweit nach dem gesetzgeberischen Willen im Bereich des § 4 Abs. 2 S. 2 Nr. 4 SpruchG an die Stelle des Amtsermittlungsgrundsatzes (Winter/Nießen, NZG 2007, 13, 15). Die Antragstellerin ist bereits mit Verfügung vom 18. Oktober 2011, also noch während der Antragsfrist, darauf hingewiesen worden, dass Zweifel an einer hinreichend konkreten Bewertungsrüge bestehen. Ihr ist mithin rechtliches Gehör gewährt worden.




C.



I.


Eine Entscheidung über eine von § 15 Abs.1, Abs. 2 S. 1 SpruchG abweichende Verteilung der Gerichtskosten ist nicht geboten. Es besteht kein Anlass, diese Kosten aus Billigkeitsgründen gem. § 15 Abs. 2 S. 2 SpruchG der Antragstellerin aufzuerlegen. Die Voraussetzungen, unter denen die Bewertungsrüge gem. § 4 Abs. 2 S. 2 SpruchG als hinreichend konkret anzusehen ist, sind bislang nicht im Einzelnen geklärt (Wittgens, NZG 2007, 853); insbesondere existiert noch kaum Rechtsprechung. Bei dieser Sachlage ist der Antrag der Antragstellerin nicht als offensichtlich unzulässig oder rechtsmißbräuchlich anzusehen.



II.


Der Wert ist gemäß 15 Abs. 1 S. 2 SpruchG auch für die Beschwerdeinstanz auf 200.000,- € festzusetzen.

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