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Wirtschaftsrecht
15.04.2021
Wirtschaftsrecht
OLG Hamburg: Anfechtung des Kapitalerhöhungsbeschlusses nach § 243 Abs. 1 AktG wegen eines Treuepflichtverstoßes bei Kapitalerhöhung ohne Bezugsrechtsausschluss

OLG Hamburg, Beschluss vom 12.2.2021 – 11 AktG 1/20

Volltext: BB-Online BBL2021-898-3

Amtliche Leitsätze

1. Auch in einer börsennotierten Aktiengesellschaft kommt bei einer Kapitalerhöhung ohne Bezugsrechtsausschluss eine Anfechtung des Kapitalerhöhungsbeschlusses nach § 243 Abs. 1 AktG wegen eines Treuepflichtverstoßes in Betracht, wenn der deutlich unter dem Börsenkurs der Aktien liegende Ausgabekurs zu einem faktischen Bezugszwang führt. Dabei sind die konkreten Umstände des Einzelfalls maßgeblich; eine pauschale Betrachtung verbietet sich.

2. Für die Frage, ob die Einrichtung eines Bezugsrechtshandels und hieraus zu erwartende Erlöse den faktischen Bezugszwang kompensieren können, kommt es nicht auf einen Vergleich mit dem wahren (inneren) Wert der Aktien an, sondern auf den Vergleich mit dem rechnerischen Börsenkurs nach Durchführung der Kapitalerhöhung.

3. Im Freigabeverfahren nach § 246a AktG muss der Antragsgegner seine Behauptung, dass der Bezugsrechtshandel nicht funktionieren werde, glaubhaft machen.

Sachverhalt

    I.

Die Antragstellerin begehrt im Freigabeverfahren nach § 246a AktG die Feststellung, dass der Eintragung eines Kapitalerhöhungsbeschlusses vom 1. Oktober 2020 in das Handelsregister die gegen diesen Beschluss von der Antragsgegnerin beim Landgericht Hamburg erhobene Anfechtungsklage nicht entgegensteht.

Die Antragstellerin ist eine börsennotierte Aktiengesellschaft mit Sitz in Hamburg. Ihr Grundkapital beträgt 13.954.276,00 Euro, aufgeteilt in 996.734 Stückaktien (Nennwert 14,00 Euro). Hauptaktionärin ist die D-AG mit einem Anteil von rund 52 Prozent. Die Antragsgegnerin hält rund 28 Prozent der Anteile. Die restlichen 20 Prozent werden im Streubesitz gehalten.

Die Antragstellerin ist eine Beteiligungsgesellschaft (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 1 der Satzung, Anlage Ast 3). Derzeit ist sie mit einem Investitionsvolumen von 29 Mio. Euro an vorrangig börsennotierten Rohstoffunternehmen in Kanada und Australien beteiligt, die eine Marktkapitalisierung zwischen 20 und 500 Mio. Euro haben.

Mit der im Bundesanzeiger veröffentlichten Einladung zur ordentlichen Hauptversammlung am 1. Oktober 2020 (Anlage Ast 7) teilte die Antragstellerin u.a. Beschlussvorschläge des Vorstands und des Aufsichtsrats über die Schaffung neuen genehmigten Kapitals (TOP 5), über die Ausgabe von Options- und Wandelanleihen, Genussrechten oder Gewinnschuldverschreibungen sowie über die Schaffung neuen bedingten Kapitals (TOP 6) mit. Im Rahmen des Berichts zu TOP 5 und 6 heißt es jeweils am Ende, dass konkrete Pläne zur Ausnutzung des genehmigten bzw. bedingten Kapitals derzeit nicht bestünden.

Als TOP 10 teilte die Antragstellerin mit, dass ihr ein Ergänzungsverlangen zur Tagesordnung ihrer Mehrheitsaktionärin D-AG zugegangen sei. Die D-AG schlage vor, die Erhöhung des Grundkapitals um bis zu 13.954.276,00 Euro durch Ausgabe von bis zu 996.734 neuen Inhaber-Stückaktien gegen Bareinlagen zu beschließen, und zwar mit einem übertragbaren und handelbaren Bezugsrecht im Verhältnis 1:1.

Der Beschlussvorschlag hat den folgenden Wortlaut:

 „a) Das Grundkapital der Gesellschaft wird von EUR 13.954.276,00 um bis zu EUR 13.954.276,00 auf bis zu EUR 27.908.552,00 durch Ausgabe von bis zu 996.734 neuen auf den Inhaber lautenden Stückaktien gegen Bareinlagen erhöht. Die neuen Aktien sind ab dem 1.1.2020 gewinnberechtigt.

b) Die neuen Aktien werden den Aktionären der Gesellschaft im Verhältnis 1:1 zum Gesamtausgabebetrag in Höhe von EUR 28,00 je neuer auf den Inhaber lautende Stückaktie zum Bezug angeboten. Das heißt, eine alte Aktie gewährt ein übertragbares und handelbares Bezugsrecht; mit jeweils einem Bezugsrecht kann eine neue Aktie bezogen werden. Die neuen Aktien können auch von einem durch den Vorstand bestimmten Kreditinstitut mit der Verpflichtung übernommen werden, sie den Aktionären anzubieten (mittelbares Bezugsrecht). Kreditinstituten gleichgestellt sind die nach § 53 Abs. 1 Satz 1 oder § 53b Abs. 1 Satz 1 oder Abs. 7 des Gesetzes über das Kreditwesen (KWG) tätigen Unternehmen. Den Aktionären steht grundsätzlich ein Bezugsrecht zu.

c) Die Bezugsrechte der Aktionäre sind frei übertragbar und sollen mindestens im Freiverkehr handelbar sein.

d) Der Vorstand wird ermächtigt, mit Zustimmung des Aufsichtsrats die weiteren Einzelheiten der Kapitalerhöhung und ihrer Durchführung, insbesondere die weiteren Bedingungen für die Ausgabe der Aktien, festzulegen.

e) Der Aufsichtsrat wird ermächtigt, die Änderung der Fassung von § 4 Abs. 1 der Satzung entsprechend der Durchführung der Kapitalerhöhung zu beschließen.

f) Der Beschluss über die Kapitalerhöhung wird ungültig, wenn ihre Durchführung nicht bis zum Ablauf des 31. März 2021 im dafür zuständigen Handelsregister eingetragen wird.“

Bereits auf der ordentlichen Hauptversammlung am 6. August 2019 war eine Erhöhung des Grundkapitals um bis zu 3.532.088,00 Euro beschlossen worden. Der Bezugspreis lag bei 78,00 Euro je Aktie, der damalige Börsenkurs bei 80,00 Euro. Das Bezugsverhältnis betrug 3:1. Ein Bezugsrechtshandel war eingerichtet. Im Umfang von mehr als 95 Prozent wurden junge Aktien gezeichnet. Ca. 18 Prozent der vorhandenen Bezugsrechte wurden gehandelt. Sowohl die D-AG als auch die Antragsgegnerin übten sämtliche Bezugsrechte aus (Anlage Ast 13).

Auf der Hauptversammlung am 1. Oktober 2020 wurden zunächst die Beschlussvorschläge zu TOP 5 und 6 zur Abstimmung gestellt (S. 17/18 des Protokolls, Anlage Ast 8). Diese erreichten mit nur 63,55 bzw. 66,44 Prozent nicht die erforderliche Mehrheit von 75 Prozent der Stimmen (§§ 182 Abs. 1 Satz 1, 221 AktG). Die Antragsgegnerin stimmte jeweils mit Nein.

Auf den hier streitgegenständlichen Beschlussvorschlag zu Punkt 10 der Tagesordnung entfielen sodann 63,37 Prozent der abgegebenen Stimmen, wobei die Antragsgegnerin wiederum mit Nein stimmte. Der Versammlungsleiter stellte die Annahme des Beschlussvorschlags fest (S. 20 des Protokolls, Anlage Ast 8). Gemäß § 16 Ziff. 2 der Satzung (Anlage Ast 3) werden Beschlüsse mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst, soweit nicht zwingende gesetzliche Vorschriften entgegenstehen. Die Antragsgegnerin ließ u.a. gegen diese Beschlussfassung einen Widerspruch zu Protokoll geben (S. 21 des Protokolls, Anlage Ast 8).

Der Börsenkurs der Anteile an der Antragstellerin lag am Tag der Hauptversammlung bei ca. 100,00 Euro, der Anteil einer Aktie am Reinvermögen der Gesellschaft bei 155,00 Euro (Anlage Ast 2).

Mit einem am 31. Oktober 2020 beim Landgericht Hamburg eingegangenen Schriftsatz vom selben Tag, der der Antragstellerin am 19. November 2020 zugestellt worden ist, hat die Antragsgegnerin eine Anfechtungsklage erhoben, mit der sie in dem hier interessierenden Punkt vorrangig beantragt, den Beschluss zu TOP 10 für nichtig zu erklären (Anlage Ast 10 = Anlage 1 zur Erwiderung der Antragsgegnerin, dort mit Anlagen). Das Verfahren wird unter dem Aktenzeichen 413 HKO 101/20 geführt; der Senat hat die Verfahrensakte beigezogen.

In ihrer Anfechtungsklage vertritt die Antragsgegnerin die Auffassung, Antragstellerin und D-AG als Mehrheitsaktionärin hätten mit der Beschlussfassung ihre gesellschaftsrechtliche Treuepflicht verletzt. Deshalb hätten die Stimmen der D-AG nicht mitgezählt werden dürfen, so dass der Beschluss schon gar nicht zustande gekommen sei.

Der Ausgabebetrag von 28,00 Euro je Aktie sei grob unangemessen niedrig und verletze ihr Aktieneigentum, weil sie faktisch zur Teilnahme an der Kapitalerhöhung gezwungen werde, da ihr andernfalls eine grob unangemessene wertmäßige und quotale Verwässerung der Beteiligung drohe. Sie sei jedoch nicht willens, teilzunehmen. Dagegen sei davon auszugehen, dass die D-AG ihr Bezugsrecht vollständig ausüben werde.

Die wertmäßige Verwässerung ergebe sich schon in Bezug auf den Börsenkurs, weil der Bezugsrechtshandel mangels entsprechender Nachfrage nicht zu einer Kompensation führen werde. In Bezug auf den Anteil am Reinvermögen als Untergrenze des wahren Werts einer Aktie scheide eine Kompensation in jedem Fall aus. Ein solcher Eingriff in ihre Aktionärsrechte sei auch sachlich nicht gerechtfertigt. Die Antragstellerin befinde sich nicht in einer Sanierungssituation und sei auch sonst nicht auf frisches Eigenkapital angewiesen.

Durch die quotale Verwässerung würde ihr Anteil statt 28 nur noch rund 19 Prozent betragen, so dass sie ihre Sperrminorität verlieren würde. Es gebe keinen sachlichen Grund für das Bezugsrechtsverhältnis von 1:1.

Der Beschluss verstoße zudem gegen § 243 Abs. 2 Satz 1 AktG. Die D-AG habe versucht, einen Sondervorteil zu erlangen.

Schließlich liege auch ein Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot in § 53a AktG vor. Wegen des unangemessen niedrigen Bezugspreises sei die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu Kapitalerhöhungen mit Bezugsrechtsausschluss (II ZR 120/16) übertragbar.

Mit ihrem am 30. November 2020 eingegangenen Antrag begehrt die Antragstellerin, vertreten durch Vorstand und Aufsichtsrat, die Freigabe des Beschlusses zu TOP 10 zur Eintragung ins Handelsregister.

Hierzu behauptet sie, dass die Antragsgegnerin die Absicht verfolge, durch ihre Sperrminorität und die Anfechtungsklage ihr Aktienpaket ohne Marktabschlag an die D-AG verkaufen zu können. Die Antragsgegnerin sei mit der Geschäftspolitik der Antragstellerin nicht mehr einverstanden und wolle das Wachstum im Rohstoffbereich verhindern, zumal beide Gesellschaften Konkurrenten bei Investitionen in der DACH-Region seien. Die Antragstellerin behauptet weiter, dass die Antragsgegnerin an der Kapitalerhöhung teilnehmen und ihre Bezugsrechte ausüben werde.

Sie ist der Ansicht, die Anfechtungsklage sei offensichtlich unbegründet. Es gebe keinen faktischen Bezugszwang für die Antragsgegnerin. Diese habe vielmehr dieselben Chancen und Risiken wie die Mehrheitsaktionärin. Wenn sie ihr Bezugsrecht nicht ausüben wolle, sei das eine rein unternehmerische Entscheidung, die den Beschluss nicht anfechtbar mache.

Die Rechtsfigur des faktischen Bezugszwangs sei auf börsennotierte Gesellschaften schon per se nicht anwendbar, jedenfalls aber dann nicht, wenn - wie hier - ein Bezugsrechtshandel eingerichtet sei. Ein unzulässiger Zwang, an der Kapitalerhöhung teilzunehmen, sei denklogisch ausgeschlossen, wenn die Vermögenseinbuße durch Veräußerung des Bezugsrechts ausgeglichen werden könne. Auch die Antragsgegnerin erkenne an, dass eine Verwässerung durch Veräußerung des Bezugsrechts für 36,00 Euro kompensiert wäre.

Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin komme es nicht darauf an, ob der Bezugsrechtshandel funktionieren werde. Die Aktionäre könnten keinen Einfluss darauf nehmen, ob eine Nachfrage entsteht. Sie, die Antragstellerin, werde aber alles Erforderliche tun, um einen regen Bezugsrechtshandel zu gewährleisten.

Sie habe deshalb bereits am 17. Dezember 2020 einen Mandatsvertrag mit der m-AG als Skontroführerin abgeschlossen, der lediglich unter der aufschiebenden Bedingung des Erfolgs des vorliegenden Freigabeverfahrens stehe (Anlage Ast 21). Die Skontroführerin habe bestätigt, dass sie für einen liquiden Handel sorgen werde (Anlage Ast 22). Dennoch mögliche Bezugsrechtsüberhänge würden über Wertpapierleihen ausgeglichen werden. Insoweit stehe die Skontroführerin in Verhandlungen mit einem Großaktionär. Sollte der Bezugspreis nicht erreicht werden, drohe keine Verwässerung der Beteiligungen, da dann Arbitrage-Möglichkeiten bestünden, deren Ausübung zur Erhöhung des Bezugsrechtspreises führen würde.

Es habe bei der Antragstellerin auch bereits nach dem streitgegenständlichen Kapitalerhöhungsbeschluss Anfragen von Interessenten gegeben (Anlagen Ast 17, 18). Sollte ein liquider Bezugsrechtshandel trotz allem nicht entstehen, würde das nur zeigen, dass der Markt den Bezugspreis für angemessen oder sogar zu hoch halte.

Sie habe aber schon bei der Kapitalerhöhung 2019 bewiesen, dass der Bezugsrechtshandel funktioniere. Zuvor sei der Handel aufgrund des verknappten Angebots tatsächlich illiquide gewesen. Nach der Kapitalerhöhung habe der Handel aber um den Faktor 8 zugenommen (Anlage Ast 14). Soweit die Antragsgegnerin zutreffend darauf hinweise, dass seinerzeit Bezugsrechte verfallen seien, so habe es sich dabei um Bezugsrechte von Kleinaktionären gehandelt, für die das damals noch direkt über sie, die Antragstellerin, abzuwickelnde Prozedere zu aufwändig gewesen sei. Der rechnerische Verlust habe auch nur ca. 1 Euro je Aktie betragen, während er diesmal 36 Euro betragen würde.

Der Ausgabepreis von 28 Euro sei nicht unangemessen niedrig. Mit dem niedrigen Bezugspreis, verbunden mit dem Bezugsverhältnis 1:1, trage sie ihrem Interesse Rechnung, eine möglichst hohe Zeichnungsquote zu erreichen und mit der starken Erhöhung der Aktienzahl die zukünftige Liquidität in der Aktie bei optisch leichterem Börsenkurs weiter zu verbessern.

Die Auffassung der Antragsgegnerin, dass ein grob unangemessen niedriger Ausgabepreis bereits dann vorliege, wenn der Bezugspreis mehr als 30 bis 50 Prozent vom Börsenwert oder inneren Wert abweiche, treffe aus mehreren Gründen nicht zu.

Bei dem Auseinanderfallen des Börsenpreises und des inneren Aktienwerts (155 Euro) hätte der Ausgabepreis bei 108,50 Euro und damit über dem Börsenwert liegen müssen. Das würde es aber ausschließen, dass Bezugsrechte gekauft würden. Unabhängig davon müsste dann vor jeder Kapitalmaßnahme eine Unternehmensbewertung stattfinden, was einer flexiblen Liquiditätszufuhr im Wege stünde und teuer sei. Der innere Wert könne aber auch deshalb nicht maßgeblich sein, weil sich dieser aus der Summe aller von ihr, der Antragstellerin, gehaltenen Beteiligungen ergebe. Der Kapitalmarkt bewerte solche Konglomerate mit einem Abschlag auf den inneren Wert, da viele Beteiligungen illiquide seien. Hierauf habe sie in der Mitteilung vom 29. September 2020 (Anlage Ast 2) hingewiesen.

Der innere Wert der Aktie sei auch kein Teil des Vermögens der Antragsgegnerin, weil diese ihn nicht realisieren könne. Die Nichtberücksichtigung des inneren Werts der Aktie greife schon deshalb nicht in das Eigentumsrecht der Antragsgegnerin ein. Diese sei nach der Kapitalerhöhung weiterhin am wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens beteiligt.

Es komme aber auch nicht auf den Börsenwert vor, sondern nach der Kapitalerhöhung an. Dieser sog. theoretical ex-rights price (TERP) betrage - unstreitig - 64,00 Euro. Der Abschlag des Ausgabepreises zum TERP betrage damit zwar 56 Prozent. Das sei aber unschädlich. Die von der Antragsgegnerin behauptete absolute Grenze bei 50 Prozent existiere nicht, vielmehr komme es auf die Umstände des Einzelfalls an. Insoweit habe der Ausgabepreis aber einen möglichen pandemiebedingten Markteinbruch bis zum 31. März 2021 berücksichtigen müssen.

Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin bedürfe der Kapitalerhöhungsbeschluss keiner sachlichen Rechtfertigung. Vielmehr verhalte diese sich treuwidrig, wenn sie auf der einen Seite das Wachstum der Gesellschaft nicht fördern, aber auch ihre Bezugsrechte nicht veräußern wolle, auf der anderen Seite aber trotzdem das Recht auf eine Sperrminorität einfordere.

Der dabei ins Felde geführten quotalen Verwässerung sei durch das Bezugsrecht Rechnung getragen. Sie würde im Übrigen auch bei einem höheren Bezugspreis drohen.

Der Beschluss räume der Mehrheitsaktionärin auch keinen Sondervorteil ein. Hierfür sei ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz erforderlich, der jedoch denklogisch ausgeschlossen sei, weil jeder Aktionär das gleiche Recht zur Ausübung des Bezugsrechts habe. Ein wirtschaftlicher Schaden der Antragsgegnerin könne nicht eintreten, da die wertmäßige Verwässerung durch das Bezugsrecht bzw. den Bezugsrechtshandel kompensiert werde. Der Verlust der Sperrminorität würde allein darauf beruhen, dass die Antragsgegnerin nicht investieren würde.

Mangels Treuepflichtverletzung sei das Abstimmungsergebnis nicht fehlerhaft festgestellt worden.

Ihr Antrag sei auch nach § 246a Abs. 2 Nr. 3 AktG begründet. Dabei seien nur wirtschaftliche Interessen zu berücksichtigen. Regelmäßig überwiege das Vollzugsinteresse der Gesellschaft. Hieran ändere sich nichts dadurch, dass die Antragsgegnerin keine Kleinaktionärin sei. Ein besonders schwerer Rechtsverstoß liege nicht vor.

Der Beschluss habe keine wirtschaftlichen Nachteile für die Antragsgegnerin, die nicht durch Ausübung des Bezugsrechts bzw. den Bezugsrechtshandel und ggf. einen Schadensersatzanspruch kompensiert werden könnten. Das gelte namentlich für die wirtschaftliche Verwässerung. Die quotale Verwässerung könne ohnehin nicht berücksichtigt werden.

Dagegen würden ihr, der Antragstellerin, erhebliche wirtschaftliche Nachteile drohen.

Insbesondere sei ihre Unternehmens- und Investitionsstrategie gefährdet. Sie habe derzeit einen Kapitalbedarf von ca. 68 Mio. Euro, den sie nur in Höhe von ca. 40 Mio. Euro durch Guthaben, Kreditlinien und erwartete Rückflüsse decken könne. Dies ergebe sich aus der Liquiditätsplanung ihres Vorstands vom 23. November 2020 (Anlage Ast 9), fortgeschrieben am 8. Januar 2021 (Anlage Ast 23), die von der Abschlussprüferin für plausibel gehalten werde (Anlage Ast 25). Insbesondere könne sie ihre Kreditlinie nicht weiter ausnutzen, weil diejenigen Beteiligungen, die die Banken als Sicherheiten akzeptieren würden, bereits beliehen seien. Ohne die Kapitalerhöhung müsste sie für die benötigte Liquidität ggf. Anteile zur Unzeit veräußern.

Weiterhin zu berücksichtigen seien die im Falle der Nichteintragung vergeblichen Aufwendungen für die Kapitalerhöhung (Anlage Ast 28) und die Kosten einer dann erforderlichen weiteren Hauptversammlung in Höhe von ca. 42.000,00 Euro (Anlage Ast 29). In diesem Fall drohe ihr auch ein Imageschaden am Markt.

Die Antragstellerin beantragt,

festzustellen, dass die Klage der Antragsgegnerin gegen die Antragstellerin, die die Antragsgegnerin vor dem Landgericht Hamburg, Kammer 13 für Handelssachen, Az. 413 HKO 101/20, erhoben hat mit dem Antrag,

den Beschluss zu Tagesordnungspunkt 10 der ordentlichen Hauptversammlung der Antragstellerin vom 1. Oktober 2020 mit dem Inhalt:

 „a) Das Grundkapital der Gesellschaft wird von EUR 13.954.276,00 um bis zu EUR 13.954.276,00 auf bis zu EUR 27.908.552,00 durch Ausgabe von bis zu 996.734 neuen auf den Inhaber lautenden Stückaktien gegen Bareinlagen erhöht. Die neuen Aktien sind ab dem 1.1.2020 gewinnberechtigt.

b) Die neuen Aktien werden den Aktionären der Gesellschaft im Verhältnis 1:1 zum Gesamtausgabebetrag in Höhe von EUR 28,00 je neuer auf den Inhaber lautende Stückaktie zum Bezug angeboten. Das heißt, eine alte Aktie gewährt ein übertragbares und handelbares Bezugsrecht; mit jeweils einem Bezugsrecht kann eine neue Aktie bezogen werden. Die neuen Aktien können auch von einem durch den Vorstand bestimmten Kreditinstitut mit der Verpflichtung übernommen werden, sie den Aktionären anzubieten (mittelbares Bezugsrecht). Kreditinstituten gleichgestellt sind die nach § 53 Abs. 1 Satz 1 oder § 53b Abs. 1 Satz 1 oder Abs. 7 des Gesetzes über das Kreditwesen (KWG) tätigen Unternehmen. Den Aktionären steht grundsätzlich ein Bezugsrecht zu.

c) Die Bezugsrechte der Aktionäre sind frei übertragbar und sollen mindestens im Freiverkehr handelbar sein.

d) Der Vorstand wird ermächtigt, mit Zustimmung des Aufsichtsrats die weiteren Einzelheiten der Kapitalerhöhung und ihrer Durchführung, insbesondere die weiteren Bedingungen für die Ausgabe der Aktien, festzulegen.

e) Der Aufsichtsrat wird ermächtigt, die Änderung der Fassung von § 4 Abs. 1 der Satzung entsprechend der Durchführung der Kapitalerhöhung zu beschließen.

f) Der Beschluss über die Kapitalerhöhung wird ungültig, wenn ihre Durchführung nicht bis zum Ablauf des 31. März 2021 im dafür zuständigen Handelsregister eingetragen wird.“

für nichtig zu erklären bzw. dessen Nichtigkeit feststellen zu lassen,

der Eintragung dieses Hauptversammlungsbeschlusses in das Handelsregister nicht entgegensteht und Mängel des Hauptversammlungsbeschlusses die Wirkungen der Handelsregistereintragung unberührt lassen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Sie ist der Auffassung, ihre Anfechtungsklage sei weder unzulässig noch offensichtlich unbegründet. Das alsbaldige Wirksamwerden des Kapitalerhöhungsbeschlusses erscheine auch nicht vorrangig.

Die Antragsgegnerin hält an ihrer Auffassung aus der Anfechtungsklage fest, dass der Beschluss insbesondere deshalb anfechtbar sei, weil er einen Treuepflichtverstoß der Mehrheitsaktionärin darstelle. Der grob unangemessen niedrige Ausgabepreis der neuen Aktien in Höhe von 28,00 Euro führe zu einem faktischen Bezugszwang für sie, die Antragsgegnerin. Das werde vor allem daran deutlich, dass der Antragstellerin bei einem Ausgabepreis von 84,00 Euro je junger Aktie und einem Bezugsverhältnis von 3:1 Liquidität in derselben Höhe zugeführt werden würde, wie es nach dem angefochtenen Beschluss der Fall sei. Dagegen bestünde bei einem derartigen Bezugsverhältnis kein faktischer Bezugszwang für die Minderheitsaktionäre. Dies sei für die Mehrheitsaktionärin vorhersehbar und quantifizierbar gewesen. Diese habe auch keine Nachteile zu besorgen, sondern sei vielmehr Nutznießerin der nachteiligen Effekte für die Aktionärsminderheit.

Selbst bei einer effektiven Veräußerungsmöglichkeit der Bezugsrechte trete ein garantierter Schaden von 27,50 Euro je Alt-Aktie ein, weil diese Veräußerung lediglich und vorliegend auch nur theoretisch den Wertverlust in Bezug auf den Börsenwert kompensieren könne, nicht aber in Bezug auf den wahren Anteilswert. Auf diesen beziehe sich aber der grundrechtlich verbürgte Schutz des Aktionärseigentums. Es treffe auch nicht zu, dass die Differenz dieses Werts zum Börsenkurs vorliegend allein auf einen Konglomerats- bzw. Diversifizierungsabschlag zurückzuführen sei. Vielmehr werde der Börsenpreis infolge der Illiquidität des Aktienhandels unzutreffend gebildet. Im Übrigen sei auch der wahre Wert von der allgemeinen Wertentwicklung an den Aktienmärkten abhängig, und da das Vermögen der Antragstellerin unstreitig in börsennotierten Wertpapieren liege, dürfte er eher gestiegen sein.

Letztlich könne das aber sogar offenbleiben. Selbst dann, wenn der Börsenkurs als Referenzpunkt heranzuziehen wäre, läge der Ausgabepreis der jungen Aktien mindestens 72 Prozent darunter. Nichts anderes gelte im Ergebnis für die Anwendung des von der Antragstellerin favorisierten TERP, bei dem es sich ohnehin lediglich um eine vereinzelt gebliebene Auffassung im Schrifttum handle. Bei einem unstreitigen TERP von 64,00 Euro betrage der Abschlag immer noch mehr als 50 Prozent. In einem solchen Fall sei der Beschluss per se anfechtbar.

Sie müsse sogar mit weiteren Verlusten rechnen, da die Bezugsrechte nicht für 36,00 Euro zu veräußern seien. Zwar sei es grundsätzlich richtig, dass in einem funktionierenden, liquiden und die Wertverluste der Aktionäre tatsächlich kompensierenden Bezugsrechtshandel eine Rechtfertigung für drohende Wertverluste bezogen auf den Börsenkurs liege. Für diese Voraussetzungen trage aber nicht sie, sondern die Antragstellerin die Darlegungslast.

Ein liquider Handel mit den Bezugsrechten sei im Hinblick auf den extrem illiquiden Börsenhandel der Aktien mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auszuschließen. Schon jetzt müsste bei knappem Angebot und großer Nachfrage der Börsenkurs den wahren Wert erreichen oder sogar übersteigen, wenn es einen liquiden Handel mit den Aktien der Antragstellerin gäbe. Die von der Antragstellerin angeführte Verachtfachung des Handels seit der Kapitalerhöhung 2019 sei zum weit überwiegenden Teil auf Ankäufe der Mehrheitsaktionärin zurückzuführen.

Auch der Vergleich mit dem Bezugsrechtshandel 2019 ändere nichts. Unstreitig seien dort zehn Prozent derjenigen Bezugsrechte, die nicht ihr und der Mehrheitsaktionärin zugewiesen waren, nicht gehandelt worden. Die Bezugsrechte seien zudem mit einem durchschnittlichen Abschlag von 68 Prozent gegenüber dem rechnerischen Bezugspreis gehandelt worden. Solche Abschläge seien auch diesmal zu erwarten. Die von der Antragstellerin dargelegte Nachfrage besage nichts darüber, welchen Preis die Interessenten zu zahlen bereit seien.

Die Antragsgegnerin hält an ihrer Auffassung fest, dass ihr auch eine unzumutbare Quotenverwässerung drohe. Zwar sei es zutreffend, dass der Gesetzgeber bei Bezugsrechtskapitalerhöhungen gewisse Quotenverwässerungen hinnehme. Richtig sei es auch, dass bei gleichem Emissionsvolumen die Quotenverwässerung unabhängig vom Bezugsverhältnis und vom Ausgabebetrag identisch sei. Bei unangemessen niedrigem Ausgabebetrag komme es jedoch zu einer exponentiellen Steigerung der Verwässerungseffekte. Sie habe auch keine realistischen Aktienzukaufs- bzw. Aktienverkaufsmöglichkeiten.

Eine Freigabe könne auch nicht nach § 246a Abs. 2 Nr. 3 AktG erfolgen.

Die Antragstellerin habe keine überwiegenden wesentlichen Nachteile zu erwarten, wenn der Beschluss nicht freigegeben würde. Die von der Antragstellerin vorgelegte Liquiditäts- und Investitionsplanung könne schon deshalb nicht zutreffen, weil andernfalls die Verwaltung selbst die Eigenkapitalbeschaffung initiiert hätte. Stattdessen habe, was als solches unstreitig ist, der Vorstand in der Hauptversammlung erklärt, er verhalte sich zum Beschlussvorschlag neutral. Schon bei den Beschlussvorlagen zum genehmigten Kapital habe es sich um reine Vorratsbeschlüsse gehandelt. Die von der Antragstellerin behaupteten Investitionsmöglichkeiten würden ohnehin keinen Nachteil iSv § 246a Abs. 2 Nr. 3 AktG darstellen, da unternehmerische Chancen von der Vorschrift nicht erfasst seien.

Dagegen würden ihr, der Antragsgegnerin, Nachteile durch die Wertverluste und die Quotenverwässerung drohen, die berücksichtigt werden müssten. Hier dürfe sie nicht von vornherein auf Schadensersatzansprüche verwiesen werden. Da es ohnehin nur um wirtschaftliche Schäden gehe, könnten nicht sämtliche finanziellen Nachteile von der Abwägung ausgeschlossen sein. Wenn dagegen Wertverlust- und Quotenverwässerungsschäden immer ausgeschlossen wären, hätte man dieselbe Situation wie im Spruchverfahren. Diese Möglichkeit sehe das Gesetz bei Kapitalerhöhungsbeschlüssen aber gerade nicht vor.

Unabhängig davon würden ihre wirtschaftlichen Nachteile nicht vollständig ausgeglichen werden, da sie sich an einer etwaigen Schadensersatzleistung der Antragstellerin in Höhe ihrer Beteiligung mittelbar beteiligen müsste.

Beteilige sie sich dagegen an der Kapitalerhöhung, müsste sie einen Nachschuss iHv knapp 8 Mio. Euro leisten.

Mit einem am 4. Dezember 2020 eingegangenen Schriftsatz hat die Antragsgegnerin eine Bestätigung der H-AG vom 3. Dezember 2020 im Original vorgelegt (Anlage Ag 1). Darin erklärt die Bank, dass sie seit dem 7. September 2020 ununterbrochen 281.395 Aktien der Antragstellerin im Namen der Antragsgegnerin halte.

Aus den Gründen

    II.

Der Freigabeantrag der Antragstellerin ist nach § 246a AktG zulässig und begründet.

Danach kann das Gericht im Falle der Klageerhebung gegen Hauptversammlungsbeschlüsse unter anderem über Maßnahmen der Kapitalbeschaffung auf Antrag der Gesellschaft feststellen, dass die Erhebung der Klage der Eintragung nicht entgegensteht und Mängel des Hauptversammlungsbeschlusses die Wirkung der Eintragung unberührt lassen, sofern die Klage unzulässig oder offensichtlich unbegründet ist, der Kläger nicht binnen einer Woche nach Zustellung des Antrags belegt hat, dass er seit Bekanntmachung der Einberufung der Hauptversammlung einen anteiligen Betrag von mindestens 1.000,00 Euro hält, oder das alsbaldige Wirksamwerden des Hauptversammlungsbeschlusses deshalb vorrangig erscheint, weil die vom Antragsteller dargelegten wesentlichen Nachteile für die Gesellschaft und ihre Aktionäre nach freier Überzeugung des Gerichts die Nachteile für die Antragsgegner überwiegen, es sei denn, es liegt eine besondere Schwere des Rechtsverstoßes vor.

1. Der Antrag ist zulässig.

a) Der Antrag ist statthaft. Die Anfechtungsklage richtet sich gegen den Kapitalerhöhungsbeschluss der Hauptversammlung der Antragstellerin vom 1. Oktober 2020 und damit gegen eine Kapitalmaßnahme.

b) Das Hanseatische Oberlandesgericht ist für den Antrag zuständig. Der Sitz der Antragstellerin befindet sich nach wie vor in Hamburg. Der weitere Beschluss der Hauptversammlung vom 1. Oktober 2020 über die Sitzverlegung nach He..., den die Antragsgegnerin ebenfalls angefochten hat, wurde noch nicht umgesetzt.

c) Die Antragstellerin ist ordnungsgemäß vertreten.

Zwar wird die Aktiengesellschaft im Freigabeverfahren nur durch ihren Vorstand vertreten (vgl. Henssler/Strohn/Drescher, GesR, 5. Aufl. 2021, AktG § 246a Rn. 13, beck-online, mit zahlreichen Nachweisen aus der Rechtsprechung). Es ist jedoch unschädlich, dass die Antragstellerin im vorliegenden Verfahren zusätzlich vom Aufsichtsrat vertreten wird (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22. November 2018 - 6 AktG 1/18 - Rn. 60 a.E., juris).

d) Die Antragstellerin ist antragsbefugt, nachdem die Antragsgegnerin Anfechtungsklage gegen den Hauptversammlungsbeschluss vom 1. Oktober 2020 erhoben hat.

2. Der Freigabeantrag ist nach § 246a Abs. 2 Nr. 1 AktG begründet. Die von der Antragsgegnerin erhobene Anfechtungsklage ist nach den Maßstäben des Freigabeverfahrens offensichtlich unbegründet.

Eine Anfechtungs- oder Nichtigkeitsklage ist offensichtlich unbegründet, wenn das Gericht eindeutig zum Ergebnis der Unbegründetheit der Klage kommt und eine andere Entscheidung für nicht oder kaum vertretbar hält (a.A. Henssler/Strohn/Drescher, a.a.O., § 246a AktG Rn. 5: Offensichtlichkeit bezieht sich nur auf die Tatsachen). Das Gericht ist im Rahmen der Beantwortung dieser Frage gehalten, alle tatsächlichen und rechtlichen Fragen zu prüfen, auch wenn deren Beantwortung schwierig sein sollte; eine kursorische Prüfung kommt nur auf der Tatsachenebene in Betracht (Senatsbeschluss vom 14. Juni 2012 – 11 AktG 1/12 –, Rn. 32, juris; weitere Nachweise bei Henssler/Strohn/Drescher, a.a.O.). Bei der Beurteilung von Rechtsfragen ist dabei keine Eindeutigkeit im Sinne einer Evidenz zu fordern; es genügt vielmehr, wenn die Rechtsfragen aus Sicht des Senats eindeutig im Sinne einer Unbegründetheit der Klage zu beantworten sind, ohne dass es darauf ankommt, ob sämtliche verfahrensgegenständlichen Rechtsfragen durch eine gefestigte höchstrichterliche oder obergerichtliche Rechtsprechung geklärt sind oder dazu auch andere Standpunkte vertreten werden (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22. November 2018 – I-6 AktG 1/18 –, Rn. 72, juris).

Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Es streiten keine durchgreifenden Anfechtungsgründe zugunsten der Antragsgegnerin.

a) Der Kapitalerhöhungsbeschluss ist nicht wegen eines Treuepflichtverstoßes der Mehrheitsaktionärin nach § 243 Abs. 1 AktG anfechtbar.

Der Senat teilt nicht die Auffassung der Antragsgegnerin, der Ausgabepreis für die jungen Aktien sei mit 28,00 Euro unangemessen niedrig und führe zu einem faktischen Bezugszwang, was der Mehrheitsaktionärin klar gewesen sei, diese aber nicht davon abgehalten habe, den Beschluss vorzuschlagen und ihm zur Mehrheit zu verhelfen. Die Etablierung eines faktischen Bezugszwangs ist vielmehr im vorliegenden Fall nicht feststellbar. Die Antragstellerin hat dargelegt, dass Nachteile für an der Kapitalerhöhung nicht teilnehmende bzw. teilnahmeunwillige Aktionäre durch die von ihr, der Antragstellerin, bereitete Möglichkeit, Bezugsrechte zu handeln, kompensierbar sind. Der Antragsgegnerin ist ihrerseits nicht gelungen, darzulegen und glaubhaft zu machen, dass und warum diese Möglichkeit trotz der vorbereitenden Maßnahmen nicht besteht.

aa) Die Anfechtung eines Kapitalerhöhungsbeschlusses wegen eines unangemessen niedrigen Ausgabepreises sieht das Gesetz in § 255 Abs. 2 Satz 1 AktG ausdrücklich nur für die Konstellation des Bezugsrechtsausschlusses vor, die vorliegend nicht gegeben ist.

Ohne Bezugsrechtsausschluss kommt eine Anfechtung nur nach § 243 Abs. 1 AktG wegen eines Treuepflichtverstoßes in Betracht, wenn der zu niedrige Ausgabekurs zu einem faktischen Bezugszwang führt (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22. November 2018 – I-6 AktG 1/18 –, Rn. 119, juris; Henssler/Strohn/Drescher, a.a.O., § 255 Rn. 4; Stilz/Schumann, BeckOGK AktG, Stand 19.10.2020, § 255 AktG Rn. 18; BeckOGK/Servatius, 19.10.2020, AktG § 182 Rn. 67; BeckOGK/Vatter, 19.10.2020, AktG § 9 Rn. 32; Hüffer/Koch/Koch, AktG, 14. Aufl. 2020 Rn. 23, § 182 Rn. 23). Diese Auffassung basiert auf einem zur GmbH ergangenen Urteil des OLG Stuttgart vom 1. Dezember 1999 (20 U 38/99 Rn. 101 ff., juris). Dort heißt es (Rn. 106/107):

 „Werden die neuen Anteile unter Wert ausgegeben, kann er bei wirtschaftlicher Betrachtung nicht auf eine Erhöhung seiner Beteiligung verzichten; dies kann faktisch einer Nachschußpflicht gleichkommen. Der Gesellschafter verliert die ihm sonst gegebene Entscheidungsfreiheit über seine weiteren Investitionen (Immenga, Die personalistische Kapitalgesellschaft, S. 238 ff.) und wird damit im Ergebnis gezwungen, eine Maßnahme mitzutragen, zu deren Durchführung er von Gesetzes wegen nicht verpflichtet ist (vgl. Henze a.a.O., S. 194). Er kommt -- zur Schadensabwehr -- nicht umhin, Gelder in die Gesellschaft einzulegen, auch wenn ihm dies an sich nicht sinnvoll erscheint und er etwa andere Pläne zur Anlage seines Vermögens hat.

Hieraus muß mit Immenga (a.a.O.) das Verbot abgeleitet werden, neue Anteile unter ihrem Wert auszugeben (ebenso wohl Henze, a.a.O., und Scholz/Priester, a.a.O., Rdnr. 27 zu § 55). Ein Mehrheitsgesellschafter, der unter Ausnutzung seiner Stimmrechtsmacht einen Beschluß faßt, der dem nicht entspricht, verstößt daher gegen die Pflicht, die berechtigten Belange der Minderheitsgesellschafter zu respektieren und ihnen Rechnung zu tragen. Die Berechtigung des Anliegens der Minderheitsgesellschafter folgt dabei bereits daraus, daß keine Pflicht zur Teilnahme an der Kapitalerhöhung besteht.“

Soweit die Antragstellerin meint, die Rechtsfigur des faktischen Bezugszwangs sei schon per se nicht auf börsennotierte Gesellschaften anwendbar, folgt ihr der Senat mit den oben aufgeführten Stimmen in Rechtsprechung und Literatur nicht. Grund für den faktischen Bezugszwang ist die Gefahr, dass es bei Nichtzeichnung neuer Anteile zu einer Verwässerung der bereits gehaltenen Anteile kommt. Das beeinträchtigt die Entscheidungsfreiheit derjenigen Gesellschafter, die aus diversen Gründen nicht an der Kapitalerhöhung teilnehmen möchten. Diese Beeinträchtigung betrifft auch die Aktionäre einer börsennotierten Gesellschaft.

bb) Mit Blick darauf, dass das Gesetz in § 255 Abs. 2 AktG einen angemessenen Ausgabebetrag lediglich für den Fall des Bezugsrechtsausschlusses vorschreibt, sind an die Bejahung eines solchen faktischen Bezugszwangs im Aktienrecht und eine damit verbundene Treuwidrigkeit eines Aktionärs jedoch tendenziell hohe Anforderungen zu stellen (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22. November 2018 – I-6 AktG 1/18 –, Rn. 120, juris). Es verbietet sich eine pauschale Betrachtung; maßgeblich ist allein der Einzelfall. Der Senat folgt deshalb nicht der Auffassung der Antragsgegnerin, dass ein Ausgabepreis, der mehr als 50 Prozent vom Börsenwert der Aktie abweicht, stets unangemessen niedrig sei (vgl. zu § 255 AktG BeckOGK/Stilz/Schumann, a.a.O., § 255 Rn. 22)

Vielmehr ist dem Interesse der Aktionäre am Schutz vor einer Verwässerung ihrer Beteiligung durch das eingeräumte Bezugsrecht grundsätzlich hinreichend Rechnung getragen (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22. November 2018 – I-6 AktG 1/18 –, Rn. 190, juris OLG Stuttgart, Beschluss vom 21. Dezember 2012 – 20 AktG 1/12 –, Rn. 232, juris, m.w.N.). Damit wird zugleich verhindert, dass der Anteil am Grundkapital prozentual sinkt und die Stimmkraft sowie die Gewinn- bzw. Liquidationsanteile reduziert werden (OLG Köln, Urteil vom 20. September 2001 – 18 U 125/01 –, Rn. 76, juris). Das entspricht auch der überwiegenden Auffassung im Schrifttum (BeckOGK/Vatter, a.a.O:, § 9 Rn. 32; MüKoAktG/Schürnbrand/Verse, a.a.O., § 182 Rn. 66; Seibt/Voigt, AG 2009, 133, 139; Sickinger/Kuthe in Schüppe/Schaub, MAH AktR, § 33 Ordentliche Kapitalerhöhung Rn. 115, beck-online; Kiefner/Seibel, AG 2016, 301, 305; Tielmann, FS Lutter, Anlage Ast 16, S. 828).

Hierin liegt der maßgebliche Unterschied zu § 255 Abs. 2 AktG. Bei einem Bezugsrechtsausschluss haben die Minderheitsaktionäre keine Möglichkeit, die bei einem niedrigen Bezugspreis eintretende wirtschaftliche Verwässerung zu kompensieren.

cc) Für die Kompensation der Verwässerung durch den Bezugsrechtshandel kommt es entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin nicht auf den wahren (inneren) Wert der Aktie an. Entscheidend ist der rechnerische Börsenkurs nach Durchführung der Kapitalerhöhung.

 (1) Die Parteien sind sich einig, dass dieser Kurs bei 64,00 Euro liegt. Der rechnerische Wert des Bezugsrechts beträgt damit 36,00 Euro (Differenz zwischen Börsenwert nach Kapitalerhöhung von 64,00 Euro und Bezugspreis der jungen Aktien von 28,00 Euro). Mit der Veräußerung des Bezugsrechts für 64,00 Euro wäre die wirtschaftliche Verwässerung kompensiert, die sonst rechnerisch aufgrund des (rechnerisch) sinkenden Börsenpreises eintreten würde.

 (2) Würde man mit der Antragsgegnerin auf den inneren Wert der Aktien abstellen, würde es dagegen bei einer Differenz von 27,50 Euro bleiben, da der innere Wert von 155,00 Euro durch die Kapitalerhöhung auf 91,50 Euro absinken würde.

 (a) In der Rechtsprechung zu Kapitalerhöhungen mit Bezugsrechtsausschluss wird auf den Börsenpreis abgestellt (vgl. hierzu den Überblick bei Hüffer/Koch/Koch, a.a.O., § 255 Rn. 8 ff.). Es sei davon auszugehen, dass dieser dem am Markt durchsetzbaren Anteilswert entspricht (OLG Jena, Urteil vom 20. April 2016 – 2 U 586/14 –, Rn. 86, juris; so auch Henssler/Strohn/Drescher, a.a.O., AktG § 255 Rn. 6; BeckOGK/Stilz/Schumann, a.a.O., § 255 Rn. 28; vgl. auch OLG Köln, Urteil vom 20. September 2001 – 18 U 125/01 –, Rn. 76, juris; OLG Koblenz, Urteil vom 16. Mai 2002 - 6 U 211/11 -, AG 2003, 453, 455: Börsenkurs als Indiz).

 (b) Für den Börsenkurs spricht auch ein Vergleich mit der Rechtsprechung zur Bemessung der Abfindung beim Squeeze-out. Diese Abfindung muss so bemessen sein, dass die Minderheitsaktionäre jedenfalls nicht weniger erhalten, als sie bei einer freien Deinvestitionsentscheidung zum Zeitpunkt des Unternehmensvertrags oder der Eingliederung erlangt hätten (BVerfG, Beschluss vom 27. April 1999 – 1 BvR 1613/94 –, BVerfGE 100, 289-313, Rn. 56, DAT-Altana, juris). Weiter führt das BVerfG in diesem Zusammenhang aus (Rn. 62/63):

 „Es ist aber mit Art. 14 Abs. 1 GG unvereinbar, wenn dabei der Kurswert der Aktie außer Betracht bleibt. Das ergibt sich daraus, daß die Entschädigung und folglich auch die Methode ihrer Berechnung dem entzogenen Eigentumsobjekt gerecht werden muß. Das Aktieneigentum ist - im Vergleich zu einer Beteiligung an einer Personenhandelsgesellschaft oder an einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung - nicht zuletzt durch seine Verkehrsfähigkeit geprägt. Das gilt vor allem für die börsennotierte Aktie. Sie wird an der Börse gehandelt und erfährt dort aus dem Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage eine Wertbestimmung, an der sich die Aktionäre bei ihren Investitionsentscheidungen orientieren. Insbesondere Kleinaktionären, die regelmäßig nicht über alle relevanten Informationen verfügen, steht kein anderer Maßstab zur Verfügung, an dem sie den Wert dieses spezifischen Eigentumsobjekts messen könnten.

Der Vermögensverlust, den der Minderheitsaktionär durch den Unternehmensvertrag oder die Eingliederung erleidet, stellt sich für ihn als Verlust des Verkehrswerts der Aktie dar. Dieser ist mit dem Börsenkurs der Aktie regelmäßig identisch. Da der Verkehrswert aber die Untergrenze der "wirtschaftlich vollen Entschädigung" bildet, die Art. 14 Abs. 1 GG für die Entwertung oder Aufgabe der Anteilsrechte fordert, steht es mit diesem Grundrecht grundsätzlich nicht in Einklang, im aktienrechtlichen Spruchstellenverfahren eine Barabfindung festzusetzen, die niedriger ist als der Börsenkurs. Sonst erhielten die Minderheitsaktionäre für ihre Aktien weniger, als sie ohne die zur Entschädigung verpflichtende Intervention des Mehrheitsaktionärs bei einem Verkauf erlöst hätten.“

Der BGH berücksichtigt seitdem in Abkehr von seiner früheren Rechtsprechung den Börsenkurs ebenfalls als Untergrenze des Verkehrswerts (BGH, Beschluss vom 12. März 2001 – II ZB 15/00 –, Rn. 17, juris).

Auch wenn es in diesen Entscheidungen darum ging, dass der Abfindungsbetrag nicht unter dem Börsenwert liegen dürfe, und eine Übertragung dieser Grundsätze auf die Kapitalerhöhung (mit Bezugsrechtsausschluss) nicht zwingend ist (vgl. BeckOGK/Stilz/Schumann, § 255 Rn. 27), lässt sich jedenfalls festhalten, dass ein Aktionär außerhalb des Spruchverfahrens grundsätzlich keine Möglichkeit hat, einen über dem Börsenkurs liegenden inneren Wert der Aktie zu realisieren. Würde sich die Antragsgegnerin dazu entschließen, ihr Investment bei der Antragstellerin zu beenden, bliebe ihr nur, ihre Aktien am Markt zu dem dann geltenden Kurs zu verkaufen.

 (c) Die Auffassung der Antragsgegnerin würde im Übrigen dazu führen, dass vor jeder Kapitalerhöhung der innere Wert der Aktien ermittelt werden müsste, was die Flexibilität der Liquiditätszufuhr ersichtlich einschränken würde. Gleichzeitig würde der Ausgabepreis über dem aktuellen Börsenkurs liegen, was den Bezugsrechtshandel ebenso offenkundig erschweren würde. Als Konsequenz der Auffassung der Antragsgegnerin wären Kapitalerhöhungen nicht möglich, wenn die Aktie - wie wohl vorliegend - unterbewertet ist. Deshalb kann es jedenfalls für Kapitalerhöhungen mit Bezugsrecht auf den inneren Wert der Aktie nicht ankommen (vgl. auch MüKoAktG/J. Koch, a.a.O., § 255 Rn. 24; Hüffer/Koch/Koch, a.a.O., § 255 Rn. 11; vgl. zum Bezugsrechtsausschluss auch Hölters/Englisch, AktG, 3. Aufl. 2017, § 255 Rn. 23, beck-online).

 (d) Etwas anderes würde auch nicht dann gelten, wenn der Börsenpreis aufgrund der Illiquidität der Aktie tatsächlich nur geringere Aussagekraft hätte, wie die Antragsgegnerin meint. Vielmehr ist noch in den Blick zu nehmen, dass der innere Wert der Aktien der Antragstellerin maßgeblich vom Wert der gehaltenen Beteiligungen bestimmt wird und deshalb selbst volatil ist.

dd) Die Antragsgegnerin hat ihre Behauptung, dass der von der Antragstellerin eingerichtete Bezugsrechtshandel tatsächlich nicht zu einer Kompensation der wirtschaftlichen Verwässerung in Bezug auf den Börsenwert führen werde, nicht glaubhaft gemacht.

 (1) Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin ist es nicht die Aufgabe der Antragstellerin, das Funktionieren des Bezugsrechtshandels darzulegen und glaubhaft zu machen. Die Darlegungslast für die Unwirksamkeit des angefochtenen Beschlusses liegt auch im Freigabeverfahren beim Anfechtungskläger (vgl. OLG Stuttgart, Beschluss vom 21. Dezember 2012 – 20 AktG 1/12 –, Rn. 159, juris).

Unter lit. c) des angefochtenen Beschlusses ist ausdrücklich geregelt, dass die Bezugsrechte der Aktionäre frei übertragbar und mindestens im Freiverkehr handelbar sein sollen. Darüber hinaus hat die Antragstellerin einen (auf den Erfolg des vorliegenden Verfahrens aufschiebend bedingten) Mandatsvertrag mit der m-AG geschlossen (Anlage 21). Als sog. Skontroführerin wird die Bank den Bezugsrechtshandel organisieren.

Soweit die Antragsgegnerin dennoch die Ansicht vertritt, dass dieser Handel nicht funktionieren werde, ist es deshalb an ihr, diese Behauptung im Anfechtungsverfahren zu beweisen bzw. vorliegend glaubhaft zu machen (§ 246a Abs. 3 Satz 3 AktG).

Auch die Ausführungen der Antragsgegnerin im Schriftsatz vom 6. Februar 2021 führen zu keinem anderen Ergebnis. Insbesondere trägt der Vergleich zur Darlegungslast der Gesellschaft im Fall des Bezugsrechtsausschlusses nicht. Die Argumentation der Antragsgegnerin beruht auf deren Auffassung, dass der Bezugspreis von 28,00 Euro per se unangemessen niedrig sei und zu einem faktischen Bezugszwang führe, der allenfalls durch einen effektiv funktionierenden Bezugsrechtshandel gerechtfertigt sein könne (vgl. Rn. 4/5 des Schriftsatzes vom 6. Februar 2021). Wie unter bb) gezeigt, teilt der Senat diese Auffassung jedoch nicht. Bezugsrecht und Bezugsrechtshandel sorgen grundsätzlich für eine Kompensation der wirtschaftlichen Verwässerung. Hierin liegt der maßgebliche Unterschied zu einer Kapitalerhöhung mit Bezugsrechtsausschluss. Die Antragsgegnerin beruft sich vorliegend also auf eine Ausnahme von dieser Regel und damit auf eine für ihren Prozesserfolg günstige Voraussetzung, für deren Vorliegen sie schon nach den allgemeinen Regeln die Darlegungs- und Glaubhaftmachungslast trägt.

 (2) In der Anfechtungsklage hat die Antragsgegnerin u.a. behauptet, dass eine Nachfrage nach ihren 281.395 Bezugsrechten im Hinblick auf die Illiquidität des Aktienhandels ausgeschlossen sei, und insoweit die Einholung eines Sachverständigengutachtens beantragt.

Hängt der Erfolg der Anfechtungsklage von einer Beweisaufnahme ab, kommt es im Freigabeverfahren darauf an, ob die Klage bei Würdigung der glaubhaft gemachten Tatsachenbehauptungen mit eindeutig überwiegender Wahrscheinlichkeit keinen Erfolg haben wird (vgl. OLG Stuttgart, Beschluss vom 2. Dezember 2014 – 20 AktG 1/14 –, Rn. 56, juris). Da die Antragstellerin ihre Behauptung nicht glaubhaft gemacht hat, müsste es also auf der Hand liegen, dass vorliegend mit dem Bezugsrechtshandel die Verwässerungseffekte nicht ausgeglichen werden. Das ist nicht der Fall.

Bei Festlegung des Bezugspreises lässt sich schon generell nicht absehen, wie liquide der Handel sein wird (so auch Kocher/Feigen, CFL 2013, 117, 123 = Anlage Ast 12). Auch der Bezugsrechtshandel unterliegt dem Marktmechanismus von Angebot und Nachfrage. Kommt tatsächlich kein Handel zustande, würde das zeigen, dass der Markt den Ausgabepreis für richtig oder sogar überhöht hält (vgl. Kocher/Feigen, a.a.O.).

 (a) Selbst wenn der bisherige Handel der Aktie überwiegend auf Ankäufe der Mehrheitsaktionärin zurückzuführen sein sollte, wie die Antragsgegnerin im Schriftsatz vom 6. Februar 2021 unter Verweis auf die Anlagen Ag 10 bis Ag 15 behauptet, liegt es nicht auf der Hand, dass es deshalb auch zu keiner adäquaten Nachfrage nach Bezugsrechten kommen wird.

 (b) Das gilt auch für den Verweis der Antragsgegnerin auf den Bezugsrechtshandel 2019.

Die Antragsgegnerin hat in der Antragserwiderung vom 23. Dezember 2020 dargelegt, dass die Bezugsrechte mit einem durchschnittlichen Abschlag von ca. 68 Prozent gegenüber dem rechnerischen Bezugspreis gehandelt worden seien (Rn. 73, Anlage Ast 14). Solche Abschläge seien auch diesmal zu erwarten.

Dabei ist zu beachten, dass 2019 das Bezugsrecht einen Wert von nur ca. 1 Euro hatte (Bezugspreis 78,00 Euro bei einem Kurs von 80,00 Euro). 2021 sind es 36 Euro. Zudem gab es 2019 keinen Skontroführer. Die Antragstellerin hat vorgetragen, die Abwicklung sei direkt über sie erfolgt, was sehr aufwändig gewesen sei und vor allem Kleinaktionäre abgeschreckt habe. Diese hätten ihre Bezugsrechte verfallen lassen, was dieses Mal bei einem rechnerischen Verlust von 36,00 Euro je Bezugsrecht nicht zu erwarten sei.

Dem Bezugsrechtshandel 2019 lassen sich auch ansonsten keine belastbaren Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass ein funktionierender Handel ausgeschlossen wäre.

 (c) Die Antragsgegnerin behauptet weiter, dass aufgrund des massiven Abweichens des Ausgabebetrags vom aktuellen Börsenkurs damit zu rechnen sei, dass die Bezugsrechte nur mit einem erheblichen Abschlag gehandelt werden. Durch den erheblich unter den üblichen Abschlägen liegenden Bezugspreis mache die Antragstellerin deutlich, dass sie den aktuellen Börsenkurs für zu hoch halte.

Auch diese pauschale Vermutung trägt nicht, nachdem die Antragstellerin am 29. September 2020 ihr Reinvermögen mit 155,00 Euro je Aktie publik gemacht hat. Zudem dürfte professionellen Marktteilnehmern bekannt sein, dass es verschiedene Gründe für die niedrige Festsetzung eines Ausgabepreises geben kann.

 (d) Darüber hinaus hat die m-AG in ihrem Schreiben an die Antragstellerin vom 13. Januar 2021 (Anlage Ast 22) darauf hingewiesen, dass sie Bezugsrechtsüberhänge aufkaufen und gegen geliehene Aktien tauschen werde, soweit eine Aktienleihe zustande komme. Sie bemühe sich derzeit um eine Wertpapierleihe „eines Großaktionärs“. Damit könnte einer dennoch bestehenden Illiquidität des Marktes entgegengewirkt werden.

b) Auch die weiteren Anfechtungsgründe, auf die sich die Antragsgegnerin in ihrer Anfechtungsklage beruft, liegen nicht vor.

aa) Ein Verstoß gegen § 243 Abs. 2 Satz 1 AktG liegt nicht vor. Der Mehrheitsaktionärin wird mit der Kapitalerhöhung kein Sondervorteil gewährt. Alle Aktionäre können sich unter denselben Bedingungen an der Kapitalerhöhung beteiligen oder davon absehen und ihre Bezugsrechte veräußern.

bb) Aus demselben Grund fehlt es auch an einem Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot in § 53a AktG.

c) Da der Freigabeantrag bereits nach § 246a Abs. 2 Nr. 1 AktG begründet ist, kommt es nicht mehr darauf an, ob auch die Voraussetzungen der Nr. 3 vorliegen.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

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