OLG Köln: Anforderungen an die Schätzung eines Schadens bei markenrechtlichem Schadensersatzanspruch
OLG Köln, Urteil vom 24.1.2014 - 6 U 111/13, Die Revision wird nicht zugelassen
Sachverhalt
(anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen gemäß § 540 Abs. 1 ZPO)
I.
Die Klägerin ist ein seit 1908 in den USA ansässiges Unternehmen und vertreibt unter anderem seit 1923 Sportschuhe unter der Bezeichnung „Converse All Star Chuck Taylor". Die Klägerin ist unter anderem Inhaberin der deutschen Marken „Converse" (Registernummer DE 2001711), „Allstar" (Registernummer DE 971 731) und „Converse Allstar" (Registernummer DE 1129307), eingetragen für Schuhwaren (Kl. 25), auf die sie die Klageansprüche mit ihrem Schriftsatz vom 13. 9. 2012 (Bl. 371 d. A) gestützt hat. Erst in der Berufungsinstanz ist vorgetragen worden, dass Inhaberin der Marken mittlerweile die niederländische Gesellschaft B ist; die Umschreibung im Markenregister ist am 11. 10. 2013 erfolgt.
Die Beklagte ist ein Unternehmen der S-Gruppe und bot Anfang September 2008 in den von ihr betriebenen U unter anderem in T „Converse-Schuhe" zu einem Verkaufspreis von 39,99 EUR (33,61 EUR netto) an. Zwei Paar Schuhe wurden von der Klägerin im Rahmen eines Testkaufs am 1. 9. 2008 erworben. Mit Schreiben vom 19. 9. 2012 (Bl. 601 d. A.) teilten die Prozessbevollmächtigten der Beklagten mit, dass die Beklagte insgesamt 3.450 Paar Schuhe von der S AG zu einem Lagerabgabepreis von 27,99 EUR bezogen hatte, von denen 2.025 Paar Schuhe an Endkunden veräußert wurden. Vorlieferant der S AG war die N GmbH.
Die Klägerin hat behauptet, dass es sich bei den im Rahmen des Testkaufs erworbenen Schuhen um Fälschungen handele. Insbesondere liefere der sogenannte „Tongue Label Scan" keine Ergebnisse. Kein echtes Produkt würde die Kombination der Codes auf dem Zungenlabel tragen. Das „Tongue Size Label" sei zudem nicht richtig positioniert. Die Markierungen auf der Unterseite der Innensohle („sponge wedge") seien ebenfalls falsch. Ihre Markenrechte seien auch nicht erschöpft. Die Beklagte habe nicht den ihr obliegenden Nachweis geführt, dass es sich um echte Schuhe gehandelt habe, die mit Zustimmung des Zeicheninhabers im EWR in den Verkehr gebracht worden seien. Eine Marktabschottung der nationalen Märkte durch die Klägerin sei nicht gegeben.
Reduzierte „Converse"-Schuhe seien von den Abnehmern der deutschen Lizenznehmerin der Klägerin - beispielsweise über die Internetseite www.T2.com (Bl. 482 d. A.) - auch schon zum Preis von 39,99 EUR angeboten worden. Der Klägerin selbst beziehungsweise ihrer deutschen Lizenznehmerin B2 GmbH sei ein zu ersetzender Schaden von 39.507,75 EUR entstanden, da ihr die Möglichkeit genommen worden sei, 2.025 Paar echte Schuhe mit einer Gewinnmarge auf Basis von erzielten Werten aus dem Jahr 2008 von 19,51 EUR zu veräußern. Den Schaden der B2 GmbH könne die Klägerin im Wege der Drittschadensliquidation geltend machen. Hilfsweise stehe ihr ein Anspruch auf Herausgabe des Gewinns der Beklagten aus dem unstreitigen Verkauf von 2.025 Paar Schuhen in Höhe von 11.380,50 EUR (33,61 EUR - 27,99 EUR x 2.025) zu.
Die Klägerin hat zunächst auch Ansprüche auf Herausgabe zur Vernichtung (Antrag zu 3.) und Auskunftserteilung (Antrag zu 4.) geltend gemacht. Insoweit haben die Parteien nach der Auskunftserteilung der Beklagten den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt.
Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zur Unterlassung des Angebots näher bezeichneter, mit dem Zeichen der Klägerin gekennzeichneter Schuhe, des Feilhaltens, des Bewerbens, des Vertriebs und/oder des Besitzes zu den vorgenannten Zwecken zu verurteilen. Ferner hat sie die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 39.507,75 EUR nebst Zinsen, hilfsweise von 11.380,50 EUR nebst Zinsen beantragt. Schließlich hat sie die Befugnis beantragt, das Urteil zu veröffentlichen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat behauptet, es handele sich bei den von ihr vertriebenen Schuhen um Originale. Sie hat ferner die Auffassung vertreten, die Markenrechte der Klägerin seien erschöpft. Die in den U vertriebene Ware stamme von einem autorisierten Lizenznehmer der Klägerin mit Sitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft und sei über einen weiteren Mitgliedstaat nach Deutschland geliefert worden.
Ein Anspruch auf Ersatz des entgangenen Gewinns in der geltend gemachten Höhe bestehe schon deshalb nicht, da wegen des höheren Preisniveaus der Klägerin ausgeschlossen sei, dass die Klägerin beziehungsweise ihre Lizenznehmerin die gleiche Anzahl Schuhe wie die Beklagte verkauft hätte. Die hilfsweise geltend gemachte Herausgabe des vollständigen Gewinns der Beklagten könne nicht verlangt werden, da dieser nur zu einem geringen Teil auf der streitigen Schutzrechtsverletzung beruhe. Außerdem seien Vertriebs- und Marketingkosten noch nicht berücksichtigt. Die geltend gemachten Zinsen seien ebenfalls überhöht.
Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß zur Unterlassung verurteilt sowie zur Zahlung von 11.380,50 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz an die Klägerin. Die weitergehende Klage hat es abgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, der Unterlassungsanspruch beruhe auf §§ 14 Abs. 2 Nr. 1, 5 MarkenG. Die Beklagte habe jedenfalls nicht dargelegt und den ihr obliegenden Beweis erbracht, dass die Schuhe mit Zustimmung der Klägerin in den europäischen Wirtschaftsraum gelangt seien. Hieraus folge bereits die widerrechtliche Benutzung der Marken der Klägerin durch die Beklagte, da es markenrechtlich keine Rolle spiele, ob die Zustimmung des Markeninhabers wegen einer Fälschung fehle oder weil die Ware aus einem Drittstaat importiert worden sei. Da die Beklagte auch keine Marktabschottung durch die Klägerin dargelegt habe, greife zu ihren Gunsten auch keine Beweislastumkehr ein.
Der in erster Linie geltend gemachte Anspruch auf Herausgabe des entgangenen Gewinns als Schadensersatz gemäß § 14 Absatz 6 MarkenG sei unbegründet, da die Kausalität zwischen Rechtsverletzung und Gewinnausfall bei der Klägerin nicht nachgewiesen sei. Begründet sei der Anspruch auf Schadensersatz nur in Höhe des Verletzergewinns von 11.180,50 EUR. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Urteil des Landgerichts verwiesen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung verfolgt die Klägerin weiter ihren Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von insgesamt 39.507,75 EUR (beziehungsweise 39.669,75 EUR, die sie mit dem Hilfsantrag aus dem Schriftsatz vom 29. 11. 2013 geltend macht). Zur Begründung trägt sie vor, das Landgericht habe die Anforderungen an die Darlegung des Ursachenzusammenhangs zwischen Rechtsverletzung und Gewinnausfall überspannt. Ohne den Vertrieb der beanstandeten Schuhe wäre es der Klägerin beziehungsweise ihrer Lizenznehmerin möglich gewesen, eine entsprechende Menge an Schuhen selber abzusetzen. Bei dem in der ersten Instanz vorgetragenen Angebot über www.T2.com habe es sich auch um ein Standardmodell in gängigen Größen gehandelt.
Die Klägerin beantragt zuletzt,
das Urteil des Landgerichts Köln vom 28. 5. 2013 aufzuheben, soweit die Klage abgewiesen wurde und Ziffer I. 1. b) des Urteils dahingehend abzuändern, dass die Beklagte verurteilt wird, 11.117,25 EUR (Schaden der Klägerin) sowie 28.390,50 EUR (Schaden der Lizenznehmerin B2 GmbH) nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 12. 1. 2009 an die Klägerin zu zahlen,
hilfsweise,
das Urteil des Landgerichts Köln vom 28. 5. 2013 aufzuheben, soweit die Klage abgewiesen wurde und Ziffer I. 1. b) des Urteils dahingehend abzuändern, dass die Beklagte verurteilt wird, 11.279,25 EUR (Schaden der Klägerin) sowie 28.390,50 EUR (Schaden der Lizenznehmerin B2 GmbH) nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 12. 1. 2009 an die B, D 1, I , Niederlande zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt das Urteil des Landgerichts, soweit es den weitergehenden Schadensersatzanspruch der Klägerin abgewiesen hat. Ferner trägt sie vor, die Klägerin sei nicht mehr aktivlegitimiert. Durch einen Schriftsatz der Klägerin vom 14. 5. 2013 in einem anderen Verfahren habe sie erfahren, dass die Klagemarken mittlerweile auf die niederländische Gesellschaft B übertragen worden seien. Die Beklagte beantragt ferner, das Beklagtenrubrum zu berichtigen, da die ursprüngliche Beklagte einen Teil ihres Vermögens als Gesamtheit im Wege der Umwandlung durch Ausgliederung auf eine neu gegründete U2 GmbH in L als übernehmenden Rechtsträger übertragen habe. Die U2t GmbH sei anschließend auf die S Markt GmbH verschmolzen worden, die nunmehr den Rechtsstreit auf Beklagtenseite führe.
Die Klägerin trägt zu ihrer Aktivlegitimation vor, die B habe ihr eine Lizenz an den Klagemarken eingeräumt und sie ermächtigt, im eigenen Namen und auf eigene Kosten Klagen wegen der Verletzung der lizenzierten Marken zu erheben. Ferner habe sie der Klägerin im Hinblick auf etwaige Schadensersatzansprüche eine Einziehungsermächtigung erteilt. Der beantragten Berichtigung des Beklagtenrubrums widerspricht die Klägerin, da nicht das gesamte Vermögen der ursprünglichen Beklagten ausgegliedert worden sei.
Aus den Gründen
II.
Die zulässige Berufung bleibt in der Sache ohne Erfolg.
1. Für die beantragte Berichtigung des Beklagtenrubrums besteht kein Anlass. Die Beklagte beruft sich darauf, sie habe einen Teil ihres Vermögens, nämlich einen selbständigen Geschäftsbetrieb, als Gesamtheit im Wege der Umwandlung durch Ausgliederung auf eine neu gegründete GmbH übertragen, die dann auf die S Markt GmbH verschmolzen worden sei (Bl. 737 d. A.). Ob zu diesem ausgegliederten Vermögensteil die U gehören, über die die streitgegenständlichen Schuhe vertrieben worden sind, was seitens der Klägerin bezweifelt wird, ist nicht entscheidend: Die Ausgliederung ist am 29. 4. 2011 in das Handelsregister eingetragen worden, wie sich aus dem Handelsregister des Amtsgerichts Köln zu HRB 67933 ergibt. Im Fall einer Spaltung (zu der die Übertragung durch Ausgliederung gehört, § 123 Abs. 3 UmwG) haften für die Verbindlichkeiten des übertragenden Rechtsträgers, die vor der Spaltung begründet worden sind, die an der Spaltung beteiligten Rechtsträger als Gesamtschuldner (§ 133 Abs. 1 S. 1 UmwG). Damit haftet jedenfalls auch die bisherige Beklagte, selbst wenn sie die betreffende Vertriebsabteilung komplett ausgegliedert haben sollte, da die Schadensersatzansprüche der Klägerin auf Vorgängen im Jahr 2008 beruhen.
2. Der zuletzt gestellte Antrag der Klägerin ist zulässig. Der zunächst angekündigte Antrag der Klägerin, mit dem sie einen einheitlichen Schadensbetrag verlangte, ohne klarzustellen, inwieweit dieser Betrag auf ihrem eigenen Schaden oder der B2 GmbH, ihrer Lizenznehmerin, beruhte, war wegen dieser fehlenden Differenzierung Zulässigkeitsbedenken ausgesetzt. Mit dem neuen Antrag hat die Klägerin klargestellt, dass sie kumulativ einen eigenen Schaden in Höhe von 11.117,25 EUR (beziehungsweise mit dem Hilfsantrag 11.279,25 EUR) und einen Schaden der Lizenznehmerin in Höhe von 28.390,50 EUR geltend macht.
3. Die Beklagte beanstandet nicht den Ausgangspunkt des Landgerichts, dass sie der Klägerin gemäß § 14 Abs. 6 MarkenG zum Schadensersatz verpflichtet sei. Das Landgericht hat in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs angenommen, dass die Beklagte die Darlegungs- und Beweislast dafür treffe, dass es sich bei den die von ihr vertriebenen Schuhen um Originalware des Markeninhabers handele, die mit dessen Zustimmung in den EWR verbracht worden sei (BGH, GRUR 2012, 626 Tz. 26 - CONVERSE I). Es ist daher unerheblich, ob es sich bei den Schuhen tatsächlich um Fälschungen oder um Importe aus einem Drittstaat handelt (OLG Düsseldorf, GRUR-RR 2011, 323, 324 - Converse). Ferner hat das Landgericht in Übereinstimmung mit dem Bundesgerichtshof (a. a. O. Tz. 36 ff.), dem Oberlandesgericht Stuttgart (Urteil vom 29. 11. 2012 - 2 U 89/12, von der Klägerin vorgelegt als Anlage K 34, Bl. 547 ff.) und dem Oberlandesgericht Düsseldorf (a. a. O.) angenommen, dass das Vertriebssystem der Klägerin keine Gefahr der Marktabschottung begründet, die zu einer Beweislastumkehr hinsichtlich der fehlenden Zustimmung führen würde.
Die Beklagte beanstandet auch nicht mehr die Annahme des Landgerichts, dass sie schuldhaft gehandelt habe. Diese Punkte bedürfen daher keiner vertieften Erörterung mehr.
4. a) Bei der Höhe des Schadens ist zunächst auf den Schaden des Markeninhabers, nicht des Lizenznehmers abzustellen (BGH, GRUR 2008, 614 Tz. 15 - ACERBON; Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Aufl. 2010, § 30 Rn. 95 ff.). Daneben kann der Markeninhaber allerdings auch den Schaden seines Lizenznehmers im Wege der Drittschadensliquidation geltend machen (BGH, GRUR 2007, 877 Tz. 32 - Windsor Estate), wie es hier seitens der Klägerin geschieht.
b) Das Landgericht hat den Anspruch der Klägerin auf entgangenen Gewinn daran scheitern lassen, dass sie die Kausalität zwischen Rechtsverletzung und ausgefallenem Gewinn nicht dargelegt habe. Es könne - so lassen sich die Erwägungen des Landgerichts zusammenfassen - nicht davon ausgegangen werden, dass die Kunden, die die beanstandeten Schuhe zu einem günstigen Preis im U gekauft hätten, ansonsten Produkte der Klägerin erworben hätten. Auch wenn die Klägerin auf ein Sonderangebot zu einem vergleichbaren Preis hingewiesen habe, so würden sich derartige Angebote „nach eigener Erfahrung der Kammer" oftmals nur auf Restposten in wenigen Größen beziehen. Die Klägerin beanstandet in diesem Zusammenhang, das Landgericht habe nicht offen gelegt, worauf diese Erkenntnisse beruhen würden.
Stützt der Verletzte Ansprüche auf entgangenen Gewinn (§ 252 S. 2 BGB), so muss er dem Gericht zumindest eine hinreichende tatsächliche Grundlage unterbreiten, die eine Schätzung dieses Schadens ermöglichen (§ 287 ZPO). Dabei sind an Art und Umfang der vom Geschädigten beizubringenden Schätzungsgrundlagen nur geringe Anforderungen zu stellen (BGH, GRUR 1993, 55, 59 - Tchibo/Rolex II), andererseits darf das Gericht auch nicht mit Unterstellungen arbeiten (BGH, GRUR 1982, 489, 490 - Korrekturflüssigkeit). Weiter hat der Bundesgerichtshof in diesem Zusammenhang ausgeführt:
„Zur schlüssigen Geltendmachung eines aus der Verletzung einer geschützten immateriellen Rechtsposition entgangenen Gewinns ist es ausreichend, wenn der Berechtigte darlegt, dass ohne die Verletzung eine (entsprechende) Benutzung durch ihn oder durch berechtigte Dritte erfolgt wäre. Schon daraus ist nämlich nach den Grundsätzen der Lebenserfahrung zu folgern, dass die Geschäfte des Verletzers zu einer Beeinträchtigung der Umsatzerwartung des Berechtigten geführt haben. Sollte dieser Ursachenzusammenhang in Zweifel gezogen werden, so ist es Sache des Verletzers darzulegen, dass die vom Schadensersatzkläger behauptete Einbuße ganz oder teilweise durch andere Gründe als die Verletzung verursacht ist." (BGH, GRUR 1993, 757, 758 f. - Kollektion Holiday)
Allerdings, so hat der Bundesgerichtshof weiter ausgeführt, ist es dem Verletzten verwehrt, seinen entgangenen Gewinn auf der Grundlage der von dem Verletzer veräußerten Stückzahlen zu berechnen. Es könne nämlich nicht einfach davon ausgegangen werden, dass der Umsatz des Verletzers in vollem Umfang direkt oder in Form von Lizenzgebühren mittelbar dem Berechtigten zugutegekommen wäre. Die Umsatzzahlen des Verletzers können allerdings indiziell insbesondere dann von Bedeutung sein, wenn es sich hierbei um Produkte handelt, die vom Verkehr dem Verletzten zugerechnet werden (a. a. O. S. 759; BGH, GRUR 2008, 933 Tz. 20 - Schmiermittel).
Die vom Bundesgerichtshof genannte Voraussetzung, dass die beanstandeten Produkte vom Verkehr dem Verletzten zugerechnet werden, ist hier ohne weiteres erfüllt. Aber auch für diesen Fall billigt der Bundesgerichtshof den Umsätzen des Verletzers lediglich indizielle Bedeutung zu, so dass die Berechnung der Klägerin, die lediglich die mitgeteilten Umsätze der Beklagten mit ihrer Gewinnmarge multipliziert, nicht schlüssig ist. Da die Klägerin nicht vorgetragen hat, dass sie ihre Schuhe regelmäßig auch über vergleichbare Vertriebskanäle (Verbrauchermärkte) vertreibt, müsste daher auf jeden Fall zumindest ein prozentualer Abschlag von ihrer Forderung gemacht werden. Auch wenn das Landgericht zutreffend darauf hingewiesen hat, dass ein Verbraucher nicht bereit gewesen wäre, für Schuhe, die nicht mit dem bekannten Zeichen der Klägerin gekennzeichnet gewesen wären, den von der Beklagten verlangten Betrag von 39,99 EUR zu bezahlen, kann daraus nicht im Umkehrschluss entnommen werden, dass jeder Verbraucher, der ein Paar der von der Beklagten vertriebenen Schuhe erworben hat, andernfalls ein Paar Schuhe aus dem Vertrieb der Klägerin erworben hätte. Ebenso gut ist es möglich, dass ein Verbraucher, der normalerweise nicht die Vertriebsstätten aufsucht, über die die Klägerin die Schuhe üblicherweise vertreibt, lediglich durch das vermeintlich günstige Angebot der Beklagten in einem Verbrauchermarkt überhaupt zum Kauf der Schuhe veranlasst wurde. Dass es sich dabei auch tatsächlich um ein günstiges Angebot gehandelt hat, kann auch auf der Grundlage des Vortrags der Beklagten nicht bezweifelt werden. Bei dem Angebot, mit dem sie belegen möchte, dass sie ihre Originalware zu vergleichbaren Preisen vertreibt, handelt es sich nach ihrem eigenen Vortrag um ein Angebot „reduzierter" Ware (Schriftsatz vom 9. 11. 2012, S. 2 = Bl. 481 d. A.), mithin um ein Sonderangebot zu einem Preis, zu dem die Produkte der Klägerin üblicherweise nicht zu erwerben sind.
Darüber hinaus darf sich der Markeninhaber aber auch nicht auf allgemeine Darlegungen zum mutmaßlichen Gewinn beschränken, sondern er muss produktbezogene Ausführungen machen, um dem Gericht eine Schadensschätzung zu ermöglichen. Er ist gehalten, die Kalkulation für seine Markenware zu offenbaren (Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl. 2012, § 14 Rn. 464) und muss insbesondere Erlöse und produktbezogene Kosten einander gegenüberstellen (BGH, GRUR 1980, 841, 842 f. - Tolbutamid; so auch Preu, GRUR 1979, 753, 756, auf den sich der BGH, GRUR 1993, 757, 759 - Kollektion Holiday, ausdrücklich bezogen hat). Vor diesem Hintergrund ist der Vortrag der Klägerin unzureichend, da sie lediglich eine allgemeine Gewinnspanne vorgetragen hat. Sie hätte zumindest die Gewinnspanne unter Darlegung der genannten Einzelheiten (Erlöse und Kosten), bezogen auf die beanstandeten Modelle, beziehungsweise auf ihre mit diesen vergleichbaren Modelle, vortragen müssen. Diesen Vortrag hat sie auch, nachdem der Senat in der mündlichen Verhandlung vom 25. Oktober 2013 einen entsprechenden Hinweis erteilt hat, nur dahingehend konkretisiert, dass sie ihre eigene Gewinnspanne einerseits, die ihrer Lizenznehmerin andererseits dargelegt hat und sich im Übrigen darauf berufen, weiterer Vortrag zu Produktionskosten und Erlösen sei ihr nicht zumutbar, da es sich dabei um Betriebsgeheimnisse handele. Dies entbindet sie allerdings nicht von der Verpflichtung, ausreichende Grundlagen für eine Schadensschätzung nach § 287 ZPO vorzutragen. Die Angabe der Gewinnmargen reicht dafür ebensowenig aus wie der Vortrag „innerbetrieblicher Erfahrungssätze" (BGH, GRUR 1980, 841, 842 - Tolbutamid).
Die Klägerin kann sich in diesem Zusammenhang nicht auf die „CONVERSE I"-Entscheidung des Bundesgerichtshofs berufen. Der Bundesgerichtshof hat dort ausgeführt:
„Die Kl. hat sich allerdings nicht bereitgefunden, die firmeneigene Kodierung auf den Schuhen aufzudecken. Daraus folgt aber nicht, dass sie ihrer sekundären Darlegungslast nicht nachgekommen ist und der Vortrag der Bekl., die von ihr vertriebenen Schuhe seien Originalmarkenware aus der Produktion der Kl., nach § 138 Abs. 3 ZPO als unstreitig zu behandeln ist. Die Kl. brauchte im Rahmen der sekundären Darlegungslast diese Betriebsgeheimnisse nicht offenzulegen. Denn es steht schon nicht fest, dass die übrigen von der Kl. vorgetragenen Merkmale, aus denen sich eine Produktfälschung ergeben soll, keinen Aufschluss hierüber bringen. Im Übrigen besteht die sekundäre Darlegungslast einer Partei nur im Rahmen des Zumutbaren, weshalb sie Betriebsgeheimnisse grundsätzlich nicht offenzulegen braucht." (BGH, GRUR 2012, 626 Tz. 28 - CONVERSE I)
Die Ausführungen des Bundesgerichtshofs betrafen mithin die Frage, ob es sich überhaupt um gefälschte Ware handelte, wobei sich nach Ansicht des Bundesgerichtshofs möglicherweise bereits aus dem weiteren Sachverhalt hinreichende Indizien ergaben, um von einer Fälschung auszugehen.
Die hier zu entscheidende Frage betrifft jedoch die Anspruchsvoraussetzungen für den Schadensersatzanspruch der Klägerin. Sie trifft insoweit nicht nur eine sekundäre Darlegungslast, sondern eine primäre Darlegungs- und Beweislast, wenn auch in den Grenzen des § 287 ZPO. Ferner kann die Klägerin nicht unter Hinweis auf Betriebsgeheimnisse jeglichen näheren Vortrag zu den tatsächlichen Schätzungsgrundlagen verweigern, da dies dazu führen würde, dass für eine Schadensschätzung keinerlei Grundlage vorhanden wäre und deshalb deren Ergebnis weitgehend in der Luft hängen würde (vgl. BGH, NJW 1994, 663, 664 f.). Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass es bei der Frage der Fälschung der Produkte um das Bestehen des Anspruchs an sich geht. Der Verletzte stünde insoweit vor der Alternative, entweder Betriebsgeheimnisse offen zu legen oder eine Verletzung nicht zu verfolgen. Im vorliegenden Fall ist es der Klägerin unbenommen, wenn sie ihre Betriebsgeheimnisse nicht offen legen möchte, ihren Schadensersatzanspruch auf anderer Grundlage zu berechnen, sei es auf der Grundlage des Verletzergewinns, wie ihn das Landgericht bereits zuerkannt hat, sei es auf der Grundlage der Lizenzanalogie.
Dem Vortrag der Klägerin lässt sich nicht einmal entnehmen, in welcher Höhe die Lizenznehmerin ihr eine Lizenzgebühr schuldet. Ob es sich bei den von der Klägerin vorgetragenen Gewinnmargen tatsächlich um die produktbezogenen Margen handelt, das heißt diejenigen, die allein durch den Vertrieb vergleichbarer Produkte der Klägerin erzielt werden, oder um die allgemeinen Margen, die im Durchschnitt durch den Vertrieb des gesamten Produktsortiments erzielt werden können, erschließt sich aus ihrem Vortrag nicht. Sie hat insoweit auf ihren Vortrag im Schriftsatz vom 3. April 2013, S. 7 (Bl. 523 d. A.) verwiesen, in dem sie jedoch nur allgemein die Gewinnmarge für „Converse"-Schuhe, mithin nicht konkret auf die hier in Rede stehenden (oder vergleichbare) Modelle bezogen, vorgetragen hat. Bei dieser Sachlage kam auch die von der Klägerin beantragte Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht in Frage, da es an ausreichenden Anknüpfungstatsachen für eine Begutachtung fehlt.
c) Auch bei unzureichenden Schätzungsgrundlagen ist allerdings dem Verletzten grundsätzlich ein zu schätzender Mindestschaden zuzusprechen (BGH, GRUR 1993, 55, 59 - Tchibo/Rolex II). Diesem Gesichtspunkt ist im vorliegenden Fall bereits dadurch Rechnung getragen, dass das Landgericht der Klägerin einen Anspruch auf Herausgabe des Verletzergewinns in Höhe von 11.380,50 EUR zugesprochen hat. Der Senat schließt aus, dass der zu schätzende Mindestschaden der Klägerin über diesem Betrag liegt.
5. Da die Klägerin somit einen - über den ihr vom Landgericht bereits zugesprochenen Betrag hinausgehenden - Schadensersatzanspruch nicht schlüssig dargelegt hat, kommt es auf die Frage ihrer Aktivlegitimation nicht an. Ihre Klage ist daher sowohl mit dem Haupt- als auch dem zuletzt gestellten Hilfsantrag unbegründet, so dass ihre Berufung keinen Erfolg hat.
6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Für die Zulassung der Revision besteht kein Anlass. Der Senat weicht mit seiner Entscheidung weder von einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs ab noch hat die Sache über die Rechtsanwendung auf den Einzelfall hinaus grundsätzliche Bedeutung (§ 543 Abs. 2 ZPO). Die maßgeblichen Rechtsfragen sind in der obergerichtlichen Rechtsprechung außer Streit. Im Übrigen beruht die Entscheidung auf einer Würdigung der konkreten Umstände des Einzelfalles.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 28.489,25 EUR festgesetzt. Die Entscheidung über den Hilfsantrag führt zu keiner darüber hinausgehenden Erhöhung des Streitwerts, da insoweit wirtschaftliche Identität vorliegt (§ 45 Abs. 1 S. 3 GKG).